TE Vwgh Beschluss 2019/1/23 Ro 2016/13/0012

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.01.2019
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art132 Abs5;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §34 Abs1;

Beachte

* Enderledigung des gegenständlichen Ausgangsverfahrens im fortgesetzten Verfahren: Ro 2016/13/0012 B 18. Oktober 2017 Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ro 2016/13/0021 B 23. Januar 2019

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der V AG in B, vertreten durch DDr. Hans Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Salesianergasse 1b/III/Top 11, zustellungsbevollmächtigt die Arlamovsky Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 6-8/47, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 1. April 2016, Zl. RV/1100554/2015, betreffend Stabilitätsabgabe und Sonderbeitrag zur Stabilitätsabgabe für das Jahr 2014, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist gemäß § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

3 Die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Eine bei Einbringung der Revision bestehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung kann nachträglich wegfallen, wenn die Frage in einem anderen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geklärt wird (vgl. die bei Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte2, § 34 E 104 bis 107, nachgewiesene Judikatur). Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt aber auch dann nicht vor, wenn sie durch ein Urteil des EuGH gelöst ist (vgl. a.a.O., E 140).

4 Im vorliegenden Fall sprach das Bundesfinanzgericht aus, die im Streitfall aufgeworfenen Fragen zur Verfassungskonformität der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen rechtfertigten im Hinblick auf die schon vorliegende Judikatur des Verfassungsgerichtshofes keine Revision. Soweit Fragen der "Gemeinschaftsrechtskonformität" angesprochen seien, werde eine Revision aber für zulässig erachtet.

5 Die "Beschwerdepunkte" (gemeint: Revisionspunkte) der Revision lauten:

"Die Revisionswerberin ist durch das angefochtene Urteil in in (sic) ihrem Recht, nicht zur Zahlung einer Abgabe herangezogen zu werden, wenn die gesetzliche Grundlage dafür mit dem Unionsrecht nicht vereinbar ist und daher infolge des Anwendungsvorranges des Unionsrechts bzw. auf Grund einer verfassungswidrigen Abgabennorm nicht zu einer Abgabe herangezogen zu werden (sic)."

6 Darin kommt - bereinigt um die sprachliche Fehlerhaftigkeit und abgesehen von der scheinbaren Ableitung einer Verfassungswidrigkeit aus einer Unionsrechtswidrigkeit mit dem Wort "daher" - zum Ausdruck, dass sich die Revisionswerberin, ein österreichisches Kreditinstitut, in ihren Rechten verletzt erachtet, weil sie auf Grund sowohl unionsrechtswidriger als auch verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen (nämlich näher genannter Vorschriften des mit dem Budgetbegleitgesetz 2011, BGBl. I Nr. 111/2010, eingeführten und in der Folge wiederholt geänderten Stabilitätsabgabegesetzes) zur Leistung von Abgaben (der Stabilitätsabgabe und des Sonderbeitrags zur Stabilitätsabgabe jeweils für das Jahr 2014) herangezogen worden sei. Die in Abschnitt D (gemeint: C) der Revisionsbegründung in drei Sätzen erhobene Behauptung, die Berechnung der Abgabe durch das Bundesfinanzgericht habe nicht dem Gesetz entsprochen, findet in diesen Revisionspunkten nicht Deckung und bedarf daher keiner weiteren Beachtung.

7 Für die Klärung verfassungsrechtlicher Fragen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht zuständig. Es kann im Besonderen auch das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht mit der Frage der Verfassungskonformität der anzuwendenden Gesetzesbestimmungen begründet werden (vgl. dazu die Judikaturnachweise bei Eder/Martschin/Schmid, a.a.O., E 32 bis 38, E 126 und E 274).

8 Zur behaupteten Unionsrechtswidrigkeit von Bestimmungen des Stabilitätsabgabegesetzes wurde in der Revision vorgebracht, es liege eine Verletzung der Dienstleistungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit zum Nachteil der Revisionswerberin vor. Bestimmte begünstigende Vorschriften, die Konkurrenten der Revisionswerberin zugutekämen, seien aber auch als verbotene Beihilfen zu werten.

9 Dem zuletzt wiedergegebenen Argument gegen die Abgabenpflicht der Revisionswerberin steht die ständige Rechtsprechung des EuGH entgegen, wonach sich der Schuldner einer Abgabe nicht darauf berufen kann, dass die Befreiung anderer Unternehmen eine staatliche Beihilfe darstelle, um sich selbst so der Zahlung dieser Abgabe zu entziehen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz und Abs. 9 VwGG auf die Begründung des Beschlusses (Vorabentscheidungsersuchens) vom 18. Oktober 2017, EU 2017/0008-1, verwiesen werden, womit dem EuGH nur eine Frage zur behaupteten Verletzung der Dienstleistungs- und der Kapitalverkehrsfreiheit zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde. Angesichts der in diesem Beschluss zitierten Rechtsprechung des EuGH liegt insoweit, als die Revision das Vorliegen verbotener Beihilfen behauptet, keine für die Entscheidung maßgebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor.

10 Die Frage einer Verletzung der Dienstleistungs- oder der Kapitalverkehrsfreiheit wurde vom EuGH mit dem auf Grund des Vorabentscheidungsersuchens vom 18. Oktober 2017 ergangenen Urteil vom 22. November 2018, Vorarlberger Landes- und Hypothekenbank, C-625/17, verneint und ist daher nicht mehr ungeklärt. Die angefochtene Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes steht auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des EuGH.

11 Die Revision war daher zurückzuweisen, was der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat beschlossen hat.

12 Ein Kostenausspruch konnte entfallen, weil keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde.

Wien, am 23. Jänner 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2016130012.J00

Im RIS seit

19.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten