TE Vwgh Beschluss 2019/1/30 Ra 2017/12/0116

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.01.2019
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Index

E1P
E3L E05200510
E6J
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
63/02 Gehaltsgesetz

Norm

AVG §38
GehG 1956 §169e Abs1
GehG 1956 §20c
VwGG §62 Abs1
12010P/TXT Grundrechte Charta Art21
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art1
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art17
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art2
32000L0078 Gleichbehandlungs-RL Beschäftigung Beruf Art6
62004CJ0144 Mangold / Helm VORAB

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:* EU-Register: F 2019/0002Vorabentscheidungsverfahren:C-396/17Vorabentscheidungsverfahren:* Ausgesetztes Verfahren: Ra 2017/12/0116 E 27.05.2019* EuGH-Entscheidung: F 2019/0002

Betreff

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Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel sowie die Hofrätinnen MMag. Ginthör und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Mag. H W in S, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. September 2017, GZ. W129 2112365-1/7E, betreffend Jubiläumszuwendung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Salzburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 240,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der am 23. November 1957 geborene Revisionswerber steht seit 1. Oktober 2015 in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Bund. Er stand zuletzt bei der Landespolizeidirektion Salzburg als Hofrat in Verwendung. 2 Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 7. November 1980 wurde anlässlich des am 1. November 1980 erfolgten Eintritts des Revisionswerbers in das öffentlichrechtliche Dienstverhältnis dessen Vorrückungsstichtag mit 12. November 1976 festgesetzt. Dabei wurden dem Tag der Anstellung des Revisionswerbers Zeiten im Ausmaß von drei Jahren, elf Monaten und neunzehn Tagen vorangesetzt; dies waren Zeiten ohne Beschäftigung, Zeiten der Beschäftigung des Revisionswerbers als Bäckergehilfe sowie insbesondere Zeiten des Präsenzdienstes und freiwilliger Übungen beim Bundesheer, die durch den Revisionswerber beginnend mit 3. Oktober 1977 - und somit deutlich nach Vollendung seines 18. Lebensjahres - zurückgelegt wurden. 3 Weiters wurde anlässlich des Diensteintritts des Revisionswerbers als Jubiläumsstichtag der 1. November 1977 seitens der Dienstbehörde "eingetragen".

4 Mit Antrag vom 13. Mai 2013 begehrte der Revisionswerber (ohne die seiner Ansicht nach anzurechnenden Vordienstzeiten im Hinblick auf das jeweils betroffene Beschäftigungsverhältnis konkret aufzuschlüsseln) u.a. eine Neufestsetzung seines Vorrückungsstichtages mit 1. März 1974.

5 Diesem Antrag wurde mit Bescheid der Dienstbehörde vom 16. Dezember 2013 entsprochen und der Vorrückungsstichtag des Revisionswerbers in Anwendung des § 113 Abs. 10 GehG mit 1. März 1974 neu festgesetzt. Dem Tag der Ernennung des Revisionswerbers in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis wurden Zeiten im Ausmaß von sechs Jahren, acht Monaten und null Tagen vorangesetzt.

6 Ein Abspruch über die durch den Revisionswerber ebenfalls beantragte Neufestsetzung der daraus resultierenden besoldungsrechtlichen Stellung sowie die Nachzahlung sich daraus ergebender Bezüge erfolgte im dienstbehördlichen Bescheid vom 16. Dezember 2013 nicht. In dem Verfahren betreffend Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung erhob der Revisionswerber Säumnisbeschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, nachdem dieses Verfahren durch die Dienstbehörde gemäß § 38 AVG im Hinblick auf die Anhängigkeit des Vorabentscheidungsersuchens des Obersten Gerichtshofes vom 19. Dezember 2016, 9 ObA 141/15y, ausgesetzt worden war. Mit Erkenntnis vom 19. Juni 2017 wies das Bundesverwaltungsgericht die Säumnisbeschwerde des Revisionswerbers gemäß § 8 Abs. 1 letzter Satz VwGVG ab. Die gegen dieses Erkenntnis erhobene außerordentliche Revision wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. September 2017, Ra 2017/12/0068, zurückgewiesen.

7 Im vorliegenden Verfahren beantragte der Revisionswerber mit Eingabe vom 2. April 2015 die Auszahlung einer Jubiläumszuwendung aus Anlass der Vollendung eines Besoldungsdienstalters von 40 Jahren. Dazu führte er aus, dass gemäß § 169c Abs. 10 Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGB1. Nr. 54 in der Fassung BGB1. I Nr. 32/2015, auf übergeleitete Beamte die Bestimmungen über die Jubiläumszuwendung (§ 20c GehG) mit der Maßgabe anzuwenden seien, dass an die Stelle des Erfordernisses der Vollendung eines Besoldungsdienstalters von 25 bzw. 40 Jahren oder 35 Jahren das Erfordernis des Erreichens jenes Tages trete, der 25 bzw. 40 Jahre oder 35 Jahre nach dem bereits von der Dienstbehörde festgesetzten Stichtag liege. Dieser nun maßgebliche Stichtag sei mit Bescheid der Dienstbehörde vom 16. Dezember 2013 mit 1. März 1974 rechtskräftig ermittelt worden. Die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung aus Anlass des vierzigjährigen Dienstjubi läums seien somit bereits mit 1. März 2014 vorgelegen. 8 Mit Bescheid der Dienstbehörde vom 29. Juli 2015 wurde der Antrag des Revisionswerbers vom 2. April 2015 auf Auszahlung einer Jubiläumszuwendung gemäß § 20c in Verbindung mit "§ 169 Abs. 10 GehG" zum Termin 1. März 2015 abgewiesen.

9 Begründend führte die Behörde aus, der Jubiläumsstichtag des Revisionswerbers sei der 1. November 1977. Davon ausgehend errechne sich der 1. November 2017 als für die Auszahlung der vierzigjährigen Jubiläumszuwendung maßgeblicher Termin. Aus der Überleitungsbestimmung des § 169c Abs. 10 GehG in der Fassung BGB1. I Nr. 32/2015 ergebe sich, dass für übergeleitete Beamte anstatt des Erfordernisses der Vollendung eines Besoldungsdienstalters der bereits von der Dienstbehörde ermittelte Stichtag anzuwenden sei. Das bedeute, dass Dienstzeiten, welche bereits vor dem 12. Februar 2015 als Dienstzeiten für die Berechnung der Jubiläumszuwendung berücksichtigt und gemäß § 20c Abs. 2 GehG in der Fassung BGB1. I Nr. 8/2015 angerechnet worden seien, auch für übergeleitete Beamte zu berücksichtigen seien. Die gemäß § 12 Abs. 2 Z 2 GehG in der Fassung BGB1. I Nr. 8/2015 zu berücksichtigenden Dienstzeiten des Revisionswerbers seien für die Jubiläumszuwendung zur Gänze anzurechnen. Die weiteren Dienstzeiten des Revisionswerbers, die bei der Berechnung des Vorrückungsstichtages gemäß § 12 GehG in der Fassung BGB1. I Nr. 8/2015 zur Hälfte Berücksichtigung gefunden hätten, seien für die Berechnung des Jubiläumsstichtages nicht maßgeblich. Der Jubiläumsstichtag sei weder mit dem Vorrückungsstichtag noch mit dem Datum des effektiven Dienstantritts noch mit dem Ruhegenussstichtag ident. Im Zusammenhang mit der Jubiläumszuwendung seien die Dienstzeiten des Revisionswerbers, die gemäß § 20c Abs. 2 Z 2 GehG 1956 in der Fassung BGB1. I Nr. 8/2015 bereits von der Dienstbehörde vor der Besoldungsreform 2015 angerechnet worden seien, berücksichtigt worden. Fallbezogen bedeute dies, dass die vom Revisionswerber beginnend mit 3. Oktober 1977 beim Bundesheer zurückgelegten Dienstzeiten als anrechenbare Dienstzeiten für die Jubiläumszuwendung berücksichtigt worden seien. Die vor dem Eintritt des Revisionswerbers in das öffentlich-rechtliche Dienstverhältnis am 1. November 1980 zurückgelegten Vordienstzeiten seien auch bereits mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 7. November 1980 angerechnet worden. Diese Zeiten seien in Entsprechung des § 20c GehG in der Fassung BGB1. I Nr. 32/2015 in Verbindung mit § 169c Abs. 10 GehG 1956 in der Fassung BGB1. I Nr. 32/2015 als Dienstzeiten miteinzubeziehen. So seien für den Jubiläumsstichtag jene Vordienstzeiten berücksichtigt worden, die auch gemäß § 12 GehG zur Gänze zu berücksichtigen gewesen seien. Somit habe der Revisionswerber zum Stichtag 1. März 2015 die Voraussetzungen für die Gewährung einer Jubiläumszuwendung nicht erfüllt. 10 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde, in welcher er im Wesentlichen die Auffassung vertrat, es sei im vorliegenden Fall der 1. März 1974 als der (nunmehr) in § 169e Abs. 1 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2015 genannte "bereits bisher von der Dienstbehörde ermittelte Stichtag" heranzuziehen. 11 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG in Verbindung mit § 20c und § 169e Abs. 1 GehG mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass die im Spruch des dienstbehördlichen Bescheides angeführte Rechtsgrundlage statt "§ 169 Abs. 10 GehG 1956" richtigerweise "§ 169e Abs. 1 GehG 1956" zu lauten habe.

12 In rechtlicher Hinsicht hielt das Verwaltungsgericht fest, es ergebe sich im vorliegenden Zusammenhang allein aus dem Umstand, dass im dienstbehördlichen Bescheid eine unzutreffende Rechtsvorschrift zitiert worden sei, keine Rechtswidrigkeit dieses Bescheides. Weiters seien bei der Berechnung des Jubiläumsstichtages ausschließlich die in § 12 Abs. 2 GehG ("Altsystem") angeführten Zeiten heranzuziehen, somit fallbezogen nur die zur Gänze für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages berücksichtigten Dienstzeiten des Revisionswerbers beim Bundesheer, nicht aber die lediglich zur Hälfte für die Berechnung des Vorrückungsstichtages ("Altsystem") berücksichtigten Zeiten der Beschäftigungslosigkeit und als Bäckergehilfe. Der Vorrückungsstichtag ("Altsystem") sei nicht zwingend mit dem Jubiläumsstichtag ident. Folglich habe der Revisionswerber entgegen der von ihm vertretenen Rechtsansicht die Voraussetzungen für die Gewährung einer Jubiläumszuwendung am 1. März 2014 nicht erfüllt.

13 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts verbunden mit dem Antrag geltend gemacht wird, der Verwaltungsgerichthof möge aus diesem Grund das angefochtene Erkenntnis aufheben, hilfsweise in der Sache selbst entscheiden. 14 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Dienstbehörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie u.a. zu den im Vorverfahren durch den Verwaltungsgerichtshof zur Äußerung an die Verfahrensparteien übermittelten Fragen Stellung nahm. 15 Der Revisionswerber äußerte sich ebenfalls zu den den Parteien unterbreiteten Fragestellungen und erstattete eine Replik zur Revisionsbeantwortung der Dienstbehörde.

16 Mit Beschluss vom 30. Jänner 2019, Ra 2017/12/0116-9, setzte der Verwaltungsgerichtshof das Revisionsverfahren bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) über die mit Vorlageentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2017, Martin Leitner gegen Landespolizeidirektion Tirol, C-396/17, vorgelegten Fragen aus. 17 In der zuletzt genannten Rechtssache erkannte der EuGH mit Urteil vom 8. Mai 2019 in Beantwortung der mit Vorlageentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2017 vorgelegten Fragen wie folgt:

"1. Die Art. 1, 2 und 6 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind in Verbindung mit Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass sie einer rückwirkend in Kraft gesetzten nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, wonach zur Beseitigung einer Diskriminierung wegen des Alters die Überleitung von Beamten im Dienststand in ein neues Besoldungs- und Vorrückungssystem vorgesehen ist, in dem sich die erste Einstufung dieser Beamten nach ihrem letzten gemäß dem alten System bezogenen Gehalt richtet.

2. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und Art. 9 der Richtlinie 2000/78 sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens den Umfang der Kontrolle, die von den nationalen Gerichten ausgeübt werden kann, einschränkt, indem Fragen im Zusammenhang mit der Grundlage des anhand des alten Besoldungs- und Vorrückungssystems berechneten "Überleitungsbetrags" ausgeschlossen werden.

3. Das nationale Gericht ist, wenn nationale Rechtsvorschriften nicht im Einklang mit der Richtlinie 2000/78 ausgelegt werden können, verpflichtet, im Rahmen seiner Befugnisse den Rechtsschutz, der dem Einzelnen aus dieser Richtlinie erwächst, zu gewährleisten und für ihre volle Wirkung zu sorgen, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Vorschrift unangewendet lässt. Das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass die Wiederherstellung der Gleichbehandlung in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens, wenn eine unionsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt wurde und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen wurden, voraussetzt, dass den durch das alte Besoldungs- und Vorrückungssystem benachteiligten Beamten die gleichen Vorteile gewährt werden wie den von diesem System begünstigten Beamten, sowohl in Bezug auf die Berücksichtigung vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegter Vordienstzeiten als auch bei der Vorrückung in der Gehaltstabelle, und dass den diskriminierten Beamten infolgedessen ein finanzieller Ausgleich in Höhe der Differenz zwischen dem Gehalt, das der betreffende Beamte hätte beziehen müssen, wenn er nicht diskriminiert worden wäre, und dem tatsächlich von ihm bezogenen Gehalt gewährt wird."

18 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit macht die Revision u. a. geltend, der Revisionswerber habe bereits auf Grund unionsrechtlicher Bestimmungen einen neuen diskriminierungsfreien Vorrückungsstichtag erwirkt. Die Nichtberücksichtigung dieses diskriminierungsfreien Vorrückungsstichtages bei der Jubiläumszuwendung führe zu einer neuerlichen unzulässigen Diskriminierung aufgrund des Alters.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

19 Die Revision ist zulässig und berechtigt.

20 § 20c Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 (GehG), BGBl. Nr. 54 in der Fassung der auszugsweise wiedergegebenen Passagen nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 32/2015, lautet auszugsweise:

"Jubiläumszuwendung

§ 20c (1) Der Beamtin oder dem Beamten kann aus Anlass der Vollendung eines Besoldungsdienstalters von 25 Jahren sowie von 40 Jahren für treue Dienste eine Jubiläumszuwendung gewährt werden..."

21 § 20c GehG in der Fassung vor dem Bundesgesetz

BGBl. I Nr. 32/2015 lautete auszugsweise:

"Jubiläumszuwendung

§ 20c. (1) Dem Beamten kann aus Anlaß der Vollendung einer Dienstzeit von 25 und 40 Jahren für treue Dienste eine Jubiläumszuwendung gewährt werden. Die Jubiläumszuwendung beträgt bei einer Dienstzeit von 25 Jahren 200 vH und bei einer Dienstzeit von 40 Jahren 400 vH des Monatsbezuges, der der besoldungsrechtlichen Stellung des Beamten in dem Monat entspricht, in den das Dienstjubiläum fällt.

(2) Zur Dienstzeit im Sinne des Abs. 1 zählen:

1. die im bestehenden Dienstverhältnis zurückgelegte Zeit, soweit sie für die Vorrückung wirksam ist, einschließlich der als Richteramtsanwärter zurückgelegten Zeit,

2. die im § 12 Abs. 2 und 2f angeführten Zeiten, soweit sie für die Ermittlung des Vorrückungsstichtages berücksichtigt wurden,

..."

22 § 12 GehG in der Fassung vor dem Bundesgesetz

BGBl. I Nr. 32/2015 lautete auszugsweise:

"§ 12 ...

(2) Gemäß Abs. 1 Z 1 sind voranzusetzen:

1. die Zeit, die

a) in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen

Gebietskörperschaft oder zu einem inländischen Gemeindeverband oder

b) als Lehrkraft ...

zurückgelegt worden ist;

2. die Zeit der Leistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes nach dem Wehrgesetz 2001 (WG 2001), BGBl. I Nr. 146, und des Zivildienstes nach dem Zivildienstgesetz 1986, BGBl. Nr. 679, sowie die Zeit der Tätigkeit als Fachkraft der Entwicklungshilfe im Sinne des Entwicklungshelfergesetzes, BGBl. Nr. 574/1983;

3. die Zeit, in der der Beamte auf Grund des Heeresversorgungsgesetzes, BGBl. Nr. 27/1964, Anspruch auf eine Beschädigtenrente entsprechend einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 90 vH gehabt hat;

4. die Zeit

a) des Unterrichtspraktikums im Sinne des Unterrichtspraktikumsgesetzes, BGBl. Nr. 145/1988, oder der Einführung in das praktische Lehramt,

b)

der Gerichtspraxis (Rechtspraktikantenzeit),

c)

der nach dem Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169, zur ärztlichen Berufsausübung vorgeschriebenen praktischen Tätigkeit an einer zugelassenen Ausbildungsstätte,

                 d)       der Eignungsausbildung nach den §§ 2b bis 2d VBG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2003 geltenden Fassung, des Verwaltungspraktikums gemäß Abschnitt Ia VBG, oder in einem Ausbildungsverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft als Lehrling,

                 e)       einer Tätigkeit oder Ausbildung bei einer inländischen Gebietskörperschaft, soweit auf sie die arbeitsmarktpolitischen Förderungsmaßnahmen des Arbeitsmarktförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 31/1969, anzuwenden waren,

                 f)       einer Tätigkeit als Wissenschaftlicher (Künstlerischer) Mitarbeiter (in Ausbildung) gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Abgeltung von wissenschaftlichen und künstlerischen Tätigkeiten an Universitäten und Universitäten der Künste, BGBl. Nr. 463/1974,

                 g)       in einem Dienstverhältnis, das im Rahmen der Rechtsfähigkeit einer inländischen öffentlichen Universität oder inländischen öffentlichen Universität der Künste, der Akademie der Wissenschaften, der Österreichischen Nationalbibliothek oder einer sonstigen wissenschaftlichen Einrichtung gemäß Forschungsorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 341/1981, oder eines Bundesmuseums oder des Österreichischen Patentamtes eingegangen worden ist;

                 5.       die Zeit einer Verwendung oder Ausbildung, wenn sie in der Anlage 1 des BDG 1979 oder in einer Verordnung zum BDG 1979 für die Verwendung des Beamten

                 a)       in einer der Verwendungsgruppen A 1, M BO 1, M ZO 1 oder PT 1 oder in einer der im § 12a Abs. 2 Z 3 angeführten Besoldungs- oder Verwendungsgruppen über das Erfordernis der abgeschlossenen Hochschulbildung hinaus vorgeschrieben ist oder

                 b)       in einer der Verwendungsgruppen A 2, B, L 2b, E 1, W 1,

M BO 2, M ZO 2, H 2, K 1 oder K 2 über das Erfordernis der erfolgreichen Ablegung der Reife- und Diplomprüfung bzw. Reifeprüfung an einer höheren Schule hinaus vorgeschrieben ist;

ferner die nach der Erlangung des Reife- und Diplomprüfungszeugnisses bzw. Reifeprüfungszeugnisses einer höheren Schule für die Ausbildung zur Ablegung der Befähigungsprüfung für den Fremdsprachunterricht aufgewendete Zeit, soweit sie ein Jahr nicht übersteigt;

                 6.       bei Beamten, die in die Verwendungsgruppen A 1, A 2, B,

L 2b, M BO 1, M ZO 1, M BO 2, M ZO 2, H 2, PT 1 bis PT 4, K 1 oder

K 2 oder in eine der im § 12a Abs. 2 Z 2 und 3 angeführten Besoldungs- oder Verwendungsgruppen aufgenommen werden, die Zeit des erfolgreichen Studiums

a)

an einer höheren Schule oder

b)

- solange der Beamte damals noch keine Reife- und

Diplomprüfung bzw. Reifeprüfung erfolgreich abgelegt hat - an einer Akademie für Sozialarbeit

bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Beamte den Abschluß dieser Ausbildung auf Grund der schulrechtlichen Vorschriften frühestens hätte erreichen können; mögliche schulrechtliche Ausnahmegenehmigungen sind nicht zu berücksichtigen. Als Zeitpunkt des Schulabschlusses ist bei Studien, die mit dem Schuljahr enden, der 30. Juni und bei Studien, die mit dem Kalenderjahr enden, der 31. Dezember anzunehmen;

         7.       die Zeit

         a)       eines abgeschlossenen Studiums an einer Akademie oder an

einer den Akademien verwandten Lehranstalt, das für den Beamten Ernennungserfordernis gewesen ist, sowie die zurückgelegte Berufspraxis, wenn sie nach den jeweils geltenden Prüfungsvorschriften für die Erlangung der Lehrbefähigung für eine Verwendung in der Verwendungsgruppe L 2a 2 vorgeschrieben war, in beiden Fällen bis zum Höchstausmaß von insgesamt zwei Jahren, sofern jedoch das Studium lehrplanmäßig länger dauert, bis zum Höchstausmaß des lehrplanmäßig vorgesehenen Studiums,

         b)       eines abgeschlossenen Studiums an einer Universität oder Hochschule bis zum Ausmaß der in lit. a vorgesehenen Zeit, wenn der Beamte der Verwendungsgruppe L 2a 2 oder L 2a 1 angehört und das Hochschulstudium gemäß Anlage 1 zum BDG 1979 als alternatives Ernennungserfordernis zum Studium an einer Akademie vorgesehen ist,

         c)       eines abgeschlossenen Studiums an einer Pädagogischen Hochschule oder Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik Wien, das für den Beamten Ernennungserfordernis gewesen ist, sowie die zurückgelegte Berufspraxis, wenn sie nach den jeweils geltenden Prüfungsvorschriften für die Erlangung der Lehrbefähigung für eine Verwendung in der Verwendungsgruppe L 2a 2 vorgeschrieben war, in beiden Fällen bis zum Höchstausmaß von insgesamt zwei Jahren, sofern jedoch das Studium lehrplanmäßig länger dauert, bis zum Höchstausmaß des lehrplanmäßig vorgesehenen Studiums,

         d)       eines abgeschlossenen Studiums, das für die Beamtin oder den Beamten in der Verwendungsgruppe L 2a 2 gemäß Anlage 1 Z 24.1,

Z 24.3 oder Z 24.5 oder in der Verwendungsgruppe L 2a 1 gemäß Anlage 1 Z 25.1 Abs. 4 lit. a bis c BDG 1979 Ernennungserfordernis gewesen ist, bis zum Ausmaß der in lit. a vorgesehenen Zeit.

         8.       die Zeit eines abgeschlossenen Studiums an einer Universität (wissenschaftlichen Hochschule), Universität der Künste, Kunsthochschule oder einer staatlichen Kunstakademie oder einer Fachhochschule (Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge, BGBl. Nr. 340/1993), das für den Beamten in einer der Verwendungsgruppen A 1, A, L PH, L 1, M BO 1, M ZO 1, H 1, PT 1 oder PT 2 (mit Hochschulbildung) oder für einen Richteramtsanwärter, Richter, Staatsanwalt oder Universitätsassistenten Ernennungserfordernis gewesen ist; ..."

23 § 169e Abs. 1 GehG in der Fassung dieses Absatzes nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2015 - eine entsprechende Bestimmung enthielt bereits § 169c Abs. 10 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 32/2015 - lautet:

"(1) Auf die am 11. Februar 2015 im Dienststand befindlichen Beamtinnen und Beamten sind die Bestimmungen über die Jubiläumszuwendung (§ 20c) mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Erfordernisses der Vollendung eines Besoldungsdienstalters von 25 bzw. 40 oder 35 Jahren das Erfordernis des Erreichens jenes Tages tritt, der 25 bzw. 40 oder 35 Jahre nach dem bereits bisher von der Dienstbehörde ermittelten Stichtag liegt. Die Bestimmungen über die Hemmung der Vorrückung (§ 10) sind auf die vor Erreichen des Dienstjubiläums liegenden Zeiten sinngemäß anzuwenden."

24 Zunächst ist dem Bundesverwaltungsgericht insofern beizupflichten, als - aus im vorliegenden Zusammenhang zwingenden, systematischen Gesichtspunkten - unter dem in § 169e Abs. 1 GehG angesprochenen "bereits bisher von der Behörde ermittelten Stichtag" der Jubiläumsstichtag und nicht der Vorrückungsstichtag zu verstehen ist.

25 Soweit der Revisionswerber jedoch geltend macht, er habe die Neufestsetzung eines unionsrechtskonformen, diskriminierungsfreien Vorrückungsstichtages erreicht und es sei dieser Umstand zur Vermeidung einer unionsrechtlich verpönten Diskriminierung aufgrund des Alters auch im Anwendungsbereich des § 169e Abs. 1 GehG zu berücksichtigen, zeigt er eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses aus folgenden Gründen auf:

26 Gemäß § 169e Abs. 1 GehG ist für die am 11. Februar 2015 im Dienststand befindlichen Beamten der "bereits bisher von der Dienstbehörde ermittelte Stichtag" Ausgangspunkt für die Bestimmung des für das jeweilige Dienstjubiläum maßgeblichen Dienstalters.

27 Dabei unterliegt es - wie auch der EuGH in seinem Urteil vom 8. Mai 2019, Rs C-396/17, betonte - keinem Zweifel, dass es Art. 47 Abs. 1 GRC gebietet, dem Beamten einen wirksamen gerichtlichen Schutz seines Rechts auf Gleichbehandlung zu gewährleisten. Ein Beamter, der eine Diskriminierung wegen des Alters geltend macht, muss die Möglichkeit haben, unter Berufung auf Art. 2 der Richtlinie 2000/78/EG die diskriminierenden Wirkungen eines nationalen Besoldungs- und Vorrückungssystems, von denen er betroffen zu sein behauptet, im Rechtsweg anzufechten (Rn 65 des zuletzt zitierten Urteils des EuGH). Das Bundesverwaltungsgericht war folglich im vorliegenden Verfahren verpflichtet, die unionsrechtlich gebotene Überprüfung der "faktischen Gestion" der Verwaltung bei der Ermittlung des Jubiläumsstichtages im Sinn von § 169e Abs. 1 GehG vorzunehmen (vgl. zum Erfordernis der Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung der "faktischen Gestion" der Verwaltung aus Gründen des Art. 47 GRC VwGH 9.9.2016, Ro 2015/12/0025). Demnach ergibt sich in Anbetracht der innerstaatlichen Rechtslage für die durch das Bundesverwaltungsgericht anzuwendenden Bestimmungen Folgendes:

28 Wenn die Wortfolge "bereits bisher von der Dienstbehörde ermittelten Stichtag", wie sie als Übergangsregel für Altbeamte mit der Besoldungsreform BGBl. I Nr. 32/2015 zunächst in § 169c Abs. 10 GehG und erst danach in § 169e Abs. 1 GehG in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2015 getroffen wurde, - was der Wortlaut der Bestimmung und die darin zum Ausdruck kommende Intention des Gesetzgebers nahelegen könnten - ausschließlich auf die faktische Gestion der Behörde abstellen sollte, stünde die solcher Art verstandene Regelung mangels Überprüfbarkeit der durch die Behörde tatsächlich vorgenommenen "Ermittlung" des für die Jubiläumszuwendung maßgeblichen Stichtags in Widerspruch zu Art. 47 GRC.

29 Die zuletzt genannte Bestimmung war hier anwendbar, weil der Revisionswerber in vertretbarer Weise den Standpunkt einnahm, er sei durch den Ausschluss der Berücksichtigung der ihm durch den Bescheid vom 16. Dezember 2013 zusätzlich angerechneten Zeiten vor Vollendung des 18. Lebensjahres für die Jubiläumszuwendung in seinen durch die Richtlinie 2000/78/EG garantierten Rechten beeinträchtigt worden.

30 Eine unionsrechtskonforme (insbesondere Art. 47 GRC als auch der Richtlinie 2000/78/EG Rechnung tragende) Lösung wäre im Revisionsfall daher entweder im Auslegungsweg dadurch zu erzielen, dass § 169e Abs. 1 GehG dahin verstanden würde, dass auf jenen Jubiläumsstichtag abzustellen wäre, den die Behörde "bisher", also vor Erlassung der Besoldungsreform am 11. Februar 2015, korrekterweise hätte ermitteln müssen, (vgl. VwGH 30.4.2014, 2013/12/0220).

31 Scheiterte hingegen der Versuch einer solchen unionsrechtskonformen Interpretation, käme der Anwendungsvorrang des Unionsrechts zum Tragen. Diesfalls hätte zwecks Erzielung eines dem Unionsrecht entsprechenden Ergebnisses die in ?? 169e Abs. 1 GehG enthaltene Wortfolge "bisher von der Dienstbehörde ermittelten" unangewendet zu bleiben. Die verbleibende Wortfolge "nach dem Stichtag" wäre dann ebenfalls in dem soeben in Rn 30 dargestellten Sinn, also bezogen auf den vor der Erlassung der Novelle BGBl. I Nr. 32/2015 relevanten Stichtag, wie er rechtens zu ermitteln gewesen wäre, zu verstehen.

32 Wären daher die mit Bescheid vom 16. Dezember 2013 zusätzlich angerechneten, vor dem 18. Geburtstag des Revisionswerbers gelegenen Zeiten solche gemäß § 12 Abs. 2 GehG in seiner Fassung vor der Besoldungsreform BGBl. I Nr. 32/2015, worunter insbesondere auch Schulzeiten zu verstehen waren, hätte die Behörde infolge der Änderung des Vorrückungsstichtages mit Bescheid vom 16. Dezember 2013 auch eine Änderung des rechtens heranzuziehenden Jubiläumsstichtages "festzuhalten" bzw. diesen anders zu "ermitteln" gehabt. Dieser nach der Rechtslage vor der Besoldungsreform rechtlich richtig ermittelte Stichtag wäre sodann nach § 169e Abs. 1 GehG weiterhin maßgeblich für die Frage, ob die Voraussetzungen für die rechtsgestaltende Zuerkennung der Jubiläumszuwendung gegeben sind.

33 Folglich wäre das Gericht in Anbetracht der bereits erfolgten Neufestsetzung des Vorrückungsstichtags des Revisionswerbers im Rahmen seiner amtswegigen Ermittlungspflichten gehalten gewesen, nähere Feststellungen zu den im vorliegenden Fall für die Ermittlung des in § 169e Abs. 1 GehG genannten Stichtages in Betracht zu ziehenden Zeiten zu treffen. Weiters wäre vom Bundesverwaltungsgericht zu beurteilen gewesen, ob und gegebenenfalls welche dieser Zeiten - unter Berücksichtigung des unionsrechtlichen Diskriminierungsverbotes - im Rahmen der Entscheidung über den verfahrenseinleitenden Antrag des Revisionswerbers auf Auszahlung der in Rede stehenden Jubiläumszuwendung heranzuziehen sind.

34 Da das Bundesverwaltungsgericht in Verkennung der Rechtslage die im soeben beschriebenen Sinn gebotenen Ermittlungen unterließ, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieses war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

35 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

Wien, am 27. Mai 2019

Gerichtsentscheidung

EuGH 62004CJ0144 Mangold / Helm VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2017120116.L00

Im RIS seit

19.11.2019

Zuletzt aktualisiert am

14.01.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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