TE Vfgh Erkenntnis 2019/3/1 E4474/2018

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Veröffentlicht am 01.03.2019
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Index

97/01 Öffentliches Auftragswesen

Norm

B-VG Art87 Abs2
B-VG Art130 Abs2 Z2
B-VG Art151 Abs51 Z8
BundesvergabeG 2006 §292 Abs1, §318, §320, §322 Abs2 Z3, §328
BundesvergabeG 2018 §376 Abs4
BVwGG §3, §17, §19
VfGG §7 Abs1

Leitsatz

Entscheidung betreffend Pauschalgebühren im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nach dem BundesvergabeG 2006 Akt der Rechtsprechung des BVwG; ordnungsgemäße Gebührenentrichtung Zulässigkeitsvoraussetzung eines vergaberechtlichen Rechtsschutzantrags; keine Bedenken gegen die erstmalige Entscheidung des BVwG über akzessorische Gebührenansprüche

Spruch

I. Die beschwerdeführenden Gesellschaften sind durch den angefochtenen Beschluss im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Beschluss wird aufgehoben.

II. Der Bund (Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz) ist schuldig, den beschwerdeführenden Gesellschaften zuhanden ihrer Rechtsvertreterin die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Beschwerde und Vorverfahren

1. Die beschwerdeführenden Gesellschaften bilden eine Bietergemeinschaft, die sich an einem im Juni 2017 ausgeschriebenen Vergabeverfahren des Landes Salzburg zur Realisierung eines Bauvorhabens beteiligt hat. Am 8. August 2017 wurden der Bietergemeinschaft das Ausscheiden ihres Angebotes und die präsumtive Zuschlagsempfängerin mitgeteilt.

2. Am 14. August 2017 brachte die Bietergemeinschaft einen Antrag auf Nachprüfung sowie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Bietergemeinschaft überwies deshalb auch Pauschalgebühren in Höhe von € 3.087,– an das Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesverwaltungsgericht leitete die Anträge gemäß §6 AVG unverzüglich an das Landesverwaltungsgericht Salzburg weiter. In der Folge beglich die Bietergemeinschaft Pauschalgebühren in Höhe von € 3.891,– beim Landesverwaltungsgericht Salzburg.

3. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 2. Juli 2018, das mit "Für den Präsidenten i.A. des Vorstehers der Geschäftsstelle [...]" unterfertigt war, wurde die Bietergemeinschaft aufgefordert, die Differenz zwischen entrichteter und zu entrichtender Pauschalgebühr in Höhe von € 1.530,– nachzubezahlen. Nach den maßgeblichen Bestimmungen des BVergG 2006 seien € 3.078,– für den Nachprüfungsantrag und € 1.539,– für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, also insgesamt € 4.617,–, an Pauschalgebühren zu entrichten gewesen.

Am 31. Juli 2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein an die Geschäftsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes gerichtetes Schreiben der Vertreterin der Bietergemeinschaft dahingehend ein, dass keine Gebühr vorzuschreiben sei, weil keine inhaltliche Befassung mit dem Antrag stattgefunden habe, sondern dieser nur zuständigkeitshalber weitergeleitet worden sei. Eine Sachentscheidung sei nicht – auch nicht über die Zuständigkeit – erfolgt. Es werde daher die Rückführung der bereits entrichteten Pauschalgebühr in Höhe von € 3.087,– beantragt; falls beim Bundesverwaltungsgericht eine gegenteilte Ansicht vertreten werde, ersuche man um "bescheidmäßige Vorschreibung" der Pauschalgebühr.

Dieses Schreiben wurde von der Geschäftsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes zunächst in den Verfahrensakten zum Nachprüfungsantrag, zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung und in einem Akt betreffend das Begehren des Ersatzes der Pauschalgebühr protokolliert. Nach Kenntnisnahme durch den Leiter der Gerichtsabteilung leitete dieser das Schreiben dem für ihn zuständigen Kammervorsitzenden und dieser wiederum an die Leiterin der Verrechnungsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes weiter. Diese leitete das Schreiben an die Geschäftsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes mit der Anmerkung weiter, man möge bei der entsprechenden Gerichtsabteilung ein Annexverfahren eröffnen. Der Gerichtsabteilung wurde schließlich das dem nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Beschluss zugrunde liegende Verfahren als Annexverfahren gemäß §24 der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes für das Jahr 2018 als Rechtssache im Sinne des §17 BVwGG zugewiesen.

4. Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesverwaltungsgericht das Begehren auf Rückzahlung von € 3.087,– "soweit es an die Gerichtsabteilung W131 des Bundesverwaltungsgerichts gemäß §17 BVwGG im Rahmen des Judiciums zur Entscheidung zugewiesen wurde, wegen Unzuständigkeit zur Entscheidung über dieses Begehren" zurück [Spruchpunkt A) I.]. Das Bundesverwaltungsgericht wies auch das "als 'Ersuchen' titulierte Begehren auf bescheidmäßige Vorschreibung von Pauschalgebühren [...], soweit es an die Gerichtsabteilung W131 gemäß §17 BVwGG im Rahmen des Judiciums zur Entscheidung zugewiesen wurde, wegen Unzuständigkeit zu Entscheidung über dieses Begehren" zurück [Spruchpunkt A) II.]. Es sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei [Spruchpunkt B)].

Dies begründet das Bundesverwaltungsgericht auf das Wesentliche zusammengefasst wie folgt:

Die Bietergemeinschaft habe im Fall der Nachforderung von Pauschalgebühren deren "bescheidmäßige Vorschreibung" begehrt und damit eine Erledigung durch die Justizverwaltung angestrebt, nachdem sie zunächst von der Justizverwaltung eine nicht-bescheidförmige Zahlungsaufforderung erhalten habe. Die gemäß §17 BVwGG erfolgte Zuweisung dieser Anbringen zur judiziellen Erledigung ändere nichts daran, dass es sich um eine wirksame Eingabe an eine Verwaltungsbehörde handle.

Der auf die Verwaltungsgerichte gemäß Art134 Abs7 B-VG sinngemäß anwendbare Art87 B-VG verwende den Begriff der Justizverwaltung(-ssache) wie auch §3 BVwGG. Die Vorschreibung und Einhebung von Gerichtsgebühren werde seit jeher als Justizverwaltung verstanden. Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichtes habe daher als monokratische Verwaltungsbehörde über die Frage, inwieweit eine Partei gerichtliche Pauschalgebühren nach dem BVergG 2006 bezahlt hat, zu entscheiden.

Seit 1. Jänner 2014 handle es sich bei den Pauschalgebühren nach dem BVergG 2006 um Gerichtsgebühren. Ein Rückgriff auf §78 AVG, der vor dem 1. Jänner 2014 herangezogen worden sei, um Pauschalgebühren als Bundesverwaltungsabgaben zu qualifizieren, sei nicht mehr möglich, weil nur das Verfahrensrecht des AVG als subsidiär anwendbar erklärt werde und §78 AVG kompetenzrechtlich keine Verwaltungsverfahrensbestimmung, sondern eine abgabenspezifische Bestimmung mit kompetenzrechtlicher Grundlage im F-VG darstelle.

§1 BAO sehe vor, dass die Einhebung durch Abgabenbehörden des Bundes vorgesehen sein müsse. Wie auch das GEG zeige, würden Gerichtsgebühren nicht auf Basis der BAO von den Bundesabgabenbehörden vorgeschrieben, sondern sei die Bundesgesetzgebung stets davon ausgegangen, dass die im jeweiligen Fall zuständige Justizverwaltungsbehörde über Gerichtsgebühren erstinstanzlich per Bescheid zu entscheiden habe. Der Verfassungsgerichtshof habe zu §1 BAO ausgeführt, dass Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren zwar nach den finanzausgleichsgesetzlichen Bestimmungen ausschließliche Bundesabgaben seien, aber hierauf nicht die Bestimmungen der BAO Anwendung fänden, weil diese Abgaben nicht durch Abgabenbehörden des Bundes erhoben würden.

Die Pauschalgebühr für Eingaben an das Bundesverwaltungsgericht abseits der Vergaberechtspflege geschehe über das Gebührengesetz 1957, BGBl 267/1957 (WV) idF BGBl I 62/2018 (im Folgenden: GebG). Abweichend sei aber in §318 Abs2 BVergG 2006 vorgesehen, dass keine Gebühren im Zusammenhang mit vergaberechtlichen Rechtsschutzanträgen nach dem GebG anfallen würden, sondern (nur) Pauschalgebühren nach §318 BVergG 2006. Eine Zuständigkeit der Abgabenbehörden des Bundes zur Entscheidung über die Zahlungspflicht für derartige Abgaben sei nicht vorgesehen.

Der Bundesgesetzgeber habe im Zusammenhang mit der judizierenden Tätigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in Vergabekontrollsachen nur eine Kompetenz des judizierenden Spruchkörpers zur Zurückweisung des Rechtsschutzgesuchs mangels entsprechender Vergebührung vorgesehen, aber keine Kompetenz des Judiciums zur zusätzlichen Abgabeneinhebung. Derartiges wäre aber zu erwarten gewesen, wenn der Gesetzgeber die Vorschreibung durch den judizierenden Spruchkörper ausdrücklich abweichend von der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu Art87 B-VG, der zufolge Gerichtsgebühren im Justizverwaltungsweg einzuheben seien, gewünscht hätte.

Der Gerichtshof der Europäischen Union habe judiziert, dass der Äquivalenzgrundsatz bedinge, dass im vergabespezifischen Rechtsschutzbereich die Rechtswegemöglichkeiten bei Rechtsschutzzulässigkeitsvoraussetzungen nicht ungünstiger als bei nationalen Sachverhalten (abseits des vergaberechtlichen Sonderzivilverfahrensrechts) sein dürften. Wenn also bei sonstigen Gerichtsgebühren in Zivilrechtssachen der Justizverwaltungsweg mit Beschwerdemöglichkeit an ein Verwaltungsgericht bestehe, müsse dies auch für Pauschalgebühren nach dem BVergG 2006 gelten.

Zum gleichen Ergebnis der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes im Sinne des §3 BVwGG zur Entscheidung über die vergaberechtlichen Pauschalgebühren komme man im Übrigen, wenn man den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichtes gemäß §7 ABGB als Gerichtspräsidenten iSd §6 Abs1 Z1 GEG bewerte und danach die Regeln der §§6a, 6b und 6c GEG entsprechend interpretativ anwende.

5. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, beantragt wird.

Die Entscheidung über die Anträge der Bietergemeinschaft auf Rückzahlung der zu Unrecht geleisteten Pauschalgebühr sowie die "(bescheidmäßige) Vorschreibung" einer nicht bezahlten Pauschalgebühr habe durch das "judizierende Bundesverwaltungsgericht" zu erfolgen. §318 BVergG 2006 habe keine Regelung über die bescheidmäßige Vorschreibung von Pauschalgebühren enthalten, was zur Folge habe, dass das Bundesverwaltungsgericht zuständig sei. Das judizierende Bundesverwaltungsgericht könne die eigene Unzuständigkeit auch nicht aus Art87 B-VG ableiten. Da diese abgabenrechtliche Angelegenheit keinem anderen Organ zugeordnet worden sei, sei der judizierende Spruchkörper kraft Gesetzes für die Entscheidung über die von der Bietergemeinschaft gestellten Begehren zuständig.

6. Das Bundesverwaltungsgericht legte die Gerichtsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

II. Rechtslage

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2006 – BVergG 2006), BGBl I 17/2006 idF BGBl I 7/2016, lauten:

"4. Teil

Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht

[...]

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes

§291. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art14b Abs2 Z1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.

§292

Senatszuständigkeit und -zusammensetzung

§292. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des §291, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz gemäß §319 Abs3 oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungsantrages handelt, in Senaten.

(2) [...]

Gebühren

§318. (1) Für Anträge gemäß den §§320 Abs1, 328 Abs1 und §331 Abs1 und 2 hat der Antragsteller nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen jeweils eine Pauschalgebühr zu entrichten:

1.  Die Pauschalgebühr ist gemäß den von der Bundesregierung durch Verordnung festzusetzenden Gebührensätzen bei Antragstellung zu entrichten. Bieter- und Arbeitsgemeinschaften haben die Pauschalgebühr nur einmal zu entrichten. Die Gebührensätze sind entsprechend dem Verhältnis des durch den Antrag bewirkten Verfahrensaufwandes zu dem für den Antragsteller zu erzielenden Nutzen festzusetzen. Die Gebührensätze sind nach objektiven Merkmalen abzustufen. Als objektive Merkmale sind insbesondere der Auftragsgegenstand, die Art des durchgeführten Verfahrens, die Tatsache, ob es sich um Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung oder der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages oder um sonstige gesondert anfechtbare Entscheidungen bzw ob es sich um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich oder im Unterschwellenbereich handelt, heranzuziehen.

2.  Die festgesetzten Gebührensätze vermindern oder erhöhen sich jährlich in dem Maß, das sich aus der Veränderung des von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlautbarten Verbraucherpreisindex 2010 oder des an seine Stelle tretenden Index gegenüber der der letzten Festsetzung zugrunde gelegten Indexzahl ergibt. Der Bundeskanzler hat nach Verlautbarung der für Juni des laufenden Jahres maßgeblichen Indexzahl die neu festgesetzten Gebührensätze im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Die neu festgesetzten Gebührensätze gelten ab dem der Kundmachung folgenden Monatsersten.

3.  Die Pauschalgebühren sind durch Barzahlung, durch Einzahlung mit Erlagschein, mittels Bankomatkarte oder Kreditkarte zu entrichten. Die über die Barzahlung und Einzahlung mit Erlagschein hinausgehenden zulässigen Entrichtungsarten sind durch das Bundesverwaltungsgericht nach Maßgabe der vorhandenen technisch-organisatorischen Voraussetzungen festzulegen und entsprechend bekannt zu machen.

4.  Für Anträge gemäß §328 Abs1 ist eine Gebühr in der Höhe von 50 vH der festgesetzten Gebühr zu entrichten.

5.  Hat ein Antragsteller zum selben Vergabeverfahren bereits einen Antrag gemäß §320 Abs1 oder gemäß §331 Abs1 oder 2 eingebracht, so ist von diesem Antragsteller für jeden weiteren Antrag gemäß §320 Abs1 oder gemäß §331 Abs1 oder 2 eine Gebühr in der Höhe von 80 vH der festgesetzten Gebühr zu entrichten.

6.  Bezieht sich der Antrag lediglich auf die Vergabe eines Loses, dessen geschätzter Auftragswert den jeweiligen Schwellenwert gemäß den §§12 und 180 nicht erreicht, so ist lediglich die Pauschalgebühr für das dem Los entsprechende Vergabeverfahren im Unterschwellenbereich zu entrichten.

7.  Wird ein Antrag vor Durchführung der mündlichen Verhandlung oder, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, vor Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses zurückgezogen, so ist lediglich eine Gebühr in der Höhe von 75 vH der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß Z5 reduzierten Gebühr zu entrichten. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuerstatten.

8.  Die Gebührensätze bzw Gebühren gemäß Z1 und 2 sowie 4 bis 7 sind auf ganze Euro ab- oder aufzurunden.

(2) Für Anträge gemäß Abs1 und die Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht fallen keine Gebühren nach dem Gebührengesetz an.

Gebührenersatz

§319. (1) Der vor dem Bundesverwaltungsgericht wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller hat Anspruch auf Ersatz seiner gemäß §318 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß §318 entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

(2) Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf einstweilige Verfügung besteht nur dann, wenn

1.  dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird und

2.  dem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgegeben wurde oder der Antrag auf einstweilige Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde.

(3) Über den Gebührenersatz hat das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, dass ein Anspruch auf Gebührenersatz besteht.

[...]

Inhalt und Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages

§322. (1) [...]

(2) Der Antrag ist jedenfalls in folgenden Fällen unzulässig, wenn

1. [...]

3. er trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.

(3) [...]

Einstweilige Verfügungen

Antragstellung

§328. (1) [...]

(7) Ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ist unzulässig, wenn trotz Aufforderung zur Verbesserung der Antrag nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde.

[...]"

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl I 10/2013 idF BGBl I 22/2018, lauten:

"Organe des Bundesverwaltungsgerichtes

Präsident

§3. (1) Der Präsident leitet das Bundesverwaltungsgericht, übt die Dienstaufsicht über das gesamte Personal aus und führt die Justizverwaltungsgeschäfte für das Bundesverwaltungsgericht, soweit diese nicht auf Grund dieses oder anderer Bundesgesetze durch andere Organe zu erledigen sind. Insbesondere nimmt er auch die dienstbehördlichen Aufgaben und die Aufgaben der inneren Revision (§78a des Gerichtsorganisationsgesetzes – GOG, RGBl. Nr 217/1896) wahr. Dem Präsidenten obliegt es auch, bei voller Wahrung der richterlichen Unabhängigkeit auf eine möglichst einheitliche Rechtsprechung Bedacht zu nehmen.

(2) Der Präsident wird bei seinen Aufgaben nach Maßgabe der von ihm zu erlassenden Geschäftseinteilung für Justizverwaltungssachen vom Vizepräsidenten, von den Kammervorsitzenden und erforderlichenfalls von sonstigen Mitgliedern des Bundesverwaltungsgerichtes unterstützt und vertreten. Eine Einbeziehung bedarf – außer im Fall des Vizepräsidenten und der Kammervorsitzenden – der Zustimmung des betreffenden sonstigen Mitgliedes und kann vom Präsidenten jederzeit widerrufen werden. Bei der Besorgung der ihnen übertragenen Aufgaben sind die sonstigen Mitglieder an die Weisungen des Präsidenten gebunden.

(3) [...]

Zuweisung und Abnahme von Rechtssachen

§17. (1) Jede im Bundesverwaltungsgericht anfallende Rechtssache wird dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Einzelrichter oder Senat zugewiesen.

(2) Zeigt der Einzelrichter oder der Vorsitzende des Senates dem Präsidenten seine Befangenheit an, ist die Rechtssache dem nach der Geschäftsverteilung ersatzweise zuständigen Mitglied zuzuweisen. Zeigt ein Beisitzer oder ein Rechtspfleger dem Präsidenten seine Befangenheit an, hat der Präsident den zuständigen Einzelrichter oder Vorsitzenden des Senates darüber zu informieren.

(3) Der Geschäftsverteilungsausschuss kann einem Einzelrichter oder Senat eine ihm zufallende Rechtssache durch Verfügung abnehmen, wenn der Einzelrichter oder Senat verhindert oder wegen des Umfangs seiner Aufgaben an deren Erledigung innerhalb einer angemessenen Frist gehindert ist."

III. Erwägungen

Die – zulässige – Beschwerde ist begründet:

1. Am 20. August 2018 wurde im BGBl I 65/2018 das Vergaberechtsreformgesetz 2018 kundgemacht. Das darin enthaltene Bundesgesetz über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 – BVergG 2018) trat im Wesentlichen mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Zugleich trat das BVergG 2006 außer Kraft (§376 Abs1 BVergG 2018). Die im Zeitpunkt des In- bzw Außerkrafttretens bereits eingeleiteten Vergabeverfahren sind nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Auch die zu diesem Zeitpunkt beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren sind vom Bundesverwaltungsgericht nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen (§376 Abs4 BVergG 2018). Im vorliegenden Verfahren sind daher auf Grund der Übergangsbestimmung in §376 Abs4 BVergG 2018 weiterhin die Bestimmungen des BVergG 2006 anzuwenden.

2. Im vorliegenden Fall ist strittig, ob im Zusammenhang mit einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren (einschließlich des Verfahrens über die Erlassung einer einstweiligen Verfügung) vor dem Bundesverwaltungsgericht anfallende Entscheidungen über die Höhe einer zu entrichtenden Pauschalgebühr (einschließlich allfälliger Entscheidungen über die Rückerstattung zu viel entrichteter Pauschalgebühren) eine Angelegenheit der "Justizverwaltungsgeschäfte für das Bundesverwaltungsgericht" (§3 Abs1 BVwGG) darstellen oder zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zählen.

Das Bundesverwaltungsgericht geht im angefochtenen Beschluss davon aus, dass solche Entscheidungen eine Angelegenheit der "Justizverwaltungsgeschäfte" im Sinne des §3 Abs1 BVwGG darstellen, die von dem für Justizverwaltungssachen zuständigen Präsidenten und den ihn nach der Geschäftseinteilung für Justizverwaltungssachen unterstützenden und vertretenden Mitgliedern des Bundesverwaltungsgerichtes durch Bescheid zu erledigen sind. Mit dieser Auffassung ist das Bundesverwaltungsgericht nicht im Recht:

3. Die Pauschalgebührenregelung im BVergG 2006 stellt sich folgendermaßen dar:

3.1. §318 BVergG 2006 sieht für Nachprüfungsverfahren nach §320 BVergG 2006 und Einstweilige Verfügungen nach §328 BVergG 2006 die Entrichtung einer Pauschalgebühr vor. Die Höhe der einzelnen Gebührensätze ist mittels Verordnung von der Bundesregierung festzusetzen (vgl im vorliegenden Zusammenhang die Verordnung der Bundesregierung betreffend die Pauschalgebühr für die Inanspruchnahme des Bundesverwaltungsgerichtes in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens [BVwG-Pauschalgebührenverordnung Vergabe – BVwG-PauschGebV Vergabe], BGBl II 491/2013). Die Verordnungsermächtigung in §318 Abs1 BVergG 2006 gibt ein abgestuftes System der Bemessung der Höhe der Pauschalgebühren an objektiven Merkmalen vor, wobei insbesondere der Auftragsgegenstand, die Art des durchgeführten Verfahrens, die Tatsache, ob es sich um Anträge auf Nachprüfung der Ausschreibung oder der Aufforderung zur Abgabe eines Teilnahmeantrages oder um sonstige gesondert anfechtbare Entscheidungen bzw ob es sich um Vergabeverfahren im Ober- oder im Unterschwellenbereich handelt, heranzuziehen sind (vgl mwN VfSlg 19.914/2014).

Daneben trifft §318 BVergG 2006 weitere Vorgaben zur Pauschalgebühr. Hat etwa ein Antragsteller zum selben Vergabeverfahren bereits einen Nachprüfungsantrag oder Feststellungsantrag eingebracht, so hat er für Folgeanträge nur eine reduzierte Gebühr zu entrichten (§318 Abs1 Z5 BVergG 2006). §318 Abs1 Z7 BVergG 2006 sieht weiters, wenn der Antrag vor Durchführung der mündlichen Verhandlung oder, wenn keine mündliche Verhandlung durchgeführt wurde, vor Erlassung des Erkenntnisses oder Beschlusses zurückgezogen wird, lediglich eine Gebühr in der Höhe von 75 % der für den jeweiligen Antrag festgesetzten oder gemäß §318 Abs1 Z5 BVergG 2006 reduzierten Gebühr vor. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuerstatten.

Die Gebührenschuld entsteht im Zeitpunkt der Antragstellung und die Gebühren sind bereits zu diesem Zeitpunkt an das Bundesverwaltungsgericht zu entrichten (vgl §318 Abs1 Z1 BVergG 2006; Reisner, in: Heid/Preslmayr [Hrsg.], Handbuch Vergaberecht4, 2015, Rz 2018 ff.).

Zumindest teilweise obsiegende Antragsteller haben unter näheren Voraussetzungen Anspruch auf Ersatz ihrer gemäß §318 BVergG 2006 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber (§319 BVergG 2006). Über den Gebührenersatz hat das Bundesverwaltungsgericht – gemäß §292 Abs1 BVergG 2006 abweichend von der sonst im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren vorgesehenen Senatszuständigkeit – durch Einzelrichter spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, dass ein entsprechender Anspruch besteht (§319 Abs3 BVergG 2006).

3.2. Demgegenüber fallen im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren Gebühren nach dem GebG gemäß §318 Abs2 BVergG 2006 abweichend von der allgemeinen Gebührenpflicht für Eingaben vor dem Bundesverwaltungsgericht (vgl §14 TP 6 Abs5 Z1 litb GebG iVm der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend die Gebühr für Eingaben beim Bundesverwaltungsgericht sowie bei den Landesverwaltungsgerichten [BuLVwG-Eingabengebührverordnung – BuLVwG-EGebV], BGBl II 387/2014 idF BGBl II 118/2017) nicht an.

3.3. Die dargestellte Pauschalgebührenregelung des BVergG 2006 für vergaberechtliche Nachprüfungsverfahren weist schließlich eine – im Vergleich zu sonstigen Gebührenregelungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme (verwaltungs-)gerichtlichen Rechtsschutzes – wesentliche Besonderheit auf: Die ordnungsgemäße Vergebührung nach dem BVergG 2006 stellt gemäß §322 Abs2 Z3 BVergG 2006 und §328 Abs7 BVergG 2006 eine Zulässigkeitsvoraussetzung entsprechender vergabespezifischer Rechtsschutzanträge an das Bundesverwaltungsgericht dar. Kraft dieser Bestimmungen sind ein Nachprüfungsantrag oder ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die trotz Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurden, vom Bundesverwaltungsgericht zurückzuweisen.

Damit unterscheiden sich die Pauschalgebühren des BVergG 2006 von anderen, vergleichbaren Gebührenregelungen:

Die Entrichtung der Gerichtsgebühren, deren Vorschreibung zur Justizverwaltung im Sinne des Art87 Abs2 B-VG zählt (siehe mwN jeweils Gebühren vor den ordentlichen Gerichten betreffend VfSlg 3858/1960, 9295/1981; vgl zB weiters auch VfSlg 5851/1968, 6028/1969), etwa stellt keine Zulässigkeitsvoraussetzung einer Klage im zivilgerichtlichen Verfahren dar.

Auch die ordnungsgemäße Entrichtung der Eingabengebühr vor dem Verwaltungsgerichtshof (§24a VwGG) oder vor dem Verfassungsgerichtshof (§17a VfGG) stellt keine Zulässigkeitsvoraussetzung etwa einer Revision oder einer Beschwerde dar. Kraft ausdrücklicher Anordnung fällt die Einhebung dieser Gebühren jeweils in die Zuständigkeit des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrssteuern und Glücksspiel. Im Übrigen finden die Bestimmungen des GebG Anwendung (§24a Z6 und 7 VwGG; §17a Z6 und 7 VfGG).

4. Diese Verknüpfung von Verpflichtung zur Entrichtung von Pauschalgebühren und Zulässigkeit einschlägiger Vergabekontrollverfahren nach dem BVergG 2006 steht – im Übrigen schon seit dem Bundesvergabegesetz 2002, BGBl I 99/2002 (siehe zB §166 Abs2 Z5 iVm §177 BVergG 2002) – im Dienste der Effizienz des Vergaberechtsschutzes, indem – angesichts der im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren typischerweise vorliegenden Dreieckskonstellationen zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und konkurrierenden Unternehmen – die mit einschlägigen Nachprüfungsverfahren (jedenfalls in der großen Mehrzahl der Fälle) verbundene Verzögerung des laufenden Vergabeverfahrens nur bewirkt werden soll, wenn die antragstellenden Unternehmen die Schwelle der Entrichtung der Pauschalgebühr überwinden (vgl Rosenkranz, Gebühren in Vergabenachprüfungsverfahren – Teil I, ZVB 2008, 69 [70]; Reisner, in: Heid/Preslmayr [Hrsg.], Handbuch Vergaberecht4, 2015, Rz 2000). Dieses Regelungssystem war ursprünglich in die umfassende Zuständigkeit einer Verwaltungsbehörde, des früheren Bundesvergabeamtes, eingebettet.

Vor diesem Hintergrund wies der Verfassungsgerichtshof eine Klage gemäß Art137 B-VG auf Rückzahlung entrichteter Pauschalgebühren nach dem BVergG 2002 zurück, weil vor dem damaligen Bundesvergabeamt ein Bescheid erwirkt werden konnte (VfSlg 18.599/2008). Im Einzelnen führte der Verfassungsgerichtshof aus:

"§177 Abs4 BVergG 2002 sieht vor, dass die Pauschalgebühr ohne gesonderte bescheidmäßige Vorschreibung zu entrichten ist. Wird die Gebühr nicht entrichtet, so hat das BVA durch Verbesserungsauftrag zunächst den Antragsteller aufzufordern, die Gebühr zu entrichten (§166 Abs2 Z5 und §162 Abs2 BVergG 2002). Unterbleibt die Gebührenentrichtung weiterhin, so schreibt das BVA dem Antragsteller die Gebühr mit Bescheid vor (vgl auch VfGH 26.9.2003, B1494/03). Eine ausdrückliche Regelung über die bescheidmäßige Vorschreibung enthält das Gesetz nicht, doch ergibt sich die Zuständigkeit des BVA zur Bescheiderlassung schlüssig aus den obgenannten Bestimmungen. Zum gleichen Ergebnis kommt auch die subsidiäre Anwendung des §78 AVG.

Ebenso wenig enthält das BVergG 2002 eine Bestimmung, die ausdrücklich die Bescheiderlassung vorsieht, wenn die Entrichtung irrtümlich erfolgte oder der Rechtstitel nachträglich weggefallen ist (vgl Reisner in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Bundesvergabegesetz 2002, Rz 14 zu §177 BVergG 2002). Dennoch ergibt sich aus dem Zusammenhang, dass jene Behörde, die die Entrichtung zu kontrollieren und demnach zu viel oder zu Unrecht entrichtete Gebühren nach den Grundsätzen der Bereicherung zurückzuzahlen hat, im Streitfall über Antrag einen bekämpfbaren Bescheid zu erlassen hat."

In der Entscheidung VfSlg 19.880/2014 übertrug der Verfassungsgerichtshof dieses Ergebnis auf die damalige Rechtslage nach dem Wiener Vergaberechtsschutzgesetz 2007 vor dem ehemaligen Vergabekontrollsenat Wien, der aber im Zeitpunkt der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes bereits aufgelöst war. Im Einzelnen führte der Verfassungsgerichtshof aus:

"Somit war der VKS Wien zuständig, auf Antrag über die Rechtmäßigkeit der Entrichtung der Pauschalgebühr durch die klagenden Parteien mit im Rechtsschutzweg bekämpfbarem Bescheid abzusprechen. Ausweislich des Verfahrensablaufs vor dem VKS Wien [...] war es den klagenden Parteien daher ohne weiteres möglich, einen solchen Antrag zu stellen.

Auch wenn man von der Möglichkeit einer nachträglichen Antragstellung ausgehen würde, weil im in Rede stehenden Verfahren vor dem VKS Wien die Pauschalgebühr bereits entrichtet, über die Rechtmäßigkeit der Entrichtung jedoch noch kein Bescheid erlassen wurde, wäre die diesbezügliche Zuständigkeit mit Ablauf des 31. Dezember 2013 gemäß Art151 Abs51 Z8 B-VG iVm litJ Z8 der Anlage zum B-VG auf das Verwaltungsgericht Wien übergegangen. Zwar bezieht sich der Wortlaut des Art151 Abs51 Z8 B-VG nur auf einen Übergang der Zuständigkeit zur Weiterführung der bei den in der Anlage genannten, aufgelösten Behörden anhängigen Verfahren. Da es sich aber bei dem Verfahren der Überprüfung der entrichteten Pauschalgebühren um ein akzessorisches Verfahren handelt, das ein Vergabekontrollverfahren zwingend voraussetzt, erfasst die genannte Übergangsbestimmung auch die Zuständigkeit zur Führung derartiger akzessorischer Verfahren. Dem Gesetzgeber wäre nicht zuzusinnen, dass er einen Zuständigkeitsübergang zwar für anhängige Vergabekontrollverfahren, nicht aber auch für Verfahren zur Überprüfung der vorgeschriebenen Gebühren vorgesehen hätte."

5. Der Verfassungsgerichtshof hat in VfSlg 19.880/2014 nicht zur Frage Stellung genommen, ob es sich bei der Führung derartiger akzessorischer Verfahren zur Überprüfung der Pauschalgebühren, die ein Vergabekontrollverfahren zwingend voraussetzen, um eine Angelegenheit der Justizverwaltung oder der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtes Wien handelt. Auch aus der Entscheidung VfSlg 19.914/2014, in der der Verfassungsgerichtshof die Höhe der Pauschalgebühren nach dem BVergG 2006 im konkreten Fall für verfassungskonform erachtete, indem er jene verfassungsrechtlichen Maßstäbe auf diese Pauschalgebühren übertrug, die in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes für Gerichtsgebühren entwickelt worden sind, lässt sich für die hier zu beantwortende Frage nichts gewinnen (ebenso wenig, und entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes im angefochtenen Beschluss, daher aus dem Umstand, dass der Verfassungsgerichtshof in einem Beschluss gemäß Art144 Abs2 B-VG unter Hinweis auf die genannte Entscheidung VfSlg 19.914/2014 die Behandlung der Beschwerde "angesichts des weiten rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes, der dem Gesetzgeber bei der Festsetzung und Bemessung der Gerichtsgebühren zukommt", abgelehnt hat, weil Bedenken gegen die im konkreten Fall einschlägigen Gebührenvorschriften vor dem Hintergrund des damals vorliegenden Falles nicht entstanden sind, VfGH 12.6.2018, E1822/2018).

Die Antwort auf die hier zu entscheidende Rechtsfrage ergibt sich aber aus der dargestellten Koppelung der Entscheidung über die Zulässigkeit eines Antrages auf vergaberechtliche Nachprüfung (oder eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) mit der Entscheidung, ob der Antrag trotz Aufforderung zur Verbesserung nicht ordnungsgemäß vergebührt wurde, indem das Gesetz die ordnungsgemäße Vergebührung zur Voraussetzung der Zulässigkeit eines entsprechenden Antrages erklärt (siehe §322 Abs2 Z3 BVergG 2006 für den Antrag auf Nachprüfung und §328 Abs7 BVergG 2006 für den Antrag auf einstweilige Verfügung). Da der Gesetzgeber die Entscheidung über die Zulässigkeit derartiger vergaberechtlicher Rechtsschutzbegehren der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zuordnet (siehe §291 und §292 BVergG 2006) und dies aus verfassungsrechtlicher Sicht (vgl Art87 iVm Art134 Abs7 B-VG) auch muss, ist davon auszugehen, dass auch all jene im Sinne von VfSlg 19.880/2014 akzessorischen Verfahren zur Überprüfung der Pauschalgebühren, die einen zwingenden Zusammenhang zu einem Vergabekontrollverfahren aufweisen, weil die Ordnungsmäßigkeit der Vergebührung (mit-)beurteilt wird, durch das Bundesverwaltungsgericht als Organ der Rechtsprechung zu entscheiden sind und gerade nicht eine Angelegenheit der Justizverwaltung im Sinne des §3 BVwGG darstellen.

Das Bundesverwaltungsgericht ist daher im Anlassverfahren, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen, als Rechtsprechungsorgan durch Senat (siehe §292 Abs1 BVergG 2006) zuständig, über die Anträge der beschwerdeführenden Gesellschaften auf Vorschreibung bzw Rückführung der entrichteten Pauschalgebühr zu entscheiden. In diesem Sinn wird auch in der Literatur im Zusammenhang mit der Regelung der Rückerstattung von Pauschalgebühren in den Fällen des §318 Abs1 Z7 BVergG 2006 die Auffassung vertreten, dass Entscheidungen über die Verpflichtung zur Entrichtung und damit auch der Rückerstattung der Pauschalgebühren als Annex zur Hauptsache in die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes fallen, das im Streitfall mit Beschluss darüber abzusprechen habe (Reisner, in: Schramm/Aicher/Fruhmann [Hrsg.], BVergG 20062, 5. Lfg., 2015, §318 Rz 36).

6. Dass damit das Bundesverwaltungsgericht in der Sache erstmals rechtsförmlich über Höhe oder Rückerstattung von Pauschalgebühren entscheidet, stößt auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken:

6.1. Zum einen hat der Verfassungsgesetzgeber – wie sich aus Art130 Abs2 Z2 B-VG ergibt – bei der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 das bundesvergabegesetzlich geregelte System des Vergaberechtsschutzes und seine Überführung in die Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz mitgedacht (vgl auch Art151 Abs51 Z8 B-VG und dazu bereits VfSlg 19.880/2014). Zum zweiten ist – in einem System, in dem den Verwaltungsgerichten grundsätzlich die Befugnis zur Entscheidung in der Sache selbst zukommt – die erstmalige Entscheidung über akzessorische Gebührenansprüche wie beispielsweise auch über verfahrensrechtliche Entscheidungen kein Fremdkörper. Angesichts der gerichtlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes stellen sich dem Verfassungsgerichtshof auch keine Fragen im Hinblick auf den unionsrechtlichen Äquivalenzgrundsatz.

6.2. Der dargelegten Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes als Rechtsprechungsorgan steht im Übrigen auch nicht entgegen, dass die Geschäftsstelle des Bundesverwaltungsgerichtes den Parteien die Höhe der zu entrichtenden Pauschalgebühr mitteilt oder formlos durch Nachforderung zur Verbesserung zu wenig entrichteter Pauschalgebühr auffordert, solange eben sichergestellt ist, dass über Antrag der Partei das Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss über die Höhe und gegebenenfalls einen Rückforderungsanspruch von Pauschalgebühren entscheidet.

IV. Ergebnis

1. Die beschwerdeführenden Gesellschaften sind somit durch den angefochtenen Beschluss im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden, weil das Bundesverwaltungsgericht in gesetzwidriger Weise seine Zuständigkeit ablehnt, indem es zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert hat (zB VfSlg 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).

2. Der Beschluss ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88a Abs1 iVm §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.

Schlagworte

Vergabewesen, Gebühr, Justizverwaltung - Gerichtsbarkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2019:E4474.2018

Zuletzt aktualisiert am

06.08.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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