TE Vwgh Beschluss 2019/2/26 Ra 2018/03/0071

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Veröffentlicht am 26.02.2019
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;
93 Eisenbahn;

Norm

ArbIG 1993 §12 Abs1;
ArbIG 1993 §12 Abs4;
ArbIG 1993 §12;
ArbIG 1993 §13;
ArbIG 1993 §26 Abs8;
AVG §8;
EisbAV 1999 §2;
EisbKrV 2012 §102 Abs1;
VwGG §26 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Landeshauptfrau von Niederösterreich gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 28. Mai 2018, Zl. LVwG-AV-436/001-2018, betreffend Sicherung einer Eisenbahnkreuzung (mitbeteiligte Parteien: 1. Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, 2. Ö AG in W, vertreten durch Walch/Zehetbauer/Motter Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Biberstraße 11), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Anträge der zweitmitbeteiligten Partei auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses, in eventu auf Entscheidung in der Sache, werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 29. März 2018 ordnete die revisionswerbende Landeshauptfrau an, die Eisenbahnkreuzung in km 2,847 der ÖBB-Strecke Tulln - St. Pölten mit einer Gemeindestraße spätestens innerhalb von zwei Jahren nach Rechtskraft dieses Bescheides gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Z 4 der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV) durch Lichtzeichen mit Schranken zu sichern, "wobei der Schranken gemäß § 4 Abs. 2 EisbKrV als Vollschranken mit gleichzeitigem Schließen der Schrankenbäume auszuführen" sei.

2 Der dagegen von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde gab das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG dahingehend Folge, dass der Ausdruck "mit gleichzeitigem Schließen der Schrankenbäume" zu entfallen habe. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag auf Zurückweisung bzw. Abweisung der Revision.

4 Zur Zulässigkeit wird in der vorliegenden Revision einerseits geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis sei mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, da das Verwaltungsgericht die Beschwerde zugelassen habe, obwohl die mitbeteiligte Partei mangels Geltendmachung der Verletzung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nicht beschwerdelegitimiert sei. Andererseits erblickt die Revisionswerberin - unter Verweis auf die Ausführungen in den Revisionsgründen - die Zulässigkeit der vorliegenden Revision darin, dass das Verwaltungsgericht im Fall einer Sicherung durch Lichtzeichen mit Schranken gemäß § 4 Abs. 1 Z 4 EisbKrV davon ausgegangen sei, die konkrete Ausformung des Schrankens gemäß § 4 Abs. 2 EisbKrV wäre nicht "bescheidmäßig" festzulegen. Die Revisionswerberin führt in diesem Zusammenhang weiter aus, das Verwaltungsgericht sei dabei von seiner eigenen Rechtsprechung abgewichen.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision jedoch nicht dargetan:

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Frage, ob die Voraussetzung des Art. 133 Abs. 4 B-VG, also eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. VwGH 26.6.2014, Ra 2014/03/0005).

7 Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen: Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 5. September 2018, Ro 2018/03/0017, bereits entschieden, dass die Frage der Sicherung einer Eisenbahnkreuzung angesichts der Eisenbahn-ArbeitnehmerInnenschutzverordnung, BGBl. II Nr. 384/1999 idF BGBl. II Nr. 2015/2012 - vgl. etwa § 2 leg. cit. - den Arbeitnehmerschutz iSd § 12 des Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 berührt, weshalb im Verwaltungsverfahren sowie im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten dem zuständigen Arbeitsinspektorat Parteistellung und das Recht der Beschwerde zukommt (vgl. VwGH 5.9.2018, Ro 2018/03/0017, Rn. 45).

Das hier angefochtene Erkenntnis entspricht zu dieser Frage daher der eben zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

8 Soweit in der Zulassungsbegründung nach § 28 Abs. 3 VwGG weiter allgemein behauptet wird, das Verwaltungsgericht sei von seiner eigenen Rechtsprechung in Bezug auf die Frage, ob auch über die konkrete Ausformung des Schrankens gemäß § 4 Abs. 2 EisbKrV abzusprechen sei, abgewichen, wobei fallbezogen lediglich auf die sonstigen Ausführungen der Revision verwiesen wird, zeigt die Revisionswerberin damit nicht konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogen auf, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte:

So erfolgt die Beurteilung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. VwGH 10.2.2015, Ra 2015/02/0016, mwN). Ein Verweis auf die sonstigen Ausführungen der Revision genügt nicht, weil damit nicht konkret für die vorliegende Revisionssache aufgezeigt wird, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. VwGH 27.2.2015, Ra 2015/06/0003, mwN). Insofern wurde mit der vorliegenden Begründung der Zulässigkeit der Revision dem Erfordernis, gesondert die Gründe zu nennen, warum die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG vorliegen, nicht Rechnung getragen.

Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen (VwGH 25.3.2014, Ra 2014/04/0001, mwN), noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 23.11.2016, Ro 2016/05/0014).

Insoweit in diesem Zusammenhang auf eine divergierende Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hingewiesen wird, ist dem schließlich zu entgegnen, dass eine uneinheitliche oder abweichende Rechtsprechung eines oder mehrerer Verwaltungsgerichte für sich genommen nicht den Tatbestand des Art. 133 Abs. 4 B-VG erfüllt (vgl. etwa VwGH 26.9.2017, Ra 2017/05/0201, mwN).

9 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

10 In der Revisionsbeantwortung hat sich die Ö AG den Ausführungen und Anträgen der Revision vollinhaltlich angeschlossen und kein Interesse an einer Zurückweisung (oder einer Abweisung) der Revision geäußert. Das VwGG kennt keinen Eintritt als mitbeteiligte Partei auf Seiten des Revisionswerbers;

die Stellung als mitbeteiligte Partei setzt vielmehr rechtlich geschützte Interessen im Widerspruch zur Interessenslage des Revisionswerbers voraus (vgl. VwGH 24.3.2015, Ro 2014/09/0066;

24.4.2018, Ra 2017/05/0215, jeweils mwN). Soweit sich die Ö AG daher in ihrer Revisionsbeantwortung der Revision "und deren Anträgen" anschließt, war dies der Sache nach als verspätete Revision zu werten; die darin gestellten Anträge waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen (vgl. VwGH 20.12.2016, Ro 2014/03/0032, mwN).

Wien, am 26. Februar 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018030071.L00

Im RIS seit

19.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

27.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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