TE Vwgh Erkenntnis 1999/6/1 97/08/0062

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Veröffentlicht am 01.06.1999
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Index

L92106 Behindertenhilfe Pflegegeld Rehabilitation Steiermark;

Norm

BehindertenG Stmk 1964 §39 Abs2;
PGG Stmk 1993 §11 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des minderjährigen S in G, vertreten durch seinen Vater M, dieser vertreten durch Dr. Werner Klement, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 29/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 15. Jänner 1997, Zl. 9-26-59/1996-4, betreffend Behindertenhilfe durch Übernahme der Kosten für eine pflegerische Hilfe in einer allgemeinen Sonderschule nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 15. Juli 1985 geborene Beschwerdeführer ist behindert und bezieht insbesondere in dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum ab September 1995 ein Pflegegeld der Stufe 6 nach dem Steiermärkischen Pflegegeldgesetz, LGBl. Nr. 80/1993. Um die Betreuung des Beschwerdeführers in der Allgemeinen Sonderschule in Hartberg zu gewährleisten, hat die Stadtgemeinde Hartberg ab dem 1. September 1995 freiwillig pflegerisches Hilfspersonal angestellt und das Entgelt bezahlt.

Am 27. Dezember 1995 richtete die Bezirkshauptmannschaft Hartberg an den Vater des Beschwerdeführers folgendes Schreiben:

"Stefan Jensch, geb. 15.7.1985 besucht die Allgemeine Sonderschule in Hartberg. Um die pflegerische Hilfe in der ASO zu gewährleisten, wurden von der Stadtgemeinde Hartberg Hilfskräfte angestellt.

Die Kosten für diese Hilfskräfte sind grundsätzlich von der Stadtgemeinde Hartberg den Eltern bzw. Erziehungsberechtigten für den Hilfsbedürftigen vorzuschreiben, werden jedoch einfachheitshalber über die Bezirkshauptmannschaft Hartberg verrechnet.

...

Gemäß § 39 Abs. 3 des Stmk. Behindertengesetzes 1964, LGBl. Nr. 316/1964, i.d.g.F. gehen pflegegeldbezogene Geldleistungen bei nicht internatsmäßiger Unterbringung des Behinderten in Einrichtungen der Behindertenhilfe zu 40 % höchstens jedoch bis zur Höhe der Aufwendungen des Sozialhilfeträgers auf diesen über. 60 % der pflegegeldbezogenen Geldleistung, mindestens jedoch ein Betrag von 20 % des Pflegegeldes der Stufe 3, haben dem Behinderten zu verbleiben.

Es wird der Rechtsübergang hinsichtlich eines Pflegegeldanteiles von 30 % für die Monate September 1995 bis Juli 1996 geltend gemacht.

Wir weisen sie darauf hin, dass ab 1. Jänner 1996 30 % des Pflegegeldes von seiten der Bezirkshauptmannschaft Hartberg einbehalten werden.

Ab 1. Jänner 1996 wird ein Betrag in der Höhe von S 4.495,-- monatlich einbehalten, der Restbetrag von S 10.486,-- monatlich wird laufend an sie überwiesen.

Von September 1995 bis Dezember 1995 wurde das Pflegegeld in der vollen Höhe ausbezahlt. Sie bezogen somit in den Monaten September 1995 bis Dezember 1995 ein Pflegegeld in der Höhe von S 59.924,--.

Da die Stützkräfte bereits seit September 1995 für die pflegerische Hilfe ihres Sohnes Stefan bereitstehen und für die Monate September 1995 bis Dezember 1995 Kosten angefallen sind, werden sie ersucht, den für die Monate September 1995 bis Dezember 1995 entstandenen Übergenuss in der Höhe von S 17.980,--

innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt dieses Schreibens mittels beiliegendem Erlagschein unter oa. GZ an die Bezirkshauptmannschaft Hartberg zu überweisen."

Mit Bescheid vom 8. Jänner 1996 sprach die Bezirkshauptmannschaft Hartberg - soweit für das vorliegende Verfahren noch von Bedeutung - unter Pkt. 4 über den Antrag des Beschwerdeführers auf Hilfe nach dem Stmk. Behindertengesetz folgendes aus:

"Es werden die Kosten für die pflegerische Hilfe in der ASO Hartberg, abzüglich eines Anteiles von 30 % des vorhandenen Pflegegeldes, für das Schuljahr 1995/96 übernommen."

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 1997 keine Folge gegeben.

Die belangte Behörde begründete diesen Bescheid folgendermaßen:

"Gemäß § 39 Abs. 2 leg. cit. (Stmk. Behindertengesetz 1964, i. d.F. LGBl. Nr. 77/1996) gehen pflegebezogene Geldleistungen bei nicht internatsmäßiger Unterbringung des Behinderten in Einrichtungen der Behindertenhilfe zu 40 %, höchstens jedoch bis zur Höhe der Aufwendungen des Sozialhilfeträgers auf diesen über. 60 % der pflegebezogenen Geldleistung, mindestens jedoch ein Betrag von 20 % des Pflegegeldes der Stufe 3, haben dem Behinderten zu verbleiben.

...

Stefan Jensch wird in der ASO Hartberg aufgrund seiner Behinderung zusätzlich durch eine Betreuungsperson, die allerdings nicht nur für Stefan Jensch alleine zuständig ist, betreut. Für diese Betreuung entstehen der Gemeinde Hartberg zusätzlich Kosten, die laut Berechnungen der Bezirkshauptmannschaft Hartberg im Schuljahr 1995/96 28 % des mj. Stefan Jensch zustehenden Pflegegeldes - und zwar im Verhältnis zu den anderen betreuten Personen - betragen haben.

Das bedeutet also, dass durch das Pflegegeld im Ausmaß von 28 %, und zwar aller betreuten Kinder, die Kosten für die Betreuungsperson im Schuljahr 1995/96 zur Gänze abgegolten sind.

...

Auch wenn man hier davon ausgehen kann, dass es sich bei der ASO Hartberg um keine Einrichtung der Behindertenhilfe handelt, und somit diese Bestimmung für diese Einrichtung nicht heranzuziehen ist, so kann die Bestimmung des § 39 Abs. 2 BhG doch zu Vergleichszwecken herangezogen werden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die der Vater des Beschwerdeführers als gesetzlicher Vertreter des Beschwerdeführers, aber auch hilfsweise in eigenem Namen für den Fall erhoben hat, dass die Beschwerde seines Sohnes unzulässig sein sollte. Es ist jedoch auszuschließen, dass der Vater des Beschwerdeführers selbst durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt worden sein könnte, weil diesem als gesetzlichen Vertreter seines Sohnes ein Anspruch auf Hilfeleistung aus eigenem Recht nicht zusteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Jänner 1993, Zl. 91/08/0072).

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde und den Zuspruch von Aufwandersatz beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem angefochtenen Bescheid soll der Pflegegeldanspruch infolge Legalzession gemäß § 11 Abs. 2 Steiermärkisches Pflegegeldgesetz, LGBl. Nr. 80/1993, idF LGBl. Nr. 71/1995, bzw. gemäß § 39 Abs. 2 Steiermärkisches Behindertengesetz LGBl. Nr. 316/1964 idF LGBl. Nr. 77/1996 auf den Sozialhilfeträger übergegangen sein. Der oben zitierte Spruch des angefochtenen Bescheides lässt nun nicht erkennen, ob dem Beschwerdeführer eine Betreuungsleistung (Eingliederungshilfe gemäß §§ 2 ff des Steiermärkischen Behindertengesetzes, LGBl. Nr. 316/1964 idF LGBl. Nr. 80/1993) gewährt, ihm eine Ersatzleistung in der Höhe von 30 % des ihm rechtskräftig zuerkannten Pflegegelds vorgeschrieben oder eine Zuordnung von 30 % des Pflegegeldanspruchs zum Sozialhilfeträger nach einer Legalzession festgestellt wird. Sollte ihm hingegen ein Kostenzuschuss zu einer vom Beschwerdeführer ansonsten selbst zu bezahlenden Leistung gewährt werden, so wäre die Berechnung dieses Kostenzuschusses (insbesondere auch eine zumutbare Eigenleistung von 30 % des Pflegegeldes) nicht in den Spruch, sondern in die Begründung des Bescheides aufzunehmen.

All diese Auslegungsmöglichkeiten stehen offen, insbesondere wenn man den Inhalt des oben zitierten Schreibens der Bezirkshauptmannschaft Hartberg an den Beschwerdeführer vom 27. Dezember 1995 und die Begründung des angefochtenen Bescheides berücksichtigt. Der Bescheid war daher mangels Bestimmtheit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben (vgl. Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren2, E. 60 ff zu § 59 AVG).

Sollte mit dem angefochtenen Bescheid beabsichtigt gewesen sein, dem Beschwerdeführer zu der ihm gegenüber erbrachten Betreuungsleistung einen Kostenersatz im Ausmaß von 30 % seines Pflegegeldes vorzuschreiben, so hätte dies in Form eines Leistungsbescheides zu erfolgen. Darüber hinaus wäre von der belangten Behörde vorher zu klären und in der Begründung des Bescheides nachvollziehbar darzulegen, aufgrund welcher Rechtsgrundlage der pflegebedürftige Beschwerdeführer die Kosten für die auf Kosten der Gemeinde Hartberg erbrachte Hilfe zu ersetzen hätte. Erst dann stünde fest, ob diese Bestimmungen auch eine Legalzession vorsehen. Darüber hinaus wäre bei allfälligen Entscheidungen über das Pflegegeld im Zuge einer Legalzession die zu Auszahlungsstreitigkeiten ergangene Judikatur der Zivilgerichte zu berücksichtigen (vgl. OGH vom 27. Jänner 1998, 10 ObS 182/97f mwN).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 1. Juni 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997080062.X00

Im RIS seit

01.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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