TE Vwgh Beschluss 2019/1/22 Ro 2018/05/0023

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Veröffentlicht am 22.01.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

AWG 2002 §6 Abs5;
B-VG Art133 Abs4;
VerpackV 2014 §3 Z1;
VerpackV 2014 Anh2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der K GmbH in W, vertreten durch Mag. Dr. Peter Sommerer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salztorgasse 2/11, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 7. September 2018, Zl. VGW-101/056/14049/2017-8, betreffend Feststellung nach dem AWG 2002 in Verbindung mit der Verpackungsverordnung 2014 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesministerin für Nachhaltigkeit und Tourismus - vormals: Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Im gegenständlichen Fall geht es um die Feststellung gemäß § 6 Abs. 5 AWG 2002, dass Stahlumhüllungen der von der Revisionswerberin vertriebenen Sodakapseln und Sahnekapseln Verpackungen im Sinne des § 3 Z 1 in Verbindung mit Anhang 2 der Verpackungsverordnung 2014 darstellen.

6 Die Zulässigkeit der ordentlichen Revision wurde vom Verwaltungsgericht wie folgt begründet:

"Die ordentliche Revision ist zulässig, da eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Rechtsprechung zu Definition und Auslegung der Begriffe des § 3 Z 1 lit a) VerpackVO 2014 und die Anwendbarkeit der Beispiele im Anhang 2 der VerpackVO 2014 (insbesondere ¿wieder-befüllbare Stahlflaschen für verschiedene Arten von Gasen') fehlen."

7 In der Revision sind keine darüber hinausgehenden, gesonderten Ausführungen zur Begründung deren Zulässigkeit enthalten.

8 § 3 Z 1 lit. a der Verpackungsverordnung 2014, BGBl. II Nr. 184, lautet:

"§ 3. Im Sinne dieser Verordnung ist oder sind

1. ¿Verpackungen' aus verschiedenen Packstoffen hergestellte Packmittel, Packhilfsmittel oder Paletten zur Aufnahme, zum Schutz, zur Handhabung, zur Lieferung und zur Darbietung von Waren. Der Begriff Verpackungen wird zusätzlich durch die nachstehenden Kriterien bestimmt. Die in Anhang 2 angeführten Gegenstände sind Beispiele für die Anwendung dieser Kriterien.

a)        Gegenstände gelten als Verpackungen, wenn sie der oben

genannten Begriffsbestimmung entsprechen, unbeschadet anderer

Funktionen, die die Verpackung möglicherweise ebenfalls erfüllt,

es sei denn,

aa)        der Gegenstand ist integraler Teil eines Produkts, der

zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung dieses Produkts

während seiner gesamten Lebensdauer benötigt wird, und

bb)        alle Komponenten sind für die gemeinsame Verwendung,

den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Behandlung bestimmt."

9 Der Anhang 2 zur Verpackungsverordnung 2014, BGBl. II Nr. 184, lautet auszugsweise (soweit sie sich auf die lit. a des § 3 Z 1 leg. cit. bezieht):

"Beispiele für Verpackungen gemäß § 3 Z 1

1. Gegenstände gelten als Verpackungen, wenn sie der in § 3 Z 1 genannten Begriffsbestimmung entsprechen, unbeschadet anderer Funktionen, die die Verpackung möglicherweise ebenfalls erfüllt, es sei denn, der Gegenstand ist integraler Teil eines Produkts, der zur Umschließung, Unterstützung oder Konservierung dieses Produkts während seiner gesamten Lebensdauer benötigt wird, und alle Komponenten sind für die gemeinsame Verwendung, den gemeinsamen Verbrauch oder die gemeinsame Entsorgung bestimmt.

Beispiele für dieses Kriterium

Gegenstände, die als Verpackungen gelten

-

Schachteln für Süßigkeiten

-

Klarsichtfolie um CD-Hüllen

-

Versandhüllen für Kataloge und Magazine mit Inhalt

-

Backförmchen für kleineres Backwerk, die mit dem Backwerk verkauft werden

-

Rollen, Röhren und Zylinder, um die flexibles Material aufgespult ist (z.B. Kunststofffolie, Aluminium, Papier), ausgenommen Rollen, Röhren und Zylinder, die Teile einer Produktionsanlage sind und nicht zur Aufmachung eines Produkts als Verkaufseinheit verwendet werden

-

Blumentöpfe, die nur für den Verkauf und den Transport von Pflanzen bestimmt sind und in denen die Pflanze nicht während ihrer Lebenszeit verbleiben soll

-

Glasflaschen für Injektionslösungen

-

CD-Spindeln (die mit CDs verkauft werden und nicht zur Lagerung verwendet werden sollen)

-

Kleiderbügel (die mit einem Kleidungsstück verkauft werden)

-

Streichholzschachteln

-

Sterilbarrieresysteme (Beutel, Trays und Materialien, die zur Erhaltung der Sterilität des Produkts erforderlich sind)

-

Getränkesystemkapseln (zB Kaffee, Kakao, Milch), die nach Gebrauch leer sind

-

Wiederbefüllbare Stahlflaschen für verschiedene Arten von Gasen, ausgenommen Feuerlöscher

Gegenstände, die nicht als Verpackungen gelten

-

Blumentöpfe, in denen die Pflanze während ihrer Lebenszeit verbleibt

-

Werkzeugkästen

-

Teebeutel

-

Wachsschichten um Käse

-

Wursthäute

-

Kleiderbügel (die getrennt verkauft werden)

-

Getränkesystemkapseln, Kaffee-Folienbeutel und Kaffeepads aus Filterpapier, die zusammen mit dem verwendeten Kaffeeprodukt entsorgt werden

-

Tonerkartuschen

-

CD-, DVD- und Videohüllen (die zusammen mit einer CD, DVD oder einem Video verkauft werden)

-

CD-Spindeln (die leer verkauft werden und zur Lagerung verwendet werden sollen)

-

Beutel aus wasserlöslicher Folie für Geschirrspülmittel

-

Grablichter (Behälter für Kerzen)

-

Mechanisches Mahlwerk (integriert in einem wiederbefüllbaren Behältnis, zB wiederbefüllbare Pfeffermühle)

..."

10 Der Revisionswerber hat auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeitsgründe gesondert darzulegen, wenn die Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das Verwaltungsgericht für die Beurteilung deren Zulässigkeit nicht ausreicht oder der Revisionswerber andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für gegeben erachtet (vgl. VwGH 27.4.2016, Ro 2016/05/0002, mwN).

11 Die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision reicht im vorliegenden Fall nicht aus, deren Zulässigkeit erkennen bzw. beurteilen zu können. In § 3 Z 1 lit. a der Verpackungsverordnung 2014 sind zahlreiche "Begriffe" enthalten, ebenso im Anhang 2 der Verpackungsverordnung 2014; die Einschränkung auf "wiederbefüllbare Stahlflaschen für verschiedene Arten von Gasen" hat das Verwaltungsgericht erkennbar nicht für abschließend befunden (arg: "insbesondere").

12 Außerdem liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist, und zwar selbst dann nicht, wenn dazu noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ergangen ist, sofern nicht fallbezogen (ausnahmsweise) eine Konstellation gegeben ist, die es im Einzelfall erforderlich macht, aus Gründen der Rechtssicherheit korrigierend einzugreifen (vgl. VwGH 29.11.2016, Ra 2016/06/0066, mwN).

13 Es ist nicht klar, ob sich der Verwaltungsgerichtshof nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes im Zusammenhang mit einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung mit sämtlichen Begriffen des § 3 Z 1 lit. a der Verpackungsverordnung 2014 bzw. des Anhanges 2 zu dieser Verordnung auseinanderzusetzen hätte. Eine fallbezogene (vgl. dazu VwGH 5.4.2017, Ra 2015/04/0088) bestimmte Angabe, um welche Begriffe es gehen soll, ist der Begründung des Verwaltungsgerichtes zur Zulässigkeit der Revision nicht zu entnehmen. Es mangelt daher in Bezug auf die Frage, ob eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, einer entsprechenden Konkretisierung (vgl. VwGH 4.5.2016, Ra 2016/17/0058, mwN).

14 Es tritt hinzu, dass es in Bezug auf die Revisionszulässigkeit einer Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem konkreten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung bedarf (vgl. VwGH 2.8.2018, Ra 2018/05/0198, mwN). Jedenfalls ist eine konkrete Bezugnahme auf den Revisionsfall herzustellen (vgl. VwGH 2.5.2016, Ra 2016/16/0028, mwN). Diese Konkretisierung obliegt auch im Falle einer ordentlichen Revision, wenn sie nicht schon der Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision entnommen werden kann, dem Revisionswerber (vgl. VwGH 20.9.2018, Ro 2018/09/0001, und 27.9.2018, Ro 2017/10/0028).

15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

16 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.

17 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 22. Jänner 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018050023.J00

Im RIS seit

19.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

14.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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