TE Vwgh Beschluss 2019/1/21 Ro 2019/03/0001

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Veröffentlicht am 21.01.2019
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §34;
AVG §35;
B-VG Art130 Abs2 Z1;
B-VG Art133;
VwGG §45 Abs6;
VwGG §45;
VwGG §46;
VwGG §61;
VwGG §62 Abs1;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ro 2019/03/0003 Ro 2019/03/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Dr. Lehofer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Eingaben des DI M K in S, betreffend "Verhaltensbeschwerde" bezüglich Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofs, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Eingaben werden zurückgewiesen.

Begründung

1 A. Mit seinen am 3. Jänner 2019 postalisch eingelangten, zu den Rechtssachen Ro 2019/03/0001 bis 0003 protokollierten Eingaben vom 20. Oktober 2018 erhebt der Einschreiter (u.a.) "Verhaltensbeschwerden" gegen die Hofräte des Verwaltungsgerichtshofs Mag. Samm und Mag. Hofbauer im Zusammenhang mit "vielen abgewiesenen Verfahrenshilfeanträgen".

2 Die Verhaltensbeschwerden würden für die in den Eingaben genannten Verfahren wegen des rechtswidrigen Verhaltens in Vollziehung der Gesetze (B-VG, VwGVG, AVG und StPO) und Verletzung dieser Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 und Art. 131 Abs. 6 B-VG gemäß § 53 VwGVG, § 28 Abs. 6 VwGVG und § 78 Abs. 1 StPO erhoben. Der Theorie nach seien alle Menschen vor dem Gesetz gleich, jeder habe Anspruch auf ein faires Verfahren und jede Person sei berechtigt, wenn nötig, die Verfahrenshilfe zu erhalten. Der Einschreiter habe über viele Jahre, obwohl er viele Anträge gestellt habe, aber keine Verfahrenshilfe erhalten. Seine Verfahrenshilfeanträge beim Verwaltungsgerichtshof seien bis jetzt alle abgewiesen worden "vom gleichen Mensch" wegen Aussichtslosigkeit. Dem Einschreiter sei nicht einsichtig, weshalb in seinen Fällen (auch betreffend ein näher genanntes Fristsetzungsverfahren) diese Aussichtslosigkeit gegeben wäre. In einer Eingabe wird in diesem Zusammenhang Folgendes ausgeführt:

"Was ist der aussichte Grund für Verwaltungsgerichtshof? Klar, ein Österreicher zu sein." Dadurch sei der Einschreiter nicht im Stande gewesen, rechtswidrige Entscheidungen von Verwaltungsgerichten (näher kritisiert wird vor allem deren Verfahrensführung betreffend die Neufestsetzung des Grades seiner Behinderung und betreffend Leistungen aus der Mindestsicherung) zu bekämpfen, weil er nicht über die finanziellen Mittel verfüge, um für eine rechtsanwaltliche Vertretung zu sorgen. Da auch Richterinnen und Richter sowie Gerichte unter dem Gesetz stünden, sei es nicht richtig, dass die österreichische Rechtsordnung keine Rechtsgrundlage für Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Verwaltungsgerichtes gäbe. Der Verwaltungsgerichtshof sei gemäß § 78 Abs. 1 StPO verpflichtet, die Verhaltensbeschwerden des Einschreiters an die Strafbehörde weiterzuleiten.

3 B. Auf Grund ihres sachlichen Zusammenhangs werden die vorliegenden Rechtssachen zur gemeinsamen Behandlung und Entscheidung verbunden.

4 C. Gegen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs betreffend die Abweisung einer beantragten Verfahrenshilfe sieht das Gesetz kein Rechtsmittel vor (vgl. etwa VwGH 25.9.2018, Ra 2018/05/0210, mwH). Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs sind überhaupt (abgesehen von den Möglichkeiten der Wiederaufnahme des Verfahrens und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß §§ 45 und 46 VwGG) unabänderlich, unanfechtbar und endgültig. Der Verwaltungsgerichtshof kann seine Entscheidungen auch nicht von sich aus abändern (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 16.12.2002, 2000/06/0106; VwGH 17.10.2017, Ra 2017/01/0060). Auch die Wiederaufnahme eines Verfahrens ist gemäß § 45 VwGG nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen möglich und dient nicht der allgemeinen Überprüfung abgeschlossener Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof oder einer Korrektur seiner Entscheidungen. Eine Wiederaufnahme eines Verfahrens nach § 45 VwGG bietet somit keine Handhabe dafür, eine in einem abgeschlossenen Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zugrunde gelegte Sachverhaltsannahme oder die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes zu bekämpfen. Im Übrigen ist die Wiederaufnahme des Verfahrens in Verfahrenshilfesachen nicht zulässig (§ 45 Abs. 6 VwGG).

5 D. Ausgehend davon sind die vorliegenden Eingaben unzulässig.

6 Seine Eingaben lassen erkennen, dass der Einschreiter mit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes inhaltlich nicht einverstanden ist und die Vorgangsweise der entscheidenden Richter für rechtswidrig erachtet. Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs, auch betreffend die Verfahrenshilfe, sind aber - wie dargestellt - grundsätzlich endgültig und unterliegen keiner weiteren Überprüfung, wobei in Angelegenheiten von Verfahrenshilfe auch die Wiederaufnahme des Verfahrens unzulässig ist. Außerdem besteht entgegen der Meinung des Einschreiters in Art. 130 Abs. 2 B-VG keine Rechtsgrundlage für Verhaltensbeschwerden gegen Richterinnen und Richter, zumal dort lediglich Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung der Gesetze erfasst werden (vgl. Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG). Für die Bekämpfung gerichtlicher Entscheidungen ist hingegen der jeweilige Rechtszug an ein anderes Gericht ausschlaggebend. Im Wesentlichen wurde dies dem Einschreiter bereits mit einem Schreiben des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. November 2018 mitgeteilt.

7 Das Vorbringen des Einschreiters lässt keinen sachlichen Anhaltspunkt für eine Diskriminierung (etwa mit Blick auf die Herkunft des Einschreiters) erkennen. Auch für die Annahme des Einschreiters, dass die von seinen Eingaben erfassten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs durch gerichtlich strafbare Handlungen herbeigeführt worden wären, ergeben sich in den Eingaben keine substantiierten Anhaltspunkte. Derart lässt sich den Eingaben auch kein sachliches Substrat entnehmen, das allenfalls den Verdacht einer Straftat begründen könnte; für eine Befassung der Staatsanwaltschaft iSd § 78 StPO, wie sie der Einschreiter verlangt, besteht somit keine Veranlassung.

8 Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass der Umstand, dass der Einschreiter als Partei von Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs für unrichtig hält, auch keine Grundlage für die Annahme einer Befangenheit der am Zustandekommen der Entscheidung mitwirkenden Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes bietet (VwGH 23.2.2018, 2015/03/0005). Auf der Basis seines Vorbringens kann keine Rede davon sein, dass aus der Perspektive des Einschreiters bei Würdigung aller Umstände des Falles Grund zur Annahme bestehen könnte, dass die die vorliegenden Entscheidungen treffenden Richter gegenüber dem Einschreiter eine Haltung einnehmen könnten, die die Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit der Richter störend beeinflussen könnte.

9 Vor diesem Hintergrund lassen schließlich der Inhalt seiner Eingaben sowie seine Vorgangsweise eine Tendenz des Einschreiters erkennen, Richterinnen und Richter, die nicht in seinem Sinne entschieden haben, mit dem Vorwurf einer Straftat zu konfrontieren und auf der Ebene des Strafrechtes auf eine Anzeige zu dringen sowie "(Verhaltens-)Beschwerden" bezüglich dieser Richterinnen und Richter anzustreben bzw. zu erheben (vgl. idZ etwa VwGH 23.2.2018, 2015/03/0005).

10 E. Die Eingaben des Einschreiters waren daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

11 Abschließend wird die einschreitende Partei darauf hingewiesen, dass in Hinkunft allfällige vergleichbare Eingaben prinzipiell als rechtsmissbräuchlich eingebracht qualifiziert und ohne weitere Bearbeitung und ohne weitere Verständigung des Einschreiters zu den Akten genommen werden (vgl. idZ VwGH 2.5.2018, Ro 2018/03/0008, sowie VwGH 7.9.2018, Ro 2018/03/0043, und VwGH 13.11.2018, Ko 2018/03/0004). Gegenüber dem Einschreiter ist nämlich klargestellt, dass für Eingaben wie die vorliegenden kein gesetzlicher Raum besteht. Außerdem wird der Einschreiter darauf aufmerksam gemacht, dass vom Verwaltungsgerichtshof Mutwillensstrafen verhängt werden können, womit er rechtsmissbräuchlichen Behelligungen entgegentreten kann (VwGH 23.12.2016, Ro 2016/03/0030, mwH). Bezüglich einer beleidigenden Schreibweise gegenüber einer Behörde wiederum besteht im Übrigen die Möglichkeit der Verhängung einer Ordnungsstrafe; eine solche Schreibweise liegt etwa dann vor, wenn die verwendete Ausdrucksweise den Mindestanforderungen des Anstands nicht gerecht wird und damit objektiv beleidigenden Charakter hat (VwGH 1.9.2017, Ra 2017/03/0076, mwH).

Wien, am 21. Jänner 2019

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2019:RO2019030001.J00

Im RIS seit

11.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

15.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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