TE Lvwg Erkenntnis 2019/2/13 LVwG-S-260/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.02.2019
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Entscheidungsdatum

13.02.2019

Norm

BauO NÖ 2014 §37 Abs1 Z7
VStG 1991 §5 Abs1
VStG 1991 §19 Abs2
StGB §34 Abs1 Z17

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Dr. Kühnel als Einzelrichter über die Beschwerde des Herrn A, vertreten durch B, Rechtsanwalt, ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 11.12.2017, Zl. ***, betreffend Bestrafung nach der NÖ Bauordnung 2014 (NÖ BO 2014), zu Recht:

1.  Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

2.  Der Beschwerdeführer hat einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 200,-- Euro zu leisten.

3.  Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 50 Abs. 1 und 52 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 19 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Zahlungshinweis:

Der zu zahlende Betrag (Strafe: 1.000,-- Euro/Kosten: 10% = 100,-- Euro, 20% = 200,-- Euro) beträgt 1.300,-- Euro und ist gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG iVm § 54b Abs. 1 VStG binnen zwei Wochen einzuzahlen.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit:

zwischen 20. Februar 2017 und 4. April 2017

Ort:

***, ***, GSTNR *** KG ***

Tatbeschreibung:

Sie haben es als Bauherr verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass Sie trotz einer von der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten verfügten Baueinstellung die Ausführung Ihres Bauvorhabens fortgesetzt haben. Am 4. April 2017 wurde festgestellt, dass Sie an der Fassade weitergearbeitet haben.

Es wurde Ihnen mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten, Fachgebiet Anlagenrecht, vom 7. April 2016, ***, die Fortsetzung von Zu- und Umbauten bei der bestehenden Betriebsanlage untersagt, da die erforderliche Baubewilligung nicht vorliegt.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 29 iVm § 37 Abs.1 Z 7 NÖ Bauordnung 2014 iVm Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 7. April 2016, ***“

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 37 Stunden) gemäß § 37 Abs. 1 Z 7 iVm § 37 Abs. 2 Z 1 NÖ BO 2014 verhängt sowie gemäß § 64 Abs. 2 VStG 10 Prozent der Strafe als Kostenbeitrag des Verfahrens, sohin 100,-- Euro, vorgeschrieben.

Die belangte Behörde legte in ihrer Begründung dar, dass mit baubehördlichem Bescheid vom 05.12.2012, ***, sowie mit gewerbebehördlichem Bescheid vom 05.12.2012, ***, dem Beschwerdeführer die Bewilligung bzw. Genehmigung für die Durchführung eines Zu- und Umbaus samt maschineller Einrichtungen für die Ausübung des Spenglerei- und Dachdeckergewerbes unter anderem auf dem Grundstück Nr. *** KG *** erteilt wurde. Im Zuge einer Überprüfung der gegenständlichen Betriebsanlage am 06.04.2016 seien abweichende bewilligungspflichtige Änderungen im Vergleich zu den bewilligenden Bescheiden vom 05.12.2012 festgestellt worden, weshalb mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten, vom 07.04.2016, ***, die Fortsetzung von Zu- und Umbauten bei der bestehenden gegenständlichen Betriebsanlage untersagt wurde (Baueinstellung).

Aus der erteilten rechtskräftigen Untersagung gehe klar hervor, dass sämtliche Bauarbeiten an der gesamten Betriebsanlage auf Grundstück Nr. *** KG *** zu unterbleiben hätten. Der Bescheid vom 07.04.2016, ***, lasse klar erkennen, welches begonnene Bauvorhaben Gegenstand der verfügten Baueinstellung sein solle und beschreibe detailliert die vorgenommenen konsenswidrigen bzw. konsenslosen bewilligungspflichtigen Arbeiten, weshalb klar entnommen werden könne, auf welche bewilligungspflichtigen Maßnahmen sich die Baueinstellung beziehe, weshalb diese einer Bewilligungspflicht unterlägen und wieweit die Baumaßnahmen bereits abgeschlossen seien.

Selbst unter der Annahme, dass das Anbringen der Fassadenplatten mit der Bauanzeige vom 24.06.2015 gehörig angezeigt worden sei bzw. sogar eine Baubewilligung hierfür vorläge, seien durch die spätere Baueinstellung vom 07.04.2016 hinsichtlich der gesamten Betriebsanlage auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, sämtliche Baumaßnahmen einzustellen und keine Arbeiten mehr gerechtfertigt, unabhängig davon ob diese auch vorher bewilligt oder angezeigt Worden wären. Die Auslegung oder Interpretation des Bescheides vom 07.04.2016, ***, lasse eine Baueinstellung hinsichtlich nur bewilligungspflichtiger Baumaßnahmen nicht erkennen.

Darüber hinaus werde im Bescheid vom 07.04.2016, ***, auf die Bewilligungspflicht der Holzriegelwand hingewiesen. Es sei demnach spätestens zu diesem Zeitpunkt erkennbar gewesen, dass die Holzriegelwand nicht bloß einer Anzeigepflicht unterliege. Mit dem Argument des Vertrauens auf die von der Behörde erteilte Vorgehensweise sei demnach nichts gewonnen.

Auch unter der Annahme, dass das Anbringen der Fassadenplatten nicht bewilligungspflichtig sei, könnten bei einer in ihrer Gesamtheit einer Bewilligungspflicht unterliegenden Baumaßnahme nicht einzelne Teilarbeiten herausgenommen werden. Das Anbringen der Fassadenbeschichtungsplatten sei Teil der Errichtung der im vorliegenden Fall bewilligungspflichtigen Holzriegelwand.

Gemäß § 29 NÖ BO 2014 habe die Baubehörde ebenfalls die Fortsetzung eines Bauvorhabens zu untersagen, wenn die hierfür notwendige Baubewilligung oder Anzeige nicht vorliegt. Ein Baustopp sei demnach bereits bei fehlender erforderlicher Bauanzeige im Sinne des § 15 NÖ BO 2014 zu verhängen. Dementsprechend umfasse der Begriff „Bauvorhaben“ des § 29 NÖ BO 2014 auch anzeigepflichtige Vorhaben, z.B. die Anbringung einer Wärmeschutzverkleidung an einem Gebäude (Hauer/Zaussinger, NÖ Baurecht6, § 29 BO Anm. Rz 3). Dem Vorbringen, dass eine nicht baubewilligungspflichtige Maßnahme keine Baumaßnahme darstelle und somit nicht zu einem Verstoß gegen ein Bauverbot führen könne, sei demnach nicht zu folgen.

Nach Erteilung dieser Untersagung der Fortsetzung von Zu- und Umbauten habe der Beschwerdeführer als Bauherr bei der bestehenden gegenständlichen Betriebsanlage in der ***, ***, Grundstück Nr. ***, KG ***, an der Fassade zumindest Fassadenbeschichtungsplatten verklebt und verschraubt bzw. verkleben und verschrauben lassen. Er habe hierdurch trotz mit Bescheid erteilter und aufrechter Untersagung die Fortsetzung von Zu- und Umbauten im Zeitraum vom 20.02.2017 bis 04.04.2017 (Feststellungszeitpunkt) an

genannter Betriebsanlage vorgenommen.

Das Entfernen eines Baugerüsts und die Durchführung der genannten Baumaßnahme sei von der Marktgemeinde *** am 04.04.2017 durch Beschau von außerhalb des Betriebsanlagengrundstücks festgestellt und durch Fotodokumentation am selben Tag festgehalten worden. Die Vergleichsfotos, welche die gegenständliche Betriebsanlage vor Abbau des Gerüsts und Durchführung der Baumaßnahme zeigten, seien am 20.02.2017 aufgenommen worden. Die beiden Daten der vergleichenden Fotoaufnahmen lägen nach und während der aufrechten Untersagung vom 07.04.2016.

Eine Verjährung der Tat gemäß § 31 Abs. 1 oder Abs. 2 VStG sei aufgrund des eindeutig abzugrenzenden Tatzeitraumes ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer sei zumindest seit der Beschau am 06.04.2016 bis zur Fotodokumentation am 04.04.2017 durchgehend Bauwerber und Grundeigentümer gewesen. Aufgrund der Konkretisierung der Tat liege keine Gefahr einer Doppelbestrafung vor.

Der Beschwerdeführer habe mit seinem Verhalten dem Schutzzweck der übertretenen Normen nämlich der Hintanhaltung von Schädigungen oder Gefährdungen zuwidergehandelt. Die Wertigkeit der Schutznorm finde ihren Ausdruck auch in der Höhe des gesetzlichen Strafrahmens, der für entsprechende Zuwiderhandlungen gemäß § 37 Abs. 2 Z. 1 NÖ Bauordnung 2014 eine Mindeststrafe von Euro 1.000,-- vorsehe.

Hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sei angegeben worden,

977,22 Euro netto monatlich zu verdienen sowie für die Ehegattin und ein minderjähriges Kind sorgepflichtig zu sein. Von einem nennenswerten Vermögen sei nicht ausgegangen worden.

Für die Strafzumessungsgründe lägen keine einschlägigen Vormerkungen noch besondere Milderungs- und Erschwerungsgründe vor.

Die festgesetzte Strafe sei die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe und sowohl aus spezial- als auch generalpräventiven Gründen angemessen.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschwerdeführer durch seinen Rechtsvertreter Beschwerde erhoben.

Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten legte den Verwaltungsakt zur Entscheidung über die Beschwerde gegen das angefochtene Straferkenntnis vor.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Der Beschwerdeführer führt in der Beschwerde im Wesentlichen aus, mit Bauanzeige vom 24.06.2015 habe der Beschwerdeführer die Behörde über geplante bauliche Abweichungen vom Konsens gemäß Bescheid vom 05.12.2012 informiert. Hierauf habe der Beschwerdeführer eine Baubeschreibung des Bauvorhabens, welches der Beschwerdeführer mit „Änderung der Dachform von Walmdach auf Satteldach“ betitelte, sowie einen Plan des Bauvorhabens, bezeichnet als „Beilage zur Bauanzeige“ übermittelt.

Mit Schreiben vom 10.07.2015 habe die Behörde geantwortet, dass die Bauanzeige des Beschwerdeführers vom 24.06.2015 eine anzeigep?ichtige Abweichung gemäß § 15 der NÖ BO 2014 betreffe, die in Aussicht genommene bauliche Abweichung der Baubehörde erst im Zuge der Fertigstellung angezeigt werden müsse und erst in der Folge beurteilt werden würde. Auch habe die Behörde mitgeteilt, dass das Verfahren bis zum Einlangen der Fertigstellungsanzeige für das bewilligte Bauvorhaben ausgesetzt und erst nach Übermittlung sämtlicher zur Beurteilung erforderlicher Unterlagen fortgesetzt werden würde.

Am 06.04.2016 habe eine bau- und gewerbebehördliche Überprüfung der hier gegenständlichen Betriebsanlage stattgefunden, bei welcher mehrere Abweichungen vorn ursprünglichen Konsens gemäß Bescheid vom 05.12.2012 bemängelt worden seien, darunter Änderungen in den Räumlichkeiten des Erdgeschoßes, entlang der *** und im Rahmen der Dachkonstruktion.

Die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten habe hierauf mit Bescheid vom 07.04.2016, ***, die Fortsetzung von Zu- und Umbauten bei der bestehenden Betriebsanlage, mit der Begründung, die erforderliche Baubewilligung für die abweichenden bewilligungsp?ichtigen Änderungen zum Bescheid vom 05.12.2012 würden nicht vorliegen, untersagt.

Das Straferkenntnis sei mit der Begründung erlassen worden, der Beschwerdeführer hätte sich über den Bescheid vom 07.04.2016 hinweggesetzt. Dies sei nicht der Fall. Bereits aus dem Wortlaut des Spruchs des Bescheids vom 07.04.2016 folge, dass nur die Fortsetzung des Zu- und Umbaus hinsichtlich der bewilligungsp?ichtigen Änderungen im Vergleich zum Bescheid vom 05.12.2012 untersagt würde. Jene Änderungen, welche der bekämpfte Strafbescheid zum Gegenstand habe, nämlich die Änderung an der Fassade des Betriebs, sei von der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten im Schreiben vom 10.07.2015 aber rechtlich als bloß anzeigepflichtige und somit nicht bewilligungsp?ichtige Abweichung gemäß § 15 der NÖ BO 2014 quali?ziert worden. Der Beschwerdeführer habe davon ausgehen dürfen, dass die Weiterarbeit an der Fassade gerade nicht von der verfügten Baueinstellung erfasst gewesen sei.

Wenn sich die Behörde darauf berufe, dass die Fassade nicht Gegenstand der Bauanzeige vom 24.06.2015 gewesen sei und das Schreiben der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 10.07.2015 sich somit nicht auf die Fassade bezogen habe, so sei dem entgegenzuhalten, dass sämtliche die Fassade betreffenden Änderungen detailliert im Plan „Beilage zur Bauanzeige“ ersichtlich gewesen seien, welcher einen integralen Bestandteil der Bauanzeige dargestellt habe.

Dass der Beschwerdeführer das Bauvorhaben als „Änderung der Dachform von Walmdach auf Satteldach“ betitelt habe, sei insofern legitim, als die Änderung der Dachform die Hauptänderung darstellte. Diese wesentliche Änderung sei repräsentativ für das Bauvorhaben und sei jene Maßnahme, die nach außen hin deutlich in Erscheinung trete. Dass damit zahlreiche Klein- und Kleinständerungen einhergingen, sei unausweichlich. Aus diesem Grund sei der Plan „Beilage zur Bauanzeige“ zum integralen Bestandteil der Bauanzeige erhoben worden. Diesem Plan sei die hier gegenständliche Änderung der Fassade deutlich zu entnehmen. Es könne dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden, dass er sich zur Präzisierung des Bauvorhabens eines Plans bediente, zumal dies einerseits üblich sei und andererseits ein Bild bekanntlich mehr als tausend Worte sagen könne, was im Fall der vorliegenden Klein- und Kleinständerungen als probates Mittel angesehen werden müsse.

Genauso wie die Projektbeschreibung zur Auslegung einer unklaren Bescheidau?age herangezogen werden könne (VWGH 26.01.2017 Ro 2014/07/0073), müsse auch ein Bauwerber Pläne zur Konkretisierung seiner Baubeschreibung verwenden dürfen.

Zudem habe sich die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten in ihrem Schreiben vom 10.07.2015 klarer Worte bedient, sodass der Beschwerdeführer keinen Zweifel daran zu haben brauchte, dass die Änderung an der Fassade eine bloß anzeigep?ichtige Änderung darstelle.

Es liege an der Behörde etwaige Unklarheiten oder inhaltliche Unbestimmtheiten in einer Eingabe bzw. einem Anbringen von Amts wegen zu beseitigen (VwGH 27.07.2017, Ra 2015/07/0109). Da die Behörde im vorliegenden Fall aber gar nicht erst nachgefragt habe, welche Bedeutung dem Plan „Beilage zur Bauanzeige“ beizumessen sei, habe der Beschwerdeführer davon ausgehen dürfen, dass die Behörde den Plan vollinhaltlich gewürdigt habe.

Die Bezirkshauptmannschaft hat mit ihrem Schreiben vom 10.07.2015 die Vertrauenslage geschaffen, auf deren Basis der Beschwerdeführer die Änderung an der Fassade durchgeführt habe.

Zudem seien seit der Zustellung des Bescheids vom 07.04.2016 nur relativ geringfügige Änderungen an der Fassade vorgenommen worden, welche einen lediglich 1,4 m breiten Streifen der Fassade beträfen.

Auch handle es sich im vorliegenden Fall bei den Fassadenänderungen lediglich um das Verkleben und Verschrauben von Fassadenbeschichtungsplatten auf einer bestehenden Hausfassade, was für sich genommen keiner baubehördlichen Genehmigung bedürfe. Gemäß § 15 Abs. 1 Z 3 lit. c NÖ BO 2014 sei die Änderung im Bereich der Fassadengestaltung – ebenso wie beispielsweise die nachträgliche Herstellung einer Wärmedämmung bei Gebäuden (Z 2 lit. d leg cit) – anzeigebedürftig, nicht aber bewilligungsp?ichtig.

Darüber hinaus seien die vorgenommenen Änderungen an der Fassade auch wegen Gefahr im Verzug angebracht worden und somit gerechtfertigt. Bei mangelnder Abdeckung der Fassadenbeschichtung könne Ober?ächenwasser hinter die Fassade eindringen und sowohl zur Durchfeuchtung der Isolierung als auch zur Schädigung des Holzes des Holzriegelbaus führen. Beim Holzriegelbau sei das Holz vor jeglicher Durchfeuchtung zu schützen und müsse für eine rasche Abdichtung der Fassade durch eine entsprechende Beschichtung gesorgt werden. Im vorliegenden Fall sei die Fassadenbeschichtung vor der Baueinstellung bereits zum größten Teil gegeben gewesen und hätten nur geringfügige Abdeckungsarbeiten durchgeführt werden müssen, welche als Maßnahmen wegen Gefahr im Verzug zu quali?zieren seien.

Die auferlegte Geldstrafe sei auch der Höhe nach rechtswidrig. Der Beschwerdeführer sei für seine Ehegattin und ein minderjähriges Kind sorgepflichtig, und beziehe ein monatliches Nettoeinkommen von 977,22 Euro. Die Verhängung einer Geldstrafe bedeute daher einen Eingriff in das pfändungsfreie Existenzminimum und sei daher unzulässig.

Dem Beschwerdeführer könne kein fahrlässiges Verhalten vorgeworfen werden, zumal er sich an die Informationen und Anordnungen der Behörde genau gehalten habe, die gegenständliche Fassadenänderung schon tatbestandlich eine bloß anzeigep?ichtige und nicht bewilligungsp?ichtige Maßnahme darstelle und die betreffende Änderung auch wegen Gefahr im Verzug gerechtfertigt sei.

Aufgrund nicht gegebenen Verschuldens sei die Verhängung einer Verwaltungsstrafe nicht zulässig.

Beantragt wurde, eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, der Beschwerde bereits im Rahmen einer Beschwerdevorentscheidung stattzugeben, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das gegenständliche, gegen den Beschwerdeführer gerichtete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu der Beschwerde stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren zur neuerlichen Entscheidung an die Verwaltungsstrafbehörde I. Instanz zurückzuverweisen.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis erhoben in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom 20.11.2018, durch Verlesung des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten Zl. ***, des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zur Zahl LVwG-S-260/001-2018 und durch die Einvernahme des Beschwerdeführers.

4.   Feststellungen:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 05.12.2012, ***, wurde dem Beschwerdeführer die baubehördliche Bewilligung für den Zu- und Umbau auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, erteilt.

Im Zuge einer Überprüfung der gegenständlichen Betriebsanlage (Spengler- und Dachdeckergewerbe) durch die Bezirkshauptmannschaft St. Pölten am 06.04.2016 wurden abweichende bewilligungspflichtige Änderungen im Vergleich zum Baubewilligungsbescheid vom 05.12.2012 festgestellt.

Unter anderem wurde festgestellt, dass Außenwände nicht wie bewilligt in Massivbauweise sondern in Holzriegelbauweise errichtet wurden.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten als Baubehörde vom 07.04.2016, ***, wurde auf Grundlage des § 29 der NÖ BO 2014 die Fortsetzung von Zu- und Umbauten bei der bestehenden gegenständlichen Betriebsanlage untersagt (Baueinstellung).

Nach Erteilung dieses Auftrages zur Baueinstellung hat der Beschwerdeführer bei der Betriebsanlage in der ***, ***, Grundstück Nr. ***, KG ***, im Zeitraum zwischen dem 20.02.2017 und dem 04.04.2017 an der – entgegen der mit Bescheid vom 05.12.2012, ***, erteilten Baubewilligung – in Holzriegelbauweise errichteten Wand Fassadenbeschichtungsplatten verklebt und verschraubt bzw. verkleben und verschrauben lassen.

5.   Beweiswürdigung:

Die Feststellungen gründen auf dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2018, in welcher Beweis aufgenommen wurde durch Verlesung des Verwaltungsaktes der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten Zl. ***, des Aktes des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zur Zahl LVwG-S-260/001-2018 und durch die Einvernahme des Beschwerdeführers.

Die Durchführung der im Tatzeitraum erfolgten Baumaßnahme ergibt sind aus den im Verwaltungsakt der belangten Behörde befindlichen und von der Marktgemeinde *** der belangten Behörde übermittelten Fotoaufnahmen. Im Übrigen wurde in der mündlichen Verhandlung am 20.11.2018 vom Beschwerdeführer zugestanden, mit seinen Mitarbeitern im März 2017 zwei Sinuswellenplatten mit einer Gesamtbreite von insgesamt 6 m an der Fassade angebracht zu haben.

6.   Rechtliche Erwägungen:

Gemäß § 37 Abs. 1 Z 7 NÖ BauO 2014 begeht eine Verwaltungsübertretung unter anderem, wer trotz einer verfügten Baueinstellung (§ 29) die Ausführung des Bauvorhabens fortsetzt.

Der Beschwerdeführer hat trotz der mit Bescheid vom 07.04.2016, ***, verfügten Untersagung der Fortsetzung von Zu- Und Umbauten bei der bestehenden Betriebsanlage (Baueinstellung gemäß § 29 NÖ BO 2014) innerhalb des im bekämpften Straferkenntnis angeführten Zeitraumes die Anbringung einer Fassadenbeschichtung durchgeführt bzw. fortgesetzt.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 05.12.2012, ***, wurde dem Beschwerdeführer zwar die baubehördliche Bewilligung für den Zu- und Umbau auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, erteilt.

Entgegen der bewilligten Errichtung in Massivbauweise kam jedoch eine Holzriegelbauweise zur Ausführung. Diese konsenswidrige Ausführung wurde durch die hier inkriminierte nach erfolgter Baueinstellung vorgenommene Fassadenbeschichtung weiter fortgesetzt. Da die Fassadenbeschichtung – auch nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers – zum Schutz des Holzriegelbaus erfolgte, ist diese Baumaßnahme Teil dieser konsenslosen Errichtung bzw. Fortführung des Holzriegelbaus.

Damit hat der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand des § 37 Abs. 1 Z. 7 NÖ BO 2014 verwirklicht.

Es handelt sich dabei nicht um eine bloß unabhängig von einer erforderlichen Baubewilligung erfolgte Maßnahme, wie sie der Beschwerdeführer mit dem Vergleich mit der Anbringung einer Wärmedämmung – die im Übrigen keine notwendige Baumaßnahme zum Schutz einer Außenwand darstellt – zu rechtfertigen versucht.

Gegenüber dem Beschwerdeführer war ein ausdrückliches Verbot der Fortsetzung von Zu- und Umbaumaßnahmen betreffend das hier gegenständliche Bauwerk ausgesprochen worden.

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, er habe die diesbezüglich geänderte Bauausführung mit Bauanzeige vom 24 06.2015 der belangten Baubehörde zur Kenntnis gebracht, so ist ihm entgegen zu halten, dass in dieser Anzeige und den dieser beigelegten Unterlagen keinerlei Hinweis auf eine geänderte Ausführung in Holzriegelbauweise zu erkennen ist. Mit dieser Bauanzeige wurde die Änderung der Dachform von ursprünglich Walmdach auf Satteldach angezeigt.

Bei der dem Beschwerdeführer angelasteten Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG. Demzufolge genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgen eines Gebotes dann ohne Weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verfahren nicht glaubhaft gemacht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Dass es sich laut dem Vorbringen des Beschwerdeführers bei der inkriminierten Handlung der Anbringung der Fassadenbeschichtung um eine notwendige Sofortmaßnahme zum Schutz des Holzriegelbaus vor Witterungseinflüssen handelte, ändert an der Vorwerfbarkeit nichts, da die zu schützende Holzriegelwand konsenslos ausgeführt wurde. Auch stellt die Anbringung des Fassadenschutzes eine Baumaßnahme im Zuge der Errichtung bzw. Fertigstellung der konsenslosen Holzriegelwand dar. Es liegt somit auch kein Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgrund vor.

Der Beschwerdeführer kann sich also nicht seiner verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung entziehen.

 

Durch sein Verhalten hat der Beschwerdeführer zumindest fahrlässig gehandelt. Die Verwaltungsübertretung ist ihm daher auch in subjektiver Hinsicht anzulasten.

Zur Strafbemessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Gemäß Abs. 2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Eine Übertretung der verletzten Gesetzesbestimmung ist mit einer Geldstrafe von 1.000 bis zu 10. 000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen) zu ahnden.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, nämlich der Schutz vor Gefahren und nachteiligen Auswirkungen, die durch die Nichtbefolgung einer baubehördlichen Anordnung, ein Bauwerk ohne rechtswirksame Baubewilligung zu errichten bzw. dessen Errichtung fortzusetzen, hervorgerufen werden können, ist als sehr hoch und die Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes als nicht unerheblich einzustufen. Der Beschwerdeführer hat zumindest fahrlässig gehandelt.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat in die Verwaltungsstrafdatei Einsicht genommen und stellt fest, dass der Beschwerdeführer nicht unbescholten ist. Der Milderungsgrund der Unbescholtenheit liegt daher nicht vor. Es liegen aber keine einschlägigen Vorstrafen nach der NÖ Bauordnung vor, die erschwerend zu werten wären. Ebenso wenig liegt der Milderungsgrund eines reumütigen Geständnisses vor, denn ein beim Betretenwerden auf frischer Tat abgegebenes reines Tatsachengeständnis ist nicht als Milderungsgrund im Sinne des § 34 Abs. 1 Z 17 StGB zu werten (vgl. zuletzt VwGH 27.03.2015, Ra 2015/02/0009). Es liegt auch der Milderungsgrund nach § 19 Abs. 2 VStG in Verbindung mit § 34 Abs. 1 Z 11 StGB nicht vor, da dieser voraussetzt, dass die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommt. Weitere Erschwerungs- oder Milderungsgründe sind im Verfahren nicht behauptet worden oder sonst hervorgekommen.

Ausgehend von den Strafzumessungskriterien des § 19 VStG sowie auf Basis der in der mündlichen Verhandlung glaubhaft angegebenen persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers (monatliches Nettoeinkommen von 1.147,-- Euro, eine Sorgepflicht, Besitz eines Einfamilienhauses) kommt eine Herabsetzung der von der Verwaltungsbehörde festgesetzten Strafe nicht in Betracht. Eine Reduzierung der Strafe war – auch angesichts der verhängten Mindeststrafe – nicht möglich, um eine tat-, täter- und schuldangemessene Bestrafung zu erreichen. Die verhängte Geldstrafe ist auch aus spezial- und generalpräventiven Gründen erforderlich, um den Beschwerdeführer von der Begehung weiterer gleicher oder ähnlicher Straftaten abzuhalten und der Allgemeinheit zu signalisieren, dass es sich hierbei nicht bloß um ein Bagatelldelikt handelt.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind. Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde den Beschuldigten im Falle der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten. Die Anwendung dieser Bestimmung bzw. die Erteilung einer Ermahnung kam im gegenständlichen Fall jedoch nicht in Betracht, da weder die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes noch die Intensität ihrer Beeinträchtigung durch die Tat des Beschwerdeführers gering waren.

Im konkreten Fall ist bei der Festsetzung der Strafe zu berücksichtigen, dass durch Übertretung der gegenständlichen Art das öffentliche Interesse daran, dass baubehördliche Anordnungen nicht ignoriert werden und baubewilligungspflichtige Maßnahmen erst nach abgeschlossener Prüfung des Vorhabens durch die Baubehörde umgesetzt werden, massiv beeinträchtigt werden können, sodass die gegenständlich verhängte Mindeststrafe nicht als unangemessen zu betrachten ist. Es ist dabei weder mildernd, dass die Erteilung einer Bewilligung in Aussicht gestellt oder nachträglich tatsächlich erteilt wurde (VwGH 29.02.2012, 2008/10/0339), noch der Umstand einer allfälligen langen Verfahrensdauer des Baubewilligungsverfahrens (VwGH 26.06.1996, 95/07/0209). Eine Gutgläubigkeit im Hinblick auf eine erfolgte Bauanzeige vermag das Gericht nicht zu erkennen. Es ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer spätestens mit Erlassung des Baueinstellungsbescheides davon in Kenntnis war, dass vor Rechtskraft einer entsprechenden Baubewilligung die Bauarbeiten nicht fortgesetzt werden durften. Anhaltspunkte dafür, dass dem Beschwerdeführer nach Erlassung des Baueinstellungsbescheides Gegenteiliges seitens der dafür zuständigen Behörde mitgeteilt worden wäre, liegen nicht vor. Angesichts dessen ist das Verhalten des Beschwerdeführers zumindest als grob fahrlässig zu betrachten, was in der Strafzumessung zu Lasten des Beschwerdeführers zu berücksichtigen ist.

Zu den Kosten:

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Beitrag ist gemäß Abs. 2 für das Beschwerdeverfahren mit 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen; bei Freiheitsstrafen ist zur Berechnung der Kosten ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro anzurechnen. Der Kostenbeitrag fließt der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand des Verwaltungsgerichtes zu tragen hat.

Da die Beschwerde als unbegründet abgewiesen wurde, waren die im Spruch angeführten Kosten vorzuschreiben.

7.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil die Entscheidung, wie aus den im Erwägungsteil angeführten Entscheidungsgründen samt Nachweisen aus der Judikatur hervorgeht, nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Bau- und Raumordnungsrecht; Verwaltungsstrafe; Konsenslosigkeit; Baueinstellung; Ungehorsamsdelikt;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.S.260.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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