TE Vwgh Erkenntnis 2014/9/10 2012/08/0239

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Veröffentlicht am 10.09.2014
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Index

E3R E05204020;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

32004R0883 Koordinierung Soziale Sicherheit Art61 Abs2;
32004R0883 Koordinierung Soziale Sicherheit Art62 Abs1;
32004R0883 Koordinierung Soziale Sicherheit Art62 Abs2;
32004R0883 Koordinierung Soziale Sicherheit Art62;
32004R0883 Koordinierung Soziale Sicherheit Art65 Abs2;
32004R0883 Koordinierung Soziale Sicherheit Art65 Abs5 lita;
AlVG 1977 §21 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der Mag. E S in I, vertreten durch Dr. Harald Burmann, Dr. Peter Wallnöfer und Dr. Roman Bacher, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Meraner Straße 1, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol vom 14. September 2012, Zl. LGSTi/IV/0566/30 10 77-702/2012-R, betreffend Höhe des Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Die Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin gemäß § 20 iVm § 21 AlVG ab dem 1. Juni 2012 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich EUR 1,72 gebührt.

Die Beschwerdeführerin sei mit H. S. verheiratet und lebe mit diesem in einem Haushalt. Sie habe auf Grund ihres Antrags bei erstmaliger Erfüllung der Anwartschaft vom 1. Oktober 2003 erstmals vom 29. Oktober bis 30. November 2003 Arbeitslosengeld bezogen.

In weiterer Folge sei sie in Österreich vom 1. Dezember 2003 bis 31. März 2005 beim Tourismusverband S., vom 1. Februar 2010 bis 28. Februar 2010 bei der Gesellschaft für P. und vom 17. August 2011 bis 31. Mai 2012 als Psychologin bei der T. Landeskrankenanstalten GmbH arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Dazu seien in Österreich ab 2005 folgende Jahresbeitragsgrundlagen gespeichert:

     Jahr        Betrag        Sonderzahlung        Tage

mtl. Bemessungsgrundlage

     2005        EUR        2.712,69        EUR        452,12

  90        EUR        1.054,94

     2010        EUR        70,00        EUR        10,72

28        EUR        86,49

     2011        EUR        11.741,01        EUR        1.984,09

     137        EUR        3.005,50

Bei der Beschäftigung vom 1. Februar bis zum 28. Februar 2010 habe es sich um ein Praktikum bei der der Gesellschaft für P. iSd § 4 Abs. 1 Z 4 ASVG gehandelt, das die Beschwerdeführerin auf Grund ihrer Ausbildung als Psychologin gegen eine Praktikumsentschädigung von EUR 70,-- absolviert habe. Der Urlaubszuschuss habe EUR 5,36, die Weihnachtsremuneration EUR 5,36 betragen, sodass sich insgesamt ein Anspruch von EUR 80,72 ergebe. Nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 11,39 gebühre ihr ein Nettobetrag in Höhe von EUR 69,12.

Die Beschwerdeführerin sei auch in Deutschland beschäftigt gewesen, und zwar vom 1. April bis 20. Juli 2010 als Diplompsychologin bei R. und vom 1. August 2010 bis 30. Juni 2011 als Diplompsychologin bei G. Nach der im Akt befindlichen Bestätigung für "Zeiten, die für die Gewährung von Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen sind" nach den VO (EG) Nr. 883/2004 und Nr. 987/2009 vom 23. August 2011, ausgestellt von der Agentur für Arbeit in Kempten, betrage das Einkommen der Beschwerdeführerin aus der Beschäftigung vom 1. April bis 20. Juli 2010 brutto EUR 2.733,87 und aus der Beschäftigung vom 1. August 2010 bis 30. Juni 2011 (brutto) EUR 41.115,98.

Die Beschwerdeführerin habe am 1. Juli 2011 bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck (AMS) den zweiten Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld gestellt. Auch bei dieser Antragstellung habe sie (durch die Beschäftigungen vom 1. Dezember 2003 bis 31. März 2005 beim Tourismusverband Stubai und vom 1. Februar 2010 bis 28. Februar 2010 bei der Gesellschaft für P.) eine neue Anwartschaft erwirtschaftet und sei im Zeitraum vom 1. Juli bis zum 16. August 2011 im Bezug von Arbeitslosengeld gestanden.

Am 25. Mai 2012 habe die Beschwerdeführerin beim AMS den streitgegenständlichen dritten Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld ab dem 1. Juni 2012 gestellt. Sie erfülle bei ihrer nunmehrigen Antragstellung aus ihrem Dienstverhältnis zur T. Landeskrankenanstalten GmbH vom 17. August 2011 bis zum 31. Mai 2012 die sogenannte "kleine Anwartschaft".

Mit Schreiben vom 6. Juni 2012 habe das AMS der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die Leistung ab 1. Juni 2012 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 87,53 bemessen würde. Sie habe Anspruch auf Arbeitslosengeld von täglich EUR 1,72. Mit Schreiben vom 7. Juni 2012 habe die Beschwerdeführerin das AMS auf ihr Einkommen aus den Beschäftigungen in Deutschland hingewiesen. Sie sei ab 1. Juli 2011 bereits einmal für eineinhalb Monate arbeitslos gemeldet gewesen. Damals sei auf Grund des von ihr vorgelegten Formulars "PD U2" die Bemessungsgrundlage von der Behörde mit EUR 3.625,92 festgestellt worden. Im neuen Bescheid betrage die Bemessungsgrundlage nur mehr EUR 87,53.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, die Auffassung der Beschwerdeführerin, auf Grund des Vorliegens deutscher Versicherungszeiten in dem gemäß § 21 AlVG heranzuziehenden Bezugszeitraum finde die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 Anwendung, könne ihr nicht zum Erfolg verhelfen. Bei der Antragstellung vom 1. Juni 2012 habe sie die sogenannte "kleine Anwartschaft" iSd § 14 Abs. 2 AlVG erfüllt, weil sie in den letzten 12 Monaten vor Geltendmachung des Anspruchs vom 17. August 2011 bis zum 31. Mai 2012, somit mehr als 28 Wochen, im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig bei der T. Landeskrankenanstalten GmbH beschäftigt gewesen sei. Für die Erfüllung der Anwartschaft seien allein inländische Zeiten ausreichend gewesen. Ein Anwendungsfall der genannten Verordnung liege nicht vor. Nach Art. 61 dieser Verordnung, der die Voraussetzungen für den Erwerb der Anwartschaft regle, seien nur "soweit erforderlich" die Versicherungszeiten oder Beschäftigungszeiten, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt worden seien, so zu berücksichtigen, als wären sie nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden. Fänden ausländische Versicherungszeiten jedoch keine Berücksichtigung bei der Beurteilung der Anwartschaft, sei bei der Festlegung der maßgeblichen Bemessungsgrundlage kein Raum für die Anwendung der genannten Verordnung. Da die Anwartschaft ohne Heranziehung von Auslandszeiten erfüllt worden sei, sei die genannte Verordnung nicht anzuwenden.

Somit sei die Höhe des Arbeitslosengeldes allein auf Grund innerstaatlichen Rechts (§ 21 Abs. 1 AlVG) zu beurteilen gewesen. In Ansehung der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes mit 1. Juni 2012 sei für die Festsetzung des Grundbetrages auf das Entgelt des Kalenderjahres 2010 aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt abzustellen gewesen. Im Februar 2010 habe die Beschwerdeführerin ein Praktikum absolviert. Dass es sich bei diesem Praktikum um ein Dienstverhältnis iSd § 4 Abs. 2 ASVG gehandelt habe, habe die Beschwerdeführerin nicht behauptet. Es hätten keine arbeitslosenversicherungspflichtigen inländischen Beschäftigungen im Jahr 2010 festgestellt werden können, dementsprechend auch keine Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt. Daher sei die für andere Zwecke der Sozialversicherung gespeicherte Jahresbeitragsgrundlage aus dem Praktikum der Beschwerdeführerin heranzuziehen gewesen. Diese sei für die Ermittlung des Arbeitslosengeldes maßgeblich. Ein Rückgriff auf davor liegende Jahresbeitragsgrundlagen sei nicht zulässig. Im Jahr 2010 sei eine Jahresbeitragsgrundlage in Höhe von EUR 80,72 gespeichert. Daher sei eine monatliche Bemessungsgrundlage in Höhe von EUR 86,49 gemäß § 21 Abs. 1 erster Satz AlVG heranzuziehen und um den Aufwertungsfaktor auf EUR 87,53 zu erhöhen. Daraus sei ein täglicher Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von EUR 1,72 abzuleiten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin bringt vor, es liege ein grenzüberschreitender Bezug vor, der zur Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 führe. Auf Grund des Antrags auf Arbeitslosengeld mit 1. Juni 2012 sei zur Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosenentgelts auf das Entgelt des Kalenderjahres 2010 zurückzugreifen. In diesem Jahr habe die Beschwerdeführerin überwiegend, nämlich vom 1. April bis zum 20. Juli sowie vom 1. August bis zum 31. Dezember 2010, in Deutschland gearbeitet. Die Beschwerdeführerin habe (nach ihrem zweiten Antrag) vom 1. Juli bis zum 16. August 2011 Arbeitslosengeld bezogen, welches ihr nur auf Grund der Verordnung Nr. 883/2004/EG zugestanden sei, weil dieser Bezug unmittelbar an ihre Beschäftigung in Deutschland angeknüpft habe, wo sie als Grenzgängerin von Österreich aus tätig gewesen sei.

Die deutschen Versicherungszeiten der Beschwerdeführerin aus den Jahren 2010 und 2011 seien für die Berechnung der Dauer des österreichischen Arbeitslosengeldes gemäß § 18 AlVG von Relevanz. Um zu prüfen, ob ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für 30 Wochen gewährt werden könne, seien jedenfalls die deutschen Zeiten, die in den vergangenen fünf Jahren nachgewiesen worden seien, mitzurechnen, unabhängig davon, ob sich im Ergebnis eine nachgewiesene arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigungsdauer von 156 Wochen ergebe oder nicht. Allein aus dem zuletzt genannten Grund für den grenzüberschreitenden Bezug sei die Verordnung Nr. 883/2004/EG jedenfalls heranzuziehen. Anders als Art. 67 der Verordnung Nr. 1408/71, die die Berücksichtigung von Versicherungszeiten aus anderen Mitgliedstaaten für die Dauer des Leistungsanspruches nicht vorgesehen habe, stelle Art. 61 der Verordnung Nr. 883/2004/EG darauf ab, dass ausländische Versicherungszeiten sowohl für den Erwerb als auch für die Dauer des Leistungsanspruches zu berücksichtigen seien. Von daher sei das noch zur Verordnung Nr. 1408/71 ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. November 2007, Zl. 2006/08/0233, nicht mehr maßgebend. Bei Berechnung der Dauer des Leistungsanspruches komme die belangte Behörde nicht umhin, auch die deutschen Versicherungszeiten zu berücksichtigen, unabhängig davon, ob sie zu einer Verlängerung der Dauer des Leistungsanspruchs führen oder nicht. Die Klausel "soweit erforderlich" würde sich zudem ausschließlich im Art. 61 der Verordnung Nr. 883/2004/EG, nicht jedoch im Art. 62 Abs. 1 dieser Verordnung finden. Gemäß Art. 62 Abs. 1 der Verordnung habe Österreich ausschließlich jenes Entgelt zur Berechnung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit zu berücksichtigen, das die betreffende Person während ihrer letzten Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften erhalten habe. Gemäß Art. 62 Abs. 2 der genannten Verordnung habe Abs. 1 leg. cit. auch dann Anwendung zu finden, wenn die betreffende Person während des zur Berechnung heranzuziehenden Bezugszeitraumes entweder gänzlich oder teilweise den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates (hier: Deutschlands) unterlegen sei. Nach Art. 62 Abs. 1 der Verordnung Nr. 883/2004/EG, der auf das Einkommen während der letzten Beschäftigung in Österreich verweise, sei zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für das österreichische Arbeitslosengeld entgegen § 21 Abs. 1 AlVG nicht die Jahresbeitragsgrundlage aus 2010 heranzuziehen, sondern das Einkommen aus der letzten Beschäftigung in Österreich vom 17. August 2011 bis zum 31. Mai 2012 bei der

T. Landeskrankenanstalten GmbH. § 62 Abs. 1 der Verordnung könne im Sinne der Förderung der Arbeitnehmerfreizügigkeit nur in diesem Sinn gelesen werden, weil eine Schlechterstellung im Bereich der Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung auf Grund eines erneuten Antritts eines österreichischen Dienstverhältnisses im Anschluss an eine Auslandsbeschäftigung die Arbeitnehmerfreizügigkeit beschränken würde. Andernfalls würde die Rückkehr nach Österreich weniger attraktiv gemacht, als die erneute Aufnahme einer Beschäftigung in Deutschland mit ähnlich hohem Gehalt. Im letzteren Fall würde gemäß Art. 62 Abs. 3 dieser Verordnung jedenfalls das deutsche Einkommen während der letzten Beschäftigung zur Berechnung des österreichischen Arbeitslosengeldes eines Grenzgängers herangezogen werden. Indem die Verordnung Nr. 883/2004/EG in Fällen wie jenen der Beschwerdeführerin jedoch in Art. 62 Abs. 1 der Verordnung die Heranziehung des letzten österreichischen Einkommens vorschreibe, stelle sie es einem Grenzgänger frei, eine erneute Beschäftigung im Ausland oder eine Beschäftigung im Inland aufzunehmen, da beides dazu führe, dass das im Anschluss an die Beschäftigung gebührende Arbeitslosengeld bei Beendigung dieser Beschäftigung jeweils auf Grundlage des letzten Einkommens (sei es in Deutschland oder in Österreich erwirtschaftet) berechnet werde. Die Nichtanwendung der Verordnung Nr. 883/2004/EG widerspreche jedenfalls der Arbeitnehmerfreizügigkeit. § 21 Abs. 1 AlVG ziehe für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes ausschließlich jene beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heran. Jene in einem anderen Mitgliedstaat erworbenen Entgelte, welche dort ebenfalls der Arbeitslosenversicherung unterlägen, blieben hingegen unberücksichtigt. Diese Regelung sei geeignet, die Mobilität von Arbeitnehmern zu beschränken, weil diese nach einer Rückkehr aus einem anderen EU-Mitgliedsland - wie im gegenständlichen Fall Deutschland - mit Nachteilen beim Bezug von Arbeitslosengeld zu rechnen hätten. Hätte die Beschwerdeführerin gewusst, dass das in Deutschland erzielte Einkommen für eine spätere eventuelle Berechnung eines möglichen Arbeitslosengeldes nicht herangezogen werden könnte, hätte sie von ihrem unionsrechtlich gewährleisteten Recht auf Freizügigkeit nicht Gebrauch gemacht. In diesem Zusammenhang regt die Beschwerdeführerin auch die Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens an.

2. Die Beschwerde ist berechtigt.

2.1. § 14 AlVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 82/2008 lautet:

"Anwartschaft

§ 14. (1) Bei der erstmaligen Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 52 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Handelt es sich jedoch um einen Arbeitslosen, der das Arbeitslosengeld vor Vollendung des 25. Lebensjahres beantragt, ist die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld auch dann erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten zwölf Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 26 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war.

(2) Bei jeder weiteren Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes ist die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten 12 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches (Rahmenfrist) insgesamt 28 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Die Anwartschaft ist im Falle einer weiteren Inanspruchnahme auch dann erfüllt, wenn der Arbeitslose die Anwartschaft gemäß § 14 Abs. 1 erster Satz erfüllt.

(3) In Zeiten empfindlicher Arbeitslosigkeit kann durch Verordnung des Bundesministers für soziale Verwaltung für einzelne Berufsgruppen, in denen die Beschäftigungslage besonders ungünstig ist, bestimmt werden, daß die Anwartschaft auch dann erfüllt ist, wenn der Arbeitslose in den letzten 24 Monaten vor Geltendmachung des Anspruches auf Arbeitslosengeld im Inland insgesamt 26 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war.

(4) Auf die Anwartschaft sind folgende im Inland zurückgelegte oder auf Grund inländischer Rechtsvorschriften erworbene Zeiten anzurechnen:

a) Zeiten, die der Arbeitslosenversicherungspflicht unterlagen, sowie sonstige Zeiten der Versicherung in der Arbeitslosenversicherung;

b) die Zeit des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes, wenn innerhalb der Rahmenfrist mindestens 13 Wochen sonstige Anwartschaftszeiten liegen;

c) Zeiten des Bezuges von Wochengeld oder Krankengeld aus einer Krankenversicherung auf Grund eines arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses;

d) Zeiten einer krankenversicherungspflichtigen Beschäftigung als Lehrling;

e) Zeiten, für die ein Sicherungsbeitrag gemäß § 5d AMPFG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 148/1998 entrichtet wurde;

f) Zeiten einer gemäß § 1 Abs. 2 lit. e von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommenen krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit.

(5) Ausländische Beschäftigungs- oder Versicherungszeiten sind auf die Anwartschaft anzurechnen, soweit dies durch zwischenstaatliche Abkommen oder internationale Verträge geregelt ist.

(6) Die in den Abs. 4 und 5 angeführten Zeiten dürfen bei der Ermittlung der Anwartschaft nur einmal berücksichtigt werden.

(7) Wird nach einem Bezug von Weiterbildungsgeld Arbeitslosengeld in Anspruch genommen, so gilt dies als weitere Inanspruchnahme im Sinne des Abs. 2.

(8) Sonstige Zeiten der Versicherung in der Arbeitslosenversicherung gemäß Abs. 4 lit. a sind auf die Anwartschaft nur anzurechnen, soweit für diese Beiträge entrichtet wurden."

§ 21 AlVG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 111/2010 lautet:

"§ 21. (1) Für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes ist bei Geltendmachung bis 30. Juni das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt, mangels solcher aus anderen für Zwecke der Sozialversicherung gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen. Bei Geltendmachung nach dem 30. Juni ist das Entgelt des letzten Kalenderjahres heranzuziehen. Liegen die nach den vorstehenden Sätzen heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen nicht vor, so sind jeweils die letzten vorliegenden Jahresbeitragsgrundlagen eines vorhergehenden Jahres heranzuziehen. Durch Teilung des Entgelts der maßgeblichen Jahresbeitragsgrundlagen durch zwölf ergibt sich das monatliche Bruttoeinkommen. Zeiten, in denen der Arbeitslose infolge Erkrankung (Schwangerschaft) nicht das volle Entgelt oder wegen Beschäftigungslosigkeit kein Entgelt bezogen hat, sowie Zeiten des Bezuges einer Lehrlingsentschädigung, wenn es für den Arbeitslosen günstiger ist, bleiben bei der Heranziehung der Beitragsgrundlagen außer Betracht. In diesem Fall ist das Entgelt durch die Zahl der Versicherungstage zu teilen und mit 30 zu vervielfachen. Jahresbeitragsgrundlagen, die einen Zeitraum enthalten, in den eine Versicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. e (Entwicklungshelfer) fällt oder in dem Karenz(urlaubs)geld oder Kinderbetreuungsgeld oder ein Kombilohn (§ 34a AMSG) bezogen wurde oder die Normalarbeitszeit zum Zwecke der Sterbebegleitung eines nahen Verwandten oder der Begleitung eines schwerst erkrankten Kindes gemäß § 14a oder § 14b AVRAG oder einer gleichartigen Regelung herabgesetzt wurde, bleiben außer Betracht, wenn diese niedriger als die sonst heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen sind. Sind die heranzuziehenden Jahresbeitragsgrundlagen zum Zeitpunkt der Geltendmachung älter als ein Jahr, so sind diese mit den Aufwertungsfaktoren gemäß § 108 Abs. 4 ASVG der betreffenden Jahre aufzuwerten. Jahresbeitragsgrundlagen, die Zeiten einer gemäß § 1 Abs. 2 lit. e von der Arbeitslosenversicherungspflicht ausgenommenen krankenversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit enthalten, gelten als Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt. Für Personen, die gemäß § 3 versichert waren, sind die entsprechenden Jahresbeitragsgrundlagen in der Arbeitslosenversicherung heranzuziehen. Bei Zusammentreffen von Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt mit Jahresbeitragsgrundlagen auf Grund der Versicherung gemäß § 3 sind die Gesamtbeitragsgrundlagen heranzuziehen.

(2) Liegen noch keine Jahresbeitragsgrundlagen vor, so ist für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes das Entgelt der letzten sechs Kalendermonate vor der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes heranzuziehen. Sonderzahlungen im Sinne der gesetzlichen Sozialversicherung (§ 49 ASVG) sind anteilsmäßig zu berücksichtigen. Durch Teilung des Entgelts der letzten sechs Kalendermonate durch sechs ergibt sich das monatliche Bruttoeinkommen. Abs. 1 fünfter und sechster Satz ist anzuwenden.

(3) Als Grundbetrag des Arbeitslosengeldes gebühren täglich 55 vH des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch gerundet auf einen Cent. Zur Ermittlung des täglichen Nettoeinkommens ist das nach Abs. 1 oder Abs. 2 ermittelte monatliche Bruttoeinkommen um die zum Zeitpunkt der Geltendmachung für einen alleinstehenden Angestellten maßgeblichen sozialen Abgaben und die maßgebliche Einkommensteuer unter Berücksichtigung der ohne Antrag gebührenden Freibeträge zu vermindern und sodann mit zwölf zu vervielfachen und durch 365 zu teilen. Das monatliche Einkommen ist nur bis zu der drei Jahre vor der Geltendmachung des Arbeitslosengeldes für den Arbeitslosenversicherungsbeitrag maßgeblichen Höchstbeitragsgrundlage (§ 2 Abs. 1 AMPFG) zu berücksichtigen.

(4) Das tägliche Arbeitslosengeld gebührt einschließlich eines allenfalls erforderlichen Ergänzungsbetrages mindestens in der Höhe eines Dreißigstels des Betrages, der dem Richtsatz gemäß § 293 Abs. 1 lit. a lit. bb ASVG entspricht, soweit dadurch die Obergrenzen gemäß Abs. 5 nicht überschritten werden, kaufmännisch gerundet auf einen Cent.

(5) Das tägliche Arbeitslosengeld gebührt Arbeitslosen mit Anspruch auf Familienzuschläge höchstens in der Höhe von 80 vH des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch gerundet auf einen Cent. Das tägliche Arbeitslosengeld gebührt Arbeitslosen ohne Anspruch auf Familienzuschläge höchstens in der Höhe von 60 vH des täglichen Nettoeinkommens, kaufmännisch gerundet auf einen Cent.

(6) Eine Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes des Arbeitsmarktservice ist zur Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes nur heranzuziehen, wenn kein Entgelt aus vorhergehender Beschäftigung vorliegt, das eine Festsetzung nach Abs. 1 ermöglicht, oder dieses niedriger als das für die Bemessung der Beihilfe herangezogene Bruttoentgelt ist. In diesem Fall ist die Beihilfe einem Nettoentgelt gleichzuhalten und der Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes ein diesem Nettoentgelt entsprechendes Bruttoentgelt zu Grunde zu legen.

(7) Wird die Anwartschaft auf Arbeitslosengeld durch Heranziehung von Zeiten im Ausland gemäß § 14 Abs. 5 erfüllt, so gilt für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes:

1. War der Arbeitslose nach seiner Beschäftigung im Ausland mindestens vier Wochen im Inland beschäftigt, so ist das im Inland erzielte Entgelt maßgeblich.

2. War der Arbeitslose nach seiner Beschäftigung im Ausland weniger als vier Wochen im Inland beschäftigt, so ist das Entgelt maßgeblich, das am Wohnort oder Aufenthaltsort des Arbeitslosen für eine Beschäftigung üblich ist, die der Beschäftigung, die er zuletzt im Ausland ausgeübt hat, gleichwertig oder vergleichbar ist.

3. War der Arbeitslose Grenzgänger, so ist das im Ausland erzielte Entgelt maßgeblich.

(8) Hat ein Arbeitsloser das 45. Lebensjahr vollendet, so ist abweichend von Abs. 1 ein für die Bemessung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes herangezogenes monatliches Bruttoentgelt auch bei weiteren Ansprüchen auf Arbeitslosengeld so lange für die Festsetzung des Grundbetrages des Arbeitslosengeldes heranzuziehen, bis ein höheres monatliches Bruttoentgelt vorliegt."

Art. 5 und 6 der VO (EG) Nr. 883/2004 lauten:

"Artikel 5

Gleichstellung von Leistungen, Einkünften, Sachverhalten oder

Ereignissen

Sofern in dieser Verordnung nicht anderes bestimmt ist, gilt unter Berücksichtigung der besonderen Durchführungsbestimmungen Folgendes:

a) Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Bezug von Leistungen der sozialen Sicherheit oder sonstiger Einkünfte bestimmte Rechtswirkungen, so sind die entsprechenden Rechtsvorschriften auch bei Bezug von nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats gewährten gleichartigen Leistungen oder bei Bezug von in einem anderen Mitgliedstaat erzielten Einkünften anwendbar.

b) Hat nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats der Eintritt bestimmter Sachverhalte oder Ereignisse Rechtswirkungen, so berücksichtigt dieser Mitgliedstaat die in einem anderen Mitgliedstaat eingetretenen entsprechenden Sachverhalte oder Ereignisse, als ob sie im eigenen Hoheitsgebiet eingetreten wären.

Artikel 6

Zusammenrechnung der Zeiten

Sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt ist, berücksichtigt der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften:

-

den Erwerb, die Aufrechterhaltung, die Dauer oder das Wiederaufleben des Leistungsanspruchs,

-

die Anwendung bestimmter Rechtsvorschriften, oder

-

den Zugang zu bzw. die Befreiung von der Pflichtversicherung, der freiwilligen Versicherung oder der freiwilligen Weiterversicherung,

von der Zurücklegung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten abhängig machen, soweit erforderlich die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten, Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder Wohnzeiten, als ob es sich um Zeiten handeln würde, die nach den für diesen Träger geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden sind."

Art. 1, 61, 62 und 65 der VO (EG) Nr. 883/2004 lauten

auszugsweise:

"Artikel 1

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

(...)

              f)       'Grenzgänger' eine Person, die in einem Mitgliedstaat eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausübt und in einem anderen Mitgliedstaat wohnt (gewöhnlicher Aufenthalt), in den sie in der Regel täglich, mindestens jedoch einmal wöchentlich zurückkehrt;

(...)"

"Leistungen bei Arbeitslosigkeit

Artikel 61

Besondere Vorschriften für die Zusammenrechnung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit

(1) Der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften der Erwerb, die Aufrechterhaltung, das Wiederaufleben oder die Dauer des Leistungsanspruchs von der Zurücklegung von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit abhängig ist, berücksichtigt, soweit erforderlich, die Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegt wurden, als ob sie nach den für ihn geltenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden wären.

Ist jedoch nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften der Leistungsanspruch von der Zurücklegung von Versicherungszeiten abhängig, so werden die nach den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats zurückgelegten Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nicht berücksichtigt, es sei denn, sie hätten als Versicherungszeiten gegolten, wenn sie nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften zurückgelegt worden wären.

(2) Außer in den Fällen des Artikels 65 Absatz 5 Buchstabe a) gilt Absatz 1 des vorliegenden Artikels nur unter der Voraussetzung, dass die betreffende Person unmittelbar zuvor nach den Rechtsvorschriften, nach denen die Leistungen beantragt werden, folgende Zeiten zurückgelegt hat:

-

Versicherungszeiten, sofern diese Rechtsvorschriften Versicherungszeiten verlangen,

-

Beschäftigungszeiten, sofern diese Rechtsvorschriften Beschäftigungszeiten verlangen, oder

-

Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, sofern diese Rechtsvorschriften Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit verlangen.

Artikel 62

Berechnung der Leistungen

(1) Der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften bei der Berechnung der Leistungen die Höhe des früheren Entgelts oder Erwerbseinkommens zugrunde zu legen ist, berücksichtigt ausschließlich das Entgelt oder Erwerbseinkommen, das die betreffende Person während ihrer letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit nach diesen Rechtsvorschriften erhalten hat.

(2) Absatz 1 findet auch Anwendung, wenn nach den für den zuständigen Träger geltenden Rechtsvorschriften ein bestimmter Bezugszeitraum für die Ermittlung des als Berechnungsgrundlage für die Leistungen heranzuziehenden Entgelts vorgesehen ist und die betreffende Person während dieses Zeitraums oder eines Teils davon den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats unterlag.

(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 2 berücksichtigt der Träger des Wohnorts im Falle von Arbeitslosen, auf die Artikel 65 Absatz 5 Buchstabe a) anzuwenden ist, nach Maßgabe der Durchführungsverordnung das Entgelt oder Erwerbseinkommen, das die betreffende Person in dem Mitgliedstaat erhalten hat, dessen Rechtsvorschriften für sie während ihrer letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit galten."

"Artikel 65

Arbeitslose, die in einem anderen als dem zuständigen

Mitgliedstaat gewohnt haben

(1) Eine Person, die während ihrer letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt hat, muss sich bei Kurzarbeit oder sonstigem vorübergehendem Arbeitsausfall ihrem Arbeitgeber oder der Arbeitsverwaltung des zuständigen Mitgliedstaats zur Verfügung stellen. Sie erhält Leistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob sie in diesem Mitgliedstaat wohnen würde. Diese Leistungen werden von dem Träger des zuständigen Mitgliedstaats gewährt.

(2) Eine vollarbeitslose Person, die während ihrer letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit in einem anderen als dem zuständigen Mitgliedstaat gewohnt hat und weiterhin in diesem Mitgliedstaat wohnt oder in ihn zurückkehrt, muss sich der Arbeitsverwaltung des Wohnmitgliedstaats zur Verfügung stellen. Unbeschadet des Artikels 64 kann sich eine vollarbeitslose Person zusätzlich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaats zur Verfügung stellen, in dem sie zuletzt eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat. Ein Arbeitsloser, der kein Grenzgänger ist und nicht in seinen Wohnmitgliedstaat zurückkehrt, muss sich der Arbeitsverwaltung des Mitgliedstaats zur Verfügung stellen, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für ihn gegolten haben.

(3) Der in Absatz 2 Satz 1 genannte Arbeitslose muss sich bei der zuständigen Arbeitsverwaltung des Wohnmitgliedstaats als Arbeitsuchender melden, sich dem dortigen Kontrollverfahren unterwerfen und die Voraussetzungen der Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats erfüllen. Entscheidet er sich dafür, sich auch in dem Mitgliedstaat, in dem er zuletzt eine Beschäftigung oder eine selbstständige Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, als Arbeitsuchender zu melden, so muss er den in diesem Mitgliedstaat geltenden Verpflichtungen nachkommen.

(4) Die Durchführung des Absatzes 2 Satz 2 und des Absatzes 3 Satz 2 sowie die Einzelheiten des Informationsaustauschs, der Zusammenarbeit und der gegenseitigen Amtshilfe zwischen den Trägern und Arbeitsverwaltungen des Wohnmitgliedstaats und des Mitgliedstaats, in dem er zuletzt eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hat, werden in der Durchführungsverordnung geregelt.

(5) a) Der in Absatz 2 Sätze 1 und 2 genannte Arbeitslose erhält Leistungen nach den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats, als ob diese Rechtsvorschriften für ihn während seiner letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit gegolten hätten. Diese Leistungen werden von dem Träger des Wohnorts gewährt.

b) Jedoch erhält ein Arbeitnehmer, der kein Grenzgänger war und dem zulasten des zuständigen Trägers des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für ihn gegolten haben, Leistungen gewährt wurden, bei seiner Rückkehr in den Wohnmitgliedstaat zunächst Leistungen nach Artikel 64; der Bezug von Leistungen nach Buchstabe a) ist während des Bezugs von Leistungen nach den Rechtsvorschriften, die zuletzt für ihn gegolten haben, ausgesetzt.

(6) Die Leistungen des Trägers des Wohnorts nach Absatz 5 werden zu seinen Lasten erbracht. Vorbehaltlich des Absatzes 7 erstattet der zuständige Träger des Mitgliedstaats, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für ihn gegolten haben, dem Träger des Wohnorts den Gesamtbetrag der Leistungen, die dieser Träger während der ersten drei Monate erbracht hat. Der zu erstattende Betrag für diesen Zeitraum darf nicht höher sein als der Betrag, der nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats bei Arbeitslosigkeit zu zahlen gewesen wäre. In den Fällen des Absatzes 5 Buchstabe b) wird der Zeitraum, während dessen Leistungen nach Artikel 64 erbracht werden, von dem in Satz 2 des vorliegenden Absatzes genannten Zeitraum abgezogen. Die Einzelheiten der Erstattung werden in der Durchführungsverordnung geregelt.

(7) Der Zeitraum, für den nach Absatz 6 eine Erstattung erfolgt, wird jedoch auf fünf Monate ausgedehnt, wenn die betreffende Person in den vorausgegangenen 24 Monaten Beschäftigungszeiten oder Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit von mindestens 12 Monaten in dem Mitgliedstaat zurückgelegt hat, dessen Rechtsvorschriften zuletzt für sie gegolten haben, sofern diese Zeiten einen Anspruch auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit begründen würden.

(8) Für die Zwecke der Absätze 6 und 7 können zwei oder mehr Mitgliedstaaten oder ihre zuständigen Behörden andere Erstattungsverfahren vereinbaren oder auf jegliche Erstattung zwischen den in ihre Zuständigkeit fallenden Trägern verzichten."

2.2. Im Beschwerdefall steht außer Streit, dass die Beschwerdeführerin - schon auf Grund ihrer inländischen Beschäftigungszeiten - eine Anwartschaft auf Arbeitslosengeld erworben hat. Strittig ist lediglich die Höhe ihres Anspruchs. Die in der Beschwerde ebenfalls angesprochene Dauer des Bezugs war nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides.

Das Ausmaß des Arbeitslosengeldes bestimmt sich grundsätzlich nach den §§ 20 und 21 AlVG. Gemäß § 21 Abs. 1 AlVG ist für die Festsetzung des Grundbetrags des Arbeitslosengeldes, wenn der Anspruch (wie im Beschwerdefall) vor dem 30. Juni geltend gemacht wird, das Entgelt des vorletzten Kalenderjahres aus den beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen aus arbeitslosenversicherungspflichtigem Entgelt, mangels solcher aus anderen für Zwecke der Sozialversicherung gespeicherten Jahresbeitragsgrundlagen heranzuziehen. Maßgeblicher Bezugszeitraum war im Beschwerdefall demnach das Jahr 2010. In diesem Jahr lagen aber - auch dies ist unstrittig - neben in Österreich erworbenen Beitragsgrundlagen auch in Deutschland zurückgelegte Beschäftigungszeiten der Beschwerdeführerin vor. Für die Frage, ob und inwieweit auch diese Zeiten für die Berechnung der Leistung heranzuziehen sind, ist die VO (EG) 883/2004 maßgeblich. Dass jedenfalls der österreichische Träger zur Leistungsgewährung zuständig ist, ergibt sich daraus, dass Österreich sowohl der Staat der letzten Beschäftigung als auch der Wohnsitzstaat der Beschwerdeführerin ist (vgl. Art. 61 Abs. 2 iVm Art. 65 der VO (EG) 883/2004).

Für die Berechnung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit im Anwendungsbereich der VO (EG) 883/2004 gilt deren Art. 62. Nach Abs. 1 dieser Bestimmung berücksichtigt der zuständige Träger eines Mitgliedstaats, nach dessen Rechtsvorschriften bei der Berechnung der Leistungen die Höhe des früheren Entgelts oder Erwerbseinkommens zugrunde zu legen ist, ausschließlich das Entgelt oder Erwerbseinkommen, das die betreffende Person während ihrer letzten Beschäftigung oder selbstständigen Erwerbstätigkeit nach diesen Rechtsvorschriften erhalten hat. Nach Abs. 2 findet Abs. 1 auch Anwendung, wenn nach den für den zuständigen Träger geltenden Rechtsvorschriften ein bestimmter Bezugszeitraum für die Ermittlung des als Berechnungsgrundlage heranzuziehenden Entgelts vorgesehen ist und die betreffende Person während dieses Zeitraums oder eines Teils davon den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaats unterlag. Damit ergibt sich aus der VO (EG) 883/2004 für grenzüberschreitende Sachverhalte eine Sonderregelung hinsichtlich des Bezugszeitraums: Fallen in den nach den nationalen Rechtsvorschriften geltenden Bezugszeitraum auch oder nur Beschäftigungszeiten in einem anderen Mitgliedstaat, so ist nicht dieser Bezugszeitraum maßgeblich, sondern allein die - sei es auch kurzfristige - letzte Beschäftigung nach den Rechtsvorschriften des leistungszuständigen Mitgliedstaats, die - abgesehen von den Fällen der Grenzgänger im Sinn des Art. 65 Abs. 2 iVm Abs. 5 lit. a (vgl. dazu Art. 62 Abs. 3 VO (EG) 883/2004) - nach Art. 61 Abs. 2 VO (EG) 883/2004 dessen Zuständigkeit erst begründet.

Der vorliegende Fall ist ein solcher nach Art. 62 Abs. 2 VO (EG) 883/2004: Die österreichischen Rechtsvorschriften sehen für die Ermittlung der Berechnungsgrundlage einen bestimmten Bezugszeitraum vor (hier: das vorletzte Kalenderjahr vor der Geltendmachung des Anspruchs), und die Beschwerdeführerin unterlag während eines Teils dieses Zeitraums hinsichtlich ihrer Beschäftigung deutschen Rechtsvorschriften. Gemäß Art. 62 Abs. 2 iVm Abs. 1 VO (EG) 883/2004 ist bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes nicht dieser Bezugszeitraum zugrunde zu legen, sondern ausschließlich jenes Entgelt zu berücksichtigen, das die Beschwerdeführerin während ihrer letzten Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften - bei der T. Landeskrankenanstalten GmbH vom 17. August 2011 bis zum 31. Mai 2012 - erhalten hat.

Im Übrigen ist jedoch hinsichtlich der Berechnungsmethode § 21 AlVG heranzuziehen. Nach dessen Abs. 2 ist dann, wenn noch keine Jahresbeitragsgrundlagen vorliegen, für die Festsetzung des Grundbetrages das Entgelt der letzten sechs Kalendermonate vor der Geltendmachung maßgeblich. Diese Regelung ist auf Grund ihrer Sachnähe auf Fälle wie den vorliegenden zu übertragen, in dem zwar eine Jahresbeitragsgrundlage vorhanden, aber auf Grund der unionsrechtlichen Vorgaben nicht auf diese, sondern auf das während der letzten inländischen Beschäftigung erzielte Entgelt abzustellen ist. Demnach ist der Monatsdurchschnitt des Entgelts (nur) der letzten sechs Kalendermonate (unter anteiliger Berücksichtigung der Sonderzahlungen) zu bilden.

3. Da die belangte Behörde somit von einer falschen Berechnungsgrundlage für die Ermittlung der Höhe des Arbeitslosengeldes ausgegangen ist, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

4. Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf "Altfälle" weiter anzuwendenden Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 10. September 2014

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2014:2012080239.X00

Im RIS seit

05.03.2019

Zuletzt aktualisiert am

05.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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