TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/3 W122 2000462-2

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Veröffentlicht am 03.12.2018
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Entscheidungsdatum

03.12.2018

Norm

BDG 1979 §14 Abs1
BDG 1979 §14 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W122 2000462-2/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Vorsitzender und die fachkundigen Laienrichter Mag. Friedrich PAUL und Dr. Christian SINGER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Josef MILCHRAM, Dr. Anton EHM und Mag. Thomas MÖDLAGL in 1010 Wien, Singerstraße 12/9, gegen den Bescheid des Personalamtes Wien der Österreichischen Post AG, vom 16.07.2018, Zl. PAW-638072/12-AA15, in Angelegenheit einer Ruhestandsversetzung (von Amts wegen) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG in Verbindung mit § 14 BDG stattgegeben und der Bescheid ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Bereits mit (rechtswidrigem und in der Folge aufgehobenem) Bescheid des Personalamtes Wien der Österr. Post AG vom 22.05.2013, wurde der Beschwerdeführer von Amts wegen in den Ruhestand versetzt, da ihm überwiegendes Stehen nicht mehr möglich sei. Aufgrund eines Gutachtens von Dr. R.E. sei der Beschwerdeführer nicht in der Lage die Anforderungen des bisherigen Arbeitsplatzes zu erfüllen. Der Beschwerdeführer könne alle Verweisungsarbeitsplätze nicht ausüben. Eine Auflistung von Verweisungsarbeitsplätzen erfolgte nicht. Zum Parteiengehör vom 09.04.2013 sei keine Stellungnahme eingelangt. In der Bescheidbegründung hieß es wörtlich: "Nach dem vorliegenden Beweisergebnis sind Sie dauernd dienstunfähig. [...] Aufgrund der Stellungnahme des chefärztlichen Dienstes der Pensionsversicherungsanstalt vom 06.08.2012 sind Sie nicht dauernd dienstunfähig."

Am 12.06.2013 erhob der Beschwerdeführer dagegen Berufung [nunmehr:

Beschwerde]. Der Beschwerdeführer sei voll belastbar und lediglich auf einem von 17.000 Arbeitsplätzen nicht einsetzbar. Überwiegendes Stehen bzw. Gehen sei ihm nicht möglich. Bürotätigkeit würde seinem körperlichen Zustand entsprechen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2014 wurde dieser Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit an die Behörde zurückverwiesen. Begründend wurde im Wesentlichen angeführt, dass Feststellungen über die verrichteten Tätigkeiten unterblieben sind.

2. Mit dem nunmehr gegenständlichen Bescheid vom 16.07.2018 versetzte die belangte Behörde den Beschwerdeführer abermals in den Ruhestand. Feststellungen zu den Tätigkeiten wurden erneut nicht getroffen. Begründend angeführt wurde im Wesentlichen, dass der Beschwerdeführer nicht in der Lage wäre, höhere geistige Anforderungen zu erfüllen.

3. Mit Beschwerde vom 08.08.2018 beantragte der Beschwerdeführer vom Bundesverwaltungsgericht, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu diesen zu beheben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an die Behörde zurückzuverweisen, jedenfalls jedoch eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Begründend ausgeführt wurde im Wesentlichen, dass der Beschwerdeführer einerseits keine gröbere Einschränkung in seiner Mobilität hätte, bestimmte Tätigkeiten in Niederösterreich und Burgenland nicht geprüft worden wären, ein entsprechendes Anforderungsprofil von der belangten Behörde nicht übermittelt worden wäre und die Behörde nicht geprüft hätte, ob Arbeitsplätze die für den Beschwerdeführer in Frage kämen, frei wären bzw. in absehbarer Zeit frei werden würden. Zuletzt monierte der Beschwerdeführer eine Diskriminierung aufgrund seines Alters. Die österreichische Post AG würde sich eines teuren Mitarbeiters entledigen, der dann auf Kosten der Allgemeinheit in den Ruhestand versetzt werden würde.

4. Am 26.09.2018 fand in den Räumlichkeiten des Bundesverwaltungsgerichtes in Wien eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, bei der der Beschwerdeführer keinerlei geistige Einschränkungen zeigte. Die belangte Behörde wurde aufgefordert, Einsatzmöglichkeiten des Beschwerdeführers im Versetzungsbereich der obersten Dienstbehörde in der gesamten Verwendungsgruppe offenzulegen. Anforderungsprofile dieser Funktionen wurden offengelegt und dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt. Dieser monierte, dass lediglich Arbeitsplätze von Beamten und nicht vom gesamten Unternehmensbereich angeführt wurden sowie, dass Feststellungen hinsichtlich der Tätigkeiten nicht angeführt seien.

In nicht-öffentlicher Sitzung vom 30.11.2018 wurde der oben angeführte Beschluss gefasst.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Seit der Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid gilt der Beschwerdeführer als beurlaubt.

Der ihm zuletzt zugewiesene Arbeitsplatz des Leiters eines Postamtes II/4a beinhaltet überwiegend stehende Tätigkeiten und fallweise schwere Hebe- und Trageleistungen und entspricht der Verwendungsgruppe PT 3, Dienstzulagengruppe 3. In diese wurde der Beschwerdeführer ernannt. Aufgrund von Abnützungserscheinungen an beiden Kniegelenken mit Zustand nach Kniegelenksspiegelung und Nervenendschädigungen an beiden unteren Extremitäten ist der Beschwerdeführer nicht mehr in der Lage, schwer zu heben (Anheben über 25 kg) und zu tragen (über 15 kg). Weitere Krankheiten, bei denen eine leistungskalkülrelevante Besserung nicht auszuschließen ist, sind: Rezidivfreier Zustand nach semicastratio links, wegen bösartigem Tumor im Jahr 2011 mit nachfolgender Chemotherapie, Zustand nach Anpassungsstörung, Schuppenflechte, derzeit euthyreote (normale Funktion aufweisende) Hyperthyreose bei Morbus Basedow.

Er ist in der Lage folgende Anforderungen zu erfüllen:

Ständig sitzende Tätigkeiten, fallweise stehende und gehende Tätigkeiten, ständig leichte körperliche Belastbarkeit, überwiegend mittlere körperliche Belastbarkeit, keine schwere körperliche Belastbarkeit, ständig in geschlossenen Räumen, im Freien oder unter starker Lärmeinwirkung arbeitend, fallweise Lenken eines Kfz, keine höhenexponierte Tätigkeiten, fallweise allgemein exponierte Tätigkeiten, überwiegend leichte oder mittelschwere hebe und Trageleistungen, keine schweren hebe und Trageleistungen, überwiegend über Kopf, vorgebeugt oder gebückte Zwangshaltungen, fallweise kniender Zwangshaltungen, keine hockende oder anderen Zwangshaltungen, überwiegend Exposition von Kälte, Nässe, Hits oder Staub, Feinarbeiten, Grobarbeiten, Fingerfertigkeit ohne Einschränkungen, Gebrauchshand rechts ohne Einschränkungen, bildschirmunterstützte Arbeitsplatz, eine Bildschirmarbeit, Schichtarbeit, Kundenkontakt, keine Nachtarbeit, fallweise besonderer Zeitdruck, durchschnittliche psychische Belastbarkeit (im Sinne von mehr als gering und weniger als überdurchschnittlich sowie außergewöhnlich), mäßig schwieriges geistiges Leistungsvermögen. Dem Beschwerdeführer ist ein Anmarschweg von mindestens 500 m ohne Pausen möglich und übliche Arbeitspausen sind ausreichend.

Der Beschwerdeführer ist in der Lage, Arbeitsplätze der Verwendungsgruppe PT 3 auszuüben, die im Zuständigkeitsbereich der obersten Dienstbehörde eingerichtet sind. Dazu zählen beispielsweise die Anforderungen eines Unfallbearbeiters oder Disponenten (beide Dienstzulagengruppe 1), denn dabei fallen keine schweren oder mittelschweren Hebe- und Trageleistungen an. Auch dem bei einem Unfallbearbeiter vorkommenden überdurchschnittlichen Zeitdruck hält der Beschwerdeführer Stand. Hinsichtlich des geistigen Leistungsvermögens erfordern diese beiden Tätigkeiten verantwortungsvolle bzw. sehr verantwortungsvolle Ansprüche. Das geistige Leistungsvermögen, die psychische Belastbarkeit und das zumutbare Arbeitstempo ist durch die Krankheiten des Beschwerdeführers nicht reduziert worden. Auch die Arbeitsplätze eines Betriebsmanagers und eines Mitarbeiters im administrativen Dienst haben keine höheren Anforderungen, die der Beschwerdeführer nicht in der Lage wäre zu erfüllen.

Eine Auflistung von in der Dienstzulagengruppe, nicht jedoch in der Verwendungsgruppe eingerichteten Arbeitsplätzen (samt Dienstort und Alter des Arbeitsplatzinhabers) wurde von der belangten Behörde vorgelegt. Es wurde nicht erhoben, auf welchen freien, örtlich determinierten Arbeitsplatz der Beschwerdeführer versetzt werden hätte können.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten, insbesondere aus den ärztlichen Gutachten und den übermittelten Anforderungsprofilen. Die oben angeführten Feststellungen zu Gunsten des Beschwerdeführers konnten bereits getroffen werden, ohne die konkreten Tätigkeiten auf den anhand der Funktionsbezeichnung und der Anforderungsprofile beschriebenen Arbeitsplätzen im Detail analysiert zu haben. Die vorgelegten Anforderungsprofile waren für die vom Bundesverwaltungsgericht getroffenen Feststellungen hinreichend aussagekräftig. Das von der belangten Behörde in der Erledigung vom 10.10.2018 angeführte Mangel des verantwortungsvollen geistigen Leistungsvermögens, sehr guter Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit und Arbeiten unter überdurchschnittlichem Zeitdruck, war durch das ärztliche Gesamtgutachten über das Leistungskalkül des Beschwerdeführers nicht zu bestätigen. Die dem Beschwerdeführer vorzuhaltenden nicht besserungsfähigen Hauptleiden sind nicht geistigen Ursprungs und haben keinerlei Zusammenhang mit den ihm vorgeworfenen Defiziten. Die Anpassungsstörung des Beschwerdeführers wurde im Gutachten als remittiert bewertet und konnte nicht zu geistigen Einschränkungen führen. Dabei ist es nicht von Belang, dass der Neurologe die Kategorien der psychischen Belastbarkeit und des geistigen Leistungsvermögens nicht beurteilt hat. Die Feststellungen der Oberbegutachterin im Gesamtrestleistungskalkül waren eindeutig, um die ausreichende (im Vergleich zu den bisherigen Tätigkeiten des Beschwerdeführers uneingeschränkte) geistige Leistungsfähigkeit für die Verwendung in der Verwendungsgruppe PT 3 zu beurteilen. Die körperliche Reduktion des Beschwerdeführers hinsichtlich schwerer körperlicher Belastungen, aber auch die Irrelevanz dieser Einschränkung für mehrere Tätigkeiten in der Verwendungsgruppe PT3 war unstrittig.

Dass es die Behörde abermals unterlassen hat, Tätigkeiten zu den bezeichneten Funktionen und Anforderungsprofilen zu beschreiben, konnte aufgrund ausreichender Schlüsse aus den Anforderungen im Sinne des Beschwerdeführers dahingestellt bleiben.

Die gegenständlichen Arbeitsplätze sind dem erkennenden Senat in ihren Grundzügen bekannt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt aufgrund der Angelegenheit einer von Amts wegen durchgeführten Ruhestandsversetzung gemäß § 135a Abs. 2 BDG 1979 Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A)

§ 14 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 - BDG 1979, BGBl. Nr. 333/1979 idgF, lautet auszugsweise:

"Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit

§ 14. (1) Die Beamtin oder der Beamte ist von Amts wegen oder auf ihren oder seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie oder er dauernd dienstunfähig ist.

(2) Die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig, wenn sie oder er infolge ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung ihre oder seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihr oder ihm im Wirkungsbereich ihrer oder seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben sie oder er nach ihrer oder seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihr oder ihm mit Rücksicht auf ihre oder seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

(3) Soweit die Beurteilung eines Rechtsbegriffes im Abs. 1 oder 2 von der Beantwortung von Fragen abhängt, die in das Gebiet ärztlichen oder berufskundlichen Fachwissens fallen, ist von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter - ausgenommen für die gemäß § 17 Abs. 1a des Poststrukturgesetzes (PTSG), BGBl. Nr. 201/1996, den dort angeführten Unternehmen zugewiesenen Beamtinnen und Beamten - Befund und Gutachten einzuholen. Für die gemäß § 17 Abs. 1a PTSG zugewiesenen Beamtinnen und Beamten ist dafür die Pensionsversicherungsanstalt zuständig.

(4) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid rechtskräftig wird, wirksam.

(5) Die Ruhestandsversetzung tritt nicht ein, wenn der Beamtin oder dem Beamten spätestens mit dem Tag vor ihrer Wirksamkeit mit ihrer oder seiner Zustimmung für die Dauer von längstens zwölf Monaten vorübergehend ein anderer Arbeitsplatz zugewiesen wird, dessen Anforderungen sie oder er zu erfüllen imstande ist. Mehrere aufeinander folgende Zuweisungen sind zulässig, sofern sie insgesamt die Dauer von zwölf Monaten nicht überschreiten. Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesem Fall wirksam, wenn

1. die Beamtin oder der Beamte nach einer vorübergehenden Zuweisung einer weiteren Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes nicht zustimmt oder

2. die vorübergehende Verwendung auf einem neuen Arbeitsplatz ohne weitere Zuweisung oder vorzeitig beendet wird oder

3. die Beamtin oder der Beamte der dauernden Zuweisung eines neuen Arbeitsplatzes spätestens nach Ablauf des zwölften Monats nach der erstmaligen Zuweisung nicht zustimmt.

Die Versetzung in den Ruhestand wird in diesen Fällen mit dem Monatsletzten nach Ablauf der jeweiligen vorübergehenden Verwendung wirksam.

(6) ...

(7) Solange über eine zulässige und rechtzeitige Beschwerde gegen eine Versetzung in den Ruhestand nicht entschieden ist, gilt der Beamte als beurlaubt. Die Beurlaubung endet mit dem Antritt einer neuen Verwendung gemäß Abs. 5.

(8) ..."

3.2. Ist die Dienstfähigkeit, bezogen auf den bisher innegehabten Arbeitsplatz nicht mehr gegeben, so ist weiters im Rahmen einer Sekundärprüfung ausgehend von der verbliebenen Restarbeitsfähigkeit zu prüfen, ob dem Beamten kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben der Beamte noch erfüllen kann und dessen Ausübung ihm im Hinblick auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zumutbar ist (VwGH 30.09.1996, ZI. 95/12/0154).

Im Rahmen der Sekundärprüfung spielt unter anderem die gesundheitliche Verfassung des Beamten und die Gleichwertigkeit des Verweisungsarbeitsplatzes eine Rolle. Dabei sind grundsätzlich alle Tätigkeiten der betreffenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der jeweiligen obersten Dienstbehörde anzuführen und anzugeben, ob der Beamte auf Grund der festgestellten Restarbeitsfähigkeit imstande ist, diese Tätigkeiten auszuüben, wobei es vorerst nicht darauf ankommt, ob diese Arbeitsplätze frei sind (Prüfung der Verweisungstauglichkeit VwGH 13.03.2002, ZI. 2001/12/0138).

"Bei der Prüfung der Gleichwertigkeit ist von jener Verwendungsgruppe auszugehen, in die der Beamte ernannt worden ist. Dabei sind alle Tätigkeiten der betreffenden Verwendungsgruppe und deren Anforderungen in physischer und psychischer Hinsicht im Wirkungsbereich der jeweiligen obersten Dienstbehörde anzuführen und anzugeben, ob der Beamte auf Grund der festgestellten Restarbeitsfähigkeit im Stande ist, diese Tätigkeiten auszuüben (vgl. zu allem z.B. das Erkenntnis vom 10.09.2009, Zl. 2008/12/0230, mzwN)." (Verwaltungsgerichtshof 30.06.2010, 2006/12/0209)

Von dieser Verpflichtung könnte die Dienstbehörde nur dann entbunden sein, wenn entweder überhaupt keine Restarbeitsfähigkeit des Beamten besteht oder dargelegt wird, dass überhaupt keine Arbeitsplätze seiner Verwendungsgruppe frei sind, bzw., dass sämtliche freien Arbeitsplätze seiner Verwendungsgruppe der bisherigen Verwendung nicht gleichwertig oder aber nicht im Sinne des § 14 Abs. 2 BDG 1979 zumutbar sind (VwGH 30.05.2011, Zl. 2010/12/0136, mwN).

Fallbezogen ist zu überprüfen, ob die belangte Behörde zu Recht von der dauernden Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers auf seinem zuletzt zugewiesenen Arbeitsplatz ausgegangen ist, sowie ob aufgrund des Restarbeitsfähigkeits-Kalküls Verweisungsarbeitsplätze im Wirkungsbereich der obersten Dienstbehörde zur Verfügung stehen, zu deren Erfüllung der Beschwerdeführer imstande ist.

Unter Hinweis auf die oben zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes ist die Sekundärprüfung weder auf Arbeitsplätze, die von Beamten ausgeübt werden, noch auf die Dienstzulagengruppe zu beschränken.

Die Unmöglichkeit, seinen bisherigen Arbeitsplatz auszufüllen, stand außer Streit, da der Beschwerdeführer nicht mehr schwer heben und tragen darf. Gegenständlich war jedoch strittig, wie weit die Sekundärprüfung zu gehen hat. Die Behörde ging davon aus, dass bei der Sekundärprüfung lediglich die Dienstzulagengruppe heranzuziehen ist und führte erst im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht die Verwendungen in der gesamten Verwendungsgruppe an. Anhand der vorgelegten Anforderungsprofile und der ärztlichen Beurteilungen konnte auch ohne genaue Beschreibung der Tätigkeiten festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in der Lage ist die Anforderungen von mehreren Arbeitsplätzen seiner Verwendungsgruppe zu erfüllen - auch wenn abermals eine Zurückverweisung mangels Tätigkeitsbeschreibungen rechtfertigbar gewesen wäre.

Für die Qualifizierung der amtswegigen Ruhestandsversetzung als rechtswidrig genügte es, festzustellen, dass dem Beschwerdeführer innerhalb der Verwendungsgruppe Alternativverwendungen zugewiesen werden könnten, die er ausüben kann und die Behörde dies - aufgrund des dem Beschwerdeführer zumutbaren Leistungskalküls - falsch beurteilt hat. Ein bestimmter freier oder in absehbarer Zeit freiwerdender Arbeitsplatz musste durch das erkennende Verwaltungsgericht dafür nicht gesucht werden.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil die gegenständliche Entscheidung in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In den Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.06.2014, 2010/12/0209 und vom 15.12.2010, 2009/12/0196 wurde zwar die Dienstzulagengruppe nicht als relevante Maßstab der Sekundärprüfung bezeichnet, aber deren Heranziehung im Zuge der Sekundärprüfung als ausreichend beurteilt. Dies lässt die von der belangten Behörde gewählte Argumentation der Beschränkung der Sekundärprüfung auf die Dienstzulagengruppe nicht gänzlich unbegründet erscheinen, widerspricht aber der wiederholt klar zum Ausdruck gebrachten oben angeführten Judikaturlinie wonach im Zuge der Sekundärprüfung nach verneinter Dienstfähigkeit am zuletzt zugewiesenen Arbeitsplatz die Verwendungsgruppe ausschlaggebend für die Suche von Alternativarbeitsplätzen ist. Während der Verwaltungsgerichtshof am 15.12.2010, 2009/12/0196 erwog: "Es sei wohl undenkbar, dass im gesamten Postbereich keine Verweisungsarbeitsplätze existierten, wie dies von der belangten Behörde ohne Begründung und inhaltsleer behauptet werde. Dieser Vorwurf geht am Prüfungsgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, nämlich am angefochtenen Bescheid, insofern vorbei, als die belangte Behörde dort davon ausgeht, dass es im Bereich der Dienstbehörde (d.h. des Regionalzentrums Innsbruck) derzeit nur die Tätigkeit Code 0810 Verteildienst bei automatischen Verteilanlagen und Beutelhängebahnen (Codierarbeitsplätze) als gleichwertige Tätigkeit der Verwendungsgruppe PT 8, Dienstzulagengruppe B, gebe. Jedoch könne der Beschwerdeführer auf Grund seines Gesundheitszustandes (insbesondere hinsichtlich Hebe- und Trageleistung sowie Zeitdruck) auch diesen Arbeitsplatz nicht mehr besorgen. Entgegen der Ansicht der Beschwerde kann somit nicht davon gesprochen werden, dass die belangte Behörde ohne nachvollziehbare Begründung von einer mangelnden Verfügbarkeit gleichwertiger Verweisungsarbeitsplätze ausgeht. Dass die von der belangten Behörde konkret zu Grunde gelegten Verweisungsarbeitsplätze, insbesondere aber die Nichterfüllung der dortigen Anforderungen durch das eingeschränkte Leistungskalkül des Beschwerdeführers, unzutreffend wären, behauptet die Beschwerde nicht einmal." erwog der Verwaltungsgerichtshof (ebenfalls zu einem Fall der Besoldungsgruppe PT) am 23.11.2011, 2011/12/0050: "Im Übrigen ist der Beschwerdeführer aber in diesem Zusammenhang auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach die Verwendungsgruppe, in die der Beamte ernannt ist, jedenfalls die Grenze der Verweisungsmöglichkeit darstellt (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 16. Dezember 1998, Zl. 97/12/0172 = VwSlg. 15.045 A/1998, vom 20. Jänner 1999, Zl. 98/12/0397, und vom 20. Februar 2002, Zl. 2001/12/0237)."

Zusammengefasst ist die Frage nach "mindestens gleichwertigen Arbeitsplätzen" (§ 14 Abs. 2 BDG 1979) nach Ansicht des erkennenden Senats nicht eindeutig geklärt, wonach die Sekundärprüfung anhand des dienstrechtlich zuletzt auf Dauer zugewiesenen Arbeitsplatzes bzw. der bescheidmäßig verliehenen Planstelle samt all ihrer Determinanten (Besoldungs-, Verwendungs-, und Dienstzulagen- oder Funktionsgruppe) oder nur anhand einzelner Determinanten (Besoldungs- und Verwendungsgruppe) durchzuführen wäre.

Schlagworte

Begründungsmangel, dauernde Dienstunfähigkeit, Dienstzulagengruppe,
ersatzlose Behebung, Gesundheitszustand, Gleichwertigkeit,
Leistungskalkül, Österreichische Post AG, Restarbeitsfähigkeit,
Ruhestandsversetzung, Sekundärprüfung, Verweisungsarbeitsplatz,
Verwendungsgruppe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W122.2000462.2.00

Zuletzt aktualisiert am

11.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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