TE Lvwg Erkenntnis 2018/8/2 LVwG-500371/14/Wg, LVwG-500372/13/Wg, LVwG-500373/13/Wg, LVwG-500374/13/

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.08.2018
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Entscheidungsdatum

02.08.2018

Norm

§45 VStG

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich erkennt durch seinen Richter Mag. Weigl über die Beschwerden 1. der E G, 2. des
Dipl.-Ing. C G, 3. der S S und 4. des Dr. O S gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 8. Jänner 2018, GZ: Wa96-159-2017, Wa96-158-2017, Wa96-160-2017 und Wa96-161-2017, wegen Übertretungen des Wasserrechtsgesetzes (WRG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Juli 2018

zu Recht:

I.     Der Beschwerde der E G wird insoweit Folge gegeben, als die im Straferkenntnis vom 8. Jänner 2018, GZ: Wa96-159-2017, als erwiesen angenommene Tatzeit gemäß § 44a Z 1 VStG auf 1. Dezember 2017 bis 11. Dezember 2017 eingeschränkt wird. Die Geldstrafe wird auf 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Stunden herabgesetzt. Der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren der Bezirkshauptmannschaft reduziert sich auf 10 Euro. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

II.    Der Beschwerde des Dipl.-Ing. C G wird insoweit Folge gegeben, als die im Straferkenntnis vom 8. Jänner 2018, GZ: Wa96-158-2017, als erwiesen angenommene Tatzeit gemäß § 44a Z 1 VStG auf 1. Dezember 2017 bis 11. Dezember 2017 eingeschränkt wird. Die Geldstrafe wird auf 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Stunden herabgesetzt. Der Verfahrenskostenbeitrag für das Verfahren der Bezirkshauptmannschaft reduziert sich auf 10 Euro. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

III.   Die gegen S und Dr. O S erlassenen Straferkenntnisse vom 8. Jänner 2018, GZ: Wa96-160-2017 und Wa96-161-2017, werden behoben und die Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG eingestellt.

IV.    Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision unzulässig.

Entscheidungsgründe

I.       Sachverhalt

1.       Die Ehegatten S sind Miteigentümer des Grundstückes Nr., KG M, die Ehegatten G Miteigentümer des Grundstückes Nr., KG M. Sie haben in den auf ihren Liegenschaften befindlichen Wohnobjekten Unterkunft genommen. Zu den Einkommens- und Familienverhältnissen der Ehegatten G: C G monatliches Nettoeinkommen ca. 2.000 Euro, E G monatliches Nettoeinkommen ca. 700 Euro, Sorgepflichten: 2 Töchter im Studium, ein Schulkind; zu den Einkommens- und Familienverhältnissen der Ehegatten S: S S verfügt derzeit über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 1.200 Euro. Dr. S verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 2.000 Euro. Sie sind für zwei minderjährige Kinder sorgepflichtig.

2.       Auf Grundstück Nr. befindet sich eine Wasserversorgungsanlage (WVA) zum Bezug von Grundwasser, die im Jahr 1997 von den Ehegatten U, den Rechtsvorgängern der Ehegatten S, errichtet wurde. Der Brunnen funktionierte immer einwandfrei und lieferte immer einwandfreie Wasserqualität.

3.       Dipl.-Ing. G erkundigte sich im Jahr 1997 bei seinem Nachbarn M A, ob für den Anschluss des Grundstückes Nr. an diese WVA eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich ist. M August war damals bei der Bezirkshauptmannschaft (BH) zuständiger Sachbearbeiter für Wasserrecht. Dipl.-Ing. G richtete keine formelle Rechtsanfrage an die BH, sondern erkundigte sich privat bei M A. Dieser erteilte ihm privat die Auskunft, dass seiner Einschätzung nach keine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich sei.

4.       Im Einvernehmen der Ehegatten G und U wurde noch im Jahr 1997 eine Wasserleitung zum Grundstück Nr., KG M, gelegt. Die Liegenschaft Nr., KG M, wurde aber erst im Jahr 1999 bei Errichtung des Wohngebäudes der Ehegatten G an die WVA auf Grundstück Nr. , KG M, angeschlossen. Es wurde kein schriftlicher Vertrag über die Begründung eines Wasserbezugsrechtes abgeschlossen, sondern lediglich mündlich vereinbart, Strom- und Erhaltungskosten auf die beiden Grundstücke jeweils zur Hälfte aufzuteilen. Ein Wasserzins war nicht vereinbart.

5.       Im Jahr 2006 erwarben die Ehegatten S auf Grund des Kaufvertrages vom 23. März 2006 Eigentum am Grundstück Nr. 3, KG M. Bei Errichtung und Unterfertigung des Kaufvertrages war von dieser Wasserleitung zur zweiten Liegenschaft der Ehegatten G nicht die Rede. Die Ehegatten S wussten bei Abschluss des Kaufvertrages nichts von dieser Wasserleitung, schließlich ist auch keine Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen. In weiterer Folge wurden aber wie zuvor die Strom- und Erhaltungskosten jeweils zur Hälfte weiterverrechnet.

6.       Die BH erlangte erst im Jahr 2017 in einem Verfahren zur Bewilligung einer anderen Anlage Kenntnis von der gegenständlichen WVA. Die BH wies die Ehegatten G und S mit Schreiben vom 24. Mai 2017 auf die gemäß § 10 WRG bestehende Bewilligungspflicht hin und forderte sie auf, bis spätestens 30. August 2017 ein Einreichprojekt zur Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung vorzulegen. Seit damals war den Ehegatten G und S bewusst, dass eine Bewilligung erforderlich war. Mit E-Mail vom 25. August 2017 informierten die Ehegatten G die BH von ihrer Absicht, einen eigenen Hausbrunnen zu errichten und dazu Angebote einzuholen, da die WVA laut Information eines fachkundigen Unternehmens nicht bewilligungsfähig ist und nach ihren Erhebungen bei der Gemeinde auch ein Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage nicht in Betracht kam. Die BH erließ keinen wasserpolizeilichen Auftrag, sondern forderte die Ehegatten G mit Schreiben vom 24. Oktober 2017 auf, bis längstens 30. November 2017 die Bestätigung eines Fachkundigen über Trennung der Leitung zum alten Brunnen vorzulegen. Davon erlangten auch die Ehegatten S Kenntnis. Dr. S sprach am 17. November 2017 bei der BH vor und erkundigte sich, ob die Ehegatten G bereits eine Bestätigung vorgelegt hätten. Hätten die Ehegatten S die Leitung zu Grundstück Nr., KG M, getrennt, wäre der fortan als Einzelversorgungsanlage für das eigene Grundstück betriebene Brunnen nicht mehr bewilligungspflichtig gewesen. Die Ehegatten S wollten den Ehegatten G aber nicht von heute auf morgen durch Trennung der Leitung die Wasserversorgung entziehen, zumal diese auf die Versorgung mit Trink- und Nutzwasser aus der WVA angewiesen waren.

7.       Mit E-Mail vom 26. November 2017 ersuchten die Ehegatten G bei der BH um einen neuerlichen Aufschub. Die BH leitete daraufhin gegen die Ehegatten G und S mit Aufforderungen zur Rechtfertigung vom 11. Dezember 2017 Verwaltungsstrafverfahren ein (Zustellung am 18. Dezember 2017). Die BH wirft den Ehegatten S vor, im Zeitraum 24. Mai 2017 bis 11. Dezember 2017 die Anlage ohne Bewilligung betrieben zu haben. Den Ehegatten G wird vorgeworfen, in diesem Zeitraum Grundwasser ohne der erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligung benutzt zu haben. Mit E-Mail vom 18. Dezember 2017 informierten die Ehegatten G die BH über die Auftragserteilung zur Errichtung eines Bohrbrunnens. Das Anbot der Firma D ist auf den 16. Dezember 2017 datiert, wurde also vor Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung erstellt. Die Ehegatten G hätten den Auftrag jedenfalls im Dezember 2017 erteilt, auch wenn kein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden wäre. Die Aufforderung zur Rechtfertigung bzw. die Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung am 18. Dezember 2017 fällt zufällig genau mit der Auftragserteilung bzw. mit diesem zeitlichen Zusammenhang zusammen.

8.       Die BH verhängte schließlich in den bekämpften Straferkenntnissen jeweils Geldstrafen in der Höhe von 700 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 20 Stunden. In den dagegen erhobenen Beschwerden wird die Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren beantragt. Der Brunnen der Ehegatten G wurde am 9. Mai 2018 fertig gestellt und die Leitung zur WVA der Ehegatten S getrennt. Die WVA der Ehegatten S wird seither als Einzelversorgungsanlage verwendet.

9.       Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich führte am 19. Juli 2018 antragsgemäß eine Verhandlung durch

II.      Beweiswürdigung

1.       Der relevante Sachverhalt (I.) ergibt sich unstrittig aus den vorliegenden Verfahrensakten, den Aussagen der Ehegatten G und des rechtsanwaltlichen Vertreters der Ehegatten S sowie des beantragten Zeugen M in der Verhandlung am 19. Juli 2018.

2.       Die Ehegatten S brachten in ihren Beschwerden vor, sie seien bis zum Schreiben der BH vom 24. Mai 2017 davon ausgegangen, ihre Anlage würde nur die eigene Liegenschaft versorgen. Dieses Vorbringen stellte sich in der Verhandlung als unrichtig heraus, wurden doch die Erhaltungskosten immer unstrittig auf beide Grundstücke aufgeteilt. Es mag aber durchaus sein, dass sie bei Abschluss des Kaufvertrages noch nichts von der Wasserleitung wussten, zumal im Grundbuch kein Wasserbezugsrecht eingetragen ist und lediglich eine mündliche Vereinbarung über den Wasserbezug bestand.

3.       Das von der Firma D eingeholte Angebot ist auf den 16. Dezember 2017 datiert und wurde daher vor Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung erstellt. Die Angabe des Dipl.-Ing. G, sie hätten den Auftrag jedenfalls im Dezember 2017 erteilt, auch wenn kein Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden wäre, ist daher glaubwürdig. Die Aufforderung zur Rechtfertigung bzw. die Zustellung der Aufforderung zur Rechtfertigung am 18. Dezember 2017 fällt zufällig genau mit der Auftragserteilung bzw. mit diesem zeitlichen Zusammenhang zusammen. Die Anlage der Ehegatten G wurde unbestritten bereits fertig gestellt und die Leitung zur WVA der Ehegatten S getrennt. Die Angaben der Ehegatten S und G, wonach der alte Brunnen immer einwandfrei funktionierte und immer einwandfreie Wasserqualität lieferte, sind glaubwürdig und werden ebenfalls den Feststellungen zu Grunde gelegt.

III.     Rechtliche Beurteilung

1.     Objektiver Tatbestand:

Die Bestimmung des § 10 Abs. 1 und 2 WRG wird in den Straferkenntnissen wörtlich wiedergegeben. Eine Verwaltungsübertretung begeht gemäß § 137 Abs. 2 Z 2 WRG und ist, sofern die Tat nicht nach Abs. 3 oder 4 einer strengeren Strafe unterliegt, mit einer Geldstrafe bis zu 14.530 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen, wer ohne gemäß § 10 Abs. 2 oder 3 erforderliche wasserrechtliche Bewilligung oder entgegen einer solchen Grundwasser erschließt oder benutzt, in den Grundwasserhaushalt eingreift, hiefür dienende Anlagen errichtet, ändert oder betreibt oder artesische Brunnen errichtet oder betreibt.

Die Benutzung von Grundwasser aus der gegenständlichen Anlage zur Versorgung des Grundstückes der Ehegatten G war gemäß § 10 Abs. 2 WRG bereits im Jahr 1997/1999 bewilligungspflichtig, dient die Anlage doch nicht nur der Wasserversorgung des Grundstückes, auf dem sie sich befindet (vgl. Oberleitner/Berger, WRG-ON 1.04 § 10 (Stand: Juli 2016, rdb.at) RZ 5). Da keine Bewilligung vorlag, ist der objektive Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt. Gleiches gilt für den von den Ehegatten S zu verantwortenden Betrieb der Anlage.

2.     Subjektiver Tatbestand (Verschulden):

Die BH wies die Ehegatten G und S mit Schreiben vom 24. Mai 2017 auf die Bewilligungspflicht hin und setzte in der Folge eine Frist bis 30. November 2017. Die Ehegatten G und S wussten seit diesem Schreiben über die Bewilligungspflicht Bescheid. Die Verwaltungsübertretung wurde daher im angelasteten Zeitraum 24. Mai 2017 bis 11. Dezember 2017 vorsätzlich wissentlich (§ 5 Abs. 3 StGB) begangen.

3.     (Eingeschränkte) Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG:

§ 45 Abs. 1 VStG lautet:

„(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.   die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2.   der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3.   Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

4.   die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

5.   die Strafverfolgung nicht möglich ist;

6.   die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.“

Die in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Umstände - geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden - müssen kumulativ vorliegen (vgl. VwGH 20.11.2015, Ra 2015/02/0167). Von geringem Verschulden im Sinne dieser Bestimmung ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (VwGH
Ra 2016/02/0245).

Bei der Auslegung des VStG können auch Wertentscheidungen der StPO Berücksichtigung finden. So setzt eine intervenierende Diversion nach dem 11. Hauptstück voraus, dass die Schuld des Beschuldigten nicht als schwer anzusehen wäre; der in der Strafzumessungsschuld zum Ausdruck kommende Vorwurf umfasst das vom Beschuldigten verwirklichte Handlungsunrecht, die eigentliche, vielfach als Gesinnungsunwert bezeichnete täterspezifische Schuld und darüber hinausgehend alle für die Bestimmung der Strafe sonst noch bedeutsamen Umstände im Sinne der §§ 32 ff StGB. Gerade bei den im Einzugsbereich des 11. Hauptstückes liegenden, regelmäßig ein geringeres Handlungsunrecht als Vorsatzdelikte beinhaltenden Fahrlässigkeitsdelikten (§§ 88, 89 StGB) ist daher ein diversionsausschließendes schweres Verschulden nur in besonderen Ausnahmefällen anzunehmen. Folgende Umstände sprechen gegen eine schwere Schuld: die Schuldeinsicht; das ungetrübte Vorleben; die bereits erfolgte Schadensgutmachung (Schroll in Fuchs/Ratz, WK StPO § 198 (Stand 1.6.2016, rdb.at) RZ 13, 16/1).

Im gegenständlichen Fall setzt eine sachgerechte gesetzeskonforme Lösung eine Gesamtbetrachtung voraus.

3.1.    Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat ist gering:

Die BeschwerdeführerInnen haben nach dem für sie geltenden Sorgfaltsmaßstab (§ 31 WRG, § 1297 ABGB) weder das Schutzgut Wasser noch die wasserwirtschaftliche Ordnung beeinträchtigt. Schließlich funktionierte die Anlage auf Grundstück Nr. 390 jahrzehntelang einwandfrei (Punkt I.2.).

Das rechtlich nicht zu beanstandende administrative Vorgehen der Behörde zielte auf die Wiederherstellung eines formell rechtmäßigen Zustandes ab. Die Qualität der Wasserversorgung hat sich dadurch aber für keinen der Grundeigentümer verbessert, verfügt doch keine der Einzelversorgungsanlagen über ein Schutzgebiet.

Es handelt sich um eine sehr kleine Anlage, die lediglich der Versorgung von zwei Objekten diente. Betrieb und Nutzung einer solchen nur knapp die Schwelle der Bewilligungspflicht überschreitenden Anlage bleiben wesentlich hinter dem typisierten Unrechtsgehalt der angelasteten Verwaltungsübertretung zurück. Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes ist bei einer solchen Anlage gering. Auch die Intensität der Beeinträchtigung ist gering, wurde doch mit Inbetriebnahme der Anlage der Ehegatten G ein rechtmäßiger Zustand hergestellt.

3.2.    Das Verschulden der Ehegatten S war im gesamten angelasteten Tatzeitraum gering, das Verschulden der Ehegatten G jedoch nur im Zeitraum 24. Mai 2017 bis 30. November 2017:

Die Ehegatten G waren bemüht, einen gesetzeskonformen Zustand herzustellen. Dipl.-Ing. G thematisierte den Grundsatz „Beraten statt Strafen“. Die BH hatte eine Frist bis 30. November 2017 gesetzt. In Anbetracht des Umstandes, dass die sofortige Einstellung des Wasserbezugs eine massive Beeinträchtigung des Privatlebens der Familie G bedeutet hätte, kann den Ehegatten G im Zeitraum 24. Mai 2017 bis 30. November 2017 nur ein geringes Verschulden angelastet werden. Dies gilt aber nicht für den Zeitraum nach Fristablauf, weshalb in der Zeit von 1. Dezember 2017 bis 11. Dezember 2017 die Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG nicht gerechtfertigt ist.

Anderes gilt für die Ehegatten S. Diese hätten einen gesetzmäßigen Zustand nur durch Unterbrechen der Leitung zur Liegenschaft G herstellen können. Dies wollten sie - wie sie in den Beschwerden vorbringen - aber nicht von heute auf morgen verantworten, hätten sie damit doch ihren Nachbarn die Wasserversorgung entzogen. In einer solchen Konstellation ist den Ehegatten S im gesamten angelasteten Tatzeitraum bis 11. Dezember 2017 lediglich ein geringes Verschulden anzulasten. Eine Ermahnung im Sinne des § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG wäre unter spezialpräventiven Gesichtspunkten nur dann geboten, wenn zur nachhaltigen Sicherstellung eines gesetzmäßigen Zustandes noch besondere Maßnahmen ergriffen werden müssten. Das ist aber nicht der Fall, da bereits ein gesetzmäßiger Zustand hergestellt wurde. Die gegen die Ehegatten S erlassenen Straferkenntnisse waren daher gemäß § 45 Abs. 1 Z 4 VStG zu beheben und die Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

4.     Strafbemessung (Ehegatten G):

Der Strafrahmen beträgt gemäß § 137 Abs. 2 WRG bis 14.530 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen. Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 Abs. 1 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat. Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind gemäß § 19 Abs. 2 VStG überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Unrechtsgehalt: geringfügig (Die Anlage überschreitet nur knapp die Schwelle der Bewilligungspflicht.)

Verschulden: Vorsatz (Wissentlichkeit, § 5 Abs. 3 StGB), schuldmindernd war, dass die Ehegatten G auf den Wasserbezug angewiesen waren und den gesetzmäßigen Zustand hergestellt haben.

Milderungsgründe: Unbescholtenheit

Erschwerungsgründe: keine

Einkommens- und Vermögensverhältnisse: siehe Punkt I.1.

Im Ergebnis war eine Herabsetzung der Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe auf das nunmehr festgesetzte Ausmaß gerechtfertigt. Damit reduziert sich auch der Kotenbeitrag für das Verfahren der Behörde. (Dieser Beitrag ist gemäß § 64 Abs. 2 VStG für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit 10 Euro zu bemessen.) Bei diesem Verfahrensergebnis ist kein Kostenbeitrag für das Beschwerdeverfahren zu entrichten.

Aus diesem Grund war spruchgemäß zu entscheiden.

IV.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da die Rechtslage durch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geklärt ist.

-    zur Bewilligungspflicht nach § 10 Abs. 2 WRG: VwGH 2013/07/0074

-    zu § 45 Abs. 1 Z 4 VStG: Fehlt es an einer der in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Voraussetzungen für die Einstellung des Strafverfahrens, kommt keine Ermahnung nach § 45 Abs. 1 letzter Satz VStG in Frage (VwGH Ra 2018/02/0009). Bei der Anwendung des § 45 Abs. 1 Z 4 VStG ist auf den jeweiligen Deliktstypus Bedacht zu nehmen (z.B. VwGH Ra 2015/02/0167). Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles eine außerordentliche Milderung der Strafe nach § 20 VStG bzw. eine Einstellung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG gerechtfertigt hätten, kommt in der Regel keine grundsätzliche Bedeutung zu (VwGH Ra 2017/08/0043). Im gegenständlichen Fall wurde bei einer Gesamtbetrachtung nicht von diesen Vorgaben abgewichen.

Schlagworte

Wissentlichkeit – geringfügiges Verschulden; gesetzmäßiger Zustand bereits hergestellt – keine Ermahnung geboten; beraten statt strafen

Anmerkung

Alle Entscheidungsvolltexte sowie das Ergebnis einer gegebenenfalls dazu ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidung sind auf der Homepage des Oö LVwG www.lvwg-ooe.gv.at abrufbar.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGOB:2018:LVwG.500371.14.Wg

Zuletzt aktualisiert am

07.02.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Oberösterreich LVwg Oberösterreich, http://www.lvwg-ooe.gv.at
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