TE Vwgh Erkenntnis 1999/5/26 98/12/0511

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Veröffentlicht am 26.05.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;
72/13 Studienförderung;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §59 Abs1;
AVG §68 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
StudFG 1992 §15 Abs1 idF 1996/377;
StudFG 1992 §17 Abs2 idF 1996/377;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Julcher, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. Christine Kolbitsch, Rechtsanwältin in Wien II, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 11. Mai 1998, Zl. 56.054/3-I/D/7a/98, betreffend Studienbeihilfe nach dem Studienförderungsgesetz 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aufgrund der Verfassungsgerichtshof-Beschwerde, der ergänzten Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde und des vorgelegten angefochtenen Bescheides geht der Verwaltungsgerichtshof von folgendem Sachverhalt aus:

Der 1975 geborene Beschwerdeführer nahm im Wintersemester 1994/95 an der Universität Innsbruck ein Studium der Studienrichtung Internationale Wirtschaftswissenschaften auf, hatte dieses Studium bis einschließlich des Wintersemesters 1996/97 inskribiert und hatte für diese Zeit auch eine Studienbeihilfe bezogen. Im Sommersemester 1997 - somit im 6. Semester - wechselte er das Studium und nahm die Studienrichtung Betriebswirtschaft auf. Mit Bescheid des Vorsitzenden der Studienkommission für die betriebswirtschaftliche Studienrichtung an der Universität Innsbruck vom 28. Mai 1997 wurden alle vom Beschwerdeführer im Rahmen des internationalen Studienprogramms Wirtschaftswissenschaften mit internationaler Ausrichtung abgelegten Prüfungen für die erste Diplomprüfung in Betriebswirtschaft anerkannt. Von den fünf absolvierten Semestern wurden vier Semester für das neu aufgenommene Studium angerechnet.

Am 9. Mai 1997 hatte der Beschwerdeführer bei der Studienbeihilfenbehörde, Stipendienstelle Innsbruck, die Gewährung einer Studienbeihilfe für das neu aufgenommene Studium Betriebswirtschaft beantragt. Mit Bescheid der Studienbeihilfenbehörde vom 2. Dezember 1997 wurde dieser Antrag mangels günstigen Studienerfolges abgewiesen. Dies wurde damit begründet, daß der Beschwerdeführer nach dem dritten inskribierten Semester das Studium gewechselt habe. Da nicht sämtliche Vorstudienzeiten angerechnet worden seien, sei ein Anspruch auf Studienbeihilfe ausgeschlossen.

Der dagegen erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid des Senates der Studienbeihilfenbehörde für Studierende an der Universität Innsbruck vom 16. Dezember 1997 keine Folge gegeben.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung an die belangte Behörde, in welcher er vorbrachte, daß durch seinen Studienwechsel von der Studienrichtung Internationale Wirtschaftswissenschaften auf die Studienrichtung Betriebswirtschaft die Zielstrebigkeit seines Studiums nicht beeinträchtigt worden sei, weil er die erste Diplomprüfung der Studienrichtung Betriebswirtschaft auch innerhalb "der Geltungsdauer" (zitiert aus der Wiedergabe im angefochtenen Bescheid) des fünften inskribierten Semesters (am 15. März 1997) "abgeschlossen" habe. Es sei zu keiner Studienverzögerung gekommen.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Berufung keine Folge gegeben und den bekämpften Bescheid bestätigt; im Spruch wird unter anderem das Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 377/1996, als Rechtsquelle genannt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde zunächst den Sachverhalt dar und gab dann die ihr relevant erscheinenden Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes 1992 (StudFG) wieder, wobei sie dabei offensichtlich von der Fassung gemäß der Novelle BGBl. I Nr. 98/1997 ausging. Zusammengefaßt teilte die belangte Behörde die Auffassung der erstinstanzlichen Behörde, daß ein günstiger Studienerfolg deshalb nicht vorliege, weil nicht die gesamten Vorstudienzeiten angerechnet worden seien.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluß vom 29. September 1998, B 1265/98-8, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie mit weiterem Beschluß vom 27. November 1998, B 1265/98-10, antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.

In der über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht der Beschwerdeführer der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend und erhebt auch weiterhin verfassungsrechtliche Bedenken gegen die von der belangten Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides herangezogenen Rechtsgrundlagen (StudFG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 98/1997).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist das Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, anzuwenden (Paragraphenzitate ohne nähere Bezeichnung beziehen sich auf dieses Gesetz); zunächst ist aber zu klären, in welcher Fassung dieses Gesetz im Beschwerdefall anzuwenden ist. Im Spruch des angefochtenen Bescheides wird das StudFG in der Fassung BGBl. 377/1996 zitiert. Die Wiedergabe des Gesetzestextes in der Begründung zeigt aber, dass die belangte Behörde (in Wahrheit) § 17 Abs. 2, ebenso § 15 Abs. 1, in der am 1. August 1997 in Kraft getretenen Fassung BGBl. I Nr. 98/1997 anwendet.

Im Beschwerdefall fand der strittige Studienwechsel am Beginn des Sommersemesters 1997 statt. Nach dem mangels einer Übergangsbestimmung geltenden Grundsatz der zeitbezogenen Betrachtung ist die studienförderungsrechtliche Konsequenz dieses Studienwechsels aufgrund des StudFG in der (im Spruch zitierten) Fassung gemäß BGBl. Nr. 377/1996 anzuwenden. Der Umstand, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides eine andere (spätere) Fassung angewendet hat, hat aber für sich allein noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen; vielmehr ist zu prüfen, ob die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Abweisung der Berufung des Beschwerdeführers aufgrund der (in Wahrheit) maßgeblichen Rechtslage rechtens war.

Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe ist nach § 6 Z. 3 unter anderem, daß der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25).

§ 15 lautete in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung (vor der Novelle BGBl. I Nr. 98/1997):

Vorstudien

"§ 15. (1) Anspruch auf Studienbeihilfe besteht trotz Absolvierung eines Kurzstudiums (§ 13 Abs. 1 lit. b AHStG, § 17 KHStG) oder eines Hauptstudienganges eines Konservatoriums, wenn diese Vorstudienzeit zur Gänze in die Studienzeit eines Diplomstudiums eingerechnet wird.

(2) Anspruch auf Studienbeihilfe für ein Doktoratsstudium (§ 13 Abs. 1 lit. e AHStG) besteht trotz Absolvierung eines Diplomstudiums, wenn der Studierende die vorgesehene Studienzeit zur Absolvierung des zweiten und dritten Studienabschnittes des Diplomstudiums um nicht mehr als vier Semester überschritten hat."

§ 17 lautet in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung des Strukturanpassungsgesetzes 1996:

"(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende

1.

das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder

2.

das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt oder

              3.              nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.

(2) Studienwechsel, bei welchen die gesamten Vorstudienzeiten in die neue Studienrichtung eingerechnet werden, sowie Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden, gelten nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1."

Da der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht aufgrund der maßgeblichen Rechtslage, sondern aufgrund jener gemäß der Novelle BGBl. I Nr. 98/1997 argumentiert, gehen seine Ausführungen zwar weitgehend ins Leere; dessen ungeachtet wird auf sein Vorbringen gegebenenfalls (dort, wo dies möglich ist) sinngemäß Bedacht genommen.

§ 15 (in der hier anzuwendenden Fassung) ist im Beschwerdefall nicht relevant, weil die dort geregelten "Vorstudien" nicht diesen Beschwerdefall betreffen. Entscheidend ist aber, ob der Beschwerdeführer einen Studienwechsel im Sinne des § 17 Abs. 2 erster Fall vorgenommen hat (Einrechnung der "gesamten Vorstudienzeiten in die neue Studienrichtung"). Das war hier nicht der Fall, weil dem Beschwerdeführer mit dem Bescheid des Vorsitzenden der Studienkommission für die betriebswirtschaftliche Studienrichtung vom 28. Mai 1997 von den fünf absolvierten Semestern nur vier Semester (und nicht fünf) für das neu aufgenommene Studium angerechnet wurden, wie die belangte Behörde

-

jedenfalls im Ergebnis - richtig erkannt hat (dieses Ergebnis

-

auf Grundlage des § 17 Abs. 2 vor der Novelle BGBl. I Nr. 98/1997 - entspricht wohl auch der Auffassung des Beschwerdeführers bei seiner Argumentation hinsichtlich der unterschiedlichen Rechtsfolgen, die sich aus den beiden unterschiedlichen Fassungen ergeben - siehe Seite 4 der Beschwerdeergänzung). Ergänzend ist in diesem Zusammenhang zu bemerken, daß dieser Bescheid des Vorsitzenden der Studienkommission vom 28. Mai 1997 nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes (auch ohne ausdrückliche Anordnung in der hier maßgeblichen Fassung des StudFG - anders § 15 Abs. 1 nF) schon aufgrund allgemeiner Überlegungen (insbesondere Vorliegen einer Entscheidung im Vorfragenbereich) Bindungswirkung für die Studienbeihilfenbehörde entfaltete.

Der Beschwerdeführer bringt vor, nach der besonderen Lage seines Falles sei es (angesichts der weitgehenden Übereinstimmung beider Studienrichtungen) zu keiner Studienverzögerung gekommen und macht (weiterhin) verfassungsrechtliche Bedenken gegen § 17 Abs. 2 nF geltend. Auch wenn man diese Ausführungen sinngemäß auf die hier maßgebliche Fassung des § 17 Abs. 2 überträgt, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu einer Anfechtung des § 17 Abs. 2 in der hier maßgeblichen Fassung beim Verfassungsgerichtshof nicht veranlasst. Nicht jede Unbilligkeit, die eine einheitliche Regelung mit sich bringt, ist unsachlich und es muß dem Gesetzgeber gestattet sein, eine einfache und leicht handhabbare Regelung zu treffen. Ein Gesetz ist nicht schon dann gleichheitswidrig, wenn sein Ergebnis nicht in allen Fällen als befriedigend angesehen wird (siehe die vom Verfassungsgerichtshof im Ablehnungsbeschluß genannten Entscheidungen VfSlg. 11.616 bzw. 10.455). Bei einer Durchschnittsbetrachtung, von der der Gesetzgeber daher ausgehen darf, ist mit einem späten Studienwechsel (ohne Vollanrechnung der tatsächlichen Vorstudienzeit) regelmäßig und typisch ein Zeitverlust verbunden, der mit den Zielsetzungen des StudFG 1992 in Widerspruch gerät. Daß solche Regelungen in besonders gelagerten Einzelfällen, also in atypischen Fällen (zu welchen man, ausgehend vom Beschwerdevorbringen, eben diesen Fall zählen kann), zu Ergebnissen führen, die (insbesondere von den Betroffenen) als Härte bzw. als unbefriedigend angesehen werden, macht die Norm noch nicht verfassungswidrig.

Weiters macht der Beschwerdeführer geltend, er sei "von der Behörde" nicht darauf hingewiesen worden, daß ein Studienwechsel "zu diesem Zeitpunkt" (gemeint wohl: zu welchem er ihn vorgenommen habe), ein Semester nach Änderung "der für ihn günstigen Bestimmungen des § 17 StudFG" und vor Beendigung des Studiums, sowie der Wechsel des Studienortes nach Wien eventuell den Wegfall der Studienbeihilfe und somit der notwendigen finanziellen Unterstützung für das gesamte restliche Studium nach sich ziehen könnte. Er mache daher geltend, daß "die Behörde" ihre Manuduktionspflicht gemäß § 13a AVG dadurch verletzt habe, daß sie ihn nicht "auf die Folge eines Studienwechsels hinsichtlich der Studienförderung und des damit zusammenhängenden Verfahrens und deren Rechtsfolgen hingewiesen" habe.

Dem ist zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer mit diesen behaupteten Beratungsdefiziten schon begrifflich keinen Mangel des dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegenden Verwaltungsverfahrens behauptet, sodaß schon deshalb für ihn hieraus im Beschwerdeverfahren nichts zu gewinnen ist.

Die Beschwerde war daher gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren - und ohne daß dem Beschwerdeführer weitere Kosten entstünden - als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Mai 1999

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde Spruch und Begründung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998120511.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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