TE Lvwg Beschluss 2019/2/26 LVwG-AV-223/001-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.2019
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Entscheidungsdatum

26.02.2019

Norm

WRG 1959 §12
WRG 1959 §41 Abs1
WRG 1959 §41 Abs4
WRG 1959 §60 Abs1 litc
WRG 1959 §63 litb
WRG 1959 §111
AVG 1991 §42

Text

BESCHLUSS

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch Hofrat Mag. Franz Kramer über die Beschwerde des A, vertreten durch die B Rechtsanwalt GMBH in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs vom 22. Jänner 2019, ***, betreffend wasserrechtliche Bewilligung, beschlossen:

I.       Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Gegen diese Entscheidung ist die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§§ 12, 41 Abs. 1 und 4, 60 Abs. 1 lit. c, 63 lit. b, und 111 WRG 1959 (Wasserrechtsgesetz 1959, BGBl. Nr. 215/1959 idgF)

§§ 41 und 42 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idgF)

§§ 24 Abs. 1 und 2, 27, 28 Abs. 1 und 31 VwGVG (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF)

§ 25a Abs. 1 VwGG (Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 idgF)

Art. 133 Abs. 4 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF)

Begründung

1. Sachverhalt

1.1. Mit Bescheid vom 22. Jänner 2019, ***, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs der Marktgemeinde *** die wasserrechtliche Bewilligung für schutzwasserbauliche Maßnahmen am ***, einem Zubringer der *** in der KG ***, gemäß einer in den Spruch aufgenommenen Projektsbeschreibung und Projektsunterlagen, die zu einem wesentlichen Bestandteil des Bescheides erklärt wurden.

In der Projektsbeschreibung findet sich die Formulierung, dass von den betroffenen Grundeigentümern schriftliche Zustimmungserklärungen zum Projekt eingeholt und mit den Einreichunterlagen vorgelegt worden wären.

Diese enthalten ein Grundstücksverzeichnis mit einer Auflistung betroffener Grundstücke und deren Eigentümer („Grundbesitzer“), welcher die Formulierung vorangestellt ist, wonach die nachstehenden Grundeigentümer erklärten, vom Vorhaben in Kenntnis gesetzt worden zu sein „und grundsätzlich keine Einwände gegen die geplanten Maßnahmen, die Grundinanspruchnahme sowie die Grundbenützung während der Bauarbeiten“ zu erheben. Unter anderem sind dabei auch die Grundstücke Nr. ***, *** und *** sowie *** (ohne KG-Bezeichnung) des A, des nunmehrigen Beschwerdeführers, angeführt. In der Rubrik „Unterschrift“ findet sich hier der Namenszug des Beschwerdeführers mit dem handschriftlichen Vermerk „vorbehaltlich einer Detailvereinbarung“.

Der Bescheid enthält weder einen Ausspruch über die Einräumung von Zwangsrechten noch über die Beurkundung eines Übereinkommens. Einer von zwei als „Hinweis“ gekennzeichneten Punkten enthält die Wendung, dass Dienstbarkeiten, soweit sie für das Vorhaben erforderlich und nicht frei vereinbart worden sind, als eingeräumt gelten würden.

1.2. Der Bescheiderlassung war ein Ermittlungsverfahren vorausgegangen, in dessen Zuge die Bezirkshauptmannschaft Scheibbs (in der Folge: die belangte Behörde) am 17. Jänner 2019 eine mündliche Verhandlung durchführte, zu der unter Angabe des Verhandlungsgegenstandes auch der Beschwerdeführer persönlich geladen worden war. Dieser nahm gemäß vorliegender Niederschrift auch an der Verhandlung teil, ohne Einwendungen zu erheben. Auch schriftliche Einwendungen sind im Akt der belangten Behörde nicht protokolliert.

1.3. In seiner innerhalb der vierwöchigen Rechtsmittelfrist eingebrachten Beschwerde macht A im Wesentlichen geltend, dass seine (definitive) Zustimmung zur Inanspruchnahme seiner zur Projektsverwirklichung erforderlichen Grundstücke entgegen den Bescheidausführungen nicht vorläge, da bisher die vorbehaltene Detailvereinbarung aus nicht von ihm zu vertretenden Gründen nicht zustande gekommen sei. Das Projekt sei demnach gegenwärtig gar nicht realisierbar. Da die in seinem Eigentum stehenden Liegenschaften jedenfalls nicht gesichert zur Verfügung stünden, hätte die Behörde jegliche Bewilligung versagen müssen. Die dennoch erteilte wasserrechtliche Bewilligung verletze den Beschwerdeführer „in seinen Rechten“ und beruhe auf Verfahrensmängeln und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Nach Stellung verschiedener Beweisanträge einschließlich eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung begehrt der Beschwerdeführer die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass die Bewilligung versagt werde, in eventu die Aufhebung des Bescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde.

2. Erwägungen des Gerichts

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich bei seiner Entscheidung von folgenden Erwägungen leiten lassen:

2.1. Anzuwendende Rechtsvorschriften

WRG 1959

§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse
(§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.

(3) Inwiefern jedoch bestehende Rechte – abgesehen von den Bestimmungen des Abs. 4 des § 19 Abs. 1 und des § 40 Abs. 3 – durch Einräumung von Zwangsrechten beseitigt oder beschränkt werden können, richtet sich nach den Vorschriften des achten Abschnittes.

(4) Die mit einer geplanten Wasserbenutzungsanlage verbundene Änderung des Grundwasserstandes steht der Bewilligung nicht entgegen, wenn das betroffene Grundstück auf die bisher geübte Art benutzbar bleibt. Doch ist dem Grundeigentümer für die nach fachmännischer Voraussicht etwa eintretende Verschlechterung der Bodenbeschaffenheit eine angemessene Entschädigung (§ 117) zu leisten.

§ 41. (1) Zu allen Schutz- und Regulierungswasserbauten in öffentlichen Gewässern einschließlich der Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern nach dem Gesetze vom 30. Juni 1884, RGBl. Nr. 117, muß, sofern sie nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, vor ihrer Ausführung die Bewilligung der Wasserrechtsbehörde eingeholt werden.

(…)

(4) Schutz- und Regulierungswasserbauten einschließlich größerer Räumungsarbeiten sind so auszuführen, daß öffentliche Interessen nicht verletzt werden und eine Beeinträchtigung fremder Rechte vermieden wird. Die Bestimmungen des § 12 Abs. 3 und 4 finden sinngemäß Anwendung.

(…)

§ 60. (1) Zwangsrechte im Sinne dieses Abschnittes sind: (…)

c) die Enteignung (§§ 63 bis 70);

(…)

§ 63. Um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern, um ihren schädlichen Wirkungen zu begegnen, zur geordneten Beseitigung von Abwässern und zum Schutz der Gewässer kann die Wasserrechtsbehörde in dem Maße als erforderlich

(…)

b) für Wasserbauvorhaben, deren Errichtung, Erhaltung oder Betrieb im Vergleich zu den Nachteilen von Zwangsrechten überwiegende Vorteile im allgemeinen Interesse erwarten läßt, die notwendigen Dienstbarkeiten einräumen oder

entgegenstehende dingliche Rechte einschließlich Nutzungsrechte im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, einschränken oder aufheben, damit die genehmigte Anlage mit den zu ihr gehörigen Werken und Vorrichtungen hergestellt,

betrieben und erhalten sowie der Vorschreibung sonstiger Maßnahmen entsprochen werden kann;

(…)

§ 111. (1) Nach Beendigung aller erforderlichen Erhebungen und Verhandlungen hat die Wasserrechtsbehörde, wenn der Antrag nicht als unzulässig abzuweisen ist, über Umfang und Art des Vorhabens und die von ihm zu erfüllenden Auflagen zu erkennen. Der Ausspruch über die Notwendigkeit, den Gegenstand und Umfang von Zwangsrechten (§ 60) hat, wenn dies ohne Verzögerung der Entscheidung über das Vorhaben möglich ist, in demselben Bescheid, sonst mit gesondertem Bescheid zu erfolgen. Alle nach den Bestimmungen dieses Absatzes ergehenden Bescheide sind bei sonstiger Nichtigkeit schriftlich zu erlassen.

(…)

(3) Alle im Zuge eines wasserrechtlichen Verfahrens getroffenen Übereinkommen sind auf Antrag der Beteiligten mit Bescheid zu beurkunden. Bilden den Gegenstand des Übereinkommens Rechtsverhältnisse, zu deren Regelung im Entscheidungswege die Wasserrechtsbehörde in Ermangelung eines Übereinkommens zuständig gewesen wäre, findet bei Streitigkeiten über die Auslegung und Rechtswirkungen eines solchen Übereinkommens § 117 sinngemäß Anwendung.

(4) Hat sich im Verfahren ergeben, daß die bewilligte Anlage fremden Grund in einem für den Betroffenen unerheblichen Ausmaß in Anspruch nimmt, und ist weder vom Grundeigentümer eine Einwendung erhoben noch von diesem oder vom Bewilligungswerber ein Antrag auf ausdrückliche Einräumung einer Dienstbarkeit nach § 63 lit. b gestellt noch eine ausdrückliche Vereinbarung über die Einräumung einer solchen getroffen worden, so ist mit der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung die erforderliche Dienstbarkeit im Sinne des § 63 lit. b als eingeräumt anzusehen. Allfällige Entschädigungsansprüche aus diesem Grunde können in Ermangelung einer Übereinkunft binnen Jahresfrist nach Fertigstellung der Anlage geltend gemacht werden (§ 117).

(…)

AVG

§ 41. (1) Die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung hat durch persönliche Verständigung der bekannten Beteiligten zu erfolgen. Wenn noch andere Personen als Beteiligte in Betracht kommen, ist die Verhandlung überdies an der Amtstafel der Gemeinde, durch Verlautbarung in der für amtliche Kundmachungen der Behörde bestimmten Zeitung oder durch Verlautbarung im elektronischen Amtsblatt der Behörde kundzumachen.

(2) Die Verhandlung ist so anzuberaumen, dass die Teilnehmer rechtzeitig und vorbereitet erscheinen können. Die Verständigung (Kundmachung) über die Anberaumung der Verhandlung hat die für Ladungen vorgeschriebenen Angaben einschließlich des Hinweises auf die gemäß § 42 eintretenden Folgen zu enthalten. Sie kann unter Hinweis auf die gemäß § 39 Abs. 4 eintretenden Folgen die Aufforderung an die Parteien enthalten, binnen einer angemessenen, vier Wochen möglichst nicht übersteigenden Frist alle ihnen bekannten Tatsachen und Beweismittel geltend zu machen. Falls für Zwecke der Verhandlung Pläne oder sonstige Behelfe zur Einsicht der Beteiligten aufzulegen sind, ist dies bei der Anberaumung der Verhandlung unter Angabe von Zeit und Ort der Einsichtnahme bekanntzugeben.

§ 42. (1) Wurde eine mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in einer in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen besonderen Form kundgemacht, so hat dies zur Folge, dass eine Person ihre Stellung als Partei verliert, soweit sie nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung während der Amtsstunden bei der Behörde oder während der Verhandlung Einwendungen erhebt. Wenn die Verwaltungsvorschriften über die Form der Kundmachung nichts bestimmen, so tritt die im ersten Satz bezeichnete Rechtsfolge ein, wenn die mündliche Verhandlung gemäß § 41 Abs. 1 zweiter Satz und in geeigneter Form kundgemacht wurde.

(1a) Die Kundmachung im Internet unter der Adresse der Behörde gilt als geeignet, wenn sich aus einer dauerhaften Kundmachung an der Amtstafel der Behörde ergibt, dass solche Kundmachungen im Internet erfolgen können und unter welcher Adresse sie erfolgen. Sonstige Formen der Kundmachung sind geeignet, wenn sie sicherstellen, dass ein Beteiligter von der Verhandlung voraussichtlich Kenntnis erlangt.

(2) Wurde eine mündliche Verhandlung nicht gemäß Abs. 1 kundgemacht, so erstreckt sich die darin bezeichnete Rechtsfolge nur auf jene Beteiligten, die rechtzeitig die Verständigung von der Anberaumung der Verhandlung erhalten haben.

(…)

VwGVG

§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die

angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

(…)

(4) Soweit durch Bundes

- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

(…)

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.

(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, 2a, 2b, 4 und 5, § 30, § 38a Abs. 3 und § 50 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

VwGG

§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

(…)

B-VG

Artikel 133. (…)

(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(…)

2.2. Feststellungen und Beweiswürdigung

Der unter Punkt 1. beschriebene Sachverhalt ergibt sich aus den unbedenklichen Akten der Bezirkshauptmannschaft Scheibbs und ist unstrittig. Das Gericht kann ihn daher seiner Entscheidung zugrunde legen. Weiterer Sachverhaltsfeststellungen bedarf es, wie sich aus den nachfolgenden rechtlichen Erwägungen ergeben wird, nicht. Anzumerken ist, dass der Beschwerdeführer nicht behauptet, rechtzeitig Einwendungen gegen das Vorhaben erhoben zu haben. Etwas Anderes ergibt sich auch aus dem Akt nicht. Da die Zurückweisung der Beschwerde auch schon bei Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens ungeachtet der Präklusionfrage resultiert, kommt deren Beantwortung konkret keine entscheidende Bedeutung zu. Es stellte sich daher auch nicht die Frage, ob dem Beschwerdeführer, der sich übrigens selbst auf den Akteninhalt beruft (Beschwerde, Seite 3 oben), dieser in gegenständlichem Zusammenhang noch vorgehalten werden müsste.

2.3. Rechtliche Beurteilung

2.3.1. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde der Marktgemeinde *** eine wasserrechtliche Bewilligung für ein Hochwasserschutzvorhaben im Sinne des

§ 41 WRG 1959 erteilt, welches – auch nach den Behauptungen des Beschwerdeführers – mit der Inanspruchnahme von in seinem Eigentum stehenden Liegenschaften verbunden ist, ohne die es nicht realisiert werden kann. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer.

2.3.2. Wasserrechtliche Bewilligungen dürfen – unter dem Gesichtspunkt fremder Rechte – nur dann erteilt werden, wenn durch das Vorhaben die im Wasserrechtsverfahren geschützten fremden Rechte (§ 12 Abs. 2 WRG 1959) entweder von vornherein nicht berührt oder der betroffene Inhaber des Rechts dem Eingriff zustimmt oder entgegenstehende Rechte durch die Einräumung von Zwangsrechten überwunden werden können (vgl. VwGH 26.04.1968, 1834/67; 08.04.1997, 96/07/0195; 23.02.2012, 2008/07/0169; 08.07.2004, 2004/07/0002).

Ein die wasserrechtliche Bewilligung erteilender Bescheid ist jedenfalls objektiv rechtswidrig, wenn das Vorhaben die Benutzung fremder Grundstücke zur Anlagenerrichtung vorsieht und keine „Realisierungsvorsorge“ durch Sicherstellung der Ermöglichung der Inanspruchnahme dieser Grundstücke in Form eines Übereinkommens nach § 111 Abs. 3 WRG 1959 oder durch Einräumung (bzw. ausnahmsweise Vorbehalt der Einräumung) eines Zwangsrechts vorgenommen wird (vgl. VwGH 31.03.2005, 2004/07/0035). Im Falle der Inanspruchnahme in geringfügigem Ausmaß kommt die Anwendung des § 111 Abs. 4 WRG 1959 unter den dort genannten Bedingungen in Betracht.

Bei direkter Inanspruchnahme von Liegenschaften, von der gegenständlich auszu-gehen ist, stellt die Zustimmung des Grundeigentümers eine Bewilligungsvoraus-setzung dar (sofern nicht Zwangsrechte eingeräumt werden können), da das Vorhaben ansonsten nicht realisierbar ist und die Bewilligung im Widerspruch zum Ziel der sorgsamen Bewirtschaftung der Gewässer stünde (Oberleitner/Berger, WRG4, § 12 Rz 1). Erteilt die Wasserrechtsbehörde demgegenüber trotzdem die wasserrechtliche Bewilligung (also ohne Vorliegen der Zustimmung des Grundeigentümers bzw. ohne Einräumung eines Zwangsrechts), kann der Wasserberechtigte von seiner Genehmigung nicht Gebrauch machen. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl. OGH 13.05.1987, 1 Ob 5/87) begründet die bloße wasserrechtliche Bewilligung (ohne ein Zwangsrecht einzuräumen oder ohne Aufnahme einer gütlichen Vereinbarung in den Bescheid) nicht die Wirkung eines zivilrechtlichen Titels bzw. eines Zwangsrechts. Wenn der Bewilligungswerber es unterlässt, eine gütliche Übereinkunft in den Wasserrechts-bescheid aufnehmen zu lassen bzw. Zwangsrechte geltend zu machen, bietet ihm die wasserrechtliche Bewilligung somit keine Grundlage, gegen den Willen des Grundeigentümers dessen Liegenschaft zu benützen. Dementsprechend hat eine Inanspruchnahme fremden Grundes für eine Wasserbenutzungsanlage nur dann dingliche Wirkung, wenn ein Zwangsrecht begründet, eine gütliche Übereinkunft darüber in den wasserrechtsbehördlichen Bewilligungsbescheid aufgenommen oder eine vertraglich vereinbarte Dienstbarkeit ins Grundbuch eingetragen wurde (OGH 27.10.1999, 1 Ob 250/99t).

Schließlich bedürfte es der Bestimmungen über die Zwangsrechte, namentlich hinsichtlich der Begründung von Dienstbarkeiten oder Enteignung im Sinne des § 63 WRG 1959 nicht, wäre die bloße Erteilung der Bewilligung bereits mit der zivilrechtlichen Befugnis verbunden, die zur Verwirklichung des Vorhabens erforderlichen fremden Liegenschaften oder Anlagen auch gegen den Willen des daran dinglich Berechtigten in Anspruch zu nehmen.

2.3.3. Der Fall der direkten Inanspruchnahme fremder Grundstücke zur Errichtung der geplanten Anlagen – wie er auch hier gemäß den Beschwerdebehauptungen vorliegt – unterscheidet sich daher wesentlich von jenen Sachverhaltskonstellationen, in denen fremde Rechte durch die Auswirkungen eines Vorhabens betroffen sind, etwa die nachteilige Abfuhr von Hochwässern oder die Beeinflussung der Ausübung von bestehenden Wasserrechten, und die Anlagenerrichtung selbst unbeeinflussbar durch jene Berechtigte auf Liegenschaften erfolgt, die unstrittig dem Konsenswerber oder zustimmenden Dritten gehören.

Im vorliegenden Fall ist mit dem angefochtenen Bescheid unzweifelhaft weder ein Zwangsrecht eingeräumt (bzw. die Einräumung vorbehalten) noch ein gütliches Übereinkommen im Sinne des § 111 Abs. 3 WRG 1959 ausdrücklich beurkundet worden. Von der Frage der Beurkundung eines Übereinkommens ist jene zu unterscheiden, ob zwischen den Parteien ein beide Seiten bindender Vertrag zustande gekommen ist, der den zivilrechtlichen Titel für die Inanspruchnahme der Liegenschaft unabhängig vom Ausspruch der Wasserrechtsbehörde ermöglicht.

2.3.4. Dies bedeutet aber nach dem zuvor Gesagten, dass es die erteilte wasserrechtliche Bewilligung selbst der Marktgemeinde *** nicht erlaubt, auf die in Rede stehenden Grundstücke des Beschwerdeführers (gegen dessen erklärten Willen) zuzugreifen und dort die geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen zu setzen. Vielmehr ist sie im Nichteinigungsfall darauf verwiesen, allfällige Ansprüche aus einer (allenfalls behaupteten) zivilrechtlichen Vereinbarung vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen.

Auch die wohl mit Blick auf § 111 Abs. 4 WRG 1959 in den Bescheidspruch aufgenommene Formulierung, dass nicht ausdrücklich frei vereinbarte Dienstbarkeiten, die für das Vorhaben erforderlich sind, als eingeräumt gelten würden, ändert am Ergebnis nichts. Ein derartiger unbestimmter (und hier überdies als bloßer „Hinweis“ bezeichneter) „Abspruch“, der Ausmaß und Umfang einer Dienstbarkeit in keiner Weise konkretisiert, entfaltet keine normative Wirkung (VwGH 11.7.1996, 96/07/0063) und ist nicht geeignet, Rechte des Beschwerdeführers zu verletzen (vgl. VwGH 30.9.2010, 2008/07/0160); abgesehen davon, dass im Hinblick auf die Ausführungen am Ende der in den Spruch aufgenommenen Projektsbeschreibung (S 3), wonach die betroffenen Grundeigentümer dem Vorhaben zugestimmt hätten, ein das Grundeigentum des Beschwerdeführers bezüglicher Wille der Behörde in Richtung Einräumung einer Dienstbarkeit nicht anzunehmen ist. Dies beiseitegelassen, wäre auch in einem gesonderten Verfahren zur Konkretisierung einer solchen „kleinen Dienstbarkeit“ im Sinne des § 111 Abs. 4 WRG 1959 der Einwand des Nichtvorliegens der dafür erforderlichen Voraussetzungen zulässig (wiederum VwGH 30.9.2010, 2008/07/0160).

2.3.5. Da der angefochtene wasserrechtliche Bewilligungsbescheid in der vorliegenden Form unabhängig von der rechtlichen Qualifikation der Unterfertigung der eingangs zitierten Erklärung („grundsätzlich keine Einwände gegen die geplanten Maßnahmen, die Grundinanspruchnahme sowie die Grundbenützung während der Bauarbeiten“ zu erheben) nicht geeignet ist, die geltend gemachten Rechte des Beschwerdeführers (bei denen es sich dem Gesamtinhalt der Beschwerde zufolge nur um das Eigentumsrecht an Grundstücken handeln kann) zu verletzen, ist er durch den angefochtenen Bescheid auch nicht beschwert. Im Falle fehlender Beschwer mangelt es der Prozessvoraussetzung des Rechtsschutzinteresses, sodass eine dennoch erhobene Beschwerde zurückzuweisen ist (vgl. zB VwGH 24.4.2015, Ro 2014/17/0126 mit Verweis die Beschlüsse des VwGH vom 20.12.2013, 2013/02/0039, und vom 31.8.1995, 95/19/0212, betreffend die Unzulässigkeit einer Revision, was insoweit auch auf das verwaltungsgerichtliche Beschwerdeverfahren übertragbar ist).

Eine andere Sichtweise, nämlich die Annahme einer Rechtsverletzungsmöglichkeit und damit einer zulässigen Beschwerde, würde in weiterer Folge – auch wenn man im Übrigen das Vorbringen des Beschwerdeführers unterstellt – dazu führen, dass im vorliegenden Fall nicht von vornherein das Ansuchen abgewiesen werden dürfte, sondern das Vorliegen der Voraussetzungen für die Einräumung eines Zwangsrechtes geprüft werden und dieses zutreffendenfalls auch gleichzeitig mit Erteilung der Bewilligung begründet werden müsste. Der Beschwerdeführer wäre damit potentiell schlechter gestellt als bei Unterlassung der Einbringung des Rechtsmittels.

Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass nach herrschender Auffassung (vgl. Oberleitner/Berger, WRG4, § 111, Rz 10, und die dort zitierte Judikatur des

Verwaltungsgerichtshofes und des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich) eine Zwangsrechtseinräumung im Nachhinein nicht zulässig ist. Doch selbst wenn man gegenteilige Auffassung vertritt, würde der Beschwerdeführer nicht durch die Existenz der gegenständlichen wasserrechtlichen Bewilligung schlechter gestellt, da Maßstab für die Zwangsrechtseinräumung im Nachhinein kein anderer sein könnte als jener, der bei Einräumung uno actu mit der Erteilung der Bewilligung anzulegen ist.

Die Beschwerde des A war aus den genannten Gründen mit Beschluss zurückzuweisen.

Es brauchte daher nicht geprüft zu werden, ob der Beschwerdeführer durch Nichterhebung von Einwendungen spätestens bei der mündlichen Verhandlung präkludiert ist und sich die Präklusionsfolgen auch auf Fallkonstellationen wie gegenständlich, nämlich bei projektsgemäß vorgesehener direkter Inanspruchnahme fremder Liegenschaften, beziehen können.

2.3.6. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte trotz Parteiantrags aufgrund des Zutreffens der Voraussetzungen des § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden. Weder bedurfte es weiterer Sachverhaltsfeststellungen noch hängt diese Entscheidung von Fragen der Beweiswürdigung ab. Nach der Judikatur des EGMR erfordert insbesondere in Fällen, in denen nur Rechtsfragen und keine Fragen der Beweiswürdigung strittig sind, auch Art. 6 MRK nicht zwingend die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung (VwGH 29.06.2017, Ra 2017/06/0100). Auch bedingt eine bloß prozessuale Entscheidung grundsätzlich keine mündliche Verhandlung (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0056).

 

2.3.7. Zur Frage, ob ein Grundeigentümer, dessen Liegenschaft projektsgemäß durch ein Vorhaben in Anspruch genommen werden soll, in seinen Rechten verletzt wird, wenn die Wasserrechtsbehörde die beantragte Bewilligung (ohne Zwangsrechte einzuräumen oder einen Ausspruch im Sinne des § 111 Abs. 3 oder Abs. 4 WRG 1959 zu treffen) erteilt, ohne das Vorliegen einer endgültigen Einigung zwischen dem Bewilligungswerber und dem nicht ausdrücklich widersprechenden Grundeigentümer zu überprüfen bzw. zutreffend festzustellen, existiert nach Kenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich keine explizite Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Judikatur zu einer Fallkonstellation, wo die Wasserrechtsbehörde eine wasserrechtliche Bewilligung unter dem Vorbehalt des Erwerbs des notwendigen Rechts erteilt hat, erscheint mit der gegenständlichen Frage nicht von vornherein vergleichbar. Doch auch in diesem Zusammenhang ist die Judikatur widersprüchlich. Während im Erkenntnis vom 19.04.1994, 93/07/0174, eine Rechtsverletzungsmöglichkeit verneint worden ist, da von der Bewilligung nicht vor Erwerb der erforderlichen Rechte Gebrauch gemacht werden dürfte, wurde in der Entscheidung vom 09.11.2006, 2004/07/0031, eine solche Vorgangsweise für rechtswidrig erklärt. Freilich bedeutet eine objektive Rechtswidrigkeit nicht notwendigerweise die Verletzung subjektiver Rechte; aus der zuletzt genannten Entscheidung wird allerdings nicht deutlich, worin konkret die Rechtsverletzung gelegen sein soll. In der bereits zitierten Entscheidung vom 30.9.2010, 2008/07/0160, verneinte der VwGH die Rechtsverletzungsmöglichkeit im Zusammenhang mit dem Fehlen eines hinreichend konkreten Abspruches nach § 111 Abs. 4 WRG 1959; er verwies auf die Möglichkeit eines nachträglichen Duldungsbescheides (bei Zutreffen der Voraussetzung der genannten Bestimmung) und hielt fest, dass bei Nichtzutreffen der Wasserberechtigte das bewilligte Vorhaben nur verwirklichen könne, wenn ihm bescheidmäßig das erforderliche Zwangsrecht eingeräumt worden ist.

Nach Auffassung des Gerichts stellt sich hingegen bei der Lösung der gegenständlichen Rechtsfrage jene nach der (strittigen) Möglichkeit der Präklusion der Eigentümer von antragsgemäß direkt in Anspruch genommenen Grundstücken nicht: Die Behörde hat (auch wenn sich der Betroffene nicht ausdrücklich gegenteilig erklärt hat) zu prüfen, ob eine Zustimmung vorliegt. Ist dies der Fall, stehen fremde Rechte der Erteilung der Bewilligung nicht entgegen. Wird der Behörde gegenüber keine Zustimmungserklärung abgegeben bzw. vorgelegt, hat sie die Zulässigkeit der Einräumung von Zwangsrechten zu prüfen und bejahendenfalls die Genehmigung unter Einräumung des Zwangsrechtes zu erteilen, andernfalls zu versagen. Im Falle der Erlangung einer Zustimmung des Betroffenen liegt es allein beim Konsenswerber, dafür Sorge zu tragen, dass sich diese als tragfähig erweist, etwa durch Abschluss eines entsprechenden, zweckmäßigerweise im Bewilligungs-bescheid zu beurkundenden bindenden Vertrages. Versäumt er dies, treffen ihn die aus der oben wiedergegebenen Judikatur des OGH resultierenden Folgen.

Im Hinblick auf die obgenannte in der Rechtsprechung des VwGH nicht bzw. jedenfalls nicht völlig widerspruchsfrei beantwortete Rechtsfrage, welcher über den gegenständlichen Fall hinaus (zB zu einer vergleichbaren Fragestellung LVwG NÖ 11.10.2018, LVwG-AV-837/001-4-2018) Bedeutung zukommt und die daher grundsätzlicher Natur ist, ist die ordentliche Revision (Art. 133 Abs. 4 B-VG) gegen diesen Beschluss zulässig.

Schlagworte

Umweltrecht; Wasserrecht; wasserrechtliche Bewilligung; Schutzwasserbau; fremde Rechte; Grundeigentum; Präklusion; Zwangsrechte; Übereinkommen; Rechtsverletzungsmöglichkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.223.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2022
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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