TE Lvwg Beschluss 2019/1/10 LVwG-S-2716/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.01.2019
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.01.2019

Norm

ZustG §9 Abs3

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde der A, vertreten durch den B, in ***, ***, gegen die als Straferkenntnis bezeichnete Erledigung der Bezirkshauptmannschaft St. Pölten vom 10. Dezember 2018, Zl. ***, betreffend Bestrafungen nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967) und dem Führerscheingesetz, den

BESCHLUSS

1.  Die Beschwerde wird mangels Anfechtungsobjekt als unzulässig zurückgewiesen.

2.      Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Begründung:

1.   Feststellungen:

1.1.  Mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 21. Februar 2014 wurde für die Beschwerdeführerin ein Sachwalter für alle Angelegenheiten bestellt. Mit Beschluss des Bezirksgerichtes *** vom 2. Oktober 2014, GZ***, wurde der vertretende Verein zum Sachwalter für folgenden Kreis von Angelegenheiten bestellt:

1.   Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern,

2.   Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten,

3.   Vertretung bei Rechtsgeschäften, die über Geschäfte des täglichen Lebens hinausgehen

4.   Personensorge, ausreichende Pflege und Versorgung

5.   Bestimmung des Wohnortes

1.2.  Mit der angefochtenen, als Straferkenntnis bezeichneten Erledigung der belangten Behörde wurde über die Beschwerdeführerin

?    zu Spruchpunkt 1. wegen Übertretung des § 106 Abs. 7 Z 3 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 16 Stunden),

?    zu Spruchpunkt 2. wegen Übertretung des § 37 Abs. 1 und 3 Führerscheingesetz eine Geldstrafe in der Höhe von 1.230 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 568 Stunden),

?    zu Spruchpunkt 3. wegen Übertretung des § 36 lit. a KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden) und

?    zu Spruchpunkt 4. wegen Übertretung des § 36 lit. d KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 30 Stunden),

verhängt sowie ein Kostenbeitrag in der Höhe von insgesamt 163 Euro, sohin ein Gesamtbetrag in der Höhe von 1.743 Euro zur Bezahlung vorgeschrieben.

1.3.  Diese Erledigung wurde nur an die Beschwerdeführerin persönlich adressiert und auch nur dieser zugestellt. In der Folge übermittelte die Beschwerdeführerin eine mittels Mobiltelefon angefertigte Ablichtung des Straferkenntnisses via dem Instant-Messaging-Dienst WhatsApp an Frau C, eine Organwalterin des die Beschwerdeführerin vertretenden Vereins. Das Original der an die Beschwerdeführerin übermittelten Erledigung wurde dem Verein nicht übermittelt bzw. übergeben.

1.4.  Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende, auf die Strafhöhe eingeschränkte Beschwerde, in welcher beantragt wird, dass die Strafe „innerhalb des gesetzlichen Rahmens“ neu festgesetzt werde.

2.   Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt und der Beschwerde. Der Umstand, dass das Straferkenntnis lediglich per WhatsApp, nicht jedoch im Original an den Erwachsenenvertreter übermittelt wurde ergibt sich aus einem am 7. Jänner 2019 geführten Telefonat des erkennenden Richters mit der Organwalterin des Vereins, Frau C. Die belangte Behörde wurde mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 8. Jänner 2018 über diesen Umstand unterrichtet. In einem Telefonat am 9. Jänner 2018 gab eine Vertreterin der belangten Behörde bekannt, dass die Übermittlung des Straferkenntnisses per WhatsApp zur Kenntnis genommen und vor diesem Hintergrund die Zurückweisung der Beschwerde mangels Anfechtungsobjekt erwartet werde.

3.   Rechtliche Erwägungen:

3.1.  Für die Beschwerdeführerin war im Zeitpunkt der Zustellung des „Straferkenntnisses“ ein Erwachsenenvertreter (früher: Sachwalter) u.a. für die Vertretung vor Gerichten und Behörden bestellt. Als Empfänger eines zuzustellenden Schriftstückes, die durch einen Erwachsenenvertreter vertreten ist, ist der gesetzliche Vertreter, somit der Erwachsenenvertreter, zu bezeichnen. Zustellungen an ihn persönlich sind seit der Bestellung der Sachwalterin unwirksam. Das persönlich zugestellte Originaldokument des „Straferkenntnisses“ ist dem Erwachsenenvertreter nicht tatsächlich („körperlich“) zugekommen. Vielmehr wurde lediglich eine Ablichtung des Straferkenntnisses per WhatsApp übermittelt. Eine Heilung des durch die Zustellung (nur) an die Beschwerdeführerin bewirkten Zustellmangels (vgl. § 9 Abs. 3 Zustellgesetz) ist daher nicht eingetreten (vgl. VwGH vom 29. Oktober 2008, 2008/08/0097, vom 18. März 2013, 2011/05/0084, sowie vom 16. Juli 2014, 2013/01/0173).

Daraus folgt, dass ein Straferkenntnis nicht erlassen wurde. Daran ändert auch die an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie unter Berufung auf Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG erfolgte Zustellung des „Straferkenntnisses“ nichts, ist dieser doch nicht „Partei“ iSd § 7 Abs. 3 VwGVG.

Die Beschwerde ist daher – gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG unter Entfall der beantragten mündlichen Verhandlung – mangels Anfechtungsobjekt als unzulässig zurückzuweisen.

3.2.  Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Verkehrsrecht; Verwaltungsstrafe; Verfahrensrecht; Zustellbevollmächtigter; Zustellmangel;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2019:LVwG.S.2716.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten