TE Bvwg Beschluss 2019/1/2 W123 2211644-1

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Veröffentlicht am 02.01.2019
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Entscheidungsdatum

02.01.2019

Norm

BVergG 2006 §12 Abs1 Z2
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §3 Abs1 Z2
BVergG 2006 §329 Abs1
BVergG 2006 §6
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §351 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
B-VG Art.133 Abs9
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W123 2211644-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Michael ETLINGER über den Antrag der XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch Huber Berchtold Rechtsanwälte OG, Getreidemarkt 14, 1010 Wien, betreffend das Vergabeverfahren "4040 Linz, Johannes Kepler Universität Linz, Neubau Science Park Bauteil 4+5 Leistung der Fachbauaufsicht TGA (HKLS Inkl. MSR/GLT, ET und FT)", des Auftraggebers Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. (BIG), Trabrennstraße 2c, 1020 Wien, vom 21.12.2018, beschlossen:

A)

Dem Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge eine einstweilige Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen, mit der im antragsgegenständlichen Vergabeverfahren "4040 Linz, Johannes Kepler Universität Linz, Neubau Science Park Bauteil 4+5 Leistung der Fachbauaufsicht TGA (HKLS Inkl. MSR/GLT, ET und FT)" der Auftraggeberin untersagt wird, den Zuschlag zu erteilen, wird gemäß §§ 350 Abs. 1, 351 Abs. 1, 3 und 4 BVergG 2018 stattgegeben.

Der Auftraggeberin ist für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens untersagt, den Zuschlag zu erteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 21.12.2018 stellte die Antragstellerin das im Spruch ersichtliche Begehren in Verbindung mit einem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung der Auftraggeberin vom 11.12.2018 zugunsten der Bietergemeinschaft " XXXX ". Zur Begründung der Rechtswidrigkeit der Zuschlagsentscheidung brachte sie im Wesentlichen vor, dass der Angebotspreis der präsumtiven Zuschlagsempfänger betriebswirtschaftlich nicht erklär- und nachvollziehbar sei. Die Auftraggeberin hätte demzufolge eine vertiefte Angebotsprüfung durchführen müssen, deren Ergebnis ein verpflichtendes Ausscheiden des Angebotes der präsumtiven Zuschlagsempfänger gebracht hätte. Ferner sei die Zuschlagsentscheidung rechtswidrig, da der Zuschlag nunmehr auf eine nachträglich geänderte Bietergemeinschaft laute. Schließlich brachte die Antragstellerin einen Verstoß gegen das Berufsrecht bei den präsumtiven Zuschlagsempfängern vor.

2. Am 28.12.2018 erteilte die Auftraggeberin zunächst allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Inhaltlich brachte die Auftraggeberin vor, dass die vertiefte Angebotsprüfung ergeben habe, dass das Angebot der Antragstellerin auszuscheiden wäre, da die Antragstellerin den Personaleinsatzplan nicht abgegeben habe, womit aber ein unbehebbarer Mangel vorliege. Die Ausscheidung des Angebotes habe jedoch unterbleiben können, weil die Antragstellerin ohnehin keine Chance auf die Zuschlagserteilung habe. Aufgrund des eigenen ausschreibungswidrigen Angebots mangle es der Antragstellerin aber an der Antragslegitimation im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren gegen die bekämpfte Zuschlagsentscheidung. Weitere Gründen gegen die beantragte einstweilige Verfügung brachte die Auftraggeberin nicht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu Spruchpunkt A)

Maßgebliche Rechtslage

Am 21. August 2018 trat das BVergG 2018 nach seinem § 376 Abs. 1 in Kraft und das BVergG 2006 zu diesem Zeitpunkt außer Kraft.

Nach § 376 Abs. 4 BVergG 2018 sind Vergabeverfahren, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des BVergG 2018 eingeleitet waren, nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Da das gegenständliche Vergabeverfahren am 05.06.2018 eingeleitet wurde, ist es nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage, dem BVergG 2006, zu Ende zu führen und zu beurteilen.

Nach § 376 Abs. 4 BVergG 2018 sind Nachprüfungsverfahren, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des BVergG 2018 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig waren, nach der nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen. Da das gegenständliche Nachprüfungsverfahren nach diesem Zeitpunkt eingeleitet wurde, ist es nach der Rechtslage des BVergG 2018 zu führen.

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes und Zulässigkeit des Antrages

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs. 1 BVergG 2018 ist im Anwendungsbereich des BVergG 2018 grundsätzlich die Entscheidung durch Senate vorgesehen. Insbesondere sind einstweilige Verfügungen davon ausgenommen. Die Entscheidung ist daher durch einen Einzelrichter zu treffen.

Auftraggeber iSd § 2 Z 8 BVergG 2006 ist die Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. (BIG). Die BIG ist öffentlicher Auftraggeber gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006. Beim gegenständlichen Auftrag handelt es sich um einen Dienstleistungsauftrag gemäß § 6 BVergG 2006. Nach den Angaben der BIG beträgt der geschätzte Gesamtauftragswert EUR 275.800,00 sodass es sich gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 um ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich handelt.

Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs. 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen der Auftraggeberin und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 350 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen.

Im Ergebnis ist daher davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs. 2 BVergG 2018 vorliegen. Die Pauschalgebühr wurde bezahlt.

Inhaltliche Beurteilung des Antrages

Gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 351 Abs. 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 351 Abs. 3 BVergG 2018 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Gemäß § 351 Abs. 4 BVergG 2018 ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

Im Rahmen der Interessenabwägung nach § 351 Abs. 1 BVergG 2018 sowie auch in Hinblick auf die zu verfügende einstweilige Maßnahme ist zunächst darauf Bedacht zu nehmen, dass von Seiten der Auftraggeberin beabsichtigt ist, den Zuschlag an die Bietergemeinschaft Bietergemeinschaft " XXXX " zu erteilen, dieser Umstand jedoch bei Zutreffen der Behauptungen der Antragstellerin rechtswidrig wäre. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragstellerin selbst für den Zuschlag in Betracht kommen würde, wodurch ihr aufgrund der behaupteten Rechtswidrigkeiten der Entgang des Auftrages mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht. Diese Nachteile können aber nur durch vorläufiges Untersagen der Zuschlagserteilung abgewendet werden, da der möglicherweise bestehende Anspruch auf Zuschlagserteilung nur wirksam gesichert werden kann, wenn das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache durch das Bundesverwaltungsgericht in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige spätere Zuschlagserteilung an die Antragstellerin ermöglicht (zB BVA 18.01.2012, N/0004-BVA/10/2012-EV19).

Bei der Interessenabwägung ist schließlich auf die allgemeinen Interessen und Grundsätze Rücksicht zu nehmen, dass der Auftraggeber bei seiner zeitlichen Planung des Beschaffungsvorganges die Dauer eines allfälligen Rechtsschutzverfahrens mit einzukalkulieren hat (zB BVA 14.05.2010, N/0038-BVA/10/2010-EV19), dass das öffentliche Interesse an der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter zu berücksichtigen ist (grundlegend VfGH 01.08.2002, B 1194/02) und schließlich dass gemäß § 329 Abs. 1 BVergG 2006 von der Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur dann abzusehen ist, wenn die Interessenabwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen ergibt (zB BVA 05.02.2010, N/0007-BVA/10/2010-EV12). Ein solches ist für das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht zu erkennen, zumal auch die Auftraggeberin kein besonderes öffentliches Interesse an einer unverzüglichen Zuschlagserteilung behauptet hat.

Zwar hat die Auftraggeberin den Antrag gestellt, die einstweilige Verfügung - wegen eines zwingenden Ausscheidenstatbestandes beim Angebot der Antragstellerin - ab- bzw. zurückzuweisen, jedoch ist dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund der kurz bemessenen Entscheidungsfrist (vgl. § 352 Abs. 2 BVergG 2018) eine abschließende Überprüfung dieser Vorfrage nicht möglich. Der Antragstellerin muss daher im Hauptverfahren die Möglichkeit eingeräumt werden, sich zum Vorwurf der mangelnden Antragslegitimation zu äußern.

Stellt man daher im vorliegenden Fall die Interessen der Antragstellerin den öffentlichen Interessen sowie den Interessen der Auftraggeberin gegenüber, ergibt sich, dass im gegenständlichen Fall vom grundsätzlichen Überwiegen der für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen auszugehen ist. Dem Zweck des einstweiligen Rechtsschutzes, nämlich der Ermöglichung der Teilnahme an einem rechtskonformen Vergabeverfahren und einer Auftragserteilung an die allenfalls obsiegende Antragstellerin, ist durch eine entsprechende Maßnahme Genüge zu leisten.

Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach Art. 133 Abs. 9 iVm Abs. 4 B-VG ist gegen einen Beschluss des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu VwGH 06.11.2002, 2002/04/0138; 30.06.2004, 2004/04/0028; 01.02.2005, 2005/04/0004; 29.06.2005, 2005/04/0024; 01.03.2007, 2005/04/0239; 27.06.2007, 2005/04/0254; 29.02.2008, 2008/04/0019; 14.01.2009, 2008/04/0143; 14.04.2011, 2008/04/0065; 29.09.2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Antragslegimitation, Ausscheiden eines Angebotes,
Ausscheidensentscheidung, Dauer der Maßnahme,
Dienstleistungsauftrag, einstweilige Verfügung, Interessenabwägung,
Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren, öffentliche Interessen,
öffentlicher Auftraggeber, Provisorialverfahren, Schaden,
Untersagung der Zuschlagserteilung, Vergabeverfahren, vertiefte
Angebotsprüfung, Zuschlagsverbot für die Dauer des
Nachprüfungsverfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2019:W123.2211644.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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