TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/4 99/08/0039

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Veröffentlicht am 04.05.1999
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §15;
AlVG 1977 §33;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der S in H, vertreten durch Dr. Gunther Huber, Rechtsanwalt in Traun, H.-Gruber-Straße 1, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 20. Oktober 1998, Zl. 4/1288/Nr.0903/98-1, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. Oktober 1998 gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Traun vom 28. Juli 1998, mit dem ihr Antrag vom 15. Juli 1998 auf Gewährung von Notstandshilfe gemäß § 33 Abs. 4 AlVG wegen Verstreichens der Dreijahresfrist keine Folge gegeben worden war, nicht statt.

Die belangte Behörde bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid "aus seinen zutreffenden Gründen" und stützte ihre Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht darauf, dass die Beschwerdeführerin zuletzt vom 31. Juli 1990 bis zum 4. Juni 1991 Karenzurlaubsgeld bezogen habe und ihren Angaben im Antrag zufolge seit der Geburt ihrer Tochter in keinem Dienstverhältnis mehr gestanden sei. In ihrer Berufung habe die Beschwerdeführerin geltend gemacht, sie habe von 1972 bis 1989 in Österreich gearbeitet und halte sich hier seit 1972 rechtmäßig auf. Am 2. September 1998 habe sie vor der belangten Behörde niederschriftlich angegeben, sie sei "nochmals über die Sach- und Rechtslage für die Voraussetzungen über die Gewährung der Notstandshilfe informiert worden", und "es würden keine § 15 Abs. 2 Tatbestände" bei ihr "vorliegen".

Im Anschluss an eine auszugsweise Wiedergabe von Inhalten der §§ 15 und 33 AlVG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr.148/1998) unterzog die belangte Behörde den Sachverhalt folgender Würdigung:

"Sie bezogen zuletzt Karenzurlaubsgeld vom 31.07.1990 bis 04.06.1991. Laut Ihren eigenen Angaben hatten Sie seit der Geburt Ihrer Tochter kein Dienstverhältnis mehr. Sie haben daher keine neue Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erworben. Es ist daher zu prüfen, ob Sie einen Anspruch auf Notstandshilfe haben.

Gemäß § 33 Abs. 4 AlVG kann Notstandshilfe unter anderem gewährt werden, wenn sich der Arbeitslose innerhalb von 3 Jahren nach Erschöpfung des Anspruches auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld um die Notstandshilfe bewirbt. Diese Frist verlängert sich gemäß § 15 Abs. 1 um maximal 3 Jahre, wenn Rahmenfristerstreckungstatbestände gemäß Abs. 2 vorliegen. Laut Ihren eigenen Angaben liegen in Ihrem Fall keine § 15 Abs. 2 Tatbestände vor.

Da Sie die 3-Jahres-Frist für die Beantragung auf Notstandshilfe nach Erschöpfung des Anspruches auf Karenzurlaubsgeld überschritten haben, haben Sie keinen Anspruch auf Notstandshilfe.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden."

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Unter dem Gesichtspunkt der behaupteten Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird in der Beschwerde geltend gemacht, die belangte Behörde habe kein ordentliches Ermittlungsverfahren durchgeführt, mit der Beschwerdeführerin eine den Vorschriften des § 14 AVG nicht entsprechende Niederschrift aufgenommen und ihre Manuduktionspflicht verletzt. Diese Vorwürfe gründen sich im Wesentlichen auf die Form (Verwendung eines Formulars für die Vernehmung von Zeugen, Fehlen der vorgeschriebenen Unterschriften und des Vermerks über die Dauer der Vernehmung) und den Inhalt der am 2. September 1998 mit der Beschwerdeführerin aufgenommenen Niederschrift, wobei letzterer in der Beschwerde wie folgt wiedergegeben wird:

"Ich wurde über die Sach- und Rechtslage für die Voraussetzungen der NH informiert. § 15 Abs. 2 Tatbestände liegen bei mir nicht vor."

Die Beschwerdeführerin macht geltend, dass der entscheidende Satz ("§ 15 Abs. 2 Tatbestände liegen bei mir nicht vor") nicht von ihr stammen könne und die belangte Behörde offenbar schon mit der seinem Inhalt entsprechenden, vorgefassten Meinung zur Vernehmung geschritten sei. Eine derartige Voreingenommenheit hindere jedoch ein ordentliches Ermittlungsverfahren. Hätte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin genau befragt, wo sie sich seit 1991 aufgehalten habe und "welche allfälligen öffentlich-rechtlichen Geldleistungen" sie während ihres Aufenthaltes in der Türkei bezogen habe, so wäre damit "abschließend geklärt worden, ob ein Erstreckungstatbestand des § 15 AlVG vorliegt". Hätte die belangte Behörde weiters, ihrer Manuduktionspflicht entsprechend, die Beschwerdeführerin dazu angeleitet, den aus dem Akteninhalt nicht ersichtlichen "Lebenssachverhalt seit 1991" darzustellen, anstatt ihr die vorgefasste Rechtsansicht mitzuteilen, es lägen keine "§ 15 Abs. 2 Tatbestände" vor, so "wäre hervorgekommen, dass - gerechnet von meinem allenfalls rahmenfristerstreckenden Aufenthalt in der Türkei bis 1996 - der Antrag auf Gewährung der Notstandshilfe gerade nicht verfristet ist". Die gerügten Verfahrensverstösse seien daher wesentlich.

Zu dem unter dem Gesichtspunkt der Frist nach § 33 Abs. 4 AlVG entscheidungswesentlichen Sachverhalt, dessen Ermittlung die belangte Behörde verabsäumt habe, wird in der Beschwerde - abgesehen von den schon wiedergegebenen Bezugnahmen auf "allfällige" öffentlich-rechtliche Geldleistungen und den "allenfalls" rahmenfristerstreckenden Aufenthalt der Beschwerdeführerin in der Türkei - nur einleitend ausgeführt, die Beschwerdeführerin habe sich in der Zeit vom 16. September 1991 bis zum 6. August 1996 "teils in Österreich, teils in der Türkei aufgehalten" und habe seit dem 8. August 1996 ihren "festen Wohnsitz" an ihrer derzeitigen Adresse in Österreich. Behauptungen darüber, dass fristerstreckende Umstände im Sinne der von der Verweisung in § 33 Abs. 4 AlVG umfassten Teile des § 15 AlVG entgegen der der Beschwerdeführerin nach dem Vorbringen in der Beschwerde in den Mund gelegten Formulierung vorlagen, werden in der Beschwerde aber nicht aufgestellt. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens, die darin bestehen soll, dass die Beschwerdeführerin über das Vorliegen derartiger Umstände nicht ausreichend gründlich befragt bzw. nicht zu zweckdienlichem Vorbringen darüber angeleitet worden sei, kann unter diesen Umständen mangels Erkennbarkeit der Relevanz nicht zur Aufhebung des Bescheides führen.

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides rügt die Beschwerdeführerin, die belangte Behörde habe auf die am 1. Oktober 1998 in Kraft getretene Änderung der §§ 15 und 33 AlVG durch die Novelle BGBl. I Nr. 148/1998 nicht Bedacht genommen. Dem ist zunächst zu entgegnen, dass die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung über den am 15. Juli 1998 geltend gemachten Anspruch für den Anspruchszeitraum bis zum Inkrafttreten der erwähnten Novelle zeitraumbezogen die bis dahin geltende Rechtslage anzuwenden hatte, insoweit die neu in Kraft getretenen Vorschriften keine Anordnung ihrer Rückwirkung enthielten. Davon abgesehen kann die unterschiedslose Bezugnahme auf die bis zum Inkrafttreten der erwähnten Novelle anzuwendende Rechtslage im vorliegenden Fall aber deshalb nicht zu einer gänzlichen oder teilweisen Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führen, weil der Ansicht der Beschwerdeführerin, der seit 1. Oktober 1998 geltende § 15 Abs. 4 AlVG enthalte "durch Verweisung auf § 15 Abs. 3 AlVG zahlreiche neue Fristerstreckungstatbestände gegenüber § 15 Abs. 2 AlVG aF" nicht beizupflichten ist. Die Änderung der Rechtslage erschöpfte sich in den hier interessierenden, von der Verweisung im § 33 Abs. 4 AlVG umfassten Absätzen des § 15 AlVG in der Einbeziehung zweier Erstreckungstatbestände, deren Vorliegen die Beschwerdeführerin nicht behauptet, nämlich einerseits der Entrichtung von Sicherungsbeiträgen nach § 5d AMPFG und andererseits der nachweislichen Arbeitsunfähigkeit nach Erschöpfung des Anspruchs auf Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Dadurch, dass die belangte Behörde in ihrer nach dem Anwendbarwerden dieser Erstreckungstatbestände gefällten Entscheidung eine Prüfung des Sachverhalts auch an diesen Voraussetzungen unterlassen hat, wurde die Beschwerdeführerin daher nicht in ihren Rechten verletzt.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 4. Mai 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999080039.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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