TE Lvwg Beschluss 2019/1/10 LVwG-AV-1180/001-2018

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Veröffentlicht am 10.01.2019
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Entscheidungsdatum

10.01.2019

Norm

AVG 1991 §10
ZustG §9 Abs3

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch den Richter
Mag. Schnabl über die Beschwerde der Frau B, ***, *** (Palästina), vertreten durch C, ***, ***, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 04.09.2018, GZ. ***, mit dem der am 25.03.2018 gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen wurde, den

BESCHLUSS:

1.  Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 Verwaltungs- gerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

2.  Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof
nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit dem Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 04.09.2018, GZ. ***, wurde der am 25.03.2018 gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels abgewiesen.

Begründend führte dazu die Verwaltungsbehörde zusammenfassend aus, dass die Beschwerdeführerin am 25.03.2018 über die österreichische Botschaft in Tel Aviv einen Antrag auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 NAG eingebracht habe, welche am 23.04.2018 beim Amt der NÖ Landesregierung eingelangt sei. Zum Zeitpunkt der Antragstellung habe ein Quotenplatz aus der Niederlassungsverordnung 2018 dem Antrag zugeteilt werden können. Den Unterlagen sei zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin den Aufenthaltszweck der Familiengemeinschaft mit ihrem als anerkannten Konventionsflüchtling im Bundesgebiet aufhältigen Ehegatten D beabsichtige. Das Ermittlungsverfahren habe ergeben, dass die Beschwerdeführerin am 06.10.2017 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Einreiseantrag gemäß § 35 Asylgesetz eingebracht habe und somit betreffend die Beschwerdeführerin derzeit ein laufendes Verfahren bezügliches eines Aufenthaltsrechtes nach dem Asylgesetz anhängig sei. Demzufolge würden auch auf die Beschwerdeführerin zurzeit die Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes keine Anwendung finden und sei daher der Antrag abzuweisen gewesen.

Dieser Bescheid wurde an die Beschwerdeführerin persönlich adressiert und von ihr auch persönlich am 17.09.2018 übernommen.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In ihrer persönlich gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde, welche mit 29.09.2018 datiert ist und per E-Mail am 17.10.2018 dem Amt der

NÖ Landesregierung übermittelt wurde, beantragte die Beschwerdeführerin, den Antrag auf „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ wiederaufzunehmen, somit eindeutig erkennbar den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Beschwerdeführerin der beantragte Aufenthaltstitel erteilt werde.

Begründend führte dazu die Beschwerdeführerin zusammenfassend aus, dass sie zwar zuerst am 06.10.2017 einen Einreiseantrag gemäß § 35 Asylgesetz beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingebracht habe. Dies sei aber der falsche Antrag gewesen, wie sie in einem Telefonat mit dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herausgefunden habe. Es wurde ihr dort angeraten, einen Antrag auf die „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 8 Abs. 1 Z. 2 NAG zu stellen. Dies habe die Beschwerdeführerin auch am 25.03.2018 getan.

Die Beschwerdeführerin habe diesen Rat so verstanden, dass mit Stellung des neuen Antrages der andere Antrag auf Asyl automatisch beendet wäre. Anscheinend habe dies somit die Beschwerdeführerin falsch verstanden und seien daher beide Verfahren leider gleichzeitig gelaufen.

Tatsächlich hätte die Beschwerdeführerin ihren Antrag vom 06.10.2017 mittlerweile am 20.09.2018 erfolgreich zurückgezogen und würde sie diesbezüglich noch auf das Eintreffen der schriftlichen Bestätigung der österreichischen Botschaft in Tel Aviv warten. Diese Bestätigung werde die Beschwerdeführerin sodann umgehend nachsenden.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Mit Schreiben vom 08.11.2018 legte das Amt der NÖ Landesregierung dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich, hg. eingelangt am 09.11.2018, die Beschwerde unter Anschluss des Verwaltungsaktes zur GZ. *** zur Entscheidung vor, dies mit der Mitteilung, dass es sich nach Ansicht des Amtes der NÖ Landesregierung um eine verspätete Beschwerde handle und von einer Beschwerdevorentscheidung Abstand genommen werde.

Mit Schreiben vom 20.11.2018 wurde zunächst der Beschwerdeführerin vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Möglichkeit gegeben, binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Schreibens zur Rechtsansicht der belangten Behörde, wonach die Beschwerde verspätet eingebracht worden wäre, Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme dazu ist seitens der Beschwerdeführerin beim Landesverwaltungsgericht Niederösterreich nicht eingelangt.

Mit weiterem Schreiben vom 19.12.2018 setzte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich das Amt der NÖ Landesregierung darüber in Kenntnis, dass unter Zugrundelegung einer im Akt befindlichen Zustellvollmacht der Beschwerdeführerin für C vom 12.07.2018 von einem aufrechten Vertretungsverhältnis auszugehen sei, nach der Aktenlage jedoch der angefochtene Bescheid vom 04.09.2018 an die Beschwerdeführerin persönlich adressiert und zugestellt worden wäre. Da aus der Aktenlage nicht ersichtlich sei, dass der angefochtene Bescheid bislang dem Vertreter der Beschwerdeführerin auch tatsächlich zugekommen ist, sei davon auszugehen, dass eine rechtsgültige Zustellung des Bescheides bislang nicht erfolgt ist. Es wurde dem Amt der NÖ Landesregierung die Möglichkeit eingeräumt dazu binnen 14 Tagen ab Zustellung des Schreibens Stellung zu nehmen.

Mit Schreiben vom 03.01.2019 nahm das Amt der NÖ Landesregierung diesbezüglich dahingehend Stellung, dass richtig sei, dass eine Zustellvollmacht zugunsten der Beschwerdeführerin vorhanden sei und eine Zustellung des Bescheides trotz dieser Zustellvollmacht an die Beschwerdeführerin selbst erfolgt sei. Allerdings sei dem Zustellbevollmächtigten der angefochtene Bescheid im Zuge einer „Whatsapp“-Konversation von der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht worden. Im Wege einer parteienfreundlichen Auslegung des Zustellgesetzes könne daher gegenständlich von einer Heilung des Zustellmangels ausgegangen werden, zumal nach Ansicht der belangten Behörde zu differenzieren sei, ob entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Behörde fälschlicherweise einen Zustellbevollmächtigten angenommen hat oder – wie im gegenständlichen Fall – die Zustellung statt an einen Zustellungsbevollmächtigten an den Vollmachtsgeber selbst stattgefunden hat. Auch wenn der Originalbescheid nicht in die Hände des Bevollmächtigten gelangt sei, sondern eine bloße Kenntnisnahme über „Whatsapp“ stattgefunden habe, hätten die erforderlichen rechtlichen Schritte in Form der Beschwerdeerhebung eingeleitet werden können. Schließlich wäre die Partei bei einer Beschwerdezurückweisung und nach erfolgter rechtswirksamer Zustellung des Bescheides an den ausgewiesenen Zustellbevollmächtigten verpflichtet, nochmals die Beschwerdegebühr in der Höhe von € 30,-- zu bezahlen, wenn sie mit der Entscheidung der Behörde nicht einverstanden wäre.

Das Amt der NÖ Landesregierung legte dieser Stellungnahme ein E-Mail des C an das Amt der NÖ Landesregierung vom 03.01.2019 samt 4 Screenshots zeigend am 17.09.2018 per „Whats-app“ übermittelter Fotos der 4 Seiten des angefochtenen Bescheides.

4.   Feststellungen:

Am 25.03.2018 überbrachte die Beschwerdeführerin persönlich bei der österreichischen Botschaft in Tel Aviv einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“ gemäß § 8 Abs. 1 Z. 1 NAG unter Anschluss zahlreicher Urkunden. Dieser Antrag langte am 23.04.2018 beim Amt der NÖ Landesregierung ein.

Am 17.05.2018 langte beim Amt der NÖ Landesregierung folgendes von Herrn C übermitteltes E-Mail ein:

Vollmacht

Hiermit bevollmächtige ich B geb. am *** meinen Schwager C, geb. am ***, meinen Antrag auf Rot weiss Rot Karte Plus zu ergänzen, und mich bei den Österreichischen Behörden zu vertreten.“

Diese Vollmacht ist undatiert und von der Beschwerdeführerin unterfertigt.

Am 12.07.2018 langte zusätzlich wiederum folgende durch C per Email beim Amt der NÖ Landesregierung übermittelte Zustellvollmacht ein:

Zustellvollmacht

Gemäß §§ 9 und 10 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, idgF

Frau B, geboren am ***, wohnhaft in Gaza/Palästina bevollmächtigt Herrn C behördliche Schriftstücke im Rahmen des Verfahrens auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zwecks Zustellung in Empfang zu nehmen.

Herr C, geboren am ***, Zustelladresse in Österreich: ***, ***, erklärt sich bereit, behördliche Schriftstücke im Rahmen eines Verfahrens auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für Frau B zwecks Zustellung in Empfang zu nehmen.“

Diese Zustellvollmacht wurde am 12.07.2018 sowohl von der Beschwerdeführerin als auch von C unterfertigt.

Mit dem Bescheid vom 04.09.2018, GZ. ***, wurde vom Amt der

NÖ Landesregierung namens der Landeshauptfrau von Niederösterreich der am 25.03.2018 gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Erstaufenthaltstitels abgewiesen. Die Zustellverfügung des Bescheides lautet an „Frau B, ***, ***, Palästina“ und wurde auch tatsächlich die an die Beschwerdeführerin gerichtete Bescheidausfertigung an diese Adresse zugestellt und diese Bescheidausfertigung von der Beschwerdeführerin persönlich am 17.09.2018 übernommen.

Noch am 17.09.2018 wurde der Zustellbevollmächtigte der Beschwerdeführerin C von ihr insofern über diesen Bescheid in Kenntnis gesetzt, als ihm per „Whatsapp“ Fotos aller Seiten dieses Bescheides übermittelt wurden. Bis zum heutigen Tage ist C dieser Bescheid in anderer Form, insbesondere das Original dieses Bescheides, tatsächlich nicht zugekommen.

Am 16.10.2018, 22:40 Uhr, langte beim Amt der NÖ Landesregierung von der

E-Mailadresse des Ehegatten der Beschwerdeführerin die mit 29.09.2018 datierte und von der Beschwerdeführerin selbst erhobene Beschwerde gegen diesen Bescheid ein.

5.   Beweiswürdigung:

Sämtliche diese Feststellungen ergeben sich im Wesentlichen aus dem unbedenklichen Akteninhalt der belangten Behörde zu GZ. *** bzw. aus dem vom Amt der NÖ Landesregierung mit dem Schreiben vom 03.01.2019 vorgelegten Fotos.

Insbesondere ist unstrittig und ergibt sich auch aus den im Akt der Verwaltungsbehörde erliegenden Vollmachten, dass die Beschwerdeführerin jedenfalls zu den Zeitpunkten der Bescheiderlassung und -zustellung aufrecht ihren Schwager C zum (Zustell-)Bevollmächtigten bestellt hatte, wovon eben auch die belangte Behörde entsprechend des Schreibens vom 03.01.2019 ausgeht. Eine Aufkündigung dieser Zustellvollmacht ist bis heute aktenkundig nicht erfolgt.

Unstrittig ist des Weiteren, dass der angefochtene Bescheid, soweit es die an die Beschwerdeführerin gerichtete Ausfertigung betrifft, ausschließlich an die Beschwerdeführerin selbst adressiert war und ihr auch persönlich zugestellt wurde, demzufolge keine ausdrückliche Zustellung an den Zustellbevollmächtigten der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde erfolgte.

Aus den dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich vorgelegten Fotos samt Begleitschreiben vom 03.01.2019 ergibt sich weiters unzweifelhaft, dass noch am 17.09.2018, sohin dem Tag der Übernahme des Bescheides durch die Beschwerdeführerin selbst, deren Zustellungsbevollmächtigter per „Whatsapp“ in Form von übermittelten Fotos über diesen Bescheid und dessen Inhalt informiert wurde. Aus dem Akteninhalt ergibt sich jedoch nicht und geht auch die belangte Behörde davon nicht aus, dass dem Zustellbevollmächtigten in anderer Form dieser Bescheid, insbesondere das Original dieser Bescheidausfertigung, tatsächlich zugekommen ist.

Aus dem im Akt der Verwaltungsbehörde erliegenden E-Mail vom 16.10.2018 ergibt sich wiederum, dass von der Beschwerdeführerin selbst an diesem Tage eben per

E-Mai Beschwerde gegen den gegenständlichen Bescheid erhoben wurde.

6.   Rechtslage:

Folgende gesetzlichen Bestimmungen sind im gegenständlichen Beschwerdeverfahren von Relevanz:

§ 28 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG):

„(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

         1.       der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

         2.       die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.“

§ 31 Abs. 1 VwGVG:

„(1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.“

§ 10 Abs. 1 und 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG):

„(1) Die Beteiligten und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche Personen, die volljährig und handlungsfähig sind und für die in keinem Bereich ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter bestellt oder eine gewählte oder gesetzliche Erwachsenenvertretung oder Vorsorgevollmacht wirksam ist, durch juristische Personen oder durch eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person ein, so ersetzt die Berufung auf die ihr erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.

(2) Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 von Amts wegen zu veranlassen.“

§ 9 Abs. 1 und 3 Zustellgesetz (ZustG):

„(1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(...)

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.“

7.   Erwägungen:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat unter Zugrundelegung des festgestellten Sachverhaltes und der zitierten gesetzlichen Bestimmungen in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 2 AVG richten sich Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis, sofern diese nicht ohnehin gesetzlich vorgegeben sind, primär nach den Bestimmungen der Vollmacht. Unter „Vollmacht“ ist in diesem Zusammenhang grundsätzlich die für das Außenverhältnis allein maßgebliche – beurkundete – Erklärung der Partei gegenüber der Behörde zu verstehen (VwGH 24.11.1993, 93/02/0216), bei einer schriftlichen Vollmacht also der in der Vollmachtsurkunde festgehaltene Wortlaut der Erklärung des Vollmachtgebers (VwGH 11.05.2009, 2006/18/0170). Auch eine allgemeine Vertretungsbefugnis bezieht sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber nur auf das jeweilige Verfahren, in dem sich der Bevollmächtigte ausgewiesen oder auf seine Vollmacht berufen hat (VwGH 28.08.2008, 2008/22/0607).

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich sohin dazu, dass seitens der Beschwerdeführerin ihrem Schwager C bereits spätestens am 17.05.2018 eine allgemeine Vertretungsbefugnis für sie erteilt wurde und die belangte Behörde auch darüber in Kenntnis gesetzt wurde. Zusätzlich wurde von der Beschwerdeführerin auch noch am 12.07.2018 eine ausdrückliche Zustellvollmacht Herrn C erteilt und auch darüber unverzüglich das Amt der NÖ Landesregierung per E-Mail informiert. Dieses Vertretungsverhältnis ist auch in Folge des Fehlens einer aktenkundigen Aufkündigung dieser nach wie vor aufrecht, auch wenn von der Beschwerdeführerin selbst die verfahrensgegenständliche Beschwerde erhoben wurde.

Entgegen dieser von der Beschwerdeführerin erteilten Zustellvollmacht wurde der verfahrensgegenständliche Bescheid vom 04.09.2018 entsprechend der ersichtlichen Zustellverfügung ausschließlich der Beschwerdeführerin selbst und nicht ihrem Zustellungsbevollmächtigten zugestellt. Gemäß § 9 Abs. 3 Zustellgesetz hat aber die Behörde dann, wenn eben ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist, eben diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies – wie gegenständlich – nicht, so gilt die Zustellung erst als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann nun selbst die Kenntnisnahme von einem Bescheid im Zuge einer Akteneinsicht durch einen Parteienvertreter bzw. der Umstand, dass diesem tatsächlich eine Kopie eines Bescheides zukommt, der im Original nicht dem im Verfahren ausgewiesenen Vertreter der Partei, sondern der Partei selbst zugestellt wurde, den in der unterlassenen Zustellung an den Parteienvertreter gelegene Verfahrensmangel nicht heilen (vgl. z.B. VwGH 18.11.2015, Ra 2015/17/0026 mwN). Selbst wenn sohin nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einmal das tatsächliche Zukommen einer Kopie des Bescheides oder auch einer Telekopie nicht ausreicht, um einen Zustellmangel gemäß § 9 Abs. 3 Zustellgesetz zu heilen, muss dies umso mehr auch in dem Fall gelten, wenn der Zustellungsbevollmächtigte (nur) durch Übermittlung von Fotos über „Whatsapp“ über den betreffenden Bescheid in Kenntnis gesetzt wurde.

Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde trifft der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung diesbezüglich eben auch keine Unterscheidung, ob von der Behörde fälschlicherweise ein Zustellungsbevollmächtigter angenommen und diesem zugestellt wurde oder – wie hier – ein Zustellungsbevollmächtigter übergangen und dem Vollmachtsgeber zugestellt wurde. In allen Fällen, sohin auch im gegenständlichen, ist vielmehr davon auszugehen, dass eine rechtsgültige Zustellung des Bescheides bislang nicht erfolgt ist.

Die Erhebung einer Beschwerde setzt jedoch in einem Einparteienverfahren zwingend die Erlassung eines damit angefochtenen Bescheides voraus. Soweit – wie gegenständlich – eben nicht von der Erlassung eines Bescheides ausgegangen werden kann, ist eine dagegen erhobene Beschwerde zurückzuweisen.

Die belangte Behörde ist sohin zusammenfassend im gegenständlichen Fall angehalten, den angefochtenen Bescheid in Folge des aktenkundig aufrechten Vollmachtsverhältnisses dem Zustellungsbevollmächtigten der Beschwerdeführerin zuzustellen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß
§ 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG unterbleiben, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Es wird dazu auf die zahlreich zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen.

Schlagworte

Fremden- und Aufenthaltsrecht; Verfahrensrecht; Zustellbevollmächtigter; Zustellmangel;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.AV.1180.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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