TE Lvwg Erkenntnis 2018/12/10 LVwG-S-523/001-2018

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Veröffentlicht am 10.12.2018
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Entscheidungsdatum

10.12.2018

Norm

AVRAG 1993 §7d Abs2
AVRAG 1993 §7i Abs4 Z3
AÜG §3
AÜG §4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung durch Mag. Hollerer über die Beschwerde der Abgabenbehörde/Finanzpolizei Team ***, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 14.2.2018, Zl. ***, wegen Einstellung eines Strafverfahrens nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) betreffend Frau A, vertreten durch B, Rechtsanwälte in ***, ***, zu Recht erkannt und folgende Entscheidung verkündet:

1.       Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.       Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig.

3.       Für das Beschwerdeverfahren sind keine Kosten zu entrichten.

Rechtsgrundlagen:

§§ 50 und 52 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 14.2.2018,
Zl. ***, wurde das Strafverfahren gegen Frau A, vertreten durch B, Rechtsanwälte in ***, ***, eingestellt. Die belangte Behörde hat wie folgt ausgeführt:

Das Verwaltungsstrafverfahren zur Zahl ***, in dem Ihnen vorgeworfen wurde, Sie hätten als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen Berufene (§ 9 Abs. 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991 i.d.g.F.) der C GmbH mit Sitz in ***, ***, zu vertreten, dass diese am 21.10.2016 in ***, *** (C GmbH Filiale ***) gegen die Bestimmungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes [§ 7i Abs. 4 Z. 3 i.V.m. § 7d Abs. 1 und Abs. 2 Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993 i.d.F. BGBl. I Nr. 152/2015] verstoßen habe, indem die C GmbH in ihrer Eigenschaft als inländische Beschäftigerin im Zuge einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung der Firma D Sp. z o.o., mit Sitz in ***, *** (Überlasserin) zur C GmbH (Beschäftigerin) während einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei, als Organ der Abgabenbehörde am oben angeführten Tatort zur oben angeführten Tatzeit die Unterlagen zur Überprüfung des/der entsandten (überlassenen) Arbeitnehmer/in für die Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts nicht bereitgehalten habe (nämlich den Arbeitsvertrag oder den Dienstzettel, die Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend Lohneinstufung in deutscher Sprache), obwohl Arbeitgeber jene Unterlagen, die zur Überprüfung des/der Arbeitnehmer/in nach dem österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts erforderlich sind (Lohnunterlagen: Arbeitsvertrag oder Dienstzettel, Lohnzettel, Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Lohnaufzeichnungen, Arbeitszeitaufzeichnungen und Unterlagen betreffend die Lohneinstufung) in deutscher Sprache für die Dauer der Beschäftigung der Arbeitnehmer/innen am Arbeits(Einsatz)ort bereitzuhalten haben, wobei bei einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung die Verpflichtung zur Bereithaltung der Lohnunterlagen den/die inländische/n Beschäftiger/in trifft und für folgende Arbeitnehmer die Lohnunterlagen nicht bereitgehalten worden seien:

1.   Arbeitnehmer: E

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

2.   Arbeitnehmer: F

Geb:***

Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

3.   Arbeitnehmer: G

Geb:***

Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

4.   Arbeitnehmer: H

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

5.   Arbeitnehmer: I

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

6.   Arbeitnehmer: J

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

7.   Arbeitnehmer: K

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

8.   Arbeitnehmer: L

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

9.   Arbeitnehmer: M

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

10. Arbeitnehmer: N

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

11. Arbeitnehmer: O

Geb:***
Staatsangehörigkeit: TSCHECHISCHE REPUBLIK

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

12. Arbeitnehmer: P

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

13. Arbeitnehmer: Q

Geb:***

Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 05:30

14. Arbeitnehmer: R

Geb:***

Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

15. Arbeitnehmer: S

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

16. Arbeitnehmer: T

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

17. Arbeitnehmer: U

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

18. Arbeitnehmer: V

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 05:30

19. Arbeitnehmer: W

Geb:***

Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

20.  Arbeitnehmer: X

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

21. Arbeitnehmer: Y

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

22. Arbeitnehmer: Z

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 05:30

23. Arbeitnehmer: AA

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 05:30

24. Arbeitnehmer: BB

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

25. Arbeitnehmer: CC

Geb:***

Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

26. Arbeitnehmer: DD

Geb:***

Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

27. Arbeitnehmer: EE

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 05:30

28. Arbeitnehmer: FF

Geb:***

Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

29. Arbeitnehmer: GG

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

30. Arbeitnehmer: HH

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

31. Arbeitnehmer: II

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

32. Arbeitnehmer: JJ

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

33. Arbeitnehmer: KK

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

34. Arbeitnehmer: LL

Geb:***

Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

35. Arbeitnehmer: MM

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

36. Arbeitnehmer: NN

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

37. Arbeitnehmer: OO

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

38. Arbeitnehmer: PP

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

39. Arbeitnehmer: QQ

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

40. Arbeitnehmer: RR

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

41. Arbeitnehmer: SS

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

42. Arbeitnehmer: TT

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

43. Arbeitnehmer: UU

Geb:***

Staatsangehörigkeit: POLEN
Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

44. Arbeitnehmer: VV

Geb:***

Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

45. Arbeitnehmer: WW

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

46. Arbeitnehmer: XX

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

47. Arbeitnehmer: YY

Geb:***
Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Durchführung von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;

Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

48. Arbeitnehmer: ZZ

Geb:***

Staatsangehörigkeit: POLEN

Tätigkeit: Koordination von Inventurarbeiten im ***-Markt ***;
Arbeitsantritt: 21.10.2016 06:00

und die C GmbH mit Sitz in ***, *** (FN ***) gemäß § 9 Abs. 7 VStG für die über Sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit zur Vertretung nach außen Berufene verhängten Geldstrafen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand hafte,

wird gemäß § 45 Abs.1 Z. 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG)

eingestellt,

da die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen worden sind.

Die belangte Behörde hat unter Hinweis auf das Urteil des EuGH vom 18.6.2015,
C-586/13, (Martin Meat), ausgeführt, dass mit dem „Vertrag über die Durchführung der Inventur mit externen Systemen“ vom 8.8.2016/9.9.2016 zwischen der C GmbH und der D Sp. z.o.o. ein Werkvertrag abgeschlossen worden sei. Die Firma D sei mit der Durchführung der Mess-, Zähl- und Wiegevorgänge sowie der Erfassung-, Kontroll- und Korrekturbuchungen im Rahmen der zum Zwecke der Aufstellung des handelsrechtlichen Jahresabschlusses und der Steuerbilanz am Inventurstichtag stattfindenden körperlichen Bestandaufnahme des Handelswarenbestands (Inventur) beauftragt worden. Es liege bei der Leistungserbringung daher ein unterscheidbares und der Firma D zurechenbares Werk vor. Ein Arbeitsvertrag zwischen den Arbeitnehmern der D und der *** sei nicht geschlossen worden. Die Firma D sei verpflichtet, die vertraglich vereinbarte Leistung ordnungsgemäß auszuführen und sei es ihr freigestanden, wie viele Arbeitnehmer für die Inventur eingesetzt werden. Aus dem Urteil des EuGH zu C-307/09 bis C-309/09 (Vicoplus) ergäbe sich, dass Arbeitskräfteüberlassung dann vorliegt, wenn

- es sich bei der Überlassung von Arbeitskräften um eine gegen Entgelt erbrachte Tätigkeit handelt, bei der der entsandte Arbeitnehmer im Dienst des die Dienstleistung erbringenden Unternehmens bleib, ohne dass ein Arbeitsvertrag mit dem verwendeten (richtig wohl: verwendenden) Unternehmen geschlossen wird,

- der Wechsel des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung des erbringenden Unternehmens ist und

- der Arbeitnehmer seine Aufgabe unter Aufsicht und Leitung des verwendeten (richtig wohl: verwendenden) Unternehmens wahrnimmt.

In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Beschwerde wird von der Finanzpolizei Team *** Folgendes ausgeführt:

Die Finanzpolizei Team *** als Organ der Abgabenbehörde Finanzamt *** erhebt in der Stellung als Amtspartei gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd zu *** vom 14.02.2018 das Rechtsmittel der Beschwerde.

Zur Rechtzeitigkeit der Beschwerde:

Der beschwerdegegenständliche Bescheid vom 14.02.2018 wurde der Finanzpolizei Team *** am 15.02.2018 zugestellt. Die Beschwerde wird sohin binnen offener vierwöchiger Beschwerdefrist erhoben.

Zur Beschuldigten:

Die Beschuldigte war im Tatzeitraum handelsrechtliche Geschäftsführerin der C GmbH mit Sitz in ***. Im September 2016 und Oktober 2016 ließen die Auftraggeberinnen C GmbH in Österreich bei einigen *** Märkten Inventurleistungen durch die Auftragnehmerin D Sp. z o.o. mit Sitz in Polen (im Weiteren D genannt) durchführen, so auch am 21.10.2016 bei der *** Markt Filiale ***.

Die dafür vom Personal der D eingesetzten Handscanner (MDE-Geräte), Laptops, Waagen, etc. sind von der Firma BBB Sp. z o.o geleast. Die Teamleiterinnen/Teamleiter wurden von der D im Ausland zugekauft. Bei der *** Markt Filiale in ***, ***, setzte die D 48 Arbeitskräfte (polnische Staatsbürger) ein.

Kontrollen der Finanzpolizei:

In Österreich gab es seitens der Finanzpolizei Kontrollen bei vier *** Markt Filialen in ***, *** und ***. Die Tätigkeiten und die Abläufe der Inventurteilleistungen der D sind bei allen *** Markt Filialen auf Grund der detaillierten Vorgaben seitens *** und des Erhebungsergebnisses der Finanzpolizei ident.

Im Zuge der ?nanzpolizeilichen Erhebungen wurden niederschriftliche Befragungen u.a. mit folgenden Personen durchgeführt: A (handelsrechtliche Geschäftsführerin u.a. der Firmen ** Markt GmbH und C GmbH ) und CCC (Prokurist AAA GmbH und C GmbH für Österreich und Slowenien), DDD (*** Markt Filialleiterin in ***), EEE (Inventurleiterin der D und Dolmetscherin zwischen *** und D Arbeitskräften), SS (Teamleiter der D), FFF und GGG (Marktleiter der *** Filiale ***).

Vor der Bezirkshauptmannschaft Gmünd gab es zeugenschaftliche Einvernehmen von zwei *** Filialmitarbeitern/Filialleitern, die ergänzend zur Causa ***/D bzw. zum Ablauf der Inventur bei den *** Markt Filialen befragt wurden. Diese Zeugenaussagen werden somit als Beweismittel Übermittelt. Beweis: Zeugenaussage FFF und GGG vom 05.12.2017

Aus den niederschriftlichen Aussagen der Zeugen FFF und GGG ergeben sich iVm der Frage zum Vorliegen einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung oder einer grenzüberschreitenden Entsendung folgende Aspekte:

-    *** ist während der Inventur für D Ansprechpartner und Problemloser und entscheidet in weiterer Folge wie vorzugehen ist (Probleme mit Strichcodes, Lagerplätzen, ...).

-    *** führt stichprobenartige Kontrollen durch. Von *** entdeckte Erfassungsfehler werden dem Gruppenleiter der D zur Behebung aufgetragen.

-    *** inventiert selbst alle Waren, die den Kundinnen und Kunden nicht zugänglich sind.

-    *** gab vor, dass der Kassabereich zuerst zu inventieren war.

-    *** kennzeichnet mit Absperrbändern jenen Teil, den D nicht zu erfassen hat (weil *** dies selbst erledigt).

-    Die gesamte „Rollware“ wird von *** am Vortag der Inventur selbst gezählt, dies auf Merkzetteln festgehalten und von der D dann in die EDV miteingegeben

-    Die Regalplatzeinteilung erfolgt durch ***.

-    *** führt bei allen Arbeitskräften der D Taschenkontrollen durch.

-    *** richtet im Wareneingang für D Aufenthaltsmöglichkeiten ein.

-    Nach Ende der Warenerfassung im Kundinnen- und Kundenbereich übergibt D den Daten/USB Stick an ***.

-    Die Inventur wurde so wie im Vorbesprechungsprotokoll (Download von der *** Homepage) beschrieben, durchgeführt.

-    Die von *** an den Markt zugeteilten „Vorzählzettel“ wurden ob EDV nicht verwendet

-    *** stellte u.a. Leitern, Container für beschädigte Ware oder Leerverpackungen zur Verfügung.

-    Die von D erfassten Daten werden nach Einspielung ins EDV System von *** mit den Daten von *** verbunden und das ergibt sodann das Inventurergebnis.

Die Aussagen der Zeugen bestätigen somit auch den bereits von der Finanzpolizei festgestellten und an die Bezirksverwaltungsbehörde mitgeteilten (angezeigten) Sachverhalt.

Verfahrensgang:

Am 21.10.2016 um 06:35 Uhr führt die Finanzpolizei Team *** eine Kontrolle nach den Bestimmungen des AVRAG/AÜG der zuvor erwähnten Inventurtätigkeiten bei der *** Markt Filiale ***, ***, durch. Die *** Markt Filiale *** gehört zur

Firma C GmbH. Dabei werden die zuvor erwähnten 48 Arbeitskräfte der D bei folgenden Tätigkeiten angetroffen: Händisches Zählen von Waren, Erfassen dieser Zählungen per Handscanngeräten (MDE-Geräte) und per PC, Übergabe der Zählergebnisse per Datenträger (USB Stick) an die Filialleitung. Im Zuge dieser Kontrolle wird eine niederschriftliche Befragung von Herrn SS, Inventurteamleiter, durchgeführt.

Am 27.04.2017 wird unter *** ein Strafantrag gegen die Beschuldigte an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde Bezirkshauptmannschaft Gmünd wegen 48 Übertretungen des § 7d Abs 2 AVRAG iVm § 7i Abs 4 Z 3 AVRAG idgF (Nichtbereithaltung von Lohnunterlagen durch die Beschäftigerin) in 48 Fällen gestellt.

Mit 14.02.2018 (ha. Eingangsdatum 15.02.2018) erlässt die Bezirkshauptmannschaft Gmünd einen Einstellungsbescheid, da nach Meinung der verfahrensführenden Behörde keine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung zwischen D als Überlasserin und C GmbH als Beschäftigerin vorliege.

Begründung der Beschwerde

Als Beschwerdegründe werden Feststellungsmängel, Mängel in der Beweiswürdigung und als Folge unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht.

Feststellungsmängel, Mängel in der Beweiswürdigung

Die verfahrensführende Behörde hat den Sachverhalt anders dar- bzw. festgestellt, als dieser sich aus dem wahren wirtschaftlichen Gehalt der Tätigkeit vor Ort und den vertraglichen Regelungen ergibt. Die getätigten Feststellungen entsprechen nicht den tatsächlichen Umständen bzw. entsprechen nicht dem wahren wirtschaftlichen Gehalt. Sie erfolgten anscheinend (dies kann mangels gewährter Parteistellung nur vermutet werden) großteils aufgrund der Rechtfertigung der Beschuldigten wobei eine wirkliche Würdigung der Beweise nicht ersichtlich ist. Zugestanden wird der Behörde, dass es sich um einen sehr komplexen Sachverhalt handelt, der nur in Zusammenschau aller vorliegenden Elemente dargestellt werden kann.

-    Die Behörde stellte in zu einfacher Weise fest, dass die AAA GmbH an der Zählung der von ihr gekennzeichneten Waren nicht mitwirkte.

-    Die Feststellung, dass die Arbeitsleistung ausschließlich mit Material und Werkzeug der D durchgeführt wurde, entspricht nicht ganz den Tatsachen, da außer den von D geleasten Handscannern, Waagen und PCs kein Werkzeug i benötigt wurde, hingegen Hilfsmaterial und Hilfsmittel wie notwendige infrastrukturellen Utensilien (Sitzgelegenheiten, Ablageplatz für Kleidung, Leitern, Müll Box und Müllsäcke) seitens *** zur Verfügung gestellt wurden. Auch wurden alle Umsetzungsschritte von *** vorgegeben.

-    Diese und andere Umstände blieben in ihrem Gesamtkontext unberücksichtigt, da die Behörde relevante Teile davon nicht erwähnt und somit den Sachverhalt nur unvollständig festgestellt hat.

-    Auch eine entsprechende und nachvollziehbare Würdigung der Beweise ist großteils unterblieben.

Es wird daher im Rahmen der Beschwerde wie folgt vorgebracht:

Im Grunde geht es um Fakten, aufgrund derer Würdigung im Rahmen rechtlicher Schlussfolgerungen zu klären sein wird, ob eine grenzüberschreitende Entsendung (Werkvertrag) oder eine grenzüberschreitende Arbeitskräfteüberlassung vorliegt.

Anmerkung 1:

-    Das LVwG Kärnten hat das Verfahren gegen die Verantwortliche der D mit Erkenntnis vom 24.01.2018 (GZ ***, ha. GZ: ***) eingestellt hat — entgegen der Rechtsansicht der Abgabenbehörde. Hiezu wird seitens der Finanzpolizei eine Revision erhoben werden.

-    Die Bezirkshauptmannschaft Dornbirn hat die Verantwortliche der D mit Straferkenntnis vom 31.01.2018, GZ: ***, wegen der Übertretung des § 17 Abs 2, 3 AÜG iVm § 22 Abs 1 Z 2 bestraft.

Anmerkung 2:

Gegen die vorläu?ge Unterbrechung der Fortführung des eingeleiteten Verfahrens bis zur Entscheidung des VwGH (ha. Erhebung einer ao Rev gegen die Entscheidung des KLVwG vom 24.01.0218, ***) besteht seitens der Amtspartei kein Einwand. Es wird jedoch beantragt, die Verfahren jedenfalls vor Eintritt der Strafbarkeitsverjährung zu entscheiden.

Nach Ansicht der Beschwerdeführerin ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Zustandekommen des Auftrages:

1. Stufe: Rahmenvereinbarung zwischen HHH GmbH (HHH) mit Sitz in DE und D.

Beweis: Rahmenvereinbarung von D unterfertigt am 23. 02. 2012 mit „Anlage 1 “ (Preisliste zur Rahmenvereinbarung), „Nachträge 1 — 5 zur Rahmenvereinbarung HHH vom 06. 03.2011 Preisliste“ mit jeweils „Anlage 1" Preisliste.

- Darin bereits festgelegt: Preis — Staffelpreise nach Ländern und spezi?zierte Verrechnungssätze einschließlich einer Aufschlüsselung darüber, was davon abgedeckt wird z.B. Arbeitszeiten, Schreibmaterial, Reisekosten und Schulungsaufwand — diese Preisgestaltung erfolgt nicht durch die D. sondern wird diese seitens der Auftraggeberinnen vorgegeben.

- Leistungsbedingungen werden konkret in Anlage 2 geregelt. Diese Regelung ist eine detaillierte Prozessbeschreibung, d.h. es werden die Arbeitsschritte so bindend determiniert. dass dem „Auftragnehmer“ kein Spielraum hinsichtlich der Erstellung eines Werks eingeräumt wird. Eine „echte“ Werkvertragsnehmerin hat in ihrer Arbeitsausführung Gestaltungsfreiheit und kann bei der zu erbringenden Werkleistung selbstbestimmend handeln.

- Strenge Regeln über Vertraulichkeit und z. B. darüber, dass von *** zur Verfügung gestellte Unterlagen ausschließlich bei *** zu verbleiben haben.

2. Stufe: AAA GmbH und C GmbH

Beweis: „Vertrag über die Durchführung der Inventur mit externen Systemen unterfertigt von D am 08.08.2016.

- Diese beiden Firmen erteilen die konkrete Order. wobei diese lediglich einen von *** DE vorgegebenen Inhalt in einem vorgegebenen Formular abbildet. Das im konkreten Fall vorgelegte Dokument ist von der Auftragnehmerin (D) mit Datum 08.08.2016 signiert und vom Auftraggeber versehen mit Stempel III KG und handschriftlicher Eintragung .‚***. 09.09.2016“ unterzeichnet. Im Kopf des Dokuments sind jedoch die beiden österreichischen Firmen AAA GmbH und C GmbH als Auftraggeberinnen angeführt. In diesem Vertrag ist besonders auf die Punkte II Ziffer 5 („Weisungen des Auftraggebers“) sowie 6 und 7 hinzuweisen. Diese Punkte gehen eindeutig über den Regelungsinhalt einer werkvertraglichen Leistungserbringung hinaus.

Anmerkung: Siehe Niederschrift vom 29.11.2016, Frau A, handelsrechtliche Geschäftsführerin u.a. der beiden österreichischen Firmen AAA GmbH und C GmbH, in der sie angibt, dass offensichtlich ein falscher Stempel verwendet wurde.

Vorbereitungsmaßnahmen durch *** Markt Mitarbeiter/innen im Rahmen der Inventur:

Beweis: Vertrag über die Durchführung der Inventur mit externen Systemen“, unterfertigt von D am 08. 08.2016, „Anlage 2-Leistungsbeschreibung über die Durchführung der Inventur mit externen Systemen".

-    Hochlager inventieren (Innenbereich)

-    Freilager inventieren (Warenlager Außenbereich)

-    Rollwarensortiment inventieren

-    *** erfasst ca. 25% des Warenbestandes selbst, ca. 75% wird von D erfasst Kennzeichnung der von der Firma D zu zählenden Bereiche

-    Sitzgelegenheiten, Pausenplätze, Ablageplatz für Kleidung, Leitern, Müll Box/Container und Müllsäcke bereitstellen

-    Zugang der D Mitarbeiter/innen nur über Hintereingang erlaubt

-    Taschenkontrollen und kurzfristige Durchführungsänderungen sind *** vorbehalten

-    Die Marktleitung oder deren Vertretung müssen von D über den Erfassungsstand ständig informiert werden können und machen Stichproben der Arbeitsleistung der D (einige Zonen werden nachgeprüft, dies bei jedem *** Markt).

-    *** beauftragt Revisoren und Wirtschaftsprüfer, die unangekündigt in einigen *** Märkten stichprobenartig die Erfassungsleistung der D überprüfen.

Inventurablauf durch die Firma D:

Beweis: „Anlage 2-Leistungsbeschreibung über die Durchführung der Inventur mit externen Systemen"‚

-    Die Firma D wird verpflichtet, mit den jeweiligen Marktleitungen der zu inventierenden *** Märkte ein Vorbesprechungsprotokoll zu erstellen, wobei der Inhalt gemäß Rahmenvertrag (vgl. Anhänge) vorgegeben und dafür ein von *** DE vorgefertigtes Formular zu verwenden ist. Die Termine (der gesamte zeitliche Ablaufplan und ergänzende Details der Durchführung) für die Inventuren bei den einzelnen *** Märkten werden von JJJ Co. KGaA, *** per E-Mail vorgegeben (sowohl für die Marktleitungen als auch für die beauftrage Firma).

-    Zur konkreten Ausführung der Arbeiten vor Ort durch die Firma D bei den einzelnen *** Märkten sind weitere inhaltlich und formell exakt vorgegebene Protokolle zu erstellen und ist sogar klar festgelegt, wer diese Protokolle zu unterfertigen hat und an wen diese von wem zu übergeben und in die EDV einzuspielen sind: Inventurabschlussprotokoll, Protokoll über Inventursummen (Grundlage für das Leistungsentgelt), Protokoll für den Import von Fremddienstleister—Inventurdaten, Inventurbewertungsprotokoll.

-    Von der Marktleitung sind dann abhängig von Unstimmigkeiten binnen der nächsten zwei Werktage Plausibilitätsprüfungen durchzuführen und darüber an die Zentrale in *** zu berichten.

-    Die Zusammenführung der einzelnen Inventurleistungen erfolgt in der Zentrale in ***, erfasste Daten werden von der *** Marktleitung mittels *** eigenem EDV Gerät eingespielt. In der Zentrale werden dann die Inventurendberichte erstellt.

-    Die D muss die Inventur zwischen 06 Uhr und 16 Uhr durchführen (*** ist bei Zeitverzögerung zum Abbruch der Inventur berechtigt).

Anmerkung: Eine „echte“ Werkunternehmerin bestimmt ihre Arbeitszeit und den Herstellungsprozess selbst und wird auch nicht stichprobenartig oder unangekündigt in der konkreten Ausführungsart kontrolliert. Die hier vorliegenden Bedingungen gehen weit über das übliche Maß von Fachkontrollen der Auftraggeberin bzw. Werkbestellerin hinaus.

Teilleistung im Ablauf einer Inventur durch die Firma D:

Beweis: „Anlage 2-Leistungsbeschreibung über die Durchführung der Inventur mit externen Systemen“ *** Inventurhandbuch — Copyright KKK sowie niederschriftliche Aussagen der

*** Markt Filialleiterin ***, Frau DDD.

-    Mengenmäßige Erfassung von Teilbereichen des Warensortiments — D erfasst nur die den Kundinnen und Kunden zugänglichen Waren exklusive Rollwarensortiment (diese Zonen werden von *** gekennzeichnet bzw. bei der Vorbesprechung festgelegt): Durch Mitarbeiter/innen der D werden Etiketten mit Handscannern erfasst und teilweise ergänzend die Waren händisch gezählt, vermessen oder gewogen (die Art der Mengenerfassung richtet sich nach der Verrechnungsart/dem Preis der Ware — Stückpreis, Quadratmeterpreis, Preis nach Gewicht).

-    Von den Mitarbeitern/innen der D werden einfache, standardisierte Tätigkeiten ausgeführt, die lediglich darin bestehen, möglichst rasch mit einem Handscanner an den Waren angebrachte Strichcodes zu erfassen und teilweise Massenware händisch zu zählen und diese Menge in das MDE Gerät einzugeben. Klar ist, dass hier die Routine der D ein rascheres Erfassen der Warenmenge zulässt (was ja auch irn Interesse von *** liegt, da die Warenerfassung um 16 Uhr beendet sein muss). Aus den detaillierten Vorgaben (Anlage 2 des Vertrages) durch die „Auftraggeberin“ ist abzuleiten, dass seitens der beauftragten D keinerlei Spezi?sches Knowhow eingebracht wird. Die Arbeitskräfte der D werden zwar ?rmenintern genau auf die Warenmengenerfassung bei *** vorbereitet und diese Erfassung wird auch geübt, um die Ressource Zeit in weiterer Folge vor Ort möglichst gering zu halten, jedoch fordert die Tätigkeit selbst (Wiegen, Zählen, Messen) keinerlei spezielle Ausbildung, wie sie Arbeitnehmer bei einer „echten“ Werkverrichtung üblicher Weise benötigen. Eine Inventur besteht aber aus einem rechtlich (Handels- und Steuerrecht) vorgegebenen und ?rmenintern organisatorisch de?nierten, komplexen Ablauf. Es gibt dafür eigene Regelwerke und Handbücher (Fachhandbuch Inventur, über einen *** Info Code über das *** Intranet zum Download verfügbar, Leistungsvorgaben) und besteht die Inventur insgesamt aus viel mehr und quali?zierteren Arbeitsschritten als jene Leistungen, die von der D erbracht werden. Es liegt auf der Hand, dass dieser Teil der Inventur natürlich vom Personal-und Zeitaufwand den Hauptteil der dafür notwendigen Arbeitsleistungen darstellt, aber nicht inhaltlich wesentlich ist, sondern insgesamt lediglich eine einfache Hilfstätigkeit darstellt, denn der Soll/Ist Vergleich und weitere Abstimmungen mit der Lagerbuchhaltung erfolgen via EDV (mit Zentrale in ***).

Zu all diesem Vorbringen wird zudem die ergänzende Einvernahme folgender Personen beantragt:

-    Frau A, p.A. ***, ***;

-    Frau DDD p.A. ***, ***;

-    Herr FFF (im Tatzeitraum Marktleiter-Stellvertreter *** Markt ***), p.A. ***;

-    Herr GGG (im Tatzeitraum Marktleiter *** Markt ***), p.A. ***;

-    Herr SS, p.A. ***, *** (Polen) oder p.A. Firmensitz D;

-    Frau LLL (LLL gern. Ausweis nach Heirat) LLL (im Tatzeitraum Inventurteamleiterin für EDV), p.A. ***, *** (Polen) oder p.A. Firmensitz D;

Unrichtige rechtliche Beurteilung:

Die Behörde kommt aufgrund ihrer Feststellungen zum rechtlichen Schluss, dass eine grenzüberschreitende Entsendung vorliegt und begründet dies im Wesentlichen damit, dass die D ein abgrenzbares und eigenständiges Werk erbringt.

Diese Rechtsansicht wird nicht geteilt, wobei auch in diesem Zusammenhang erwähnt wird, dass sie wohl auf einer zu einfachen und unvollständigen Sachverhaltsfeststellung basiert.

Rechtsansicht der Abgabenbehörde:

Es folgen nunmehr — aufbauend auf dem dargestellten Sachverhalt — die rechtlichen Schlüsse der Beschwerdeführerin:

Nach den Beurteilungskriterien des VwGH ist die seitens der D erbrachte Leistung nicht werkvertragsfähig. Das konkret festgestellte Vertragskonstrukt und die darin vereinbarten Rahmenbedingungen heben zum Ziel, Arbeitsleistung zuzukaufen und nicht ein Werk zu Iukrieren. Weil die eingesetzten Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer der Firma D als Arbeitgeberin zuzurechnen sind, ergibt sich unter Maßgabe der Bestimmungen des § 3 AÜG, dass ein Fall einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung an die Firma C GmbH bzw. die AAA GmbH (je nach Zugehörigkeit der *** Markt Filiale) vorliegt. Selbst dann, wenn man von der Erfüllung einer werkvertraglichen Leistung ausginge, wären die Kriterien des § 4 AÜG anzuwenden, was jedoch wie vorhin ausgeführt, in diesem Fall gar nicht erforderlich ist, weil im Grunde kein Werk vorliegt (arg „in Erfüllung von Werkverträgen“).

A. Beurteilung nach § 4 Abs 2 AÜG:

Nach ständiger Rechtsprechung ist für eine Arbeitskräfteüberlassung bereits das Vorliegen eines Kriteriums der Ziffern 1 — 4 des § 4 Abs. 2 AÜG ausreichend (dieser Grundsatz wurde jedoch durch die jüngste Rspr des VwGH relativiert — siehe dazu unten). Im gegenständlichen Fall sind jedoch mehrere Kriterien dieser Bestimmung erfüllt, insbesondere zu den Ziffern 1, 3 und 4.

„Arbeitskräfteüberlassung liegt insbesondere auch vor; wenn die Arbeitskräfte ihre Arbeitsleistung im Betrieb des Werkbestellers in Erfüllung von Werkverträgen erbringen, aber

1. kein von den Produkten, Dienstleistungen und Zwischenergebnissen des Werkbestellers abweichendes, unterscheidbares und dem Werkunternehmer zurechenbares Werk herstellen oder an dessen Herstellung mitwirken oder...

Die D führt die Arbeitsleistung ausschließlich im Betrieb der Auftraggeberinnen durch und wirkt an der Erbringung einer Gesamtleistung (= Gesamtinventur) nur mit — durch Erfassen von Teilen des Warensortimentes der *** Märkte in Form von Zählen, Verwiegen und Vermessen, Erfassung per MDE Geräte (Scanner) und Speicherung auf Laptop und in weiterer Folge auf einem USB Stick zur Übergabe an die Marktleitung. D erfasst nur die den Kundinnen und Kunden zugänglichen Waren des Verkaufsraums. Beweis: Zeugenaussage am

17.01.2018 von MMM, Inventur JJJ Co. KGaA.

2. die Arbeit nicht vorwiegend mit Material und Werkzeug des Werkunternehmers leisten oder...

Die D verwendet keine eigenen Betriebsmittel wie Handscann (MDE) Geräte, PC, Waagen etc., sondern mietet/least diese von der Firma BBB Sp.z o.o. (siehe Vertrag 31.12.2014). Ebenso kauft sie die Programmierung, die Einweisung, Service und Reparaturen, Unterstützung beim Datentransfer, die Entwicklung und Administration einer Datenbank und den technischen Support von der Firma BBB zu. Die USB Boxen und Sticks müssen gemäß Vertrag bei dem von *** vorgegebenen Händler gekauft werden. Somit kauft D sämtliches Equipment und Knowhow zu, um damit in weiterer Folge die Arbeitsleistung in Österreich erbringen zu können. Selbst die verwendeten Kfz stehen nicht im Eigentum der D, sondern werden von dieser geleast/gemietet. (Beweis: Siehe dazu auch Aussage OOO am 7.01.2018 vor dem KLVwG) Die D verfügt über keinerlei eigene Infrastruktur zur Erfüllung des Auftrages. Auch vor Ort erfolgt nur eine Nutzung der Einrichtungen des jeweiligen *** Marktes und geleaster/gemieteter Betriebsmittel. Im „Eigentum“ der D iS eines Unternehmens, das zum Anbieten solcher Werkleistungen üblicher Weise über die benötigten Betriebsmittel verfügen müsste, stehen nur ihre Arbeitskräfte.

3. organisatorisch in den Betrieb des Werkbestellers eingegliedert sind und dessen Dienst— und Fachaufsicht unterstehen oder...

Neben der Vorgabe zu Gebäudezutritten ausschließlich über den Hinterausgang, werden den Arbeitskräften der D alle notwendigen infrastrukturellen Utensilien zur Verfügung gestellt (Sitzgelegenheiten, Ablageplatz für Kleidung, Leitern, Druckpapier, Müll Box und Müllsäcke — vgl. dazu den Punkt zuvor). Die Arbeiter der D waren de facto in den organisatorischen Betrieb der AAA GmbH eingegliedert. Zwar gab es keine Eingliederung in den täglichen Verkaufsbetrieb der jeweiligen Filiale, da ja Warenmengenerfassungen das Thema waren, jedoch hat *** die Bedingungen zur Warenerfassung bis ins kleinste Detail vorgegeben (siehe Protokolle und Vertragszusätze wie die Anlage 2) und somit der D keinen Spielraum gelassen, wie es bei einer „echten“ Werkvertragsübernahme üblich ist.

Von besonderer Aussagekraft ist in diesem Zusammenhang die Klärung der Frage, ob im Rahmen einer Gesamtbetrachtung die Dienstnehmer der D in einer solchen Weise in die betriebliche Organisation des Beschäftigers (***) eingebunden sind, dass ausdrückliche und im Anlassfall aufgrund der Einfachheit der Tätigkeit nicht notwendige persönliche Weisungen und Kontrollen durch die sogenannte „stille Autorität“ substituiert werden. Durch das enge Korsett der Vorgaben seitens *** in Kombination mit dem Umstand, dass nur personalintensive, aber qualitativ untergeordnete Teilbereiche der Inventur (Erfassen der den Kundinnen und Kunden zugänglichen Warenmengen) erledigt wurden, ist nach Ansicht der Abgabenbehörde von einer solchen „stillen Autorität“ auszugehen, untermauert durch die für diese Tätigkeiten -— für einen Werkvertrag?! - unübliche Kontrolle der Arbeitsleistung seitens des *** Marktes - Stand des Erfassungsfortschritts muss jederzeit von Marktleitung abgefragt werden können, Arbeitskontrollen stichprobenweise nach Zonen seitens *** Markt Filiale, unangekündigte Stichproben der von *** dazu beauftragten Revisoren und Wirtschaftsprüfer, Inventurabbruchauftrag durch *** Marktleitung wenn Zeitverzug. Die D gestaltet ihre Tätigkeit auf Basis der Leistungsbeschreibung, die von *** vorgegeben

wird. Beweis auch: Zeugenaussage am 17.01.2018 von MMM. JJJ Co. KGaA; Zeugenaussage am 17. 01.2010 am von NNN; leitender Mitarbeiter D; Zeugenaussage am 17.01.2018 am von SS. Teamleiter D.

Im Grunde bestanden für die Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer der D keine Entscheidungsspielräume in Bezug auf ihre Erfassungs— und Zähltätigkeit, weil diese Freiräume nur innerhalb des genannten, von *** vorgegebenen Rahmens betrieblicher Erfordernisse bestanden haben, sodass sich die Arbeitserbringung letztlich doch im Kern an den Bedürfnissen von *** zu orientieren hatte. Hier fehlte der D jeglicher, unternehmerischer Entscheidungsspielraum, welcher aber im Rahmen einer Werkerbringung üblich ist. Die D bzw. deren eingesetzte Arbeitskräfte verfügte(n) zwar über minimale sachliche Entscheidungsspielräume, die für die erfolgreiche Ausübung des angestrebten Ziels „Erfassen -— Zählen, Messen, Wiegen“ notwendig bzw. zweckmäßig waren, jedoch lassen sich insgesamt keine außergewöhnlichen (unternehmer-ähnlichen) DispositionsmögIichkeiten erkennen, die es rechtfertigen könnten, hier nicht von einer Eingliederung auszugehen. Eine D interne Schulung von nur drei Tagen bestätigt, dass es sich bei den ZähI-, Wiege— und Messarbeiten um einfache Tätigkeiten ohne besondere Quali?kationen handelt.

4. der Werkunternehmer nicht für den Erfolg der Werkleistung haftet. "

Eine Haftung iSd AÜG mit Pönalzahlungen (Haft- und Deckrücklass, ...) etc. wird erst dann eine solche, wenn tatsächlich Tätigkeiten verrichtet werden, für die man als „Auftragnehmerin“ in einer konkreten Form haften kann. Das reine Zählen (Teilbereich der Waren werden gezählt und gescannt), ist nicht unter solche Tätigkeiten einzuordnen, zumal die jeweilige Teamleitung der D sofort Stichproben durchführt (dies ist auch der Filialleitung vertraglich gestattet) und bei Unstimmigkeiten die Warengruppe sogleich neu erfassen lässt. Eine Haftung ist somit im Anlassfall gar nicht möglich, weil die „Leistungserbringung“ seitens der D und auch seitens *** ständig überwacht wird. Wie sollte denn die Firma D gegenüber dem *** Markt haften? Für die Richtigkeit der Inventur wohl kaum, denn für diese (siehe unten) bedarf es mehr als eine reine Teilzählung von Waren.

Eine Inventur umfasst nicht nur das händische Zählen von Teilen eines Sortiments und Erfassen auf Handscanngeräten, sondern beinhaltet das mengen» und wertmäßige Erfassen des gesamten Warenbestands inklusive aller Lager, Ausstellungsstücke und dgl. Eine Inventur besteht aber aus einem rechtlich vorgegebenen und ?rmenintern organisatorisch de?nierten, komplexen Ablauf. *** hat dafür eigene umfangreiche und detaillierte Regelwerke und Handbücher geschaffen und besteht die Inventur insgesamt aus viel mehr und quali?zierteren Arbeitsschritten als jene Leistungen, die die Firma D erbrachte. Die D hatte nie den Auftrag, eine gesamte Inventur mit allen Arbeitsschritten durchzuführen, sondern wurde ihr genauestens vorgegeben, welche Teile der Waren von ihr zu erfassen sind. Von einem in sich geschlossenen und eigenständigen Werk, für das eine Haftung besteht, kann keinesfalls gesprochen werden. Es wurden keinerlei Beträge für etwaige Haftungen in Rechnung gestellt.

Der Judikatur des VwGH ist zu entnehmen, dass Inventurtätigkeiten wie Zählen, Führung von Listen zur Erfassung udgl. nicht als selbständige Tätigkeit bzw. eigenständige Werkleistung zu beurteilen sind (vgl. u.a. VwGH 2007/08/003 v. 07.05.2008). Das bezughabende Erk bezieht sich zwar nicht explizit auf die Arbeitskräfteüberlassung, widmet sich aber sehr wohl der Frage Dienstvertrag vs. Werkvertrag iVm den angesprochen Inventurleistungen. Zur Beurteilung einfacher Tätigkeiten (Zählen usw.) hat sich der VwGH einschlägig ausgesprochen.

Weiters wird zum Thema „eigenständiges. abgrenzbares Werk. organisatorische Eingliederung in den Betrieb und Vorliegen eines echten Werkvertrags auf eine Entscheidung des LVwG, KLVwG — 1092-1099/6/2017 verwiesen (dort: Verlegung von Rohren — Hauptrohrleitungen werden durch Werkbestellerin und Nebenrohrleitungen durch Werknehmerin verlegt).

Die Prüfung der Kriterien zur Frage des Vorliegens einer grenzüberschreitenden Arbeitskräfteüberlassung erfolgte von der Finanzpolizei unter Einbeziehung und Gesamtbetrachtung der vertraglichen Gestaltung und der Kriterien nach § 4 Abs 2 AÜG. Es wurden alle in Frage kommenden Aspekte berücksichtigt und erfolgte die Beurteilung somit nach allen Gesichtspunkten (sowie insb nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt iSv § 4 Abs 1 AÜG).

B. Europarechtliche Aspekte:

Europarechtliche Erk „Martin Meat“, „Vicoplus“, jüngere Judikatur des VwGH 22.08.2017, Ra 2017/11/0068:

Durch die jüngste Jud des VwGH zu den erwähnten Erk des EuGH ist nunmehr bei der Beurteilung, ob Arbeitskräfteüberlassung vorliegt, auf folgende Kriterien (I — III) abzustellen:

-    Es muss sich bei der Überlassung von Arbeitskrä?en um eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung handeln, bei der der entsandte Arbeitnehmer im Dienst des die Dienstleistung erbringenden Unternehmens bleibt, ohne dass ein Arbeitsvertrag mit dem verwendenden Unternehmen geschlossen wird (Kriterium I).

Dieses Kriterium ist erfüllt. Die Dienstnehmer der D verbleiben im Dienst der Fa. D. Es besteht die „Haftung“ (auch darauf nimmt die aktuelle Jud des VwGH zu Kriterium I Bezug, Ra 2017/11/0068 vom 22.8.2017) der D lediglich darin, dass die Waren der Anzahl nach richtig gezählt/erfasst werden. Ergeben die Stichproben durch die D (diese können aber auch vom Filialleiter erfolgen) vor Ort einen Fehler, so wird dieser sogleich durch nochmaliges Zählen berichtigt. Somit wird durch die ständige immanente Prüfung (auch seitens *** vertraglich möglich) gar kein Haftungsfall denkbar. Eine nachhaltige und dem AÜG entsprechende Haftung in Form von Haft— und Deckrücklass ist nicht gegeben und wird auch in den Abrechnungen und Kalkulationsgrundlagen nicht erwähnt. Es handelt sich um nicht gewährleistungsfähige Tätigkeiten der D.

Beweis: E-Mail Schriftverkehr vom 10. 10.2016, 12:34 Uhr zwischen JJJ Co. KGaA ***— Übermittlung Kalkulationsgrundlagen; Beispiel einer Abrechnung zu *** Markt ***, Faktura Nummer *** für 11.10.2016)

-    Das wesentliche Merkmal dieser Überlassung muss dann bestehen, dass der Wechsel des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedsstaat der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung des erbringenden Unternehmens ist (Kriterium II).

Die Arbeitskräfte der D „stellen“ lediglich - nach einer exakten und bis ins Detail von *** vorgegebenen Art- und Weise - Warenerfassungen durch Zählen, Messen, Wiegen, Scannen und Erfassung auf einem Datenträger „her“. Dieser qualitativ eher geringe, aber arbeitsintensive Teil der Inventur wird üblicher Weise vom Eigenpersonal eines Unternehmens erledigt und wird somit an die D „ausgelagert“. Auch dieses Kriterium ist deshalb als gegeben anzusehen, weil nicht auf ein Werk, sondern eigentlich auf die Zurverfügungstellung von Personal abgezielt wird.

Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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