TE Vwgh Beschluss 2019/1/24 Ra 2018/17/0166

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Veröffentlicht am 24.01.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §58 Abs2
AVG §60
B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGG §63 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kovacs, über die Revision der F Kft. in S, vertreten durch Dr. Günter Schmid und Mag. Rainer Hochstöger, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Hafferlstraße 7/2. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 11. Juni 2018, LVwG- 480003/58/Gf, LVwG-480004/46/Gf, betreffend Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Oberösterreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte der Maßnahmenbeschwerde kann gemäß § 43 Abs. 2 und 9 VwGG auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. November 2017, Ra 2016/17/0302, 0303, vom 5. Dezember 2017, Ra 2017/01/0373, und vom 22. Mai 2018, Ra 2017/17/0812, verwiesen werden.

Auf das Kürzeste zusammengefasst stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar:

2 Am 22. Juni 2016 wurde in einem von der revisionswerbenden Partei betriebenen Lokal in W eine behördliche Kontrolle nach dem Glücksspielgesetz (GSpG) durchgeführt. Dabei wurden von den einschreitenden Organen Türen aufgebrochen, das Lokal betreten, eine Mitarbeiterin der revisionswerbenden Partei durchsucht und Objektive von Überwachungskameras abgedeckt.

3 Sowohl die revisionswerbende Partei als auch deren Mitarbeiterin erhoben dagegen Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt (ua.) an das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG).

4 Mit Entscheidung vom 24. September 2016 sprach das LVwG aus, dass das zwangsweise Eindringen in die Betriebsräumlichkeiten der revisionswerbenden Partei diese in ihrem Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Hausrechtes verletzt habe (Spruchpunkt I.). Weiters habe die Durchsuchung der Mitarbeiterin diese in ihrem Grundrecht auf Menschenwürde sowie auf Nichtvornahme einer erniedrigenden Handlung verletzt (Spruchpunkt II.). Die Beschwerde gegen das Abdecken von Kameraobjektiven werde wegen sachlicher Zuständigkeit des Bundesfinanzgerichtes zurückgewiesen (Spruchpunkt III.). Der Bund sei zum Aufwandersatz gegenüber der revisionswerbenden Partei und der Mitarbeiterin jeweils in der Höhe von EUR 1.198,60 verpflichtet (Spruchpunkt IV.). Weiters sei die revisionswerbende Partei zum Aufwandersatz in der Höhe von EUR 887,20 gegenüber dem Bund verpflichtet (Spruchpunkt V.). Abschließend sprach das LVwG aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt VI.).

5 Gegen diese Entscheidung erhoben sowohl die Landespolizeidirektion Oberösterreich (zu Ra 2016/17/0302, 0303 sowie zu Ra 2017/01/0373), der Bundesminister für Finanzen (zu Ra 2016/17/0302, 0303) als auch die revisionswerbende Partei (zu Ra 2017/17/0812) außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

6 Mit Erkenntnis vom 22. November 2017, Ra 2016/17/0302, 0303, hob der Verwaltungsgerichtshof aufgrund der Revision der Landespolizeidirektion Oberösterreich die Spruchpunkte I. und IV. dieser Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf. Die Revision des Bundesministers für Finanzen wurde abgewiesen und die Revision der Landespolizeidirektion Oberösterreich hinsichtlich der Spruchpunkte III. und V. zurückgewiesen.

7 Mit Erkenntnis vom 5. Dezember 2017, Ra 2017/01/0373, hob der Verwaltungsgerichtshof weiters Spruchpunkt II. der genannten Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf.

8 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. Mai 2018, Ra 2017/17/0812, wurde außerdem Spruchpunkt V. dieser Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wurde die Revision der revisionswerbenden Partei zurückgewiesen.

9 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des LVwG wurde spruchmäßig erkannt:

"A.

a) Spruchpunkt I. des hg. Erkenntnisses vom 24. September 2016, LVwG-480003/14/Gf/MSch/DC/Mu u.a., hat wie folgt zu lauten:

"Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird gemäß § 28 Abs. 2 und 3 VwGVG als unbegründet abgewiesen."

b) Spruchpunkt II. des hg. Erkenntnisses vom 24. September 2016, LVwG-480003/14/Gf/MSch/DC/Mu u.a., hat wie folgt zu lauten:

"Hinsichtlich der Zweitbeschwerdeführerin wird das Beschwerdeverfahren infolge Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG durch Beschluss eingestellt."

c) Spruchpunkt III. des hg. Erkenntnisses vom 24. September 2016, LVwG-480003/14/Gf/MSch/DC/Mu u.a., bleibt unverändert.

d) Spruchpunkt IV. des hg. Erkenntnisses vom 24. September 2016, LVwG-480003/14/Gf/MSch/DC/Mu u.a., hat wie folgt zu lauten:

"Die Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin haben dem Bund gemäß § 35 VwGVG i.V.m. § 1 VwG-AufwErsV jeweils Kosten in einer Höhe von 887,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro;

Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro; Verhandlungsaufwand: 461,00 Euro) zu ersetzen."

e) Spruchpunkt V. des hg. Erkenntnisses vom 24. September 2016, LVwG-480003/14/Gf/MSch/DC/Mu u.a., hat zu entfallen.

B.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig."

10 Begründend führte das LVwG nach kurzer Darstellung des Verfahrensganges ua. aus, gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sei es dazu verpflichtet, unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Mit Erkenntnis vom 22. November 2017, "Ra 2016/17/0302", habe der Verwaltungsgerichtshof die Spruchpunkte I. und IV. des Erkenntnisses vom 24. September 2016 wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben und dazu ausgeführt, dass ein bloßes Betreten der Geschäftsräumlichkeit der revisionswerbenden Partei einerseits nicht als Hausdurchsuchung zu qualifizieren und andererseits nicht unverhältnismäßig gewesen sei.

11 Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 14. Dezember 2018, Ra 2018/01/0417, wurde das angefochtene Erkenntnis im Umfang seines Spruchpunktes A.d), soweit mit diesem die dortige Revisionswerberin (nämlich die Mitarbeiterin der hier revisionswerbenden Partei) zum Kostenersatz in der Höhe von EUR 887,20 verpflichtet wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgrund von res iudicata aufgehoben.

12 Gegen Spruchpunkt A.a) sowie damit untrennbar verbunden gegen Spruchpunkt A.d), soweit dieser die revisionswerbende Partei zum Kostenersatz in der Höhe von EUR 887,20 verpflichtet, richtet sich (nach dem hier geltend gemachten Revisionspunkt, vgl. dazu nochmals VwGH 14.12.2018, Ra 2018/01/0417) die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Die Revision erweist sich als unzulässig:

13 Die vorliegende außerordentliche Revision behauptet in ihren Zulässigkeitsgründen einen Verstoß gegen die Begründungspflicht des angefochtenen Erkenntnisses.

14 Ein solcher ist jedoch jedenfalls hinsichtlich der von der revisionswerbenden Partei dem erkennbaren Inhalt der Revision nach angefochtenen Spruchpunkte (siehe oben RZ 12) des angefochtenen Erkenntnisses nicht erkennbar:

15 Gemäß § 63 Abs. 1 VwGG sind, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Revision stattgegeben hat, die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

16 Vorliegend wies das LVwG in Spruchpunkt A.a) des angefochtenen Erkenntnisses, diesbezüglich der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 22. November 2017, Ra 2016/17/0302, 0303, folgend, im Ergebnis die Beschwerde der revisionswerbenden Partei ab und sprach im Zusammenhang damit in Spruchpunkt A.d) des angefochtenen Erkenntnisses (soweit für den Revisionsfall von Relevanz) aus, dass die revisionswerbende Partei dem Bund Kosten in der Höhe von EUR 887,20 zu ersetzen habe. Begründend verwies das LVwG hierzu wie oben dargestellt zusammengefasst auf die diesbezügliche Begründung des genannten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes. Ein Verstoß gegen die Begründungspflicht verwaltungsgerichtlicher Erkenntnisse ist damit fallbezogen nicht ersichtlich. Feststellungen "zur Schadenshöhe, ob die Türen versperrt waren oder nicht, warum ein Organ der Cobra willkürlich einen Stehtisch umgeschmissen hat etc." waren entgegen der Ansicht der revisionswerbenden Partei in dieser Lage des Verfahrens durch das LVwG nicht mehr zu treffen. Darüber hinaus ist zur geltend gemachten Verletzung der Begründungspflicht darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei Verfahrensmängeln in den Zulässigkeitsgründen auch die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan, also aufgezeigt werden muss, aus welchen Gründen der behauptete Verfahrensmangel geeignet sein soll, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (z.B. VwGH 7.8.2018, Ra 2018/02/0139, mwN.). Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Zulässigkeitsbegründung nicht.

17 Ebensowenig führt das im Zusammenhang mit dem behaupteten Verstoß gegen die Begründungspflicht von Erkenntnissen vorgebrachte Argument, das LVwG hätte das Erkenntnis vom 24. September 2016 infolge der Aufhebung der bezughabenden Spruchpunkte durch den Verwaltungsgerichtshof nicht "abändern" dürfen, die Revision nicht zur Zulässigkeit. Das LVwG hat, soweit im Revisionsfall von Relevanz, im Ergebnis erkennbar die im Zusammenhang mit dem zwangsweisen Betreten von Geschäftsräumlichkeiten der revisionswerbenden Partei erhobene Maßnahmenbeschwerde aufgrund der vom Verwaltungsgerichtshof überbundenen Rechtsansicht nunmehr abgewiesen und diese zum Kostenersatz gegenüber dem Bund verpflichtet. Es ist der revisionswerbenden Partei zwar zuzugeben, dass aus rechtlicher Sicht eine diesbezügliche "Abänderung" des Spruches des Erkenntnisses vom 24. September 2016 infolge der erfolgten Aufhebung der entsprechenden Spruchpunkte durch den Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 22. November 2017, Ra 2016/17/0302, 0303, und der damit einhergehenden ex-tunc-Wirkung nicht in Betracht kommt; inwiefern die revisionswerbende Partei jedoch durch eine insofern missverständliche Spruchformulierung im angefochtenen Ersatzerkenntnis in ihren subjektiven Rechten verletzt sein sollte, legt sie in ihren Zulässigkeitsgründen nicht ausreichend dar und ist nach Lage des Falles auch nicht ersichtlich. Die von der Revision in diesem Zusammenhang ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes sind jedenfalls nicht einschlägig.

18 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

19 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.

Wien, am 24. Jänner 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RA2018170166.L00

Im RIS seit

03.07.2019

Zuletzt aktualisiert am

03.07.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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