TE Bvwg Erkenntnis 2019/1/2 G308 2118384-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

02.01.2019

Norm

ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
ASVG §4 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3 Satz2

Spruch

G308 2118384-1/31E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

1. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch AVISO Wirtschaftstreuhand GmbH in 1230 Wien gegen Spruchpunkt I. des Bescheides der Steiermärkischen

Gebietskrankenkasse vom 20.10.2015, Zahl: XXXX, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 08.05.2018, betreffend Versicherungspflicht in der Voll- und Arbeitslosenversicherung von

Dienstnehmern zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde hinsichtlich der Feststellung der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG des XXXX (VSNR XXXX) wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass XXXX im Zeitraum 01.01.2011 bis 30.06.2013 der Pflichtversicherung als freier Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 4 ASVG und im Zeitraum 01.07.2013 bis 31.12.2013 nicht der Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG unterlag.

II. Der Beschwerde hinsichtlich der Feststellung der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der XXXX (VSNR XXXX) wird mit der Maßgabe stattgegeben, dass XXXX im Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2013 der Pflichtversicherung als freie Dienstnehmerin gemäß § 4 Abs. 4 ASVG unterlag.

III. Der Beschwerde hinsichtlich der Feststellung der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der XXXX (VSNR XXXX) wird stattgegeben und festgestellt, dass XXXX im Zeitraum 01.01.2011 bis 30.06.2013 nicht der Pflichtversicherung nach dem ASVG und AlVG unterlag.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

BESCHLUSS

2. Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, vertreten durch AVISO Wirtschaftstreuhand GmbH in 1230 Wien sowie Steuerberater Dr. Michael KOTSCHNIGG in 1020 Wien (dieser ohne Zustellvollmacht), gegen Spruchpunkt II. des Bescheides der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse vom 20.10.2015, Zahl: XXXX, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 08.05.2018, betreffend Nachverrechnung von Meldedifferenzen und Verzugszinsen zu Recht:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes II. aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Steiermärkische Gebietskrankenkasse zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangte Behörde) vom 20.10.2015, Zahl: XXXX, sprach diese gemäß §§ 410 Abs. 1 Z 2 iVm 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG aus, dass

-

XXXX (im Folgenden: JH), SVNR XXXX, im Zeitraum von 01.01.2011 bis 31.12.2013,

-

XXXX (im Folgenden: HM), SVNR XXXX, im Zeitraum von 01.01.2011 bis 31.12.2013, sowie

-

XXXX (im Folgenden: AT), SVNR XXXX, im Zeitraum von 01.01.2011 bis 30.06.2013,

jeweils gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG iVm. § 1 Abs. 1 lit. a AlVG aufgrund ihrer Tätigkeit für die nunmehrige Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) XXXX der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegen würden und die entsprechenden Versicherungsmeldungen von Amts wegen vorgenommen worden seien (Spruchpunkt I.).

Darüber hinaus sprach die belangte Behörde gemäß §§ 410 Abs. 1 Z 7 iVm 44 Abs. 1 und 49 Abs. 1 ASVG aus, dass die BF wegen der im Zuge der bei ihr stattgefundenen gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) festgestellten Meldedifferenzen verpflichtet sei, die in der Beitragsabrechnung vom 03.03.2015 sowie dem zugehörigen Prüfbericht vom 03.03.2015 zur Dienstgeberkontonummer XXXX angeführten allgemeinen Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge, Zuschläge nach den jeweils angeführten Beitragsgrundlagen und für die jeweils näher bezeichneten Zeiten im Betrage von insgesamt EUR 83.233,79 nachzuentrichten. Die Beitragsabrechnung vom 03.03.2015 sowie der zugehörige Prüfbericht vom 03.03.2015 würden einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bilden (Spruchpunkt II.).

Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass JH und HM aufgrund der zwischen ihnen und der BF geschlossenen Vertriebsvereinbarungen jeweils aufgrund der Ausgestaltung ihrer konkreten Tätigkeit als unselbstständige Handelsvertreter und somit als Dienstnehmer für die BF tätig geworden seien und kein Werkvertrag vorliege. AT hätte im Prüfungszeitraum Kundendaten in Excel-Dateien erfasst. Diese Tätigkeit habe sie an ihrem Wohnsitz ausgeübt und dabei ein von der BF zur Verfügung gestelltes spezielles Analyseprogramm sowie eine entsprechende Excel Datei verwendet. Auch AT sei als Dienstnehmerin für die BF tätig geworden. Zudem habe das Finanzamt mit den rechtskräftigen Abgabenbescheiden jeweils vom 19.03.2015 für die Jahre 2011, 2012 und 2013 auf Grund der gegenständlichen GPLA Dienstgeberbeiträge und Zuschläge zu den Dienstgeberbeiträgen für die von den drei Betroffenen bezogenen Honorare nachverrechnet. Die Rechtskraft der Bescheide sei seitens des Finanzamtes bestätigt worden, sodass auch von einer rechtskräftigen Lohnsteuerpflicht der Betroffenen gemäß § 47 EStG auszugehen sei, sodass auch aus diesem Grunde jeweils eine Einbeziehung in die Vollversicherung gemäß § 4 Abs. 2 ASVG erfolgt sei.

2. Anlass zur Durchführung einer GPLA war eine anonyme Anzeige vom 11.09.2013, wonach bei der BF Scheinselbstständige als Verkäufer beschäftigt seien, sich deren Tätigkeit jedoch nicht von den als angestellte Dienstnehmer beschäftigten Handelsvertretern unterscheide, außer in finanzieller Hinsicht, da die Scheinselbstständigen weniger Weihnachtsgeld erhalten würden.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die BF durch ihre bevollmächtigte steuerliche Vertretung mit Schriftsatz vom 19.11.2015, bei der belangten Behörde am 24.11.2015 einlangend, fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Es wurde beantragt, die belangte Behörde möge die Beschwerde "einsteilen ruhen lassen" und dem BVwG erst nach Ergänzung der Beschwerdeschrift vorlegen. Das BVwG möge der Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter vollinhaltlich stattgeben und den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde ersatzlos aufheben.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass bei allen drei Betroffenen die Kriterien persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht vorliegen würden und insbesondere JH und HM als selbstständige Handelsvertreter tätig gewesen seien. Die Abgabenbescheide des Finanzamtes vom 19.03.2015 seien nach Ansicht der BF objektiv unrichtig und sei deshalb ein Antrag auf Aufhebung der Bescheide gemäß § 299 BAO eingebracht worden. Angesichts der Bindungswirkung an diese "noch nicht existenten" Bescheide sei eine ausführliche Beschwerdeschrift "im nachgelagerten sozialversicherungsrechtlichen Verfahren" nicht sinnvoll. Um zwei Parallelverfahren zu vermeiden, werde die Beschwerde daher nicht weiter begründet und die Begründung erst nach Abschluss des Verfahrens vor dem Finanzamt nachgeholt.

4. Mit Vorlagebericht vom 03.12.2015 legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den zugehörigen Verwaltungsakten dem BVwG zur Entscheidung vor, wo sie am 11.12.2015 einlangte.

5. Auf Nachfrage des BVwG vom 15.12.2015 wurde von der BF am 28.12.2015 mitgeteilt, dass der in der Beschwerde vorgebrachte Antrag auf Aufhebung der Abgabenbescheide gemäß § 299 BAO beim Finanzamt erst bis Ende Jänner eingebracht werden wird.

6. Mit Schreiben des BVwG vom 13.01.2016 wurde der BF bzw. ihrer steuerlichen Vertretung hinsichtlich der Beschwerdegründe ein Verbesserungsauftrag erteilt und weiters der Vorlagebericht der belangten Behörde vom 03.12.2015 zur etwaigen Stellungnahme übermittelt.

7. Nach einem Fristerstreckungsersuchen sowie von der steuerlichen Vertretung vorgenommenen Akteneinsicht wurde in Entsprechung des erteilten Verbesserungsauftrages die Beschwerde mit Schriftsatz vom 26.02.2016, am selben Tag beim BVwG per Fax einlangend, fristgerecht ergänzt.

Inhaltlich wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Ausgangspunkt für die verfahrensgegenständliche GPLA eine anonyme Anzeige vom 11.09.2013 gewesen sei, welche die belangte Behörde in unvertretbarer Weise als Anlass zu einer neuerlichen Überprüfung genommen hätte, statt diese Anzeige zu ignorieren, zumal bereits für die Beitragsjahre 2007 bis 2010 eine GPLA bei der BF stattgefunden habe, bei welcher die gegenständliche Frage der Selbstständigkeit oder Unselbstständigkeit der Tätigkeit der Handelsvertreter bereits Prüfungsgegenstand gewesen sei und es diesbezüglich lediglich zu einer Nachzahlung von EUR 85,48 und somit zu keiner Beanstandung betreffend der Handelsvertreter gekommen sei. Angesichts der Gleichwertigkeit der Verhältnisse hätten die Ergebnisse der zuvor durchgeführten GPLA im angefochtenen Bescheid angemessen Berücksichtigung finden müssen.

Die BF beschäftige sowohl Dienstnehmer im Innendienst als auch selbstständige Handelsvertreter nach dem Handelsvertretergesetz (HVG) im Außendienst. Mit den selbstständigen Handelsvertretern seien vor Jahren Vertriebsvereinbarungen geschlossen worden, welche nach wie vor vollinhaltlich gelten und auch entsprechend gelebt würden. Die belangte Behörde habe nur in eine Richtung Feststellungen getroffen, die Beweiswürdigung sei nicht nachvollziehbar. Bereits aus der Vertriebsvereinbarung gehe der eindeutige Parteiwille einer selbstständigen Tätigkeit der Handelsvertreter hervor. Der vertraglich festgelegte Gebietsschutz stamme aus einer Vereinbarung der Handelsvertreter untereinander und sei von der BF nicht vorgeschrieben worden. Die Vereinbarungen und Punkt IV. - Pflichten - sowie Punkt V. - Verbote - würden §§ 5 und 7 HVG entsprechen. Die Verschwiegenheitspflicht sei kein taugliches Abgrenzungskriterium für die Frage der Selbstständigkeit oder Unselbstständigkeit von bestimmten Tätigkeiten, weil sie in beiden Fällen Bestand haben könne (vgl VwGH Ro 2015/08/0020). Es werde weiters auf das Grundrecht auf Datenschutz verwiesen. Wettbewerbsbeschränkungen seien auch bei selbstständigen Handelsvertretern mehr als üblich. Die Vertriebsvereinbarung enthalte kein Vertretungsverbot und Nebenabreden würden nicht bestehen. Das JH zur Verfügung gestellte Firmenfahrzeug stelle rechnerisch einen Provisionsanteil seiner eher niedrigen Provision dar. Es habe weder eine Bindung an Arbeitszeit, Arbeitsort oder arbeitsbezogenes Verhalten bestanden. Zu AT sei auszuführen, dass diese mit XXXX (im Folgenden: S.G.), einem unselbstständigen Dienstnehmer der BF, im gemeinsamen Haushalt gelebt habe. Die Handelsvertreter seien alle selbstständig tätig gewesen und hätten entsprechende Erklärungen beim Finanzamt (Einkommenssteuer) und der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) abgegeben.

8. Per E-Mail vom 02.03.2016 übermittelte die steuerliche Vertretung der BF die mit Schreiben vom 29.02.2016 an das Finanzamt gerichteten Anträge auf Aufhebung der Bescheide vom 19.03.2015 gemäß § 299 BAO.

9. Mit Schreiben vom 23.03.2016, beim BVwG am 24.03.2016 einlangend, nahm die belangte Behörde zur erfolgten Mängelbehebung der BF Stellung und wies dabei im Wesentlichen darauf hin, dass sich der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt neben der Vertriebsvereinbarung ergänzend auf die aufgenommenen Niederschriften mit JH am 30.09.2014, mit SG am 22.09.2014 und AT am 22.09.2014 gründe. Aus dem Gesamtbild der Beschäftigung ergebe sich, dass hinsichtlich aller betroffenen Handelsvertreter die Dienstnehmereigenschaft vorliege, auch wenn im vorliegenden Fall die ansonsten für Arbeitsverhältnisse typische Unterordnung nicht so auffällig zutage trete, weshalb auch für die Beurteilung der Frage des Vorliegens persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit anderen Merkmalen Bedeutung beigemessen werden müsse. Darüber hinaus sei noch einmal hervorzuheben, dass es laut den Angaben des SG in seiner Niederschrift vom 20.09.2014 zwischen dessen Tätigkeit als unselbstständig beschäftigter Dienstnehmer und den Tätigkeiten der selbstständigen Handelsvertreter JH und HM keine Unterschiede gegeben habe.

10. Die Stellungnahme der belangten Behörde wurde der BF zur Gegenäußerung übermittelt, welche mit Schriftsatz vom 25.04.2016 unter anderem darauf hinwies, dass der Wechsel des SG in ein Dienstverhältnis auf dessen eigenes dringliches Betreiben erfolgt sei, da er sich in ernsten wirtschaftlichen Schwierigkeiten befunden habe. Die übrigen Handelsvertreter hätten ein entsprechendes Anliegen nicht an die BF herangetragen. Zur von der belangten Behörde ins Treffen geführten Weisungsgebundenheit werde darauf verwiesen, dass es kein einziges Beispiel für eine einem Vertriebsmitarbeiter jeweils erteilten Weisung gäbe und wäre dies angesichts dessen, dass sich diese Personen auch nur wenige Male im Betrieb aufhalten würden, auch nicht vorstellbar. JH habe angegeben, dass er keinerlei Berichte habe abgeben müssen. Zur eigenen Betriebsstätte werde ebenso auf die mit JH aufgenommene Niederschrift verwiesen, wo er angegeben habe, überwiegend von zu Hause aus tätig gewesen und nur gelegentlich in den Betrieb gekommen zu sein. HM habe ihre Tätigkeit in Westösterreich und daher selbstständig in eigener Betriebsstätte vor Ort ausgeführt. JH habe nie behauptet, an die BF derart gebunden gewesen zu sein, dass ihm eine parallele Beschäftigung verboten gewesen wäre. Die GPLA für die Jahre 2007-2010 sei vom Finanzamt durchgeführt worden, wobei selbstständige Beschäftigungen im Grenzbereich zu Dienstverhältnissen seit vielen Jahren Schwerpunkt der Arbeit der Finanzämter seien, sodass mit ziemlicher Sicherheit davon auszugehen sei, dass sich auch der Vorprüfer mit dieser Frage beschäftigt habe. Zu den Kontrollrechten sei auszuführen, dass die Aussagen der Beteiligten sich widersprechen, wenn sie anführen, dass Besprechungen alle vier bis sechs Wochen, etwa alle zwei Monate bzw. HM überhaupt nur zwei bis dreimal pro Jahr im Betrieb gewesen sei (darunter zur Weihnachtsfeier). Für eine Weisungsbindung gebe es keinen schlüssigen Beweis und kein Tatsachensubstrat.

11. Mit Schriftsatz der steuerlichen Vertretung der BF vom 20.04.2018 erstattete die BF ihr "abschließendes Vorbringen" vor Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG. Im Rahmen dessen gab die BF bekannt, dass der nunmehrige Geschäftsführer (der ursprüngliche Geschäftsführer sei inzwischen verstorben) sowie vier von der BF selbst stellig gemachte Zeugen an der Verhandlung teilnehmen würden. Der Firmensitz der BF habe sich inzwischen verändert. Im Parallelverfahren vor dem Finanzamt sei eine abschließende Sachentscheidung weder vorhanden noch sei eine solche demnächst absehbar. Nach Ansicht der BF habe der GPLA-Prüfer der verfahrensgegenständlichen GPLA willkürlich gehandelt und nur eine einseitige Beurteilung des Sachverhalts in Richtung Dienstnehmer vorgenommen, ohne die Kriterien, die für eine Selbstständigkeit sprächen, entsprechend zu werten. Entgegen der Feststellungen der belangten Behörde habe sich HM maximal zwei- bis dreimal jährlich im Betrieb der BF aufgehalten. Dass HM und JH einer Weisungspflicht unterlegen wären, werde nicht einmal von der belangten Behörde behauptet. Eine Eingliederung in den Betrieb scheitere bei HM schon aufgrund der großen örtlichen Distanz. Es läge auch keine Bindung an Arbeitszeit und Arbeitsplatz vor und wären insbesondere von JH und HM immer regelmäßig Honorarabrechnungen mit Umsatzsteuer-Ausweis gelegt worden. Dem gehe eine Deklaration beim Finanzamt und auch die entsprechende Abfuhr der Steuern voraus, sodass nicht ernstlich vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses gesprochen werden könne.

Mit dem Schriftsatz wurden zudem ein aktueller Firmenbuchauszug der BF, einige Rechnungen der Handelsvertreter, ein Judikat des Finanzgerichtes Berlin-Brandenburg vom 20.04.2016, 14 K 14207/15, sowie die Niederschrift über die Schlussbesprechung vom 21.06.2012 über die für den Zeitraum 01.01.2007 bis 31.12.2010 bei der BF durchgeführte GPLA vorgelegt.

12. Das BVwG führte sodann am 08.05.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an welcher die BF, vertreten durch ihren nunmehrigen Geschäftsführer XXXX (im Folgenden: GF) und die steuerliche Vertretung sowie ein Vertreter der belangten Behörde teilnahmen. Als Zeugen wurden JM, HM, AT, SG sowie XXXX (im Folgenden: LB) einvernommen.

Seitens der BF wurde zusammengefasst vorgebracht, dass es sich bei den in Rede stehenden Handelsvertretern um selbstständige Vertriebspartner gehandelt habe, die eigenständig und eigenverantwortlich am Markt tätig geworden seien. Jene Punkte, die eine Vermutung in eine Einbindung in die Organisation der BF begründen würden, hätten ihre Erklärung darin, dass versucht worden sei, den Vertriebspartner einfache Handgriffe abzunehmen.

Der Behördenvertreter wies darauf hin, dass GPLA-Prüfungen immer stichprobenartig erfolgen und die sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Vertriebspartner nicht Gegenstand der vom Finanzamt für die Jahre 2007-2010 durchgeführte Teilprüfung gewesen sei, sodass diesbezüglich auch keine Einvernahmen stattgefunden hätten.

13. Mit Schriftsatz vom 16.05.2018, beim BVwG am 17.05.2018 per E-Mail einlangend, wurde seitens der steuerlichen Vertretung bezogen auf einzelne in der mündlichen Verhandlung behandelte Themenbereiche vorgebracht, dass es nicht der Wahrheit entsprechen könne, dass HM, wie von ihr in der Verhandlung angegeben, ein- bis zweimal pro Monat im Betrieb der BF an Besprechungen teilgenommen habe. In Anbetracht der erheblichen Entfernung vom Wohn- und Beschäftigungsort vom Betriebssitz der BF und der von HM penibel geführten Reisekostenabrechnungen ergebe sich bis auf eine einzige Reise zum Betrieb der BF am 23.11.2011 (vermutlich die Firmenweihnachtsfeier) keine einzige weitere Tank-, Maut-, Park- oder Nächtigungs- und Verpflegungsrechnung, aus der sich eine Reise zum Betrieb der BF ableiten ließe. Ebenso wenig fänden sich Bahntickets. Das Vorbringen von HM entspreche nicht der Wahrheit.

Zu den Angaben des Zeugen SG, wonach im Prüfungszeitraum ein Callcenter für die BF tätig gewesen und für die Handelsvertreter durch Kundenanrufe Termine arrangiert habe, welche diese dann hätten wahrnehmen müssen, werde ausgeführt, dass laut Buchhaltung der BF im Jahr 2011 insgesamt EUR 96,00, im Jahr 2012 EUR 180,00 (jeweils brutto) und im Jahr 2013 EUR 0,00 an Ausgaben für das Callcenter verbucht wurden, wobei ein Anruf durch ein Callcenter EUR 5,00 koste und nicht jeder Anruf zu einem Termin mit einem Kunden führe. Es könnten daher gar nicht überwiegend vom Callcenter vereinbarte Termine zu bearbeiten gewesen sein. Diese geringen Summen ließen vielmehr den Schluss zu, dass gar keine Termine für die Handelsvertreter vom Callcenter vereinbart worden seien.

Dem Schriftsatz war ein Kontoausdruck aus der Buchhaltung bezüglich des Callcenters für die Jahre 2011 bis 2013 sowie ein Ausdruck des Routenplans der Strecke vom Wohnort der HM zum Betrieb der BF beigefügt.

14. Der Schriftsatz der steuerlichen Vertretung der BF vom 16.05.2018 samt Beilagen wurde sodann der belangten Behörde mit Schreiben des BVwG vom 28.05.2018 zur Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs binnen drei Wochen übermittelt.

Die belangte Behörde nahm dazu mit Schreiben vom 21.06.2018, beim BVwG am 29.06.2018 einlangend, Stellung und führte zum Vorbringen der BF zu HM aus, dass HM im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben habe, dass es erwünscht gewesen sei, dass sie an Besprechungen am Firmensitz der BF teilnehme. Entgegen den Ausführungen der BF habe sie angegeben, glaublich einmal im Monat am Firmensitz gewesen zu sein, habe jedoch auch ausgeführt, dass eine Teilnahme nicht immer möglich gewesen wäre und ihr dann die Besprechungsprotokolle übermittelt worden wären und sie ihre Tätigkeit dann aufgrund dieser Protokolle ausgeführt habe. Ebenso habe HM angegeben, dass die Spesen dieser Reisen teils von ihr selbst, teils von der BF getragen worden seien. Es werde auch festgehalten, dass eine Anreise der HM zum Betrieb der BF verkehrstechnisch sehr wohl ohne Verrechnung von Mautgebühren möglich sei, weshalb es auch nicht zwangsweise zu einer Verrechnung derselben gekommen sein müsse, sollte HM die Kosten hierfür nicht ohnehin selbst getragen haben.

Zum Vorbringen der BF zu den vom Callcenter vermittelten Terminen sei auszuführen, dass auch unter der Annahme, dass nur ein geringer Teil der Termine durch ein Callcenter vereinbart worden seien, die Kriterien zur Wertung der Tätigkeit eines Vertreters als unselbstständige Beschäftigung iSd § 4 Abs. 2 ASVG dennoch jedenfalls erfüllt seien. Diese vom VwGH in seiner Judikatur herausgearbeiteten Kriterien seien die Weisungsgebundenheit in einer bestimmten Art, das Konkurrenzverbot, der Bezug eines Fixums, die Berichterstattungspflicht, die Kontrollmöglichkeit und die mangelnde Verfügung über eine eigene Betriebsstätte und eigene Betriebsmittel. Sämtliche Kriterien seien durch die Angaben der einvernommenen Personen in der mündlichen Verhandlung bestätigt worden. Darüber hinaus hätten sowohl HM als auch SG im Rahmen ihrer Einvernahmen angegeben, dass sie ihre Termine in einem gemeinsamen Kalender eingetragen hätten, der für jedermann einsichtig gewesen sei. Der Kalender habe der Kontrolle gedient, ob die Termine auch wahrgenommen worden seien. Der BF sei damit jedenfalls eine Kontrollmöglichkeit der Tätigkeiten ihrer Mitarbeiter eingeräumt gewesen. Es handle sich daher jedenfalls um Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 2 ASVG.

15. Mit Schreiben vom 20.07.2018 legte die steuerliche Vertretung der BF ein Konvolut an Originalbelegen zu den Reisespesen von HM vor.

16. Mit Schreiben vom 18.10.2018 teilte die BF durch ihre steuerliche Vertretung mit, dass das Verfahren vor dem Finanzamt zu § 299 BAO noch nicht abgeschlossen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Die BF ist eine mit Gesellschaftsvertrag vom 18.04.2000 gegründete und ins Firmenbuch zur FN XXXX eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung mit Sitz in XXXX, deren Geschäftszweig Telekommunikationsdienstleistungen umfasst. Der ursprüngliche Gründer und gemeinsam mit einem weiteren Gesellschafter zur handelsrechtlichen Geschäftsführung befugte Geschäftsführer XXXX (im Folgenden: Ing. K.S.) ist inzwischen bereits verstorben. Seit 16.03.2013 und auch zum Entscheidungszeitpunkt ist die "XXXX" als Alleingesellschafterin der BF in das Firmenbuch eingetragen, welche die BF im Jahr 2012 gekauft hat, und sind zur handelsrechtlichen Geschäftsführung seit 11.03.2013 jeweils selbstständig XXXX (im Folgenden: Geschäftsführer oder GF) sowie XXXX befugt (vgl Firmenbuchauszug zur FN XXXX vom 28.03.2018, AS 292 ff Gerichtsakt; Angaben des GF, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 378 Gerichtsakt).

Die BF vertreibt als Subunternehmerin für die großen Telekommunikationsdienstleister wie etwa A1 und Tele2 in Österreich deren Produkte und Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, Datenverarbeitung und Informationstechnik. Die BF beschäftigt zu diesem Zweck Mitarbeiter im Innendienst, die als echte Dienstnehmer zur Sozialversicherung angemeldet sind und Mitarbeiter im Außendienst/Vertrieb, bei welchen es sich nach Ansicht der BF um selbstständig tätige Handelsvertreter nach dem Handelsvertretergesetz (HVG) handelt (vgl etwa angefochtener Bescheid vom 20.10.2015, S 2; BF, Schriftsatz vom 26.02.2016, AS 99 Gerichtsakt; Präambel Vertriebsvereinbarung vom 16.07.2000, Verwaltungsakt).

Ing. K.S. war als Firmengründer auch bis zum Verkauf der BF im Jahr 2012 die bestimmende Person und der einzige "Vertriebsleiter" (vgl Angaben des GF, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 378 Gerichtsakt).

1.2. Infolge einer bei der belangten Behörde eingelangten anonymen Anzeige vom 11.09.2013 und der dort behaupteten "Scheinselbstständigkeit" von Handelsvertretern im Außendienst wurde seitens der belangten Behörde eine GPLA Prüfung für den - nunmehr verfahrensgegenständlichen - Zeitraum von 01.01.2011 bis 31.12.2013 durchgeführt (vgl aktenkundige anonyme Anzeige vom 11.09.2013, Verwaltungsakt; aktenkundiger Bescheid über den Prüfungsauftrag vom 07.07.2014).

Im Zuge dieser GPLA wurde vom Prüfer festgestellt, dass die für die BF als selbstständige Handelsvertreter tätigen Personen, nämlich JH, HM und AT, tatsächlich als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG zu beurteilen gewesen waren. Mit Prüfbericht und Beitragsabrechnung jeweils vom 03.03.2015 wurden der BF als Dienstgeberin durch die Umqualifizierung der selbstständigen Handelsvertreter in echte Dienstverhältnisse für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2013 EUR 68.704,35 an Sozialversicherungsbeiträgen samt EUR 14.529,44 an Verzugszinsen, gesamt somit EUR 83.233,79, nachverrechnet (vgl aktenkundigen Prüfbericht und Beitragsabrechnung vom 03.03.2015, Verwaltungsakt).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20.10.2015 wurde sodann festgestellt, dass die für die BF in diesem Zeitraum selbstständig tätigen Handelsvertreter, und zwar JH und HM im Zeitraum von jeweils 01.01.2011 bis 31.12.2013 sowie AT im Zeitraum von 01.01.2011 bis 30.06.2013, tatsächlich der Voll- und Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG sowie § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliegen und die BF dazu verpflichtet ist, EUR 83.233,79 an Sozialversicherungsbeiträgen und Verzugszinsen nachzuentrichten (vgl angefochtener Bescheid vom 20.10.2015, Verwaltungsakt).

1.3. S.G., ein weiterer ursprünglich selbstständiger Handelsvertreter der BF, war bei der BF von 01.07.2009 bis 31.05.2013 sowie von 01.10.2013 bis 30.11.2013 als Angestellter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Zwischen 15.07.2013 und 30.07.2013 war SG als gewerblich selbstständiger Erwerbstätiger bei der SVA gemeldet (vgl Sozialversicherungsdatenauszug zu S.G. vom 28.08.2014, Verwaltungsakt; Dienstvertrag vom 01.07.2009, Verwaltungsakt).

Infolge finanzieller Probleme wurde über S.G. ein Insolvenzverfahren eröffnet. Dies war der Grund für einen Wechsel in ein Dienstverhältnis zur BF. Mit dem ehemaligen Geschäftsführer Ing. K.S. wurde dann vereinbart, dass die S.G. aus seinen Verkäufen eigentlich zustehende Umsatzprovision über seine Lebensgefährtin A.T. ausbezahlt wird (vgl Angaben LB, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 392 Gerichtsakt).

1.4. Zu Ausgestaltung der Tätigkeit von JH und HM:

1.4.1. Grundlage für die Beschäftigung von JH und HM als Handelsvertreter der BF bildete eine jeweils abgeschlossene und gleichlautende Vertriebsvereinbarung, ursprünglich datiert vom 16.07.2000. Diese Vertriebsvereinbarung lautet in ihren wesentlichen Punkten wie folgt [die Vertriebsvereinbarung nimmt tatsächlich keine Rücksicht auf Groß-/Kleinschreibung, Anm.] (vgl Vertriebsvereinbarung vom 16.07.2000 von HM, Verwaltungsakt):

"I. Präambel

Gegenstand des Unternehmens der T. ist der Vertrieb von Produkten und der Verkauf von Dienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, Datenverarbeitung und Informationstechnik. Der Partner in seiner Eigenschaft als selbstständiger Handelsvertreter wird zu den Bedingungen dieses Vertrages vom Unternehmer mit der Vermittlung und dem Abschluss von Geschäften im Rahmen seines Unternehmensgegenstandes betraut. Beide Vertragspartner vereinbaren und anerkennen ausdrücklich, dass der Provisionsplan in der jeweils gültigen Fassung begleitend zu diesem Vertrag als vereinbart gilt.

II. Vertragsgegenstand

Vermittlung oder Abschluss von Geschäften im Namen und auf Rechnung des Unternehmens im Rahmen dessen Unternehmensgegenstandes.

Der Partner ist nicht berechtigt, den Kaufpreis einzuziehen oder Zahlungsfristen zu gewähren.

Der Partner üb diese Tätigkeit selbstständig und gewerbsmäßig aus, er ist demnach auch verpflichtet, seine Einkünfte aus der vertraglichen Tätigkeit selbstständig zu versteuern und für die entsprechende Sozialversicherungspflicht eigenständig aufzukommen.

III. Vertragsgebiet

Der Partner hat einen Gebietsschutz für das im Anhang definierte Gebiet und hat Anspruch auf das in seinem Stammgebiet vermittelte oder zum Abschluss gebrachte Geschäft.

IV. Pflichten

Der Partner hat sich um die Vermittlung und den Abschluss von Geschäften zu bemühen. Er hat bei Ausübung seiner Tätigkeit das Interesse des Unternehmers mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes wahrzunehmen und ist insbesondere verpflichtet, diesem die erforderlichen Mitteilungen zu machen und ihn unverzüglich von jedem Geschäft in Kenntnis zu setzen, das er für ihn abgeschlossen hat.

Der Partner hat seine Beratungs- und Verkaufstätigkeit ausschließlich auf Grundlage der vom Unternehmer erstellten oder zur Verfügung gestellten Unterlagen durchzuführen.

Der Partner ist verpflichtet, Ausbildungs- und Fortbildungsseminare zu besuchen, die vom Unternehmer oder im Einvernehmen mit diesem veranstaltet werden.

Der Partner ist zur absoluten Verschwiegenheit über sämtliche geschäftlichen Belange sowohl des Unternehmers, wie auch der Kunden und Geschäftspartner des Unternehmens verpflichtet. Diese Verpflichtung untersagt insbesondere Daten, Informationen sowie sonstige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens sowie seiner Kunden und Vertragspartner für eigene Zwecke oder für Zwecke anderer Personen in irgendeiner Weise zu verwerten oder auch zu offerieren.

Der Partner hat dafür Sorge zu tragen, dass dritte Personen von diesen Informationen, ihm übergebenen Schriftstücken und Schulungsunterlagen keine Kenntnis erlangen.

V. Verbote

Der Partner darf von Dritten, mit denen er Geschäfte schließt, Provisionen oder Belohnungen nicht annehmen.

Zu Unrecht empfangene Belohnungen und Provisionen sind dem Unternehmer herauszugeben. Ein weitergehender Schadenersatzanspruch ist damit nicht ausgeschlossen.

Es ist dem Partner untersagt, während der Vertragsdauer direkt oder indirekt für eine branchengleiche Firma tätig zu sein.

VI. Provisionen

Dem Partner gebührt für jedes durch seine Tätigkeit zustande gekommene Geschäft Provision auf Grundlage des aktuellen Provisionsplanes.

Der Anspruch auf Provision entsteht nach Abschluss des Geschäftes und nach Erbringung der Leistung durch den Kunden (Zahlung).

Geschäfte, die der Unternehmer aus welchen Gründen immer, nicht akzeptiert oder später storniert, sind nicht provisionspflichtig.

Die Höhe der Provision ergibt sich ausschließlich aus dem Provisionsplan. Der Partner anerkennt ausdrücklich, dass der Provisionsplan inhaltlich durch den Unternehmer jederzeit nach den Markterfordernissen abgeändert werden kann, wobei der geänderte Provisionsplan dem Partner zur Kenntnis zu bringen ist. Es ist jeweils der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Geschäfts gültige Provisionsplan für die Berechnung der Provision heranzuziehen.

[...]

Während aufrechtem Vertragsverhältnis bestehen keine sonstigen Ansprüche des Partners, wie fixe Bezüge, Beihilfen, Kostenentschädigungen, Diäten oder Kilometergeld etc.

[...]

VII. Geschäftsausübung

Es besteht Einvernehmen darüber, dass ein makelloses Image des Unternehmers und des Partners eine wesentliche Voraussetzung für den Geschäftserfolg bilden. Der Partner hat daher zur Erlangung und Erhaltung dieses guten Ansehens des Unternehmers und auch des Partners durch sein eigenes Verhalten beizutragen und andererseits alles zu unterlassen, was diesem guten Ansehen schädlich sein könnte. Es ist dem Partner striktest untersagt, in seiner geschäftlichen Tätigkeit Erklärungen abzugeben und Methoden anzuwenden, die den guten Sitten widersprechen.

Werbemaßnahmen (Aussendungen, Inserate, usw.) der Partner, durch die ein unbestimmter Personenkreis oder namentlich auch ein bestimmter Personenkreis angesprochen wird, bedürfen der Zustimmung der T.

VIII. Dauer und Kündigung

Das Vertragsverhältnis wird grundsätzlich auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

[...]

IX. Schriftform

Sämtliche zwischen den Vertragsteilen vereinbarten Regelungen sind in diesem Vertrag, sowie dem Provisionsplan, enthalten. Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, ebenso ein Abgehen vom vereinbarten Schriftformerfordernis.

[...]

XI. Anzuwendendes Recht

Sofern in diesem Vertrag einzelne Punkte nicht ausdrücklich geregelt wurden, ist das Bundesgesetz über die Rechtsverhältnisse der selbstständigen Handelsvertreter (Handelsvertretergesetz) in seiner jeweils gültigen Fassung heranzuziehen.

[...]

Es wird vereinbart, dass das Rechtsverhältnis in der bestehenden Form auf allfällige Rechtsnachfolger übertragen wird."

1.4.2. Die Vertriebsvereinbarung hatte auch im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 01.01.2011 bis 31.12.2013 nach wie vor ihre Gültigkeit und wurde - unstrittig - auch so gelebt (vgl BF, Schriftsatz vom 26.02.2016, AS 78 Gerichtsakt).

1.4.3. HM begann ihre Tätigkeit mit Abschluss ihrer Vertriebsvereinbarung am 16.07.2000. JH nahm seine Tätigkeit für die BF etwa im Jahr 2002 auf. Der Tätigkeitsbereich sowohl für JH als auch HM umfasste - auch im Zeitraum 2011-2013 - die Betreuung von Bestandskunden und die Akquirierung von Neukunden im Bereich Telefonie (Anbieterwechsel), Internet, Domainservice und selten auch Telefone und Telefonanlagen in ihren jeweiligen Gebieten in Österreich (vgl Angaben JH, Niederschrift vom 30.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben JH, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 379 Gerichtsakt; Angaben HM, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 387 Gerichtsakt; Vertriebsvereinbarung vom 16.07.2000 von HM, Verwaltungsakt).

Bis etwa 2011 wurden den Handelsvertretern Kundendaten von zu betreuenden Kunden einerseits über ein externes, von der BF beauftragtes, Callcenter und andererseits durch Vermittlungen von bestehenden Kunden oder anderen Personen übermittelt. In erster Linie erlangten die Handelsvertreter aber zusätzliche Kundenkontakte durch Weiterempfehlung von Bestandskunden. Die Herstellung von Kundenkontakten erfolgte sowohl über die Handelsvertreter persönlich als teilweise auch über die BF, welche die Kunden dann an die jeweiligen Vertreter weiterverwies (vgl etwa Angaben JH, Niederschrift vom 30.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben JH, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 380 und 382 Gerichtsakt) Angaben HM, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 384 Gerichtsakt).

Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum wurden im Jahr 2011 EUR 96,00 brutto, im Jahr 2012 EUR 180,00 brutto und im Jahr 2013 EUR 0,00 an Ausgaben für das Callcenter verbucht (vgl vorgelegt Kontoauszüge, AS 444f Gerichtsakt). Es kam somit schon aufgrund der sehr geringen Rechnungsbeträge im verfahrensgegenständlichen Zeitraum zu keinen relevanten Zuweisungen von Kundendaten oder Kundenterminen durch das Callcenter.

Die potentiellen Kunden wurden daraufhin von den Handelsvertretern angerufen oder per

E-Mail kontaktiert. Bei Interesse wurden die Kunden teilweise vor Ort aufgesucht und nach Vorlage von Angeboten per E-Mail oder im persönlichen Gespräch die Verträge mit den Kunden abgeschlossen. Monatlich besuchte JH etwa zwischen zehn bis zwanzig Kunden. Es gab seitens der BF keinerlei Vorgaben bezüglich des Ablaufs des Kundenbesuches. HM wendete sich an das Vor-Ort-Personal der BF für Auskünfte. Es wurden ihr jedoch von der BF keinerlei Vorgaben bezüglich der zu verkaufenden Produkte gemacht. Die tatsächliche Umsetzung der Dienstleistungen in technischen Belangen oblag dann den technisch versierten Dienstnehmern der BF (vgl Angaben JH, Niederschrift vom 30.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben JH, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 382 Gerichtsakt; Angaben LB, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 391f Gerichtsakt).

Der Vertragsabschluss erfolgt mit von der BF zur Verfügung gestellten Formularen und im Namen der BF. Auch wurden entsprechende Prospekte über die Produkteigenschaften von der BF zu Verfügung gestellt und mussten diese auch verwendet werden, da es sich bei den vertriebenen Produkten ja überwiegend um jene der eigenen Auftraggeber der BF handelte. JH wurde dort nur als Betreuer angeführt. JH verfügte über Visitenkarten mit seinem Namen und Kontaktdaten sowie auch der BF und deren Kontaktdaten (vgl Angaben JH, Niederschrift vom 30.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben JH, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 382 Gerichtsakt; Angaben Geschäftsführer, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 382 Gerichtsakt).

Einen abgeschlossenen Vertrag übermittelten die Handelsvertreter per Fax oder E-Mail an die BF, die den Vertrag bearbeitete und an die für die technische Umsetzung zuständigen Dienstnehmer weiterleitete. Auf Basis des durch den Kunden jeweils erzielten Umsatzes erhielten sie dafür seine einmal monatlich ausbezahlte Provision (vgl Angaben JH, Niederschrift vom 30.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben HM, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 385 Gerichtsakt; Angaben LB, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 392 Gerichtsakt).

Im Falle einer Verhinderung wurden die betroffenen Kunden kontaktiert und der Termin verschoben. Auch wenn dies bei JH konkret nie der Fall war, hätte er bei einer länger dauernden Verhinderung/Abwesenheit die BF darüber informiert. Auch HM hat Terminverschiebungen der BF gemeldet (vgl Angaben JH, Niederschrift vom 30.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben HM, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 385 Gerichtsakt).

Weder JH noch HM waren an fixe Arbeitszeiten oder an einen konkreten Arbeitsplatz oder Arbeitsort gebunden. Es bestand für beide keine Anwesenheitspflicht und sie konnten sich ihre Arbeit zeitlich selbst einteilen (vgl Angaben JH, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 380f Gerichtsakt; Angaben HM, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 385 Gerichtsakt).

Es konnte hingegen nicht festgestellt werden, dass die Handelsvertreter verpflichtet gewesen wären, Urlaube und Krankenstände der BF zu melden.

Es konnte auch nicht festgestellt werden, dass es im verfahrensrelevanten Zeitraum tatsächlich einen gemeinsamen Google-Kalender gegeben hätte.

JH und HM waren überwiegend zuhause tätig. Ihre Arbeit erledigten sie ausschließlich zuhause oder vor Ort beim Kunden. Zum Betriebssitz der BF kam JH nur gelegentlich um Kontaktpflege zu betreiben oder gegebenenfalls an Besprechungen teilzunehmen, die im verfahrensrelevanten Zeitraum nicht mehr regelmäßig und nur mehr ganz selten stattfanden. Schulungen fanden im Zeitraum 2011-2013 keine mehr statt und verfügten die Handelsvertreter in diesem Zeitraum auch über keine eigenen Arbeitsplätze am Betriebssitz der BF. Es war ihnen lediglich erlaubt, einen freien Arbeitsplatz zu nützen, falls sie sich im Betrieb der BF aufgehalten haben (vgl Angaben JH, Niederschrift vom 30.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben JH, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 380 Gerichtsakt; Angaben HM, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 386 Gerichtsakt).

Entgegen dem Vorbringen von HM konnte nicht festgestellt werden, dass sie im verfahrensrelevanten Zeitraum an monatlich stattfindenden Besprechungen am Betriebssitz der BF teilgenommen hat (vgl Angaben JH, Niederschrift vom 30.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben JH, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 380 Gerichtsakt; Angaben LB, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 391 Gerichtsakt).

Die Handelsvertreter waren der BF gegenüber nicht verpflichtet, ständige Berichte über ihre Kundenbesuche einzureichen. Es wurden dieser lediglich zu Abrechnungszwecken erfolgte Geschäftsabschlüsse gemeldet (vgl Angaben JH, Niederschrift vom 30.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben JH, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 381 Gerichtsakt).

Entsprechend der Vertriebsvereinbarung waren JH und HM einerseits zur Verschwiegenheit verpflichtet und traf sie weiters auch ein Konkurrenzverbot während aufrechter Tätigkeit für die BF. Beide waren während ihrer Tätigkeit für die BF weder für branchengleiche noch andere Unternehmen in irgendeiner Form tätig (vgl Angaben JH, Niederschrift vom 30.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben JH, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 381 Gerichtsakt; Angaben HM, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 385 Gerichtsakt).

Ein Vertretungsverbot war nicht ausdrücklich vereinbart. Eine Vertretung durch einen anderen Mitarbeiter oder Handelsvertreter der BF wäre jedoch möglich gewesen (vgl Angaben SG, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 395 Gerichtsakt).

JH wurde von der BF ein Firmenfahrzeug der Marke Peugeot zur Verfügung gestellt, mit welchem er seine Kundenbesuche durchführte. Für etwaige Privatfahrten muss er keinen Beitrag an die BF leisten. Privatfahrten führte JH überwiegend mit dem Fahrzeug seiner Ehegattin durch. Von der BF wurde JH auch noch eine SIM-Karte für sein Telefon zur Verfügung gestellt und wurden alle Telefonkosten von der BF getragen. Im Eigentum des JH befand sich hingegen sein eigener Computer bzw. Laptop samt Drucker, Scanner und zweitweise auch ein Fax-Gerät (vgl Angaben JH, Niederschrift vom 30.09.2014, S 2f, Verwaltungsakt; Angaben JH, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 381 ff Gerichtsakt; Angaben LB, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 391 Gerichtsakt).

Auch HM arbeitete mit ihrem privaten Laptop (vgl Angaben LB, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 391 Gerichtsakt). Die SIM-Karte für ihr Telefon wurde ihr von der BF zur Verfügung gestellt (vgl Angaben HM, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 387 Gerichtsakt). HM wurde kein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt, dafür wurden ihr aber - entgegen der Betriebsvereinbarung - sämtliche Reisekosten, Treibstoffkosten, Internetkosten und Parkgebühren von der BF ersetzt (vgl Angaben HM, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 387 Gerichtsakt; von der BF vorgelegtes Konvolut an von HM geltend gemachten Reisekostenabrechnungen für 2011 - 2013; ausgedruckte Kontoblätter der BF über die Reisekostenersätze der HM).

Den Handelsvertretern wurden auch IT-Tools zur freiwilligen Benützung zur Verfügung gestellt. Darunter etwa ein Gastzugang zum System der Telekom Austria, um etwa die Vertragsbindung eines Kunden zu prüfen oder eine Mitbewerberanalyse durchzuführen sowie ein VPN-Zugang zum System der BF. Hingegen wurden den Handelsvertretern JH und HM von der BF keinerlei Softwarelizenzen zur Verfügung gestellt und gab es für sie auch keinen Zugang zur Firewall der BF (vgl Angaben GF, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 381 Gerichtsakt; Angaben JH, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 382 Gerichtsakt; Angaben LB, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 391 f Gerichtsakt).

Die Handelsvertreter erhielten von der BF in den Jahren 2011 bis 2013 monatlich eine Provisionszahlung in Höhe von 6 % des Umsatzes. Diesbezüglich wurden von den Handelsvertretern monatliche Honorarnoten unter Ausweisung der Umsatzsteuer gelegt. Aus den aktenkundigen Kontoauszügen ergeben sich durchaus erhebliche monatliche Schwankungen. Dass H.M. ein monatliches Fixum von EUR 300,00 ausbezahlt worden ist, konnte nicht festgestellt werden (vgl aktenkundige Kontoauszüge der BF vom 04.11.2014 für die Jahre 2011 bis 2013, Verwaltungsakt; Angaben HM, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 386 Gerichtsakt; vorgelegte Honorarnoten von HM und SG, AS 301 ff Gerichtsakt).

1.4.4. JH verfügt seit 01.07.2013 über das freie Gewerbe mit dem Wortlaut "Vermittlung von Werk- und Dienstleistungsverträgen an Befugte unter Ausschluss der Übernahme von Aufträgen im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sowie ausgenommen der den Arbeitsvermittlern, Immobilientreuhändern, Reisebüros, Transportagenten, Spediteuren, Vermögensberatern, Versicherungsvermittlern und Wertpapiervermittlern vorbehaltenen Tätigkeiten". Über JH wurde am 26.04.2016 ein Konkursverfahren eröffnet. Zum Entscheidungszeitpunkt kommt dem Insolvenzverwalter die Gewerbeberechtigung zu (vgl GISA-Auszug zur GISA-Zahl: XXXX vom 07.12.2018, Gerichtsakt).

JH war im Zeitraum 01.01.2011 bis 30.06.2013 weder nach dem ASVG, GSVG, FSVG oder BSVG oder einem sonstigen Gesetz pflichtversichert oder freiwillig zu einer Versicherung gemeldet. Von 01.07.2013 bis 31.07.2017 war JH infolge seiner Gewerbeberechtigung ex lege gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG als gewerblich selbstständiger Erwerbstätiger pflichtversichert (vgl Sozialversicherungsdatenauszug vom 10.12.2018, Gerichtsakt).

1.4.5. HM verfügte lediglich im Zeitraum 26.11.1991 bis 08.06.1998 über die Gewerbeberechtigung (gebundenes Gewerbe) "Handel gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Ziffer 25 GewO 1973 eingeschränkt auf den Handel mit Textilien und Wolle". Während ihrer Tätigkeit für die BF verfügte HM über keine Gewerbeberechtigung, somit auch nicht im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von 01.01.2011 bis 31.12.2013 (vgl GISA-Auszug zur GISA-Zahl: XXXX vom 07.12.2018, Gerichtsakt).

HM war von 01.01.2002 bis 31.12.2002 sowie von 01.01.2004 bis 31.12.2010 gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG zur Pflichtversicherung bei der SVA gemeldet. Sie bezieht darüber hinaus seit 04.12.2007 eine Witwenpension und war im Rahmen dieses Pensionsbezuges krankenversichert. Im Zeitraum 01.01.2011 bis 14.01.2014 war sie weder nach dem ASVG, GSVG, FSVG oder BSVG oder einem sonstigen Gesetz pflichtversichert oder freiwillig zu einer Versicherung gemeldet (vgl Sozialversicherungsdatenauszug vom 10.12.2018, Gerichtsakt).

1.5. Zur Ausgestaltung der Tätigkeit von AT:

1.5.1. Grundlage für die Beschäftigung von AT bildete eine im Wesentlichen mit jener von JH und HM gleichlautende Vertriebsvereinbarung vom 31.03.2009. Die von der Vertriebsvereinbarung von JH und HM einzige abweichende Bestimmungen lauten [die Vertriebsvereinbarung nimmt tatsächlich keine Rücksicht auf Groß-/Kleinschreibung, Anm.] (vgl Vertriebsvereinbarung vom 31.03.2009 von AT, Verwaltungsakt):

"[...]

VI. Provisionen

[...]

Provisionsplan: der Partner erhält 1 % des monatlichen Nettotelefonvolumens.

[...]"

1.5.2. Entgegen der Ausgestaltung der konkreten Tätigkeit von JH und HM im Wesentlichen entsprechend der mit ihnen abgeschlossenen Vertriebsvereinbarung, weicht die von AT tatsächlich ausgeübte Tätigkeit von jener in der auch von 01.01.2011 bis 30.06.2013 geltenden Vertriebsvereinbarung erheblich ab:

1.5.3. AT begann ihre Tätigkeit mit Abschluss der Vertriebsvereinbarung vom 31.03.2009. Ihre Aufgabe war es, die ihr von der BF bzw. den Kunden per E-Mail zur Verfügung gestellten Daten über Telefonabrechnungen der letzten sechs Monate mit Hilfe eines von der BF zur Verfügung gestellten Analyseprogrammes und einer zur Verfügung gestellten Excel-Datei zu erfassen und auszuwerten (vgl Angaben AT, Niederschrift vom 22.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben AT, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 388 Gerichtsakt).

Die fertige Auswertung übermittelte AT an ihren bei der BF zu dieser Zeit als unselbstständiger Dienstnehmer beschäftigten Lebensgefährten SG, der diese Daten dann im Rahmen seiner Tätigkeit für die BF weiterverwendete (vgl Angaben AT, Niederschrift vom 22.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben AT, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 388 Gerichtsakt).

AT hat entgegen der Vertriebsvereinbarung keine Neukunden akquiriert, Bestandskunden betreut oder die von der BF zu vertreibenden Produkte der großen Telekommunikationsanbieter an Kunden verkauft (vgl Angaben AT, Niederschrift vom 22.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben AT, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 388ff Gerichtsakt).

AT wurde eine Frist zur Fertigstellung der Datenanalyse von SG eingeräumt, da dieser die Daten für seine weitere Tätigkeit benötigte (vgl Angaben AT, Niederschrift vom 22.09.2014, S 2, Verwaltungsakt).

AT war ausschließlich für die BF tätig, hatte keinen weiteren Auftraggeber, war im Rahmen dieser Tätigkeit ausschließlich von Zuhause aus tätig und an keine Arbeitszeiten gebunden. Die Tätigkeit nahm etwa fünf Stunden pro Tag in Anspruch. AT benützte dafür den Computer von SG, mit dem sie im gemeinsamen Haushalt lebte. SG hat AT auch gezeigt, was zu tun ist. Eine offizielle Einschulung hat sie nicht erhalten. AT hat weder an Besprechungen, Schulungen oder anderen Veranstaltungen wie Weihnachtsfeiern teilgenommen (vgl Angaben AT, Niederschrift vom 22.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben AT, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 388ff Gerichtsakt; Angaben SG, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 395 Gerichtsakt).

Auch AT war - diesfalls den Bestimmungen der Vertriebsvereinbarung entsprechend - an die vereinbarte Verschwiegenheitspflicht gebunden (vgl Angaben AT, Niederschrift vom 22.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; aktenkundige Vertriebsvereinbarung).

Obwohl AT nur Datenanalysen und Backoffice-Arbeiten durchgeführt hat, erhielt sie nach Stellung einer Honorarnote von der BF nicht nur eine Vergütung für die von ihr tatsächlich erledigten Arbeiten, sondern wurden ihr auch "aufgrund mündlicher Vereinbarung" Provisionszahlungen in Form eines Prozentsatzes der von SG durch seine Kundenbetreuung und Akquise erwirtschafteten Umsätze ohne korrespondierende Tätigkeit der AT ausbezahlt. SG befand sich in diesem Zeitraum trotz fortgesetzter Tätigkeit in einem Dienstverhältnis zur BF ohne Provisionsauszahlung. Sämtliche eigentlich von SG erarbeiteten Provisionszahlungen wurden zur Umgehung des Insolvenzverfahrens des SG der AT ausbezahlt (vgl Angaben AT, Niederschrift vom 22.09.2014, S 2, Verwaltungsakt; Angaben LB, Verhandlungsprotokoll BVwG vom 08.05.2018, AS 392 Gerichtsakt; aktenkundige Rechnung vom 12.05.2009, Verwaltungsakt).

AT hat sich bei ihrer Tätigkeit nie von betriebsfremden Personen vertreten lassen. Im Falle ihrer Verhinderung wurden die Datenauswertungen von ihrem Lebensgefährten SG durchgeführt (vgl Angaben AT, Niederschrift vom 22.09.2014, S 2, Verwaltungsakt).

1.5.4. AT verfügte im Zeitraum 17.04.2009 bis 09.07.2013 über eine Gewerbeberechtigung (freies Gewerbe) "Handelsagentengewerbe gemäß § 5 Abs. 2 GewO 1994" (vgl GISA-Auszug zur GISA-Zahl: XXXX vom 07.12.2018, Gerichtsakt).

Aufgrund ihrer Gewerbeberechtigung unterlag AT im Zeitraum 01.04.2009 bis 31.07.2013 der Pflichtversicherung für gewerblich selbstständig Erwerbstätige gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG. Eine andere Tätigkeit oder eine weitere Beschäftigung in diesem Zeitraum geht aus den Sozialversicherungsdaten nicht hervor (vgl Sozialversicherungsdatenauszug vom 10.12.2018, Gerichtsakt).

1.6. Mit Bescheiden jeweils vom 19.03.2015 wurden vom Finanzamt XXXX zur Steuernummer XXXX, infolge der bei der BF durchgeführten GPLA und der Umqualifizierung von JH, HM und AT als echte Dienstnehmer nachfolgende Dienstgeberbeiträge (DB), Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag (DZ) und Säumniszuschläge festgesetzt (vgl aktenkundige Bescheide vom 19.03.2015, Verwaltungsakt):

-

Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) für das Jahr 2011: Nachforderung EUR 2.884,33

-

Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages für den DB für das Jahr 2011: Nachforderung EUR 57,69

-

Bescheid über die Festsetzung des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (DZ) für das Jahr 2011: Nachforderung EUR 256,39

-

Bescheid über die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages (DB) für das Jahr 2012: Nachforderung EUR 2.956,91

-

Bescheid über die Festsetzung des Säumniszuschlages für den DB für das Jahr 2012: Nachforderung EUR 59,14

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten