TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/2 96/19/0130

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Veröffentlicht am 02.07.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Schick als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde der 1956 geborenen O N, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. November 1995, Zl. 300.818/3-III/11/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit des Aufenthaltsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin stellte am 1. September 1995 beim Magistrat der Stadt Wien einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dieser Antrag wurde vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 14. September 1995 mangels einer Antragstellung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus gemäß § 6 Abs. 2 AufG abgewiesen. Nach den Angaben des im Verwaltungsakt erliegenden Rückscheines wurde das entsprechende RSb-Schreiben am 5. Oktober 1995 ("05.10.95") von einer dritten Person, dem Ehegatten ("Gatte"), übernommen.

Die am 20. Oktober 1995 zur Post gegebene Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 22. November 1995 gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, Berufungen seien gemäß § 63 Abs. 5 AVG binnen zwei Wochen nach erfolgter Zustellung einzubringen. Da die Zustellung rechtswirksam am 5. Oktober 1995 erfolgt und die Berufung erst am 20. Oktober 1995 und daher verspätet eingebracht worden sei, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die §§ 63 Abs. 5 und 66 Abs. 4 AVG lauteten in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (die Zustellung erfolgte am 1. Dezember 1995) maßgeblichen Fassung (auszugsweise):

"§ 63.

...

(5) Die Berufung ist von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser. ...

...

§ 66.

...

(4) Außer dem in Abs. 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. ..."

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Behörde, bevor sie die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet ausspricht, zu prüfen, ob die Zustellung des mit dem Rechtsmittel angefochtenen Bescheides ordnungsgemäß erfolgt ist, insbesondere ob die auf dem Rückschein vermerkten Daten den Tatsachen entsprechen. Die Behörde hat die Feststellung der Versäumung der Berufungsfrist dem Rechtsmittelwerber zur Stellungnahme vorzuhalten. Unterlässt sie dies, trägt sie das Risiko der Aufhebung des Bescheides wegen unterlaufener Verfahrensmängel (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), 1260, E 87 f zu § 66 AVG angegebene hg. Rechtsprechung). Einen derartigen Vorhalt hat die belangte Behörde unterlassen. Das Beschwerdevorbringen unterläge daher nicht dem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbot.

Das Vorbringen der Beschwerdeführerin ist allerdings nicht geeignet aufzuzeigen, wie die belangte Behörde bei Vermeidung des ihr anzulastenden Verfahrensmangels zu einem anderen Bescheid hätte gelangen können. Die Beschwerdeführerin behauptet nämlich, dass nach dem "Originalkuvert" des Bescheides des Amtes der Wiener Landesregierung eindeutig ersichtlich sei, dass die Zustellung am 6. Oktober 1995 erfolgt ist, macht aber keine konkreten Angaben zu den näheren Umständen der Zustellung, bei deren Zutreffen rechtlich gefolgert werden müsste, dass die Wirksamkeit der Zustellung erst am 6. Oktober 1995 eingetreten ist. Die als Beweis angebotene Kopie des "Originalkuverts" enthält zwar einen Datumsvermerk, doch handelt es sich dabei um den "4.12.95". Mit diesem - geradezu mutwilligen - Vorbringen allein kann daher die Relevanz des unterlaufenen Verfahrensfehlers nicht dargetan werden.

Ist aber die Zustellung des Bescheides der Behörde erster Instanz bereits am 5. Oktober 1995 erfolgt, so ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die unbestritten erst am 20. Oktober 1995 erhobene Berufung wegen Verspätung zurückwies.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 2. Juli 1999

Schlagworte

Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996190130.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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