TE Lvwg Erkenntnis 2019/2/13 LVwG-2019/34/0014-47

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Veröffentlicht am 13.02.2019
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Entscheidungsdatum

13.02.2019

Index

L92107 Behindertenhilfe Rehabilitation Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

RehabilitationsG Tir 1983 §3 Abs5
RehabilitationsG Tir 1983 §14
AVG §17 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin MMag.a Dr.in Besler über die Beschwerde des AA, wohnhaft in Z, Adresse 1, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Z vom 23.11.2018, ****, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf Akteneinsicht nach § 17 Abs 1 AVG, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der Spruch des angefochtenen Bescheides mit der Maßgabe bestätigt, dass es zu lauten hat:

Der mit Eingaben vom 15.10.2018, 23.10.2018, 7.11.2018 und vom 15.11.2018 gestellte Antrag des AA, wohnhaft in Z, Adresse 1, auf Einsicht in den Akt betreffend den auf § 14 Tiroler Rehabilitationsgesetz, LGBl Nr 58/1983, in der Fassung LGBl Nr 100/2010, gestützten Verlängerungsantrag des BB für eine mobile Begleitung durch die Lebenshilfe im Ausmaß von 26 Monatsstunden wird zurückgewiesen.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die als Anträge auf Akteneinsicht „im Rahmen seiner Betreuertätigkeit in einer Reha-Organisation im Zusammenhang mit einem Reha-Ansuchen für eine dritte Person“ qualifizierten Eingaben vom 15.10.2018, 23.10.2018, 7.11.2018 und vom 15.11.2018 gemäß § 17 Abs 1 AVG mangels Parteistellung zurück.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers.

Die von der belangten Behörde im Beschwerdeverfahren erstattete Stellungnahme (vgl OZ 5) wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht (vgl OZ 5). Der Beschwerdeführer selbst erstattete im Beschwerdeverfahren zahlreiche Beweisanträge.

Am 12.2.2019 fand die Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers statt. Aufgrund des ihm erteilten Verbesserungsauftrages stellte der Beschwerdeführer klar, dass die belangte Behörde seine Intention verstanden hatte, wenn sie seine Eingaben vom 15.10.2018, 23.10.2018, 7.11.2018 und vom 15.11.2018 als Antrag auf Einsicht in den Akt betreffend den Verlängerungsantrag des BB für eine mobile Begleitung durch die Lebenshilfe im Ausmaß von 26 Monatsstunden interpretiert hatte. Sämtliche vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren eingebrachten Beweisanträge wurden wegen offenbarer Unerheblichkeit zurückgewiesen.

II.      Sachverhalt:

Mit Eingaben vom 15.10.2018, 23.10.2018, 7.11.2018 und vom 15.11.2018 beantragte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde Einsicht in den Akt betreffend den (ausschließlich) auf § 14 Tiroler Rehabilitationsgesetz, LGBl Nr 58/1983, in der Fassung LGBl Nr 100/2010 gestützten Verlängerungsantrag des BB für eine mobile Begleitung durch die Lebenshilfe im Ausmaß von 26 Monatsstunden.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.11.2018 wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 17 Abs 1 AVG zurück.

III.     Beweiswürdigung:

In der Beschwerdeverhandlung bestätigte der Beschwerdeführer, dass seine Eingaben vom 15.10.2018, 23.10.2018, 7.11.2018 und vom 15.11.2018 insgesamt als Antrag auf Einsicht in den Akt betreffend den Verlängerungsantrag des BB für eine mobile Begleitung durch die Lebenshilfe im Ausmaß von 26 Monatsstunden zu qualifizieren sind.

Gemäß der Stellungnahme der belangten Behörde in OZ 5 stützte sich der Antrag des BB auf § 14 Tiroler Rehabilitationsgesetz. Dafür, dass eine Überführung dieser Rehabilitationsmaßnahme nach § 49 Tiroler Teilhabegesetz (THG), LGBl Nr 32/2018, erfolgt wäre, ergeben sich keine Hinweise.

Dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid über den Antrag des Beschwerdeführers auf Einsicht in den Akt betreffend den Verlängerungsantrag des BB für eine mobile Begleitung durch die Lebenshilfe im Ausmaß von 26 Monatsstunden entschieden hat, ist unstrittig.

Zumal keiner der vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren gestellten Beweisanträge einen Bezug zum Beschwerdegegenstand hatte, waren sämtliche seiner Beweisanträge in der Beschwerdeverhandlung wegen offenbarer Unerheblichkeit zurückzuweisen.

IV.      Rechtslage:

Artikel I des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 (EGVG), BGBl I Nr 87/2008, in den Fassungen BGBl I Nr 33/2013 und 57/2018 lautet (auszugsweise):

„Artikel I

(1) Die Verwaltungsverfahrensgesetze (Allgemeines Verwaltungsverfahrens-gesetz 1991 – AVG, Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG und Verwaltungsvollstreckungs-gesetz 1991 – VVG) regeln das Verfahren der nachstehend bezeichneten Verwaltungsorgane, soweit sie behördliche Aufgaben besorgen und im Folgenden nicht anderes bestimmt ist.

[…]“

§ 17 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl Nr 51/1991, in der Fassung BGBl I Nr 33/2013 lautet (auszugsweise):

„Akteneinsicht

§ 17. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien bei der Behörde in die ihre Sache betreffenden Akten Einsicht nehmen und sich von Akten oder Aktenteilen an Ort und Stelle Abschriften selbst anfertigen oder auf ihre Kosten Kopien oder Ausdrucke erstellen lassen. Soweit die Behörde die die Sache betreffenden Akten elektronisch führt, kann der Partei auf Verlangen die Akteneinsicht in jeder technisch möglichen Form gewährt werden.

[…]“

§ 3 Tiroler Rehabilitationsgesetz, LGBl Nr 58/1983, in der Fassung LGBl Nr 116/2015 lautet (auszugsweise):

㤠3

Anspruch

(1) […]

[…]

(5) Auf Leistungen nach diesem Gesetz, mit Ausnahme von Leistungen nach § 14 und § 15, besteht ein Anspruch. Ein Anspruch auf Gewährung einer bestimmten Rehabilitationsmaßnahme besteht nicht.“

§ 14 Tiroler Rehabilitationsgesetz, LGBl Nr 58/1983, in der Fassung LGBl Nr 100/2010 lautet (auszugsweise):

㤠14

Persönliche Hilfe, Beratungsdienst

(1) Einem Behinderten kann persönliche Hilfe gewährt werden durch Betreuung, Anleitung und Beratung bei der Bewältigung der Anforderungen des täglichen Lebens. Persönliche Hilfe kann auch unabhängig von anderen Rehabilitationsmaßnahmen in der Form der Beratung des Behinderten und der in seiner Umgebung lebenden Menschen über die zweckmäßige Gestaltung seiner Lebensverhältnisse gewährt werden.

(2) Persönliche Hilfe kann je nach den Erfordernissen des Einzelfalls vor, während oder nach der Durchführung anderer Rehabilitationsmaßnahmen gewährt werden.

(3) Das Land kann zur Beratung Behinderter und der in ihrer Umgebung lebenden Menschen Beratungsdienste einrichten.“

V.       Erwägungen:

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, ist seitens der Parteien unstrittig, dass mit dem angefochtenen Bescheid über den Antrag des Beschwerdeführers auf Einsicht in den Akt betreffend den Verlängerungsantrag des BB für eine mobile Begleitung durch die Lebenshilfe im Ausmaß von 26 Monatsstunden entschieden wurde. Dass die belangte Behörde über diesen Antrag im Spruch des angefochtenen Bescheides abgesprochen hat, ergibt sich - objektiv betrachtet - zudem aus dem Gesamtzusammenhang des angefochtenen Bescheides.

Das Recht auf Akteneinsicht ist in § 17 AVG geregelt.

Die Anwendung der Bestimmungen des AVG kommt nur in Betracht, wenn die belangte Behörde vorliegendenfalls eine „behördliche Aufgabe“ im Sinne des Art I Abs 1 EGVG besorgte (vgl VwGH 26.6.2012, 2011/11/0005).

Wie festgestellt, fand die Rehabilitationsmaßnahme vor Außerkrafttreten des Tiroler Rehabilitationsgesetzes mit 30.6.2018 ihren Abschluss.

Auf eine Leistung nach § 14 Tiroler Rehabilitationsgesetz bestand kein Rechtsanspruch (vgl § 3 Abs 5 Tiroler Rehabilitationsgesetz). Die Erbringung derartiger Leistungen erfolgte im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (vgl auch VwGH 31.3.2009, 2004/10/0118).

In Angelegenheiten des § 14 Tiroler Rehabilitationsgesetz war die Behörde daher nicht zu hoheitlichem Einschreiten ermächtigt. Sie besorgte hiebei nicht hoheitliche Aufgaben. Die Verwaltungsgesetze fanden insoweit keine Anwendung (vgl Art I Abs 1 EGVG).

Somit besteht hier mangels Anwendbarkeit der Verwaltungsverfahrensgesetze kein Recht auf Akteneinsicht nach § 17 AVG. Die hoheitliche Befugnis der belangten Behörde erschöpfte sich in diesem Fall darin, den Antrag ohne nähere inhaltliche Prüfung seiner Berechtigung mit Bescheid zurückzuweisen (vgl VwGH 26.6.2012, 2011/11/0005).

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Der verfahrenseinleitende Antrag des Beschwerdeführers wies Mängel auf. Im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 3.8.2016, Ro 2016/07/0008) ließ das Landesverwaltungsgerichtshof Tirol diesen Mangel in der Beschwerdeverhandlung verbessern. Der undeutliche Spruch des angefochtenen Bescheides wurde aus dem Gesamtzusammenhang mit der Begründung ausgelegt (vgl VwGH 24.5.2016, Ra 2016/09/0012). Dass die Erbringung einer Leistung nach § 14 Tiroler Rehabilitationsgesetz im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erfolgte, stützt sich auf die eindeutige Rechtslage (vgl § 3 Abs 5 Tiroler Rehabilitationsgesetz; VwGH 31.3.2009, 2004/10/0118). Die Beurteilung, dass § 17 AVG hier nicht anwendbar ist, erfolgte entsprechend der in diesem Zusammenhang vom Verwaltungsgerichtshof vorgegebenen Leitlinien (vgl VwGH 26.6.2012, 2011/11/0005). Auch die Maßgabebestätigung bzw Präzisierung des Spruchs des angefochtenen Bescheides ist im Hinblick auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zulässig (vgl VwGH 22.10.2018, Ra 2018/16/0179). Insgesamt liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG daher nicht vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

MMag.a Dr.in Besler

(Richterin)

Schlagworte

Privatwirtschaftsverwaltung; Akteneinsicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2019:LVwG.2019.34.0014.47

Zuletzt aktualisiert am

28.02.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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