TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/26 W167 2208039-1

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Veröffentlicht am 26.11.2018
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Entscheidungsdatum

26.11.2018

Norm

AuslBG §12a
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W167 2208039-1/7E

W167 2208122-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Benjamin NADLINGER und Mag. Johannes DENK als Beisitzer über die Beschwerden von XXXX , XXXX , und XXXX , geb. XXXX , XXXX , beide vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Esteplatz vom XXXX , XXXX , wegen Abweisung des Antrags auf Zulassung als Fachkraft gemäß § 12a AuslBG, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Am XXXX gab der kosovarische Staatsangehörige (Zweitbeschwerdeführer) einen Zweckänderungsantrag betreffend seinen Verlängerungsantrag vom XXXX (Studierender) bekannt und stellte einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte" gemäß § 41 NAG für die Tätigkeit als Schwarzdecker (Fachkraft in Mangelberufen gemäß § 12a Ziffer 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz).

2. Mit Bescheid vom XXXX wies das AMS den Antrag auf Zulassung als Schlüsselkraft ab. Begründend führte das AMS zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass die Mindestpunkteanzahl gemäß der Rechtslage nicht erreicht werde, da keine Fachausbildung als Schwarzdecker nachgewiesen und daher auch keine Punkte für Qualifikation und ausbildungsadäquate Berufsausbildung vergeben werden konnten.

3. Dagegen erhoben die GmbH (Erstbeschwerdeführerin) und der Zweitbeschwerdeführer anwaltlich vertreten rechtzeitig die zulässige Beschwerde. In dieser führten sie im Wesentlichen aus, dass es sich beim Beruf des Schwarzdeckers um keinen Lehrberuf handle und es daher keine reguläre Ausbildung gäbe. Die nachgewiesene Tätigkeit des Zweitbeschwerdeführers im Bereich "Thermo- und Hydroisolierungsarbeiten" entspräche den Tätigkeiten eines Schwarzdeckers. Diesbezüglich habe er auch ein Befähigungszeugnis vorgelegt und er sei in dieser Funktion auch beschäftigt gewesen.

4. Das AMS legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

5. Am XXXX fand vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung statt, an der Rechtsvertreter, der Geschäftsführer der Erstbeschwerdeführerin, der Zweitbeschwerdeführer und ein Vertreter des AMS teilnahmen. Die Verfahren wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:

1.1. Am XXXX erfolgte ein Zweckänderungsantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot-Karte" gemäß § 41 NAG für die Tätigkeit als Schwarzdecker.

1.2. Der Zweitbeschwerdeführer ist am XXXX geboren, hat Deutschkenntnisse auf B1-Niveau, einen Abschluss einer höheren Berufsmittelschule im Kosovo ( XXXX ) erworben und eine Bestätigung aus dem Kosovo über die Befähigung zur Hydroisolation der Zivilobjekte vorgelegt (laut dieser Bestätigung nach dreimonatigem Training). In Österreich arbeitet der Zweitbeschwerdeführer bei der Erstbeschwerdeführerin seit 01.03.2018 für 20 Stunden pro Woche als Schwarzdecker, dies im Rahmen der Beschäftigungsbewilligung Studierende.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungsverfahren und Gerichtsverfahren vorgelegten Unterlagen sowie der mündlichen Verhandlung. Im Zuge der Beschwerde wurden Nachweise betreffend die Ausbildung und Qualifikation vorgelegt wurden, welche nur zum Teil bei Erlassung des angefochtenen Bescheides vorlagen.

2.2. Bereits beim AMS wurde ein Zertifikat betreffend eine dreimonatige Ausbildung zum Schwarzdecker vorgelegt. Diese Ausbildung fand nach Angabe des Beschwerdeführers von XXXX statt. Zeitgleich hat der Beschwerdeführer am Vormittag die Schule besucht.

2.3. Dem Zweitbeschwerdeführer ist der Nachweis nicht gelungen, das und wie lange er bereits im Kosovo als Schwarzdecker neben seinem Schulbesuch bzw. Studium tätig war. Die beiden vorgelegten Empfehlungsschreiben des kosovarischen Arbeitgebers sind betreffend den Tätigkeitsbereich des Zweitbeschwerdeführers widersprüchlich. Mit der Beschwerde wurde ein zweites Empfehlungsschreiben des Arbeitgebers im Kosovo vorgelegt, in dem dieser - anders als im ersten beim AMS vorgelegten Empfehlungsschreiben (Bestätigung über die Tätigkeit des Zweitbeschwerdeführers als Lagerverwalter und Wasserabdichtungsstoffverwalter) - bestätigt, dass der Zweitbeschwerdeführer für exakt denselben Zeitraum als Fachmann für Thermohydroisolierungen tätig war. Auch in den Originaltexten sind unterschiedliche Begriffe verwendet. In der Verhandlung wurde aufgrund von Nachfragen die nachträgliche Ausstellung des zweiten Empfehlungsschreibens während des Verfahrens bestätigt. Es konnte aber nicht nachvollziehbar erklärt werden, weshalb das ursprüngliche Ausstellungdatum vom Arbeitgeber beibehalten wurde und wieso die Tätigkeit als Schwarzdecker im ersten Schreiben überhaupt nicht erwähnt ist. Daher kann keine Berufserfahrung des Zweitbeschwerdeführers im Bereich Thermohydroisolation im Kosovo festgestellt werden, dies unabhängig von der Frage, ob eine derartige Berufserfahrung als ausbildungsadäquat zu beurteilen wäre.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1.1. Maßgebliche Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzs (AuslBG):

§ 12a AuslBG in der Fassung BGBl. I Nr. 25/2011:

Fachkräfte in Mangelberufen

§ 12a. Ausländer werden in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie

1. eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,

2. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,

3. für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und

sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.

Anlage B, Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a in der Fassung BGBl. I Nr. 66/2017 (Inkrafttretensdatum 01.10.2017):

Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 20

Berufserfahrung (pro Jahr) Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2 4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung

5 10 15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung

5 10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 15

bis 30 Jahre bis 40 Jahre

15 10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

90

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55

Gemäß § 1 Ziffer 1 Fachkräfteverordnung 2018 wurde für die Jahre 2018 Schwarzdecker/innen als Mangelberuf im Sinn des § 12a AuslBG festgelegt.

3.1.2. Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Fachkräfte in Mangelberufen mit Universitätsreife oder einem Hochschul- oder Fachhochschulstudium müssen immer auch über eine abgeschlossene Berufsausbildung im jeweiligen Mangelberuf verfügen (VwGH 25.01.2013, 2012/09/0068). Sie erhalten aber die für ihre Ausbildung vorgesehene höhere Punkteanzahl. (Deutsch/Novotny/Seitz, Ausländerbeschäftigungsgesetz, 2. Auflage, §§ 12 - 13, Rz 44)

In Österreich besteht derzeit keine gesetzlich geregelte Ausbildung für Schwarzdecker. Vielmehr werden die nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse betriebsintern angeeignet oder in Lehrgängen erworben (vergleiche AMS Berufslexikon).

Im Hinblick auf den Wortlaut des § 12a AuslbG, dass ein Ausländer im Mangelberuf als Fachkraft zu beschäftigen ist, sowie auf das oben zitierte Erkenntnis VwGH 25.01.2013, 2012/09/0068, ist zur Anwendung des § 12a AuslBG jedenfalls eine abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung erforderlich. Da auch in Österreich keine gesetzlich geregelte Ausbildung für Schwarzdecker besteht, wäre zumindest eine Ausbildung in einem verwandten Beruf wie beispielsweise Dachdecker oder Bauspengler (plus Zusatzausbildung) nachzuweisen.

Im Beschwerdefall verfügt der Zweitbeschwerdeführer über den Abschluss einer höheren Berufsmittelschule Fachgebiet XXXX (Fachrichtung: XXXX ).

Hinsichtlich der 3-monatigen Ausbildung des Zweitbeschwerdeführers als Schwarzdecker neben seinem Schulbesuch besteht schon aufgrund der sehr kurzen Ausbildung entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer keine Vergleichbarkeit mit einem Lehrabschluss nach mehrjähriger Ausbildung in Österreich.

Somit liegt jedenfalls keine einem österreichischen Lehrabschluss vergleichbare Ausbildung (auch in keinem verwandten Beruf) vor (vergleiche VwGH 25.01.2013, 2012/09/0068, unter Verweis auf die Erläuterungen [1077 Blg. NR 24. GP, RV, S 12] zum Erfordernis einer "einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung" des § 12a Z. 1 AuslBG)

Festgehalten wird, dass mangels abgeschlossener einschlägiger Berufsausbildung auch das Erreichen der erforderlichen Mindestpunkteanzahl nach der Anlage B nicht ausreichen würde, weshalb keine diesbezügliche Prüfung mehr erforderlich war.

Daher hat das AMS den Antrag zu Recht abgelehnt und die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Es liegt einschlägige Judikatur des VwGH vor, auf welche sich die Entscheidung stützt (VwGH 25.01.2013, 2012/09/0068). Zudem ist auch die Rechtslage eindeutig, da § 12a Ziffer 1 AuslbG den Nachweis einer einschlägigen abgeschlossenen Berufsausbildung unabhängig vom Erreichen der Mindestpunkteanzahl gemäß Anlage B (Ziffer 2) fordert, weshalb auch im Hinblick darauf keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (ständige Rechtsprechung, vergleiche VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053, VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095).

Schlagworte

Berufsausbildung, Fachkräfteverordnung, Nachweismangel,
Rot-Weiß-Rot-Karte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W167.2208039.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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