TE Dok 2018/7/26 W 5/9-DK-IV/18

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Veröffentlicht am 26.07.2018
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Norm

BDG 1979 §43 a
BDG 1979 §44 Abs1

Schlagworte

Herabwürdigendes Verhalten, Beschluss kein Verfahren einzuleiten, Nichteinleitungsbeschluss, Verjährung

Text

B e s c h e i d

Die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen hat am 26. Juli 2018 durch MR Dr. Gerda Minarik als Senatsvorsitzende sowie MR Mag. Felix Kollmann und ADir Veronika Schmidt als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates IV im Umlaufwege beschlossen, gemäß § 123 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl.Nr. 333/79 i.d.g.F. (kurz: BDG 1979) in der Disziplinarsache gegen

NN

Mitarbeiter im Universalschalterdienst

in der Postfiliale XX

derzeit nicht zum Dienst zugelassen

 

hinsichtlich der in der Disziplinaranzeige vom 15. März 2018 erhobenen Vorwürfe,

1.       am 19. Dezember 2017 die Schaltermitarbeiterin S. in respektlosem Ton vor den Kunden der Postfiliale XX mit den Worten „da schaut´s aus wie in einem Schweinestall, kannst net zamräumen“ angeschrien zu haben, 

2.       als ihn sein Vorgesetzter am 19. Dezember 2017 wegen des Vorfalles zu einem klärenden Gespräch aufforderte, das Gespräch mit den Worten „Ich habe keine Zeit - lass mich in Ruhe,“ verweigert zu haben und schimpfend weggegangen zu sein, 

3.       am 20. Dezember 2017, einer neuerlichen Aufforderung seines Vorgesetzten zur Gesprächsführung mit den Worten „lass mich in Ruhe“, nicht nachgekommen zu sein

und dadurch die Dienstpflichten eines Beamten nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. 333/1979 i.d.g.F. (BDG 1979), nämlich

a)   als Mitarbeiter seinen Vorgesetzten sowie anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen, sowie im Umgang mit seinen Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen Verhaltensweisen zu unterlassen, die deren menschliche Würde verletzen oder dies bezwecken oder sonst diskriminierend sind (§ 43 a BDG 1979), 

b)   seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 Abs. 1 BDG 1979),

schuldhaft verletzt und dadurch Dienstpflichtverletzungen im Sinne des § 91 BDG 1979 begangen zu haben,

gemäß § 118 Abs 1 Z 3 i.V.m. § 94 Abs 1 Z 1 BDG 1979

k e i n D i s z i p l i n a r v e r f a h r e n e i n z u l e i t e n.

B e g r ü n d u n g

NN, geb. am xx.xx.1960, steht seit 03. November 1978 im Postdienst und wurde am 01. Jänner 1983 zum Beamten ernannt. Dienstrechtlich ist der in PT 5 eingestuft. NN ist verheiratet. Sein Bruttomonatsbezug beträgt EUR 3.350,77. Er ist kein Mitglied eines Personalvertretungsorgans nach § 70 Abs. 1 PBVG.

Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum wurde er in der Postfiliale XX im Universalschalterdienst, Code 5050, verwendet. Mit E-Mail vom 21. Dezember 2017 wurde die Dienstbehörde von der Organisationseinheit Filialen vom Vorliegen eines begründeten, konkreten Verdachts von Dienstpflichtverletzungen durch den Beschuldigten informiert und gleichzeitig eine Sachverhaltsdarstellung vom 20. Dezember 2017 sowie die mit dem Beschuldigten am 21. Dezember 2017 aufgenommene Niederschrift übermittelt.

Mit Wirksamkeit 22. Dezember 2017 wurde der Beschuldigte vom Dienst freigestellt. Da zunächst der Verdacht bestand, er könnte aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sein, seinen Dienst ordnungsgemäß verrichten, wurde von Amts wegen die Einleitung eines Ruhestandsversetzungsverfahrens nach § 14 BDG 1979 geprüft, wozu es jedoch nicht kam, da ihm aufgrund der anstaltsärztlichen Untersuchung vom 16. Jänner 2018 volle Dienstfähigkeit attestiert wurde.

Am 15. März 2018 wurde von der Dienstbehörde Disziplinaranzeige gegen den Beschuldigten erstattet.

Demnach sei es mit dem Beschuldigten bereits in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen wegen seines Verhaltens gegenüber Kunden und Mitarbeitern gekommen.

Am 19. Dezember 2017 habe es einen weiteren Vorfall gegeben: Die Schaltermitarbeiterin S. wäre gerade dabei gewesen Briefe einzuscannen, als ihr einige Papierblätter zu Boden gefallen seien. Anstatt Frau S.zu helfen, habe der Beschuldigte sie vor den Kunden mit den Worten „Da schaut´s aus wie in einem Schweinestall, kannst net zamräumen“ angeschrieen.

In der Folge habe der Filialleiter mit dem Beschuldigten und Frau S. ein klärendes Gespräch führen wollen. Dieses sei von NN aber mit den Worten „Ich habe keine Zeit - lass mich in Ruhe“ verweigert worden, wobei er vor sich hin schimpfend weitergegangen sei. Am nächsten Tag habe der Filialleiter den Beschuldigten wegen des Vorfalls nochmals zu einer Gesprächsführung aufgefordert. Aber auch dieses Gespräch sei vom Beschuldigten mit den Worten „lass mich in Ruhe“ verweigert worden. Am 21. Dezember 2017 hätte mit dem Beschuldigten eine niederschriftliche Befragung durch den Verkaufsleiter H. stattfinden sollen. Auch hierbei habe der Beschuldigte keinerlei Aussage von sich gegeben und auch die Unterschrift verweigert.

 

Zwecks Abklärung, ob der Vorfall vom 19. Dezember 2017 aus einer psychischen Beeinträchtigung heraus erfolgt sei, sei der Beschuldigte zum Anstaltsarzt vorgeladen worden. Dieser habe dem Beschuldigten jedoch volle Dienstfähigkeit attestiert und auch nicht um fachärztliche Abklärung ersucht. Es müsse daher von einer uneingeschränkten Schuldfähigkeit ausgegangen werden.

Da der Beschuldigte jegliche Aussage zu diesem Vorfall verweigert habe, liege auch kein Geständnis vor, welches für ein abgekürztes Verfahren im Sinne einer Disziplinarverfügung gem. § 131 BDG 1979 erforderlich wäre.

Aus der für die niederschriftliche Einvernahme vom 21. Dezember 2017 festgehaltenen Sachverhalts-darstellung gehe hervor, dass der gegenständliche Vorfall kein Einzelfall sei, sondern ein für den Beamten typisches Verhalten aufzeige. So werde sein Umgang mit Kollegen und Kunden als nicht tragbar beschrieben. Einsichtigkeit in sein Fehlverhalten werde vom Beschuldigten auch nicht ansatzweise gezeigt.

Einer der Grundsätze der Österreichischen Post AG sei der offene und wertschätzende Umgang der Mitarbeiter untereinander. Der Beamte sei auch gem. § 43a BDG 1979 dazu verpflichtet, seinen Vorgesetzen und seinen Kollegen mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen. Weiters sei der Beamte verpflichtet, im Umgang mit seinen Kolleginnen und Kollegen Verhaltensweisen zu unterlassen, die die menschliche Würde verletzen.

Die vom Beschuldigten vor den Kunden getätigte Äußerung gegenüber seiner Kollegin S.zeuge nicht nur von Respektlosigkeit, sondern sei auch geeignet, die Mitarbeiterin in ihrer Würde zu verletzen, insbesondere, da die lautstarke Äußerung des Beschuldigten auch für die anwesenden Kunden deutlich zu vernehmen gewesen sei. Darüber hinaus schädige ein solches Verhalten auch das Ansehen der Österreichischen Post AG in der Öffentlichkeit.

Aber auch das Verhalten des Beschuldigten gegenüber seinen Vorgesetzten sei nicht in Ordnung. Es gehöre zu den Aufgaben einer Führungskraft, bei derartigen Vorfällen ein Gespräch mit den Beteiligten zu führen, um auch in Zukunft einen konfliktlosen Umgang innerhalb der Filiale zu gewährleisten. Die wiederholte Verweigerung einer klärenden Gesprächsführung demonstriere die damit gezeigte Gleichgültigkeit an der Untragbarkeit des eigenen Verhaltens. Auch wenn die vom Vorgesetzten gewollte Gesprächsführung mit dem Beschuldigten nicht als ausdrückliche Weisung formuliert war, wäre es vom Beamten durchaus zu erkennen gewesen, dass die Gesprächsführung aufgrund seines Fehlverhaltens sehr wohl erwünscht gewesen sei. Auch wenn der Beschuldigte geglaubt haben sollte, im Recht zu sein, hätte er zumindest der Gesprächseinladung Folge zu leisten gehabt. Die gegenüber seinem Vorgesetzten getätigte Äußerung „Lass mich in Ruhe“ sei wohl nicht geeignet, Achtung und respektvollen Umgang mit Vorgesetzten zu demonstrieren und zum guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen.

 

Durch sein Verhalten habe der Beschuldigte gegen die Pflicht des Beamten, als Mitarbeiter seinen Vorgesetzten sowie anderen Mitarbeitern mit Achtung zu begegnen und zu einem guten Funktionieren der dienstlichen Zusammenarbeit beizutragen, weiters gegen die Pflicht des Mitarbeiters, Verhaltensweisen zu unterlassen, die die menschliche Würde anderer Mitarbeiter verletzen (§ 43a BDG 1979), sowie gegen die Pflicht des Beamten, seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen (§ 44 BDG 1979), verstoßen und sich dadurch Dienstpflicht-verletzungen im Sinne des § 91 leg.cit. schuldig gemacht.

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Geschäftsstück des Personalamts Wien der Österreichischen Post AG, GZ 200058/2018, beinhaltend die E-Mails von S. vom 17. und 22. Februar 2017 über Vorfälle aus den Jahren 2013 und 2016, die Sachverhaltsdarstellung vom 20. Dezember 2017 und die Niederschrift mit dem Beschuldigten vom 21. Dezember 2017, das E-Mail von Frau H. über die anstaltsärztliche Untersuchung vom 16. Jänner 2018, das E-Mail von Frau R. vom 05. Jänner 2018 über die Eingabe der Dienstfreistellung ab 22. Dezember 2017, das Personalstammblatt des Beschuldigten vom 27. Februar 2018; weiters dem nachträglich an die Disziplinarkommission übermittelten Workflow wegen der Dienstfreistellung vom 17. Jänner 2018 und ebenfalls nachträglich übermittelten E-Mail von Herrn H. an die Dienstbehörde vom 21. Dezember 2017.

Zur Nichteinleitung eines Disziplinarverfahrens bezüglich der im Spruch dargestellten Vorwürfe:

Gemäß § 94 Abs 1 Z 1 BDG 1979 darf der Beamte wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Dienstbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren eingeleitet wurde.

Sind von der Dienstbehörde vor Einleitung des Disziplinarverfahrens im Auftrag der Disziplinarkommission notwendige Ermittlungen durchzuführen (§ 123 Abs 1 zweiter Satz), verlängert sich die unter Z 1 genannte Frist um sechs Monate.

Laut § 118 Abs 1 Z 3 BDG 1979 ist das Disziplinarverfahren mit Bescheid einzustellen, wenn Umstände vorliegen, die die Verfolgung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Dienstpflichtverletzung ausschließen.

Aufgrund der Aktenlage wurde die Dienstbehörde erstmals am 21. Dezember 2017 über die vorliegenden Anschuldigungen in Kenntnis gesetzt. Die Disziplinaranzeige vom 15. März 2018 wurde von dieser am selben Tag an die Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen weitergeleitet. Ein Ersuchen an die Dienstbehörde um ergänzende Ermittlungen im Sinne des § 94 Abs 1 Z 1 zweiter Satz BDG 1979 ist nicht ergangen, sodass die Verfolgbarkeit der angezeigten Dienstpflichtverletzungen – ungeachtet eines vorliegenden begründeten Verdachts – mit Ablauf des 21. Juni 2018 geendet hat und diese somit verjährt sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2019
Quelle: Disziplinarkommissionen, Disziplinaroberkommission, Berufungskommission Dok, https://www.ris.bka.gv.at/Dok
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