TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/10 W221 2208216-1

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Veröffentlicht am 10.12.2018
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Entscheidungsdatum

10.12.2018

Norm

BDG 1979 §50a
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W221 2208216-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX gegen den Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts XXXX vom 06.09.2018, Zl. XXXX, betreffend Herabsetzung der Wochendienstzeit, zu Recht:

A)

Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Am 07.06.2018 beantragte der Beschwerdeführer die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 auf ein Ausmaß von 75% für die Dauer vom 02.09.2018 bis zum 01.09.2019.

Mit Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts XXXX vom 24.07.2018 teilte dieser dem Beschwerdeführer mit, dass aufgrund der prekären Personalsituation am XXXX beabsichtigt sei, den Antrag auf Herabsetzung der Wochendienstzeit abzuweisen.

Mit Schreiben des Beschwerdeführers vom 02.08.2018 erklärte dieser, er halte seinen Antrag vom 07.06.2018 in vollem Umfang aufrecht.

Mit Bescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts XXXX vom 06.09.2018, zugestellt am 13.09.2018, wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, welche beim Bundesverwaltungsgericht am 23.10.2018 einlangte.

Mit Parteiengehör vom 29.10.2018 wurde der Beschwerdeführer darauf aufmerksam gemacht, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine ausdrückliche oder implizite Ermächtigung zu einer rückwirkenden Rechtsgestaltung dem § 50a BDG 1979 nicht zu entnehmen ist. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für Zeiträume, in denen ein Beamter bereits normal Dienst geleistet hat, erwiese sich daher als unzulässig (vgl. VwGH 12.05.2010, 2009/12/0062). Auch eine Teilstattgebung des Antrages komme nicht in Betracht. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich schon in seinem Erkenntnis vom 13.03.2009, 2007/12/0092, die Unteilbarkeit des Antrages gemäß § 50a Abs. 1 BDG 1979 in Ansehung des Zeitraumes, für den die Herabsetzung begehrt wird, betont und hervorgehoben, dass die Dienstbehörde nicht berechtigt ist, die begehrte Herabsetzung nur für Teile des beantragten Gesamtzeitraumes zu bewilligen. Da der vom Beschwerdeführer begehrte Beginn der Herabsetzung der Wochendienstzeit mit 02.09.2018 bereits bei Einlangen der Beschwerde am Bundesverwaltungsgericht (23.10.2018) verstrichen gewesen sei und der von Ihnen gewünschte Herabsetzung bis zum 01.09.2019 aufgrund der ausdrücklichen Anordnung in § 50a BDG 1979, wonach eine Herabsetzung nur für die Dauer eines ganzen Jahres wirksam werden kann, nicht Rechnung getragen werden kann, werde er aufgefordert, innerhalb von vier Wochen bekannt zu geben, ob er seinen Antrag aufrecht erhalten wolle.

Mit undatiertem Schreiben des Beschwerdeführers, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht am 20.11.2018, modifizierte dieser seinen Antrag dahingehend, dass die Herabsetzung der Wochendienstzeit ab 01.04.2019 bis zum 31.03.2020 bzw. in eventu ab dem auf die Rechtskraft der Entscheidung über die Herabsetzung folgenden Monatsersten für die Dauer eines Jahres erfolgen möge. Begründend führte er darin aus, dass gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Modifizierung des Zeitraumes durch den antragstellenden Beamten auch noch im Stadium des Beschwerdeverfahrens zulässig sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen (BDG 1979) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

§ 50a BDG 1979 lautet wie folgt:

"Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus beliebigem Anlaß

§ 50a. (1) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.

(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, daß die verbleibende regelmäßige Wochendienstzeit ein ganzzahliges Stundenausmaß umfaßt. Das Ausmaß darf nicht weniger als 20 und nicht mehr als 39 Stunden betragen.

(3) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Übersteigen die gesamten Zeiträume einer solchen Herabsetzung für einen Beamten insgesamt zehn Jahre, bleibt das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner allfälligen Änderung gemäß § 50d Abs. 1 dauernd wirksam. Auf diese Obergrenze von zehn Jahren zählen auch Zeiten in früheren Dienstverhältnissen, in denen die Wochendienstzeit nach § 50a herabgesetzt war.

(4) [...]"

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausführt, ist eine ausdrückliche oder implizite Ermächtigung zu einer rückwirkenden Rechtsgestaltung dem § 50a BDG 1979 nicht zu entnehmen. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für Zeiträume, in denen ein Beamter bereits normal Dienst geleistet hat, erwiese sich daher als unzulässig (siehe für viele VwGH 01.07.2015, Ra 2015/12/0024).

Gemäß § 50a Abs. 3 BDG 1979 ist die Herabsetzung für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Der Beschwerdeführer begehrte die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit vom 02.09.2018 bis zum 01.09.2019. Damit ist in eindeutiger Weise der zeitliche Rahmen der beantragten Herabsetzung und somit auch der Prüfungsumfang der Beschwerde gemäß § 27 VwGVG abgesteckt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu Verfahren über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide festgehalten, dass - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfanges - als Sache eines solchen Verfahrens jedenfalls nur jene Angelegenheit anzusehen ist, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001 mwN).

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass er seinen Antrag dahingehend modifiziert, dass die Herabsetzung der Wochendienstzeit ab 01.04.2019 bis zum 31.03.2020 bzw. in eventu für ein Jahr ab dem auf die Rechtskraft der Entscheidung über die Herabsetzung folgenden Monatsersten begehrt wird, ist dazu auszuführen, dass gemäß § 13 Abs. 8 AVG der verfahrensleitende Antrag zwar in jeder Lage des Verfahrens geändert werden kann; durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach jedoch nicht geändert werden. Wie weit eine Antragsänderung konkret gehen darf, hängt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch entscheidend davon ab, ob die Änderung vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides oder erst im Zuge eines allfälligen Berufungsverfahrens erfolgt. Zwar ist auch dort eine Antragsänderung grundsätzlich zulässig, allerdings zieht § 66 Abs. 4 AVG solchen Modifikationen engere Grenzen als der bloß auf das Wesen der Sache abstellende § 13 Abs. 8 AVG. So ist die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde nämlich gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf die "Sache" des erstinstanzlichen Verfahrens beschränkt (vgl. VwGH 18.08.2017, Ro 2015/04/0006 mwN).

Eine wesentliche Antragsänderung (die also das "Wesen" der Sache betrifft) ist als Stellung eines neuen Antrages unter konkludenter Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu werten. Erfolgt eine solche Änderung während des Rechtsmittelverfahrens, bewirkt die (konkludente) Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit nachträglich dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist somit angehalten, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 12.09.2016, Ra 2014/04/0037 mit Hinweis auf VwGH 19.11.2014, Ra 2014/22/0016).

Dies trifft im vorliegenden Fall zu: Da nach der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über das eigentliche Begehren des Beschwerdeführers auf eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit vom 02.09.2018 bis zum 01.09.2019 nicht abgesprochen werden kann, weil eine rückwirkende Herabsetzung nicht möglich ist und sich der vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren modifizierte Antrag auf 01.04.2019 bis zum 31.03.2020 bzw. in eventu für ein Jahr ab dem auf die Rechtskraft der Entscheidung über die Herabsetzung folgenden Monatsersten als wesentliche (das Wesen der Sache betreffende) Antragsänderung darstellt, bewirkt diese Änderung eine konkludente Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages und somit dem Wegfall der Zuständigkeit der Behörde, weshalb der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben ist.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vorliegenden Konstellation (einjähriger Antragszeitraum) fehlt. Zwar gibt es eindeutige (unter A. angeführte) Judikatur zum § 13 Abs. 8 AVG und der Sache eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie zu § 50a BDG 1979, doch zeigt der Beschwerdeführer auch auf, dass es in Fällen mit der vorliegenden Konstellation faktisch aufgrund des Zeitablaufs kaum möglich sein wird, einen Bescheid, der über eine einjährige Herabsetzung abspricht, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu bekämpfen. Andererseits würde die Zulässigkeit der Modifikation des Antrages im Beschwerdeverfahren - über den eigentlich begehrten Zeitraum hinaus - bedeuten, dass das Bundesverwaltungsgericht über diesen Antrag als erste und einzige Instanz zu entscheiden und das vollständige Ermittlungsverfahren zu tragen hätte, da für die Beurteilung der dienstlichen Interessen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die rezenten Zahlen (idR der letzten 17 Wochen unter Heranziehung des § 48a Abs. 3 BDG 1979) zugrunde zu legen sind.

Schlagworte

Antragsänderung, Antragszeitraum, ersatzlose Behebung, konkludente
Zurückziehung, rückwirkende Rechtsgestaltung, Wochendienstzeit -
Herabsetzung, Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W221.2208216.1.00

Zuletzt aktualisiert am

13.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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