TE Bvwg Beschluss 2018/12/20 W258 2210629-1

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Veröffentlicht am 20.12.2018
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Entscheidungsdatum

20.12.2018

Norm

ABGB §21 Abs2
AVG §9
B-VG Art.133 Abs4
DSG 2000 Art.2 §26
VwGVG §17
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W258 2210629-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gerold PAWELKA-SCHMIDT als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichtern Dr. Gerd TRÖTZMÜLLER und Gerhard RAUB als Beisitzer über den Verfahrenshilfeantrag vom 27.11.2018 des mj XXXX , XXXX , XXXX , zur Abfassung und Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid der Datenschutzbehörde vom XXXX , GZ XXXX ,

A)

Der Antrag wird zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Zu A)

I. Verfahrensgang:

Der fünfzehnjährige Beschwerdeführer (in Folge "BF") erhob bei der belangten Behörde am 10.09.2018 Beschwerde gegen den XXXX wegen nicht rechtzeitig erteilter Auskunft. Die Verfahrensführung wurde von seinem obsorgeberechtigten Vater am 22.09.2018 genehmigt.

Mit Bescheid vom 08.11.2018 wies die belangte Behörde die Beschwerde zusammengefasst mit der Begründung ab, dass kein Rechtsanspruch darauf bestehe, die Rechtswidrigkeit einer zu spät erteilten Auskunft festzustellen.

Am 27.11.2018 stellte der BF an die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe zur Abfassung und Einbringung einer Beschwerde gegen den Bescheid und teilte gleichzeitig mit, dass ihm sein Vater die Einverständniserklärung zur Führung des Verfahrens entzogen hat.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom 29.11.2018, dem Vater des BF am selben Tag zugestellt, trug die belangte Behörde dem BF ua auf, binnen zwei Wochen ab Erhalt des Schreibens, die Genehmigung der Verfahrensführung durch einen Obsorgeberechtigten oder anderen gesetzlichen Vertreter nachzuweisen.

Mit Schreiben vom 29.11.2018 teilte der BF der belangten Behörde ua mit, dass er eine Einverständniserklärung voraussichtlich nicht nachreichen werde und hat in Folge keine Einverständniserklärung vorgelegt.

Mit Schriftsatz vom 30.11.2018 legte die belangte Behörde den Verfahrenshilfeantrag unter Anschluss der Verwaltungsakten dem erkennenden Gericht vor.

Beweise wurde erhoben durch Einsichtnahme in den unbedenklichen Verwaltungsakt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der unter Punkt I. beschriebene Verfahrensgang, der auf dem unbedenklichen Verwaltungsakt gründet, steht fest.

Rechtlich folgt daraus:

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist mangels Genehmigung durch einen Obsorgeberechtigten unzulässig.

Die Führung eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - hier, die Führung eines Verfahrens zur Erlangung der Verfahrenshilfe - setzt Prozessfähigkeit voraus.

Nach § 9 AVG, der gemäß § 17 VwGVG auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren anzuwenden ist, sind Fragen der persönlichen Rechts- und Handlungsfähigkeit von am Verwaltungsverfahren Beteiligten nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

Demnach bestimmt sich die Geschäftsfähigkeit eines Menschen primär nach seinem Alter. Mit der Volljährigkeit (Vollendung des 18. Lebensjahres) erreicht der geistig gesunde österreichische Staatsbürger die volle Geschäftsfähigkeit und ist daher jedenfalls auch prozessfähig (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 9 Rz 14). Hingegen stehen Minderjährige, also Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 21 Abs. 2 ABGB), unter dem besonderen Schutz der Gesetze (§ 21 Abs. 1 ABGB) und können daher an sich ohne ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung des gesetzlichen Vertreters rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten. Sie sind also grundsätzlich geschäftsunfähig und damit auch prozessunfähig (vgl. Hengstschläger/Leeb, aaO).

Personen, die nicht prozessfähig sind, nehmen durch ihren gesetzlichen Vertreter am Verwaltungsverfahren teil. Wer gesetzlicher Vertreter ist, richtet sich gemäß § 9 AVG primär nach den Verwaltungsvorschriften und subsidiär nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. Minderjährige werden grundsätzlich durch ihre Eltern oder den Obsorgebetrauten vertreten (vgl zu all dem vorher Gesagten VwGH 25.2.2016, Ra 2016/19/0007).

Zwar haben mündige Minderjährige - wie der BF - beschränkte Prozessfähigkeit, sie ist aber auf Verfahren, die sich auf ihnen zur freien Verfügung überlassene Sachen beziehen oder ihr Einkommen aus eigenem Erwerb betreffen - dh auf vermögensrechtlichen Angelegenheiten - beschränkt (vgl Hengstschläger/Leeb, AVG § 9 Rz 14 unter Berufung auf die Entscheidung des VwGH 06.03.1987, 86/11/0121, in der die Prozessfähigkeit einer Person mit Handlungsfähigkeit eines mündigen Minderjährigen mangels besonderer Verwaltungsvorschriften für die Beantragung der Wiederausfolgung eines Führerscheins verneint worden ist).

Bei der Stellung eines Antrags auf Verfahrenshilfe handelt es sich insoweit um eine vermögensrechtliche Angelegenheit, als dass durch die Gewährung der Verfahrenshilfe nicht oder nicht so stark in das Vermögen des BF eingegriffen wird; der Zweck der Verfahrensführung ist aber letztlich ein datenschutzrechtlicher, nämlich festzustellen, dass der BF in seinem Recht auf datenschutzrechtliche Auskunft verletzt worden ist. Dem BF kommt daher nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts weder die Prozessfähigkeit zur Führung eines datenschutzrechtlichen Beschwerdeverfahrens vor den Verwaltungsgerichten noch zur Stellung eines darauf abzielenden Verfahrenshilfeantrags zu.

Da auch die maßgeblichen Verwaltungsvorschriften, nämlich die DSGVO bzw. das DSG 2000, nicht anderes bestimmen, wzwar können Kinder, die das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben gemäß § 4 Abs 4 DSG 2000 unter bestimmten Voraussetzungen wirksame datenschutzrechtliche Zustimmungserklärungen abgeben, daraus lässt sich aber kein Recht zur verwaltungsbehördlichen oder -gerichtlichen Verfahrensführung ableiten, war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. So besteht zu den Rechtsfragen, die jeweils (zitierte) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs und weicht das erkennende Gericht von dieser nicht ab. Sonstiger Hinweise auf Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung liegen nicht vor.

Schlagworte

Auskunftsbegehren, Datenschutzbeschwerde, Einverständnis,
gesetzlicher Vertreter, mündiger Minderjähriger, Prozessfähigkeit,
Verfahrenshilfeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W258.2210629.1.00

Zuletzt aktualisiert am

19.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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