TE Vwgh Erkenntnis 1999/6/30 96/03/0172

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Veröffentlicht am 30.06.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

GBefG 1952 §18 Abs1 idF 1993/126;
GBefG 1952 §18 Abs2 idF 1993/126;
GBefG 1952 §5 Abs1 idF 1993/126;
GütbefG 1995 §26 Abs1;
GütbefG 1995 §26 Abs2;
GütbefG 1995 §5 Abs7 Z3;
GütbefG 1995 §5 Abs9;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde der F-Gesellschaft m.b.H. in M, vertreten durch Dr. Friedrich Gatscha, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 24, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 13. Mai 1996, Zl. UVS-04/G/33/00123/96, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung für den Güterfernverkehr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr) hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführerin "die Berechtigung zur Ausübung der Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen des Straßenverkehrs im Fernverkehr (Güterfernverkehr) mit fünf Kraftfahrzeugen, Reg.Zl. 5322/k/12," mit dem näher bezeichneten Standort gemäß § 5 Abs. 9 i.V.m. § 5 Abs. 7 Z. 3 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 - GütbefG entzogen.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides geht die belangte Behörde in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, dass die Stimmrecht gewährenden Anteilsrechte an der Beschwerdeführerin nicht zu mehr als 75 % EWR-Angehörigen zustünden, "zumal alleinige Gesellschafterin der Gewerbeinhaberin die P-Transport-Gesellschaft m.b.H. ist, deren Anteil zu 100 % die H-Aktiengesellschaft für den internationalen Kraftfahrverkehr Budapest (Firmenregister Nr. 42101 des Hauptstädtischen Gerichtes in Budapest) hält".

In Erwiderung des Berufungsvorbringens, die gegenständlichen Bestimmungen des GütbefG seien nur bei der Neuerteilung von Konzessionen anzuwenden, vertritt die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht die Auffassung, nach § 5 Abs. 9 GütbefG müssten die in § 5 Abs. 7 Z. 3 angeführten Voraussetzungen während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Auch die Übergangsbestimmung des § 26 Abs. 1 GütbefG sehe für "Altkonzessionen" keine Ausnahme von der Anwendung des § 5 Abs. 9 GütbefG vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor. Auf die Erstattung einer Gegenschrift wurde verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit der Novelle BGBl. Nr. 126/1993 wurde das Güterbeförderungsgesetz, BGBl. Nr. 63/1952, (u.a.) dahin geändert, dass § 5 Abs. 4 folgenden (auszugsweise wiedergegebenen) Wortlaut erhielt:

"(4) Die Erteilung der Konzession erfordert neben der Erfüllung der im Abs. 1 angeführten Voraussetzungen

1.

bei einer natürlichen Person ...

2.

bei einer Personengesellschaft ...

3.

bei einer juristischen Person, dass sie ihren Sitz oder eine nicht nur vorübergehende geschäftliche Niederlassung in Österreich hat, die Mehrheit der Mitglieder jedes ihrer leitenden Organe (wie Geschäftsführer, Vorstand, Aufsichtsrat) einschließlich des Vorsitzenden EWR-Angehörige sind und die Stimmrecht gewährenden Anteilsrechte zu mehr als 75 % EWR-Angehörigen, dem Bund, einem Land oder einer Gemeinde zustehen; stehen Anteilsrechte einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft zu, so haben diese die ihrer Rechtsform entsprechenden Voraussetzungen gemäß der vorstehenden Regelung oder der Z 2 zu erfüllen. Sofern eine Aktiengesellschaft Eigentümerin ist, müssen die Aktien der Gesellschaft auf Namen lauten und die Übertragung nach der Satzung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden sein."

Mit der obzitierten Novelle erhielt der § 5 Abs. 6 des Güterbeförderungsgesetzes folgenden Wortlaut:

"(6) Die im Abs. 4 Z 1, 2 und 3 angeführten Voraussetzungen müssen während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Werden diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession unbeschadet der Bestimmungen der §§ 87 bis 91 der Gewerbeordnung 1973 von der zur Erteilung der Konzession zuständigen Behörde zu entziehen."

Mit der zitierten Novelle BGBl. Nr. 126/1993 wurde auch folgender § 18 samt Überschrift in das Güterbeförderungsgesetz eingesetzt:

"Übergangsbestimmungen

§ 18. (1) Berechtigungen zur gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern im Umfang des § 5 Abs. 1 dieses Bundesgesetzes, in der Fassung BGBl. Nr. 126/1993, die auf Grund der bisher in Geltung gestandenen Vorschriften erlangt oder aufrecht erhalten worden sind, gelten nach Maßgabe ihres sachlichen Inhaltes unter folgenden Bestimmungen als entsprechende Berechtigungen im Sinne der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, in der Fassung

BGBl. Nr. 126/1993, und der Gewerbeordnung 1973.

(2) Am Tag des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 126/1993 anhängige Verfahren sind nach der bis zum Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 126/1993, geltenden Rechtslage zu Ende zu führen."

In dieser Fassung wurden die genannten Bestimmungen - und zwar als § 5 Abs. 7 und 9 sowie § 26 - wiederverlautbart (Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung BGBl. Nr. 593/1995).

Die nach Erlassung des angefochtenen Bescheides erfolgte Änderung des § 5 Abs. 7 Z. 3 GütbefG (1995) durch die Novelle BGBl. Nr. 17/1998 ist auf den vorliegenden Beschwerdefall noch nicht anzuwenden.

Die Beschwerdeführerin macht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltend, die Unrichtigkeit der im angefochtenen Bescheid vertretenen Rechtsansicht ergebe sich schon aus einer wörtlichen Auslegung der §§ 5 i.V.m. 26 GütbefG (1995). § 5 GütbefG 1995 regle die Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession und sei daher auf bestehende Konzessionen, "die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes am 31.8.1995 bestanden haben", nicht anzuwenden. Hinzu komme, dass gemäß § 26 Abs. 1 GütbefG Konzessionen, die auf Grund der bisher in Geltung gestandenen Vorschriften erlangt oder aufrecht erhalten worden seien, nach Maßgabe ihres sachlichen Inhaltes und "der folgenden Bestimmungen" als entsprechende Berechtigungen im Sinne der Bestimmungen des GütbefG und der GewO 1994 gelten. Als "folgende Bestimmungen" kämen nur § 26 Abs. 2 GütbefG (1995) in Frage sowie die Vollzugsklausel, dass der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr hinsichtlich des § 14 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit der Vollziehung betraut sei.

Der Beschwerdeführer ist damit im Ergebnis im Recht.

Die Frage, welches Recht von der Behörde anzuwenden ist, ist eine Auslegungsfrage jener Bestimmungen, die den zeitlichen Anwendungsbereich zum Gegenstand haben. Eine solche Regelung kann explizit, z.B. in einer Übergangsbestimmung erfolgen. Sie kann sich aber auch aus dem Regelungsgegenstand der Norm, um deren Anwendung es geht, implizit ergeben, wenn auf einen bestimmten Zeitpunkt oder einen bestimmten Zeitraum abgestellt wird. Ergibt sich jedoch - im Sinne der Anwendung einer im Entscheidungszeitpunkt der Behörde nicht mehr in Geltung stehenden Rechtsnorm - keine Lösung, gilt die Zweifelsregel, dass das im Entscheidungszeitpunkt in Geltung stehende Recht anzuwenden ist (vgl. zum Ganzen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Jänner 1989, Zl. 86/04/0031, unter Bezugnahme auf das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, Slg. Nr. 9315/A).

Die oben dargestellte Rechtslage ist zunächst dadurch charakterisiert, dass so genannte "Altkonzessionen" als entsprechende Berechtigungen im Sinne der Bestimmungen des Güterbeförderungsgesetzes, in der Fassung BGBl. Nr. 126/1993, (und der Gewerbeordnung) gelten. Das bedeutet nur, dass dem ab jetzt so sei; auf eine Rückwirkung des Gesetzes in dieser Hinsicht ist aus diesem Gesetzestext nicht zu schließen.

Dass eine Rückwirkung gerade nicht intendiert war, ergibt sich im Gegenteil aus der Übergangsbestimmung des § 18 Abs. 2 GütbefG in der Fassung BGBl. Nr. 126/1993 (§ 26 Abs. 2 GütbefG), wonach am Tage des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes in der Fassung BGBl. Nr. 126/1993 anhängige Verfahren nach der .... geltenden Rechtslage zu Ende zu führen sind. Es bedarf keiner weiteren Begründung, dass dem Gesetzgeber nicht die Absicht unterstellt werden kann, einerseits anhängige Verfahren nach der alten Rechtslage weiter zu führen, andererseits aber rückwirkend die neue Rechtslage auf bestehende Berechtigungen anzuwenden.

Die belangte Behörde stützt ihre Entscheidung auf § 5 Abs. 9 GütbefG (1995), wonach die im § 5 Abs. 7 Z. 3 angeführten Voraussetzungen während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen müssen.

Die Art der Regelung ist eine solche, dass der Entziehungstatbestand des § 5 Abs. 9 GütbefG (1995) vom Konzessionserteilungstatbestand des § 5 Abs. 7 Z. 3 GütbefG nicht getrennt werden kann, wenn der vom Gesetz geforderte "Dauerzustand" erst geschaffen werden müsste; insofern also in die Rechtskraft bestehender - vom Gesetz ausdrücklich als Bewilligungen nach dem Gesetz BGBl. Nr. 126/1993 normierten (vgl. § 26 Abs. 1 GütbefG) - Konzessionen eingegriffen würde. In diesem Umfang ist nicht denkbar, § 5 Abs. 9 GütbefG anzuwenden und gleichzeitig § 5 Abs. 7 Z. 3 GütbefG vom zeitlichen Anwendungsbereich auszuschließen. Eine Anpassungsregel enthält das Gesetz aber nicht.

Dass aber die Konzessionsvoraussetzung des § 5 Abs. 7 Z. 3 GütbefG (1995) auf so genannte "Altkonzessionen" nicht anzuwenden ist, wurde bereits oben gesagt (wobei eine Aussage über die Anwendbarkeit der §§ 87 bis 91 GewO 1994 mangels Relevanz für den Beschwerdefall nicht zu treffen ist).

Da es sich im Beschwerdefall unbestritten um eine so genannte "Altkonzession" handelt und für eine solche im Sinne der obigen Darlegungen eine Anwendbarkeit des § 5 Abs. 7 Z. 3 i.V.m. § 5 Abs. 9 GütbefG nicht in Betracht kommt, verkannte die belangte Behörde die Rechtslage, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 30. Juni 1999

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996030172.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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