TE Bvwg Erkenntnis 2018/12/10 W217 2206631-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.12.2018
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Entscheidungsdatum

10.12.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
PG 1965 §41

Spruch

W217 2206631-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Einzelrichterin über die Beschwerde des Herrn XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlicher Bediensteter, Pensionsservice, vom 03.09.2018, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit Bescheid der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Pensionsservice (in Folge: belangte Behörde) vom 03.09.2018 wurde auf Antrag vom 17.07.2018 festgestellt, dass Herrn XXXX (in Folge: BF oder Beschwerdeführer) ab 01.01.2018 ein Ruhebezug von monatlich brutto € 5.713,22 gebührt.

Begründend wurde ausgeführt, dass gemäß § 711 Abs. 1 letzter Satz ASVG eine Pensionserhöhung nicht stattfinde, wenn das Gesamtpensionseinkommen mehr als monatlich 4.980 € betrage. Da der Ruhebezug des BF von monatlich brutto € 5.713,22 im Dezember 2017 den Betrag von monatlich € 4.980,-- überstiegen habe, wäre zum 1. Jänner 2018 keine Erhöhung vorzunehmen.

2. In der fristgerecht gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde führte der BF aus, der Bescheid verstoße gegen EU-Recht und beruhe überdies auf einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung.

Die belangte Behörde stütze sich auf § 41 Abs. 4 PG 1965 iVm § 711 Abs. 1 letzter Satz ASVG. Diese Regelung falle in den Anwendungsbereich der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit. Die getroffene Regelung widerspreche dem Diskriminierungsverbot des Art 4 Abs. 1 der Richtlinie, da von der Regelung wesentlich mehr Männer als Frauen betroffen seien, weshalb die belangte Behörde die unionsrechtswidrige Regelung nicht anwenden hätte dürfen.

Der vorliegende Sachverhalt sei auch nicht mit dem dem (abweisenden) Erkenntnis des BVwG, GZ W178 2187548, vom 27.06.2018 zugrunde liegenden Sachverhalt vergleichbar, da gegenständlich die Belastung höher sei und die gegenständliche Pension über der Höchstbemessungsgrundlage liege und damit eine andere Rechtsgrundlage (§ 711 Abs. 1 letzter Satz anstelle von § 711 Abs. 1 Z 4 leg.cit.) zur Anwendung komme.

Die in Frage stehende Pensionsregelegung des PAG 2018 verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz und das Grundrecht auf Eigentum, da kein rechtlicher Konnex zwischen der überproportionalen Teuerungsabgeltung der niedrigeren und dem Entfall jeder Valorisierung der höheren Pensionen bestehe - dies weiche zudem von den Gesetzeszielen ab und sei politisch motiviert. Durch das vielfache Ausbleiben bzw. Kürzen des Teuerungsausgleichs in den letzten Jahren mit dem PAG 2018 sei jene Schwelle überschritten, die in einer Gesamtbetrachtung einen verfassungswidrigen Eingriff in den Pensionsanspruch des BF bewirke.

3. Die Beschwerde wurde dem BVwG am 27.09.2018 zur Entscheidung vorgelegt.

4. Das BVwG hat die belangte Behörde mit Schreiben vom 01.10.2018 aufgefordert, zu dem Vorbringen umfassend Stellung zu nehmen.

5. Mit Stellungnahme vom 25.10.2018 wurde seitens der belangten Behörde zusammengefasst Folgendes vorgebracht:

Das Vorbringen, dass wesentlich mehr Männer als Frauen von der Regelung betroffen seien und damit gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen werde, sei bereits mit dem Erkenntnis des BVwG W178 2187548 vom 27.06.2018 verworfen worden.

Von einer Minderung des Lebensstandards beim BF könne nicht ernsthaft gesprochen werden. Die Bruttopension des BF im Jahr 2018 wäre zwar um 8,33% niedriger, als sie es bei ständiger Erhöhung mit dem Anpassungsfaktor wäre und läge dies jedoch noch im - durch den VfGH mit "bis zu 10%" definierten - Spielraum des Gesetzgebers. Zudem wäre evident, dass bei sehr hohen Pensionen eine geringere Anpassung greifen kann, ohne dass damit der einmal erreichte Lebensstandard gefährdet werde. Bei höheren Pensionen habe der Gesetzgeber somit einen größeren Gestaltungsspielraum.

Es gäbe auch keinen Grundsatz der gleichmäßigen Anpassung aller Pensionen, sondern trete in der sozialen Absicherung bezüglich der Pensionsanpassung immer die Beachtung sozialer Aspekte zutage.

Eine Änderung der Rechtslage verletze nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes nur dann den Gleichheitssatz, wenn der Gesetzgeber plötzlich und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift, auf deren Bestand der Normunterworfene mit guten Gründen vertrauen konnte und auch nicht besondere Umstände vorliegen, die den Eingriff rechtfertigen. Hinsichtlich der Intensität des Eingriffs wurde auf das Erkenntnis VfSlg. 15.269/199 hingewiesen, wonach ohne Übergangszeitraum eingeführte Abschlagszahlungen bei Beamten, und die damit verbundene durchschnittliche Kürzung des Brutto-Ruhegenusses von rund 12 % bei Beamten, die vor Vollendung des 60. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt werden, nicht gegen den Gleichheitssatz verstoßen. Die Verschlechterung einer Rechtsposition sei umso beachtlicher, wenn sie die geplante Lebensführung direkt beeinträchtigt. Die Beeinträchtigung der Lebensführung durch die Pensionsanpassung nehme jedoch mit der Höhe der Pension ab. Es müsse aber im sozialpolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegen, sozialen Gesichtspunkten Rechnung zu tragen, dies umso mehr, als bei der Höhe der von der nicht vollen Anpassung betroffenen Pensionen von einer Verminderung des Lebensstandards wohl nicht ernsthaft gesprochen werden kann. Auch habe der BF nicht dargetan, warum gerade im Beamten-Versorgungssystem, in dem die Versorgungsleistung noch viel weniger durch eigene Beiträge gedeckt wären, eine derartige Pensionsanpassung, die auf soziale Aspekte Rücksicht nimmt, sachlich nicht gerechtfertigt wäre.

Auch dem Vorbringen des BF betreffend einen Eingriff in sein Eigentumsrecht gemäß Art. 1 1. ZP EMRK trat die belangte Behörde unter Verweis auf Judikatur des VfGH entgegen.

6. Darauf hat der BF mit Stellungnahme vom 05.11.2018 repliziert:

Betreffend die Unionsrechtswidrigkeit bleibe der BF bei der in seiner Beschwerde geäußerten Ansicht, da der von der belangten Behörde entgegengehaltenen langfristige Ausgleich des Geschlechterverhältnisses ihm wenig helfe und er sich noch zu Lebzeiten einen rechtmäßig bemessenen Ruhebezug erwarten dürfe.

Die abgestufte Pensionsanpassung des PAG 2018 und auch § 711 Abs. 1 letzter Satz ASVG seien verfassungswidrig, da in der Regierungsvorlage Sachverhalte als Begründung herangezogen würden, die dem PAG 2018 gar nicht unterliegen würden, weil die überdurchschnittlichen Preiserhöhungen für bestimmte Waren und Leistungen durch einschlägige Statistiken widerlegt würden und weil das im Gesetz eingesetzte Mittel ungeeignet sei, die Gesetzesziele zu erreichen.

Auch bleibe der BF bei seiner Ansicht, dass die ungleichmäßige Anpassung der Ruhebezüge gleichheitswidrig sei und zudem in seinem Fall das auch in der Judikatur des VfGH als zulässig angesehene Maß überschreite.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Herr XXXX war Beamter und hat im Jahre 2017 einen Brutto-Ruhebezug von € 5.713,22 bezogen. Seine Leistung wurde für 2018 zum 01.01. nicht erhöht.

Der Anpassungsfaktor nach § 108h ASVG wurde für das Jahr 2018 mit 1,016 festgesetzt (BGBl II Nr. 327/2017).

Die richtige Umsetzung der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen und die rechnerische Richtigkeit wurden nicht in Zweifel gezogen.

2. Beweiswürdigung:

Der entscheidungswesentliche Sachverhalt ist unbestritten und ergibt sich aus dem vorgelegten Akt des BVA-Pensionsservice und dem Vorbringen des BF.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für fremden Wesen und Asyl.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den hier maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt somit in gegenständlicher Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

3.1. Gesetzliche Bestimmungen

§ 41 PG 1965 lautet wie folgt:

(1) Änderungen dieses Bundesgesetzes, durch die weder die Höhe der Leistungen nach diesem Bundesgesetz geändert wird noch die Anspruchsvoraussetzungen auf diese Leistungen geändert werden, gelten auch für Personen, die zum Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens Anspruch auf monatlich wiederkehrende Geldleistungen nach diesem Bundesgesetz haben. Änderungen von Bemessungsvorschriften oder von Anspruchsvoraussetzungen auf Leistungen gelten für Personen, die zum Zeitpunkt ihres In-Kraft-Tretens Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz haben, nur dann, wenn dies ausdrücklich bestimmt ist.

(2) Die nach diesem Bundesgesetz gebührenden Ruhe- und Versorgungsbezüge mit Ausnahme der Ergänzungszulage gemäß § 26 sind zum selben Zeitpunkt und im selben Ausmaß wie die Pensionen in der gesetzlichen Pensionsversicherung anzupassen, wenn auf sie bereits

1. vor dem 1. Jänner des betreffenden Jahres ein Anspruch bestanden hat oder

2. sie von Ruhegenüssen abgeleitet werden, auf die vor dem 1. Jänner des betreffenden Jahres ein Anspruch bestanden hat.

Die erstmalige Anpassung eines Ruhebezuges ist abweichend vom ersten Satz erst mit Wirksamkeit ab 1. Jänner des dem Beginn des Anspruches auf den Ruhebezug zweitfolgenden Kalenderjahres vorzunehmen.

....

(4) Die in § 711 ASVG für das Kalenderjahr 2018 festgelegte Vorgangsweise bei der Pensionsanpassung ist sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden, dass das Gesamtpensionseinkommen einer Person auch die Summe aller im Dezember 2017 nach dem Bundestheaterpensionsgesetz, BGBl. Nr. 159/1958, und dem Bundesbahn-Pensionsgesetz, BGBl. I Nr. 86/2001, gebührenden und der Pensionsanpassung zum 1. Jänner 2018 unterliegenden Ruhe- und Versorgungsbezüge umfasst. Bei einer Erhöhung nach § 711 Abs. 1 Z 2 ASVG ist der gesamte Erhöhungsbetrag dem Ruhe- oder Versorgungsgenuss zuzurechnen.

§ 711 ASVG bestimmt Folgendes:

(1) Abweichend von § 108h Abs. 1 erster Satz und Abs. 2 ist die Pensionserhöhung für das Kalenderjahr 2018 nicht mit dem Anpassungsfaktor, sondern wie folgt vorzunehmen: Das Gesamtpensionseinkommen (Abs. 2) ist zu erhöhen

1. wenn es nicht mehr als 1 500 € monatlich beträgt, um 2,2%;

2. wenn es über 1 500 € bis zu 2 000 € monatlich beträgt, um 33 €;

3. wenn es über 2 000 € bis zu 3 355 € monatlich beträgt, um 1,6%;

4. wenn es über 3 355 € bis zu 4 980 € monatlich beträgt, um einen Prozentsatz, der zwischen den genannten Werten von 1,6% auf 0% linear absinkt.

Beträgt das Gesamtpensionseinkommen mehr als 4 980 € monatlich, so findet keine Erhöhung statt.

(2) Das Gesamtpensionseinkommen einer Person ist die Summe aller ihrer Pensionen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung, auf die nach den am 31. Dezember 2017 in Geltung gestandenen Vorschriften Anspruch bestand, jedoch mit Ausnahme der Kinderzuschüsse und der Ausgleichszulage und vor Anwendung von Ruhensbestimmungen. Ausgenommen sind auch Pensionen, die nach § 108h Abs. 1 letzter Satz für das Kalenderjahr 2018 nicht anzupassen sind, sowie befristete Pensionen, deren Anspruchsdauer mit Ablauf des 31. Dezember 2017 endet. Als Teil des Gesamtpensionseinkommens gelten auch alle Leistungen, die vom Sonderpensionenbegrenzungsgesetz, BGBl. I Nr. 46/2014, erfasst sind, wenn die pensionsbeziehende Person am 31. Dezember 2017 darauf Anspruch hat.

(3) Bezieht eine Person zwei oder mehrere Pensionen aus der gesetzlichen Pensionsversicherung, die zum Gesamtpensionseinkommen nach Abs. 2 zählen, so ist der Erhöhungsbetrag nach Abs. 1 auf die einzelne Pension im Verhältnis der Pensionen zueinander aufzuteilen.

(4) Abweichend von den §§ 293 Abs. 2 und 700 Abs. 5 sind die Ausgleichszulagenrichtsätze für das Kalenderjahr 2018 nicht mit dem Anpassungsfaktor, sondern mit dem Faktor 1,022 zu vervielfachen.

(5) Rechtsträger, die Leistungen nach Abs. 2 dritter Satz auszahlen, haben die Höhe dieser Leistungen dem zuständigen Pensionsversicherungsträger mitzuteilen. Der Pensionsversicherungsträger hat sodann diesen Rechtsträgern das Gesamtpensionseinkommen nach Abs. 2 mitzuteilen.

(6) (Verfassungsbestimmung) Die Anpassung für das Kalenderjahr 2018 von Leistungen, die vom Sonderpensionenbegrenzungsgesetz, BGBl. I Nr. 46/2014, erfasst sind, darf die Erhöhung nach Abs. 1 unter Heranziehung des Gesamtpensionseinkommens (Abs. 2) nicht überschreiten.

Gemäß § 108h Abs 1 ASVG sind mit Wirksamkeit ab 1. Jänner eines jeden Jahres

a) alle Pensionen aus der Pensionsversicherung, für die der Stichtag (§ 223 Abs. 2) vor dem 1. Jänner dieses Jahres liegt,

b) alle Hinterbliebenenpensionen, für die der Stichtag (§ 223 Abs. 2) am 1. Jänner dieses Jahres liegt, wenn diese Pensionen von der Pension bemessen wurden, auf die der Verstorbene am Todestag Anspruch hatte,

mit dem Anpassungsfaktor zu vervielfachen. Lit. b ist nicht anzuwenden, wenn der Stichtag für die Pension des Verstorbenen gleichfalls am 1. Jänner dieses Jahres liegt. Handelt es sich um eine erstmalige Anpassung, so ist diese erst mit Wirksamkeit ab 1. Jänner des dem Stichtag (§ 223 Abs. 2) zweitfolgenden Kalenderjahres vorzunehmen; abweichend davon ist für die erstmalige Anpassung von Hinterbliebenenpensionen, die aus einer bereits zuerkannten Leistung abgeleitet sind, der Stichtag dieser Leistung maßgebend.

Nach Abs. 2 ist der Anpassung nach Abs. 1 die Pension zugrunde zu legen, auf die nach den am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres in Geltung gestandenen Vorschriften Anspruch bestand, jedoch mit Ausnahme der Kinderzuschüsse und der Ausgleichszulage und vor Anwendung von Ruhensbestimmungen. Sie erfasst im gleichen Ausmaß alle Pensionsbestandteile.

3.2. Zu den Beschwerdeausführungen:

Das Vorbringen des BF beschränkt sich ausschließlich auf die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Pensionsanpassung 2018 bzw. ob diese Bestimmungen mit dem EU-Recht konform sind. Die konkrete Anwendung der genannten Normen wird nicht bestritten ebenso wenig wie der Rechenvorgang.

Grundlage der Beschwerde ist, dass durch § 711 Abs. 1 letzter Satz ASVG, welcher gemäß § 41 PG 1965 auch auf Ruhegenussbezieher anzuwenden ist, Leistungen über € 4980 monatlich nicht zu erhöhen sind.

3.2.1. Der BF macht u.a. Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und des Rechts auf Eigentum geltend.

Das Gericht verweist auf die Ausführungen im Erk des VfGH B 525/06 vom 29.11.2006:

"Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung (vgl. zB VfSlg. 17.254/2004 S 1201 mwN) die Auffassung, dass keine Verfassungsvorschrift den Schutz erworbener Rechtspositionen gewährleistet, sodass es im Prinzip in den politischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers fällt, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Die Aufhebung oder Abänderung von Rechten, die der Gesetzgeber zunächst eingeräumt hat, muss jedoch jeweils sachlich begründbar sein. Auch an sich unbedenkliche Eingriffe in bestehende Rechtspositionen können aber nicht die Minderung erworbener Rechte jedweder Art und in jedweder Intensität sachlich rechtfertigen. Unter diesem zuletzt genannten Gesichtspunkt verletzt ein Gesetz den Gleichheitssatz, wenn es bei Änderung der Rechtslage plötzlich und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreift. Diesem - aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten - Vertrauensschutz kommt gerade im Pensionsrecht besondere Bedeutung zu. Bei der Änderung von Regelungen, die Pensionen betreffen, ist nämlich zu beachten, dass sich die in Betracht kommenden Personen schon während ihres Erwerbslebens im Vertrauen darauf eingerichtet haben, später eine am Erwerbseinkommen orientierte Pensionsleistung zu beziehen. Eine Missachtung dieses Vertrauens durch plötzliche, die (künftige) Lebensführung direkt treffende Maßnahme des Gesetzgebers wiegt bei Pensionsbeziehern besonders schwer, weil es diesem Personenkreis meist nicht mehr möglich ist, sich im Nachhinein auf geänderte Umstände einzustellen.

3.2.2. Zur sachlichen Begründung:

Hinsichtlich der Motive des Gesetzgebers (1767 der Beilagen XXV.GP-Regierungsvorlage, Seite 1f.) zum Pensionsanpassungsgesetz 2018 - PAG 2018, BGBl. I 151/2017 ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien Folgendes:

"Abweichend von § 108h ASVG ist die Pensionserhöhung für das Kalenderjahr 2018 nicht mit dem Anpassungsfaktor, sondern gestaffelt vorzunehmen. Bei Menschen mit niedrigem Einkommen und Pensionen stehen die alltäglichen Kosten im Vordergrund. Das betrifft beispielsweise Lebensmittel oder wohnen. Diese Kosten sind in den letzten Monaten stärker gestiegen. Gerecht ist es, hier anzusetzen und diese Entwicklung mit einer gestaffelten Anpassung der Pensionen entgegenzuwirken."

Unter der Überschrift "Finanzielle Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und andere öffentliche Haushalte" wird Folgendes angeführt:

"Durch die gestaffelte Pensionsanpassung 2018 über den Anpassungsfaktor hinaus werden die zusätzlichen Kosten für Pensionist/inn/en abgefedert. Die dadurch entstehenden Mehraufwendungen in der UG 22 belasten aufgrund der Ausfallshaftung des Bundes diesen in gleicher Höhe."

Im Kapitel "Wirkungsorientierte Folgenabschätzung" wird als Problemanalyse angeführt, dass die Teuerung im für die Pensionsanpassung 2018 maßgeblichen Beobachtungszeitraum August 2016 bis Juli 2017 voraussichtlich 1,6 % betragen werde; als Ziel der Maßnahme und als anzustrebender Erfolg wird die Kaufkraftstärkung der niedrigen Pensionen sowie Kaufkrafterhaltung der höheren Pensionen durch gestaffelte Pensionsanpassung im Jahr 2018 über den Anpassungsfaktor hinaus genannt.

Als Alternative zur vorgeschlagenen Maßnahme wird angeführt: Keine Kaufkraftstärkung der niedrigen Pensionen sowie Kaufkrafterhaltung der höheren Pensionen, einheitliche Erhöhung aller Pensionen um den Anpassungsfaktor.

Nach Auffassung des Gerichts sind diese, im öffentlichen Interesse liegenden Zielsetzungen geeignet, Regelungen über das Ausbleiben einer Leistungsanpassung, wie die hier in Rede stehenden, sachlich zu rechtfertigen.

Auch wenn der Ruhebezug einen Teil des Entgeltes darstellt, das für während der Aktivzeit geleistete Arbeit steht, ist dieses vor einer Kürzung nicht gefeit, wenn diese im Rahmen bleibt (vgl. unten).

In vergleichbaren Fällen hat der Verfassungsgerichtshof (vgl. Erk vom 12.10.2016, G478/2015 mwH) bei der Beurteilung der Frage, ob ein Eingriff in laufende Pensionsansprüche gegen den gebotenen Vertrauensschutz verstößt, als Grenze für eine ohne das Vorliegen außergewöhnlicher Rechtfertigungsgründe anzunehmende Unbedenklichkeit des Eingriffes rd. 10% des Nettobezuges als maßgeblich angesehen (vgl. einerseits VfSlg 18.010/2006 - Wr. Dienst- und Pensionsordnung und andererseits VfSlg 17.254/2004 - Kürzungen der Notarpensionen um 20-28%).

Mitunter wurde auch berücksichtigt, ob es sich um den Teil eines auch viele andere Personengruppen treffenden und so die Lasten gleichmäßig verteilenden Maßnahmenpaketes gehandelt hat (VfSlg 14.867/1997 - Kürzung von Dienstzulagen von Richtern sowie VfSlg 18.010/2006 - Wr. Dienst- und Pensionsordnung). Die Nettokürzungen durch die Besteuerung von Unfallrenten, die für einen Großteil der Rentenbezieher zwischen 10% und 24% des Renten- und Pensionseinkommens betragen hat, wurde wegen Fehlens von Übergangsfristen für zwei Kalenderjahre als verfassungswidrig aufgehoben (VfSlg 16.754/2002; vgl. auch den Überblick bei Siess-Scherz, Vertrauensschutz im Sozialrecht, DRdA 2015, 433 ff).

Damit hat der VfGH den Spielraum des Gesetzgebers in der Richtung definiert, dass ein Eingriff bis zu 10% einer Kürzung (hier: der nach Auffassung des BF zustehenden Ruhebezug-Erhöhung, wenn nach §§ 108 und 108h ASVG angepasst worden wäre) keinen verfassungswidrigen Eingriff darstellt; die verfassungsmäßige Prüfung - sowohl im Hinblick auf den Eigentumsschutz als auch im Hinblick auf den Gleichheitsgrundsatz - der einfachgesetzlichen Regelungen hat nach diesen Gesichtspunkten zu erfolgen.

Fallbezogen führt die in Frage stehende Regelung der Pensions- (Ruhegenuss)- Anpassung für 2018 nach § 41 PG 1965 iVm § 711 ASVG im gegenständlichen Fall zu einem Wegfall der sonst gemäß § 108 ASVG durchzuführenden fiktiven Erhöhung des Ruhebezuges des BF um 1,6% (der Anpassungsfaktor wurde gemäß § 108 Abs. 5 iVm. § 108 f ASVG für das Jahr 2018 mit 1,016 festgesetzt). Wie bereits ausgeführt, stellt nach der Judikatur des VfGH nicht schon jedweder Eingriff in wohlerworbene Rechte eine Verletzung des aus dem Gleichheitssatz abgeleiteten Vertrauensgrundsatz dar, sondern kommt es demnach auf die Plötzlichkeit und Intensität des Eingriffs an und ist zudem auf die Einkommenssituation der von der Kürzung betroffenen Personen Bedacht zu nehmen (vgl. VfSlg. 18.010/2006 - Erhöhung des von Beamten des Ruhestandes zu entrichtenden Pensionsbeitrags). Sofern man wie der BF davon ausgeht, dass schon das Ausbleiben einer verbraucherpreisgebundenen Erhöhung des Ruhebezuges (in Höhe von 1,6%) effektiv einen Eingriff in die Rechtsposition des BF bewirkt, so stellt dieser im vorliegenden Fall in Hinblick auf die in der ständigen Rechtsprechung des VfGH als zulässig beurteilten Kürzungen jedenfalls keinen gravierenden Eingriff dar.

Im letztgenannten Erkenntnis (VfSlg. 18.010/2006) sprach der VfGH aus, dass es dem Gesetzgeber nicht schlechthin verwehrt ist, eine nicht unverhältnismäßige Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der von Kürzungen betroffenen Personen in Verbindung mit einem in bloß geringer Intensität erfolgenden Eingriff vorzunehmen. Somit bestehen auch bei einer stärkeren Belastung höherer Pensionen grundsätzlich keine Bedenken in Richtung einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes:

Gegenständlich liegt keine Leistungskürzung, sondern nominell eine Nichterhöhung der Pensionsleistungen vor. Wenngleich damit in Hinblick auf den Verbraucherpreisindex eine Kaufkraftminderung des BF einhergeht, handelt es sich dabei um einen Eingriff bloß geringer Intensität. Der Zweck der dem Eingriff zugrundeliegenden Regelung ist insbesondere die Entlastung der vom Verbraucherpreisanstieg besonders betroffenen Bezieher niedriger Pensionen. Der Eingriff ist somit durch das öffentliche Interesse gedeckt. Durch die Staffelung der Pensionsanpassung wird zudem erreicht, dass nicht eine einzelne Gruppe von Pensionsbeziehern unverhältnismäßig belastet wird (Pensionen in Höhe von über 3.355€ bis zu 4.980€ unterliegen einer linear zu 0 % absinkenden Anpassung). Eine Verletzung des Gleichheitssatzes ist im Ergebnis somit nicht erkennbar.

Ebenso ist aus diesen Argumenten heraus ein Eingriff in das Eigentumsrecht in dieser Höhe gerechtfertigt.

Wenn allerdings die Anpassung von höheren Leistungen in den kommenden Jahren weiterhin unter dem Anpassungsfaktor/ der Inflationsrate liegen sollte, könnte nach einigen Jahren die oben genannte Grenze erreicht werden. Dabei ist auch zu bedenken, dass die geringere Erhöhung Berechnungsgrundlagen-relevant ist, d.h. dass bei der nächsten jährlichen Pensionsanpassung (und den folgenden) die Basis für die prozentuelle Erhöhung geringer ist.

Diese Frage steht aber im konkreten Fall nicht zur Entscheidung.

Zusammengefasst hat der Gesetzgeber mit den §§ 41 idF der Novelle BGBl. I Nr. 151/2017 iVm § 711 ASVG seinen Gestaltungsspielraum, den ihm die Verfassung zugesteht, nicht überschritten.

3.2.3. Vorbringen der Unionsrechtswidrigkeit

Der BF bezieht sich auch auf die Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit:

Unstrittig ist, dass § 41 Abs. 4 PG iVm § 711 ASVG keine unmittelbare Diskriminierung vorsehen. Daher ist zu prüfen, ob die Regelung eine mittelbare Diskriminierung darstellt.

Unstrittig ist ferner, dass von §§ 41 Abs. 4 PG und 711 ASVG wesentlich mehr Männer als Frauen betroffen sind, weil in der Gruppe der Pensionen über der Höchstbemessungsgrundlage mehr Männer vertreten sind als Frauen (vgl. https://www.oeffentlicherdienst.gv.at/fakten/publikationen/Einkommensbericht_2018.pdf).

Die Argumentation hinsichtlich der Diskriminierung von Männern, weil von der Regelung wesentlich mehr Männer als Frauen betroffen sind, führt aber nicht dazu, dass die Bestimmungen wegen Verletzung von der Gleichbehandlungsrichtlinie nicht anwendbar wären, zumal die bessere Position einer Gruppe (Pensionshöhe der Männer), die auch eine Andersbehandlung/Benachteiligung auf anderem Gebiet mit sich bringt, nicht diskriminierend wirken kann. Unter diesem Aspekt wäre etwa das gesamte System der Lohnsteuerklassen nach dem EStG jedenfalls diskriminierend.

Eine Verletzung unmittelbar anwendbaren EU-Rechts ist somit nicht festzustellen.

3.3. Im Ergebnis ist dem Bescheid der belangten Behörde somit nichts entgegenzusetzen. Das erkennende Gericht vermag - entgegen der Ansicht des BF - unter Berücksichtigung des konkret vorliegenden Sachverhalts auch nicht zu einer vom hg. Erkenntnis W178 2187548 vom 27.06.2018 abweichenden Beurteilung zu gelangen. In diesem war die Rechtsfrage zu beurteilen, ob schon eine beschränkte Erhöhung der Pensionsleistung hinsichtlich eines Ruhebezugs in Höhe von €

4.690,46 gegen das Gebot der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit gemäß RL 79/7/EWG verstößt bzw. den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz und den Eigentumsschutz verletzt. Es wird nicht verkannt, dass die unterschiedliche Höhe des Ruhebezuges im vorliegenden Fall zur Anwendung einer anderen Rechtsvorschrift (§ 711 Abs. 1 letzter Satz statt § 711 Abs. 1 Z 4 ASVG) und damit zu einer Nichterhöhung der Pensionsleistung führt. Dies allein vermag jedoch kein abweichendes Ergebnis herbeizuführen, zumal die Nichterhöhung der Pensionsleistung auf einer deutlich höheren Bemessungsgrundlage basiert und die Wahrung des angemessenen Lebensstandards des BF jedenfalls nicht gefährdet ist. Zudem liegt das Ausmaß des Eingriffes, wie bereits oben ausgeführt, auch gegenständlich noch im Rahmen der genannten Judikatur des VfGH.

Der VfGH hat die Behandlung der Beschwerde zum genannten Erkenntnis (Zl. W178 2187548) mit Beschluss vom 27.11.2018, E 3155/2018-5, abgelehnt, da er der Beschwerde vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum verhältnismäßig weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Regelung des Dienst-, Besoldungs- und Pensionsrechtes der öffentlich Bediensteten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg beschieden hat.

4. Von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung war gemäß § 24 VwGVG abzusehen, weil lediglich eine Rechtsfrage zu klären war. Es wurde auch keine beantragt.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Schlagworte

Anpassung, Diskriminierung, Pension, Unionsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W217.2206631.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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