TE Vwgh Beschluss 1999/6/25 96/19/3572

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Veröffentlicht am 25.06.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §33 Abs1;
VwGG §56;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, in der Beschwerdesache des 1946 geborenen ZJ in Wien, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 26. März 1996, Zl. 305.647/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde ein Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 11. Juli 1995 gemäß § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) sowie § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) abgewiesen.

Die belangte Behörde stellte fest, der Beschwerdeführer halte sich zwar seit 1973 im Bundesgebiet auf; es sei jedoch gegen ihn am 15. März 1988 ein Aufenthaltsverbot erlassen, die Vollstreckung jedoch aufgeschoben worden. Erst 1993 sei das gegenständliche Aufenthaltsverbot aufgehoben worden; der letztgültige Vollstreckungsaufschub habe bis zum 4. August 1993 datiert. Der Beschwerdeführer verfüge somit über keine Aufenthaltsberechtigung und habe sich im Zeitpunkt der Antragstellung unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Der von ihm gestellte Erstantrag hätte daher gemäß § 6 Abs. 2 AufG vor der Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus zu erfolgen gehabt. Wegen Nichterfüllung dieser Bestimmung und weil durch den unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet sei, sei der Antrag nach Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten im Rahmen des Art. 8 MRK abzuweisen gewesen.

Vom Verwaltungsgerichtshof eingeholten Auskünften der Bundespolizeidirektion Wien, Fremdenpolizeiliches Büro, vom 21. Oktober 1998 sowie vom 26. März 1999 ist zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer am 7. Mai 1998 eine Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "Angehöriger einer österreichischen Staatsbürgerin" für die Dauer eines Jahres erteilt wurde. Zu dieser zwischenzeitig erteilten Niederlassungsbewilligung vom Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf eine allfällige Gegenstandslosigkeit der Beschwerde befragt, gab der Beschwerdeführer keine Erklärung ab.

Ausgehend von den zitierten Auskünften der Bundespolizeidirektion Wien, die im Wesentlichen mit den Angaben des Beschwerdeführers übereinstimmen, ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer von 1974 bis 1980 durchgehend Sichtvermerke erteilt wurden, seit 1981 verfügte er über einen unbefristeten Sichtvermerk. Am 15. März 1988 wurde über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von 10 Jahren verhängt. Die Vollstreckung dieses Aufenthaltsverbotes wurde mehrfach, zuletzt bis zum 4. August 1993 mit Vollstreckungsaufschüben gemäß § 6 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes (FrPolG) aufgeschoben. Parallel dazu erhielt der Beschwerdeführer Sichtvermerke gemäß "§ 6 Abs. 1 FrPolG", deren letzter bis zum 30. März 1993 gültig war. Mit Bescheid vom 27. Oktober 1993 wurde schließlich das am 15. März 1988 erlassene Aufenthaltsverbot aufgehoben. Anträge des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 22. August 1993 bzw. 22. März 1994 wurden mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 24. März 1995 abgewiesen. Schließlich wurde dem Beschwerdeführer ein Sichtvermerk gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 FrG mit Gültigkeit vom 22. Juli 1996 bis zum 22. Jänner 1997 und die erwähnte Niederlassungsbewilligung erteilt.

Der verfahrensgegenständliche, am 11. Juli 1995 (neuerlich) gestellte Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ist als Erstantrag zu qualifizieren, weil der Beschwerdeführer während der Gültigkeit des über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes und danach bis zur Antragstellung nur über vor dem 1. Juli 1993 erteilte, vereinzelte und nicht aneinander anschließende Sichtvermerke gemäß "§ 6 Abs. 1 FrPolG" verfügt hatte. Wegen der fehlenden Kontinuität dieser Berechtigungen konnten sie keine Basis für die Stellung eines Verlängerungsantrages bieten. Ein dem hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 95/19/1475, vergleichbarer Sachverhalt liegt daher nicht vor. Die Bestimmungen des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 finden daher auf den Beschwerdefall keine Anwendung.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, Slg. Nr. 10.092/A).

§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 9. April 1980 darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.

Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Beschwerdefall gegeben, weil es sich bei dem für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Antrag des Beschwerdeführers - wie dargestellt - um einen Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung handelte. Im Falle seines Obsiegens im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren hätte für den Beschwerdeführer eine Aufenthaltsbewilligung (ab 1. Jänner 1998: eine Erstniederlassungsbewilligung) nur mit Wirksamkeit ab dem Zeitpunkt der Erteilung dieser Bewilligung ausgestellt werden können. Da er aber mittlerweile eine Niederlassungsbewilligung erhalten hat, hat er auch kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. den hg. Beschluss vom 13.

November 1998, Zl. 96/19/0390).

     Die Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als

gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

     Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die

Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor.

Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird.

Wien, am 25. Juni 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996193572.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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