TE Bvwg Erkenntnis 2018/8/16 G303 2003633-1

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Veröffentlicht am 16.08.2018
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Entscheidungsdatum

16.08.2018

Norm

BSVG §2
BSVG §20a
BSVG §23
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G303 2003633-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, geb. am XXXX, gegen den Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Regionalbüro Steiermark, vom 30.08.2013, OB XXXX, zu Recht erkannt:

A)

I. Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, dass festgestellt wird, dass die Einnahmen aus der Vermietung land(forst)wirtschaftlicher Betriebsmittel, für die eine gesonderte Beitragsgrundlage zu bilden ist, im Jahr 2008 EUR 1.391,17 und im Jahr 2009 EUR 284,70 betragen. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Es wird festgestellt, dass die Beitragsgrundlagen (BGL) in der Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung und die davon zu leistenden Beiträge in Euro (EUR) betragen:

 

Beitragsgrundlage

 

Beiträge

 

 

 

 

 

Unfall-versicherung

Krankenversicherung

Pensionsversicherung

 

Flächenbetrieb

€ 1.240,06

 

 

 

01.01.2008 - 31.12.2008

Nebentätigkeit (Vermietung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsmittel)

€ 34,78

€ 24,22

€ 97,52

€ 191,22

 

Gesamt

€ 1.274,84

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Flächenbetrieb

€ 1.271,06

 

 

 

01.01.2009 - 28.02.2009

Nebentätigkeit

€ 7,12

€ 24,29

€ 97,78

€ 191,73

 

Gesamt

€ 1.278,18

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Flächenbetrieb

€ 1.271,06

 

 

 

01.03.2009 - 30.04.2009

Nebentätigkeit

€ 127,69

€ 26,58

€ 107,00

€ 209,81

 

Gesamt

€ 1.398,75

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Flächenbetrieb

€ 1.271,06

 

 

 

01.05.2009-31.12.2009

Nebentätigkeit

€ 7,12

€ 24,29

€ 97,78

€ 191,73

 

Gesamt

€ 1.278,18

 

 

 

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Regionalbüro Steiermark (im Folgenden: belangte Behörde) vom 30.08.2013 wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF), aufgrund der von ihr ausgeübten Tätigkeit der "Vermietung land(forst)wirtschaftlicher Betriebsmittel" im Zeitraum vom 01.01.2008 bis 31.12.2009 und aufgrund der ausgeübten Tätigkeiten im Rahmen der "sozialen Betriebshilfe" im Zeitraum vom 01.03.2009 bis 30.04.2009 der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 letzter Satz des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (BSVG) unterliege (Spruchpunkt 1.).

Darüber hinaus stellte die belangte Behörde für den Zeitraum von 01.01.2008 bis 31.12.2009 die monatlichen Beitragsgrundlagen für den Flächenbetrieb und die Nebentätigkeit sowie die monatlich zu leistenden Beiträge in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung für die BF wie folgt fest (Spruchpunkt 2.):

Beitragszeitraum

Monatliche Beitragsgrundlage EUR

 

Monatsbeitrag in EUR

 

Flächenbetrieb

1.240,06

 

01.01.2008 - 31.12.2008

Nebentätigkeit

108,06

330,96

 

Gesamt

1.348,12

 

 

 

 

 

 

Flächenbetrieb

1.271,06

 

01.01.2009 - 28.02.2009

Nebentätigkeit

66,86

328,46

 

Gesamt

1.337,92

 

 

 

 

 

 

Flächenbetrieb

1.271,06

 

01.03.2009 - 30.04.2009

Nebentätigkeit

187,43

358,05

 

Gesamt

1.458,49

 

 

 

 

 

01.05.2009-31.12.2009

Flächenbetrieb

1.271,06

 

 

Nebentätigkeit

66,86

328,46

 

Gesamt

1.337,92

 

1.1. Begründend wurde von der belangten Behörde ausgeführt, die BF betreibe einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, dessen Einheitswert der bewirtschafteten Flächen die im Gesetz für den Eintritt der Pflichtversicherung normierten Grenzwerte erreichen bzw. übersteigen würden und daher die Pflichtversicherung in der Kranken-, Pensions- und Unfallversicherung bestehe.

Neben der laufenden Betriebsführung würde die BF land- und (forst)wirtschaftliche Nebentätigkeiten in Form der Vermietung land- und (forst)wirtschaftlicher Betriebsmittel gemäß § 2 Abs. 4 Z 7 und Z 8 GewO sowie der sozialen Betriebshilfe ausüben. Diese Tätigkeiten seien nicht im Hauptbetrieb enthalten, sondern würden ein land- und (forst)wirtschaftliches Nebengewerbe darstellen.

Die Bildung der Beitragsgrundlage für die Ausübung einer land- und (forst)wirtschaftlichen Nebentätigkeit erfolge grundsätzlich auf Basis der vom Versicherten gemeldeten Einnahmen (inklusive Umsatzsteuer). Darunter seien alle durch die Tätigkeiten veranlassten Einnahmen zu verstehen, wovon dann die pauschalen Betriebsausgaben in der Höhe von 70 % der Einnahmen abgezogen werden würden. Die für die Zwecke der Beitragsbemessung heranzuziehende Beitragsgrundlage setze sich daher aus dem Versicherungswert (Beitragsgrundlage laut Einheitswert) und den pauschal ermittelten Einkünften aus dem Nebengewerbe zusammen. Eine Einnahmenmeldung sei im Falle der BF entgegen der Bestimmung des § 20 Abs. 2 Z 2 BSVG nur teilweise erfolgt. Vielmehr seien die Einnahmen der BF erst im Zuge einer Betriebsprüfung erhoben worden.

Das für die Zwecke der Beitragsbemessung heranziehende Flächenausmaß und der daraus resultierende Einheitswert iSd § 23 BSVG betrage:

 

Ausmaß in ha

 

 

Einheitswert in EUR

 

 

von - bis

Eigengrund

Pachtgrund

 

Eigengrund

Pachtgrund

 

 

 

3/3

2/3

 

3/3

2/3

01.01.2008-31.12.2009

 

41,0219

11,3700

 

6.700,00

908,03

1.2. Im Zusammenhang mit der land- und forstwirtschaftlichen Nebentätigkeit der BF sei festzuhalten, dass von der Aufzeichnungs- und Beitragspflicht nach § 20a iVm § 23 Abs. 4 BSVG Vermietungen nur dann ausgenommen seien, wenn diese die vom Österreichischen Kuratorium für Landtechnik ermittelten Richtwerte für Selbstkosten (ÖKL-Richtwerte) nicht überschritten und die eigene Arbeitskraft nicht verrechnet werde.

Dazu führte die belangte Behörde aus, dass gegenständlich nicht nachvollzogen werden könne, ob für die einzelnen Dienstleistungen die ÖKL-Werte überschritten worden seien oder nicht. So würden die der belangten Behörde vorliegenden Rechnungsstatistiken keinen Rückschluss auf die einzelnen Dienstleistungen geben, sondern würden diese mehrere Dienstleistungen zusammenfassen. Die Vorlage weiterer Lieferscheine sei verweigert worden.

So würden die Einnahmen aus der Vermietung land- und forstwirtschaftlicher Betriebsmittel und aus der sozialen Betriebshilfe insgesamt im Jahr 2008 EUR 4.322,23 und im Jahr 2009 EUR 3.478,27 betragen.

2. Gegen diesen Bescheid richtete sich der mit Schreiben vom 16.09.2013 bei der belangten Behörde fristgerecht eingelangte Einspruch der BF (nunmehr: Beschwerde). Begründend führte die BF aus, dass sie mit der Beitragsnachzahlung aufgrund ihrer Nebentätigkeiten nicht einverstanden sei und um nochmalige Überprüfung der Entscheidung durch den Landeshauptmann ersuche. Ihrer Meinung nach handle es sich um eine Maschinenvermietung unterhalb der ÖKL-Richtwerte.

Da der § 20a BSVG bei der Ausnahme von der Aufzeichnungspflicht auf die jeweilige Dienstleistung abstelle, die auf Selbstkostenbasis und ohne Verrechnung der eigenen Arbeitskraft erbracht werde, seien die jeweiligen Beträge der einzelnen Gesamtrechnungen, die eine Einzelleistung über den ÖKL-Werten bzw. die Vergütung einer Arbeitsleistung aufweisen würden, der Aufzeichnungspflicht unterworfen. Für eine Zusammenfassung aller für den jeweiligen Auftraggeber in Rechnung gestellten Dienstleistungen eines Kalenderjahres (Vorgangsweise der belangten Behörde) gebe es keine gesetzliche Grundlage.

3. Das Rechtsmittel der BF wurde in der Folge dem Landeshauptmann der Steiermark als damals zuständiger Rechtsmittelinstanz zur Entscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde führte in dem beiliegenden Vorlagebericht vom 26.11.2013 im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass die BF neben laufender Betriebsführung die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Nebengewerbe ausgeübt habe. Die Beitragsgrundlage für Pflichtversicherte bei Betrieben, für die ein steuerlicher Einheitswert festgestellt worden sei, sei gemäß § 23 Abs. 1 Z 1 BSVG aus dem von diesem abgeleiteten Versicherungswert des land- und (forst)wirtschaftlichen Betriebes zu bilden. Für Nebentätigkeiten iSd § 2 Abs. 1 Z 1 letzter Satz BSVG sei in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z 2 GewO, soweit sie nicht nach der Anlage 2 des zum BSVG vom Einheitswert des Betriebes umfasst seien, eine gesonderte Beitragsgrundlage zu bilden (§ 23 Abs. 1 Z 3 BSVG). Strittig sei im vorliegenden Fall nur die gesonderte Beitragspflicht für die Vermietung land- und (forst)wirtschaftlicher Betriebsmittel.

Sämtliche Einnahmen aus land- und (forst)wirtschaftlicher Nebentätigkeit seien gemäß § 20a BSVG zwingend aufzuzeichnen. Ausgenommen davon seien gemäß § 20a iVm § 23 Abs. 4 BSVG Vermietungen nur dann, wenn die vom Österreichischen Kuratorium für Landtechnik (ÖKL) ermittelten Richtwerte für Selbstkosten nicht überschritten werden würden und die eigene Arbeitskraft nicht verrechnet werde.

Mit dem SRÄG 2004, BGBl I Nr. 105/2005 sei der § 20a BSVG über die Aufzeichnungspflicht insofern erweitert worden, als Einnahmen aus Dienstleistungen, die auf Selbstkostenbasis und ohne Verrechnung der eigenen Arbeitskraft erbracht werden würden, aus der Vermietung im Rahmen der zwischenbetrieblichen Zusammenarbeit von der Aufzeichnungspflicht ausgenommen seien.

In der gegenständlichen Rechtssache sei nicht aktenkundig, wer die vermieteten Geräte tatsächlich bedient habe. Für die BF bzw. deren im Betrieb hauptberuflich beschäftigten Sohn habe jedenfalls kein Dienstverhältnis bestanden. Nach Ansicht der BF seien der ÖKL-Berechnung die tatsächlichen Einsatzstunden der Maschinen zugrunde zu legen. Fallgegenständlich sei eine Aufzeichnungs- und Beitragspflicht festgestellt worden, weil die Tarife der Maschinenvermietung mangels Vorlage von Unterlagen, die die tatsächlichen Einsatzstunden dokumentieren würden, für die belangte Behörde nicht nachvollziehbar seien.

Die belangte Behörde stellte daher den Antrag, dem Rechtsmittel keine Folge zu geben und den angefochtenen Bescheid zu bestätigen.

4. Infolge des Überganges der Zuständigkeit auf das Bundesverwaltungsgericht legte der Landeshauptmann von Steiermark dem Bundesverwaltungsgericht den Bezug habenden Verwaltungsakt samt Einspruch und Vorlagebericht einlangend mit 10.03.2014 zur Entscheidung vor.

5. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.06.2014 wurde das gegenständliche Verfahren bis zur Entscheidung des beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) zur Zl. 2013/08/0242 anhängigen Verfahrens ausgesetzt.

Der VwGH entschied mit Erkenntnis vom 17.12.2015, Zl. 2013/08/0242, über die oben angeführte Rechtssache. Das hier gegenständliche Verfahren wurde daher wieder fortgeführt.

6. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses wurde die Rechtssache der vormals zuständigen Gerichtsabteilung G310 abgenommen und der Gerichtsabteilung G303 mit 24.04.2015 neu zugewiesen.

7. Mit Verfahrensanordnung vom 14.11.2017 wurde die BF seitens des erkennenden Gerichtes aufgefordert, zu den betreffenden Geräten und Maschinen Daten bekanntzugeben und allenfalls weitere Beweismittel diesbezüglich binnen zwei Wochen vorzulegen.

7.1. Mit beim erkennenden Gericht am 29.11.2017 eingelangtem Schreiben gab die BF weitere Daten und Informationen zu den betreffenden Geräten bekannt.

8. Mit Schreiben des erkennenden Gerichtes vom 07.12.2017 wurde der belangten Behörde das Schreiben der BF vom 29.11.2017 mitsamt der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme zur Stellungnahme binnen zwei Wochen übermittelt.

8.1. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 15.12.2017 erstattete diese eine Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde ausgeführt, dass die belangte Behörde zum Entscheidungszeitpunkt davon ausgegangen sei, dass eine einheitliche "Vermietungstätigkeit" im Rahmen eines Rahmenvertrages vorliege und dass eine einmalige Überschreitung der Selbstkostenbasis oder eine einmalige Verrechnung der Arbeitskraft in einem Kalenderjahr dazu führe, dass sämtliche in diesem Kalenderjahr erbrachte Dienstleistungen bzw. Vermietungen der Beitragspflicht unterliegen würden und dass die ÖKL- Richtwerte der einzige Indikator für die Verrechnung zu Selbstkosten seien.

Die belangte Behörde führte dazu weiter aus, dass diese Rechtsmeinung vom VwGH nicht geteilt und nunmehr in VwGH 10.04.2013, Zl. 2010/08/0261 festgestellt worden sei, dass die einzelne faktisch erbrachte Dienstleistung entscheidend sei und wenn diese den Selbstkostenpreis überschreiten würde, diese zur Aufzeichnungs- und Beitragspflicht führe.

So ergebe sich nach neuerlicher Beurteilung des Sachverhaltes, dass in den Jahren 2008 und 2009 folgende Umsätze über ÖKL verrechnet worden seien:

2008

EUR 1.900,47

2009

EUR 284,70

 

 

Daraus würden sich die folgenden Beitragsgrundlagen ergeben:

1. Für dem Flächenbetrieb:

Tabelle kann nicht abgebildet werden

2. Für die Nebentätigkeiten

Soziale Betriebshilfe und Vermietung land- und (forst)wirtschaftlicher Betriebsmittel:

Tabelle kann nicht abgebildet werden

Tabelle kann nicht abgebildet werden

3. Die Beiträge der Jahre 2008 und 2009 würden sich unter Berücksichtigung der über der ÖKL- Richtwerte verrechneten Umsätze wie folgt errechnen:

Beitragsgrundlage

 

 

Beiträge

 

 

 

 

UV

KV

PV

 

Flächenbetrieb

1.240,06

 

 

 

01.01.2008 - 31.12.2008

Nebentätigkeit

47,51

24,46

98,50

193,14

 

Gesamt

1.287,57

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Flächenbetrieb

1.271,06

 

 

 

01.01.2009 - 28.02.2009

Nebentätigkeit

7,12

24,29

97,78

191,73

 

Gesamt

1.278,18

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Flächenbetrieb

1.271,06

 

 

 

01.03.2009 - 30.04.2009

Nebentätigkeit

127,69

26,58

107,00

209,81

 

Gesamt

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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