TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/6 97/10/0096

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Veröffentlicht am 06.07.1999
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Index

L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;
L81518 Umweltanwalt Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §53 Abs1;
AVG §7 Abs1;
B-VG Art132;
LSchG Vlbg 1982 §10 Abs2;
LSchG Vlbg 1982 §4 Abs3;
PauschV VwGH 1994 Art1 litA Z1;
VwGG §27 Abs1;
VwGG §42 Abs2;
VwGG §48 Abs1 Z2;
VwGG §49 Abs1;
VwGG §55 Abs1;
VwGG §62 Abs2;
VwGG §63 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Toifl, über die Beschwerde des Sch in Langenegg, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen die Vorarlberger Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend die Berufung gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 21. Juni 1990, Zl. II-3127/1988, über die Versagung einer Bewilligung nach dem Landschaftsschutzgesetz (Spruchpunkt I), zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. mit § 42 Abs. 4 VwGG wird die Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen und der angefochtene Bescheid in seinem Spruchpunkt I bestätigt.

Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Spruchpunkt I des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Bregenz (BH) vom 21. Juni 1990 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 3 i. V.m. § 10 Abs. 1 Landschaftsschutzgesetz, die Landschaftsschutzbewilligung für die in seiner Eingabe vom 22. September 1989 beantragte Verrohrung des Gerinnes auf der Gp 1015/3, KG Oberlangenegg, versagt. Unter Spruchpunkt II des genannten Bescheides wurde dem Beschwerdeführer die wasserrechtliche Bewilligung für die genannte Verrohrung versagt. Hiezu wurde u.a. ausgeführt, die beantragte (90 m lange) Verrohrung solle bei der am Gerinne stockenden Linde beginnen und vor der Waldgrenze enden. Es sei vorgesehen, dass in das Gerinne Glockenmuffenrohre mit einem Durchmesser von 40 cm gelegt würden. Anschließend sollten die angrenzenden Geländekanten des Grabens verschoben werden. Die Geländemulde zwischen den Oberkanten habe eine Breite von durchschnittlich 30 m. Der Beschwerdeführer könnte dadurch ca. 30 a landwirtschaftlichen Boden zusätzlich mit Maschinen bewirtschaften. Er habe das gesamte, an seinen Hof westlich angrenzende Grundstück (Gp 1015/3, KG Oberlangenegg) im Jahre 1987 erworben. Er bewirtschafte derzeit 9 ha landwirtschaftlich genutzten Boden, wovon ca. 2 ha dazugepachtet seien.

Sodann heißt es in der Begründung dieses Bescheides weiter:

"Der Amtssachverständige für Landschaftsschutz hat in seinem Gutachten u.a. ausgeführt, dass das zur Verrohrung beantragte Fließgewässer sich in einem landwirtschaftlich genutztem Gebiet befinde. Im Abschnitt der Verrohrung mäandriere das Gerinne zwischen relativ steilen Böschungen. Es sei durch ruhige Fließstrecken sowie kleinere Abstürze gekennzeichnet. Die Uferböschungen seien durch wenige Weiden, schwarzen Holunder und Eschen bestockt. Im unteren Bereich der Verrohrung seien typische Wasserpflanzen, wie z.B. die Sumpfdotterblume, gefunden worden. Das Fließgewässer zeichne sich durch weitgehende Natürlichkeit aus und trage daher entscheidend zur Vielgestaltigkeit der umgebenden Landschaft bei. Eine Verrohrung würde nicht nur den Verlust der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers bedingen und damit zu einer Schädigung des Naturhaushaltes führen, sondern es entstünde auch ein nicht mehr gut zu machender Schaden an der umgebenden Landschaft.

Offene Fließgewässer seien Lebensraum für die im und am Wasser befindlichen Tiere und Pflanzen, die für ein intaktes ökologisches Geichgewicht wertvoll seien. Durch die Verrohrung werde die wechselseitige Beziehung zwischen Ufer- und Gewässerbereich zerstört. Die heute natürliche Bachsohle trage dazu bei, dass sich das Wasser selbst belüfte und somit einen wertvollen Beitrag zur Selbstreinigung leiste. Durch die Verrohrung werde das Gewässer aus dem Wirkungsgefüge der Landschaft herausgenommen und verliere als praktisch totes Abflussgerinne seine Selbstreinigungskraft. Eine beträchtliche Verarmung der Lebewelt des betroffenen Gewässers und des Landschaftsbildes sei die Folge. Die geplante Verrohrung sei daher aus der Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes negativ zu beurteilen.

Der landwirtschaftliche Sachverständige hat ausgeführt, dass hofnahe Flächen möglichst gut bewirtschaftbar sein sollten. Durch das geplante Projekt könnten auch die angrenzenden Flächen leichter und besser bewirtschaftet werden. Zudem sei mit der Verrohrung eine wesentliche Arbeitserleichterung zu erwarten. Es könnte auf das händische Mähen, das Abzäunen und die Beweidung des Grabens mittels Kälber verzichtet werden. Weiters würde eine bessere Zufahrt zum Hof geschaffen werden. Ökologische Verluste könnten durch eine entsprechende Geländeausformung möglichst geringgehalten werden. Das vorliegende Projekt werde daher positiv beurteilt.

Der gewässerschutztechnische Amtssachverständige stellt in seinem Gutachten u.a. fest, dass der Graben eine zunehmende Erosionstätigkeit aufweise. Diese, die landwirtschaftliche Nutzung beeinträchtigenden Erscheinungen, könnten auf mehrere Arten saniert werden. Einerseits wäre der Einbau von kleinen Sohlschwellen mittels Holzrundlingen oder Steinen und einer Teilaufforstung der Grabeneinhänge, zumindest schattenseitig, möglich. Im Sinne einer besseren Bewirtschaftung wäre eine Geländekorrektur mit einem offenen, höher gelegenen Gerinne möglich. Die Folge einer Verrohrung wäre eine Abflussbeschleunigung, welche die Grabenerosion im steilen Unterlauf verstärken würde. Der negative Einfluss auf den Lauf, die Höhe und das Gefälle und teilweise auch auf den Hochwasserabfluss könnte jedoch teils durch technische Maßnahmen reduziert werden. Bezüglich der ökologischen Beeinträchtigungen verweise er auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz. Ergänzend sei zu bemerken, dass das Grabenwasser einen höheren Nährstoffeintrag durch die intensive landwirtschaftliche Nutzung im Einzugsgebiet aufweise und ein natürlicher Abbau im Wesentlichen nur in einem offenen Gerinne erfolgen könne. Das Gerinne sei im beantragten Verrohrungsbereich ganzjährig wasserführend. Der nun vorliegende Antrag stelle eine Maximallösung aus landwirtschaftlicher Sicht dar. Dieser könne aus gewässerökologischer und wasserbautechnischer Sicht nicht zugestimmt werden.

Die Gemeinde L hat das Vorhaben befürwortet. Der Siedlungshof des Antragstellers sei in der Parzelle R in einem entsiedlungsgefährdeten Gebiet gelegen. In den letzten Jahren seien trotz hoher öffentlicher Mittel Bauern abgewandert; einzig beim Hof S handle es sich noch um einen ganzjährig bewohnten Bauernhof. Die Familie S habe in den letzten Jahren enorme Investitionen im Gebäude wie auch durch Grundzukauf getätigt. Sie sei daher auf die intensive Nutzung eines jeden m2 landwirtschaftlichen Bodens angewiesen, um das erforderliche Einkommen für die Familie zu erzielen und auch den Rückzahlungsverpflichtungen nachzukommen. Sollte die Familie S ihre Existenz aufgeben, so wäre die Parzelle R entsiedelt. Die gesamte, heute gut gepflegte Kulturlandschaft werde dann verwildern.

Der Antragsteller ersucht die Behörde, die beantragten Bewilligungen dennoch zu erteilen. Er habe Kompromisse gemacht, indem er den ursprünglichen Verrohrungsantrag von 170 m nun auf 90 m eingeschränkt habe. Der Bau eines offenen Gerinnes sei um ein Vielfaches teurer als die beantragte Verrohrung."

Aus den Ausführungen des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz gehe klar hervor, dass das Gerinne einen ganz speziellen Lebensraum für Kleintiere und Pflanzen biete sowie ein prägendes Landschaftselement inmitten eines landwirtschaftlich intensiv genutzten Gebietes darstelle. Das Gerinne werde zusätzlich unmittelbar am Beginn der geplanten Verrohrung von einer ergiebigen Quelle bewässert. Im Hinblick auf diesen Umstand könne von einem ständig wasserführenden Gerinne ausgegangen werden.

Eine Verrohrung hätte zur Folge, dass ein intaktes Gerinne mit wechselseitigen Beziehungen zwischen Wasser, Sohle und Uferbereich zur Gänze zerstört und unwiederbringliche Schäden an Kleintier- und Pflanzenlebewesen verursacht würden. Es würden daher in Bezug auf den Lebensraum von Tieren und Pflanzen als auch in landschaftsbildlicher Hinsicht Interessen des Landschaftsschutzes verletzt.

Eine Bewilligung könne gemäß § 10 Abs. 2 Vlbg LSchG 1982 daher nur erteilt werden, wenn andere öffentliche Interessen überwögen. Entscheidend sei, ob ausschließlich durch die Unterlassung der Verrohrung der landwirtschaftliche Betrieb des Beschwerdeführers in seiner Existenz gefährdet sei. Die unterhalb des Hofes gelegene landwirtschaftlich genutzte Fläche sei durch den gegenständlich markant gewässerführenden Graben getrennt. Die bis zu den Oberkanten angrenzenden beiden Grundstücke wiesen ein Gefälle auf. Ihre Bewirtschaftung mit Maschinen sei gut möglich. Eine Querung des Grabens mit mehrspurigen Kfz sei jedoch aufgrund der steilen Einhänge nicht möglich. Die Zufahrt zum weiter entfernt gelegenen Grundstück - vom Hof aus gesehen - erfolge über den Güterweg R. Bei einer Verrohrung bzw. Errichtung einer Überfahrt könnte die Zufahrtsstrecke vom Hof bis zu diesem Grundstück um ca. 40 m verkürzt werden.

Die beantragte Verrohrung hätte aus landwirtschaftlicher Sicht den Vorteil, dass künftig ca. 30 a Boden mit Maschinen zusätzlich bewirtschaftet werden könnten - der Graben sei bisher lediglich mit Jungvieh beweidet worden - und dass eine direkte Zufahrt vom rechtsseitig des Grabens gelegenen Grundstück zum Hofgebäude hergestellt werden könnte. Dieses Interesse sei aus landwirtschaftlicher Sicht verständlich. Durch die Verrohrung werde jedoch die maschinell bewirtschaftbare Fläche nur geringfügig - gleichzeitig unter Verlust von Weideflächen - vergrößert. Aus dieser Flächenvergrößerung und der unwesentlich längeren Zufahrt für einen Teil des Grundstückes könne jedoch nicht auf eine grundlegend existenzentscheidende Maßnahme für den landwirtschaftlichen Betrieb geschlossen werden. Die von der Gemeinde angesprochene angespannte finanzielle Lage des Beschwerdeführers sei nicht auf das Vorhandensein des zur Verrohrung vorgesehenen Grabens zurückzuführen. Auf Grund der ermittelten Interessenlage sei das beantragte Vorhaben zu versagen.

Hinsichtlich der beantragten wasserrechtlichen Bewilligung sei die Bezirkshauptmannschaft aufgrund der gutächtlichen Äußerung des Amtssachverständigen für Gewässerschutz zum Ergebnis gelangt, dass sich die beantragte Verrohrung negativ auf die Wasserökologie auswirke und die Selbstreinigungskraft des Wassers gemindert werde (§ 105 lit. m WRG 1959). Den beim Augenschein wahrgenommenen Kleintier- und Pflanzenlebewesen würde durch diese Maßnahme die Lebensgrundlage entzogen werden. Alle diese Organismen seien bedeutend für die gesamte Nahrungskette. Die Erhaltung des offenen Gerinnes stelle daher ein öffentliches Interesse dar.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Hinsichtlich der landschaftsschutzrechtlichen Bewilligung machte er geltend, es sei nicht darauf eingegangen worden, ob die befürchteten negativen Auswirkungen durch Auflagen hätten verhindert werden können. Was das Verfahren nach dem Wasserrechtsgesetz anlange, so habe weder der Amtssachverständige für Landschaftsschutz noch der gewässerschutztechnische Amtssachverständige ausdrücklich von einer wesentlichen Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers gesprochen. Die Verrohrung stelle selbstverständlich einen Eingriff dar, jedoch bei der beantragten Länge von 90 m keinesfalls einen wesentlichen. Auch werde die derzeitige Erosionsgefährdung durch das Gerinne nicht berücksichtigt. Hinsichtlich beider Verfahren führe er aus, dass er seinen ursprünglichen Antrag (Verrohrung auf einer Länge von 170 m) wesentlich, nämlich auf 90 m reduziert habe. Im Oberlauf bleibe daher ein freies Gerinne von rund 80 m. Die negativen Folgen bestünden nicht mehr oder nur zu einem sehr geringen Teil. Was die Interessenabwägung anlange, seien die Eingriffe in die Landschaft einerseits nicht so intensiv wie im Bescheid ausgeführt und es könne andererseits nicht nur dann von einem öffentlichen Interesse gesprochen werden, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb in seiner Existenz unmittelbar gefährdet sei. Es liege vielmehr schon im öffentlichen Interesse, dass auf einem landwirtschaftlichen Betrieb - insbesondere am Siedlungsrand - Rationalisierungen und Arbeitserleichterungen möglich sein müssten.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 12. Dezember 1990 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides Folge gegeben und dem Beschwerdeführer die wasserrechtliche Bewilligung zur beantragten Verrohrung des Gerinnes unter Vorschreibung mehrerer Auflagen erteilt. Begründend wurde ausgeführt, dem eingeholten Gutachten eines gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen zufolge bringe jede Verrohrung eine gewisse Beeinträchtigung eines Oberflächengewässers mit sich. Es könne jedoch im vorliegenden Fall von einer wesentlichen Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gerinnes in seiner Gesamtheit nicht gesprochen werden. Insbesondere könne durch die bereits bestehenden Drainagierungen des darüber liegenden landwirtschaftlich intensiv genutzten Bodens und den damit verbundenen Nährstoffeintrag sowie die bestehenden Drainageleitungen von einem Gewässerkontinuum, welches durch die geplante Verrohrungsstrecke reduziert würde, nicht mehr gesprochen werden. Die Verrohrungsstrecke werde durch Jungvieh stark beweidet und es erfolge dadurch eine ständige zusätzliche Belastung, welche durch die Verrohrung eher verringert werden könnte. Auch könne es bei länger dauernden Trockenperioden zu einer Austrocknung des in Rede stehenden Gerinnes kommen. Jedenfalls komme es derzeit ohne Verrohrung aufgrund der geologischen Untergrundbeschaffenheit zu ständig fortschreitenden Erosionen und Uferabbrüchen. Ein eventuell durch die Verrohrung zu erwartender schädlicher Einfluss auf den Lauf, die Höhe, das Gefälle oder die Ufer des natürlichen Gerinnes könne durch gezielte Gegenmaßnahmen abgewendet werden. Zwar stehe fest, dass längere Verrohrungsstrecken aus der Sicht des Oberflächengewässerschutzes grundsätzlich sehr kritisch, wenn nicht negativ zu beurteilen seien. Im vorliegenden Fall könne jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, dass einerseits dieses Gerinne nur aus Drainagegewässern und dem Überlaufen von zwei Quellstuben gespeist werde und andererseits eine starke Beweidung durch Jungvieh mit ohnehin ständiger Beeinträchtigung des Gerinnes erfolge. Es könne daher - aus der Sicht der Wasserrechtsbehörde und in Übereinstimmung mit dem gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen - nicht von einem ökologisch wertvollen Oberflächengewässer gesprochen werden.

Mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 2. April 1991 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchpunkt I des erstinstanzlichen Bescheides keine Folge gegeben und der Spruchpunkt I bestätigt. Hiezu wurde ausgeführt, durch die geplante Verrohrung würden - wie sich aus dem erstinstanzlichen Bescheid ergäbe - Interessen des Landschaftsschutzes verletzt, weil diese nicht nur zu einem Verlust der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers und damit zu einer Schädigung des Naturhaushaltes führe, sondern auch zu einem irreversiblen Schaden für die umgebende Landschaft. Die Folgen der Verrohrung zeigten sich in einer Beeinträchtigung des Naturgenusses und einer Verarmung des Landschaftsbildes, zumal sich das Fließgewässer durch weitgehende Natürlichkeit auszeichne und daher entscheidend zur Vielgestaltigkeit der umgebenden Landschaft beitrage. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass auf die Frage einer Verhinderung von negativen Auswirkungen durch Auflagen oder Bedingungen nicht eingegangen worden sei, sei festzuhalten, dass im vorliegenden Fall Auflagen oder Bedingungen zu keiner Minderung der Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes führen könnten, weil mit einer Bewilligung der Verrohrung auf eine Länge von 90 m unweigerlich die beschriebene Interessenverletzung erfolge. Eine Bewilligung nach § 10 Abs. 2 Landschaftsschutzgesetz könne daher nur dann erteilt werden, wenn andere öffentliche Interessen überwögen. Der Hof des Beschwerdeführers sei der letzte ganzjährig bewohnte Hof in der Parzelle R., einem entsiedlungsgefährdeten Gebiet. Die Erhaltung dieses Betriebes und demgemäß Rationalisierungen und Arbeitserleichterungen würden als öffentliches Interesse geltend gemacht. Da die beantragte Verrohrung nur den Vorteil hätte, 30 a Boden mit Maschinen zusätzlich bewirtschaften zu können, wobei gleichzeitig Weideflächen verloren gingen, sowie die Zusatzstrecke von dem rechtsseitig des Grabens liegenden Grundstück zum Hofgebäude um 40 m zu verkürzen, könne nicht auf eine grundlegende existenzentscheidende Maßnahme für den landwirtschaftlichen Betrieb geschlossen werden. Dies umso weniger, als besondere Bewirtschaftungserschwernisse durch Zahlung einer Flächenprämie zumindest teilweise abgegolten würden. Ein generelles öffentliches Interesse an der Erhaltung dieses letzten ganzjährig bewohnten Hofes werde durchaus anerkannt. Maßgebend sei jedoch, ob öffentliche Interessen jene an der Erhaltung der Landschaft überwögen. Da diese Frage ausschließlich auf das konkrete Projekt zu beziehen sei, sei davon auszugehen, dass diese geringfügigen Vorteile, die eine Verrohrung mit sich bringe, kein überwiegendes öffentliches Interesse darstellten. Davon könnte nur dann gesprochen werden, wenn die Verrohrung eine Existenzbedrohung vom Hof des Beschwerdeführers abwenden würde.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Mai 1996, Zl. 91/10/0129, - dem Beschwerdeführer zugestellt am 28. Mai 1996, der belangten Behörde am 24. Mai 1996 - wurde der Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 2. April 1991 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Zwar sei - so die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses - die Bewilligungspflicht der geplanten Verrohrung im Sinne des § 4 Abs. 3 LSchG von der belangten Behörde zu Recht bejaht worden. Auch lasse sich aus den Feststellungen des erstinstanzlichen Bescheides im Zusammenhang mit dem dort wiedergegebenen Gutachten des Amtssachverständigen für Landschaftsschutz eine durchaus ausreichende Beschreibung des umzugestaltenden Landschaftselementes, nämlich des in einer Länge von 90 m zu verrohrenden Gerinnes in dem Graben, der dort durch Geländeauftrag und -abtrag in eine Mulde umgebildet werden solle, entnehmen. Es fehle allerdings eine - für die Klärung der Frage, ob durch die Verwirklichung des Projektes Interessen des Landschaftsschutzes beeinträchtigt würden, wesentliche - Beschreibung der umgebenden Landschaft, die es ermöglichen würde, in dem Gerinne und dem Graben ein charakteristisches und bestimmendes Landschaftselement zu erblicken und dessen Umgestaltung in eine andere Art landwirtschaftlich genutzter Flächen als ästhetisch nachteilig für die umgebende Landschaft zu beurteilen. Auf dem Boden einer solchen umfassenden Beschreibung hätte sich zeigen können, dass von einer ästhetischen Beeinträchtigung der Landschaft nicht gesprochen werden könnte. Es hätte sich aufgrund einer solchen umfassenden Beschreibung der Landschaft aber auch herausstellen können, dass der Verlust des in Rede stehenden Taggewässers in einem natürlichen Graben und dessen Ersetzung durch eine maschinell bearbeitbare Mulde als ein Verlust an Vielgestaltigkeit der Landschaft und damit als eine Beeinträchtigung der Landschaftsästhetik beurteilt werden könnte, die auch einem in der Umgestaltung landwirtschaftlicher Flächen bestehenden Eingriff in die Vorarlberger Landschaft Grenzen setzen würde. Der Beschwerdeführer sei aber auch im Recht, wenn er diese

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bereits ergänzungsbedürftigen - Sachverhaltsfeststellungen der Erstbehörde durch das im zweitinstanzlichen wasserrechtlichen Verfahren erstattete Gutachten des gewässerschutztechnischen Amtssachverständigen, das der belangten Behörde nach der Aktenlage bekannt gewesen sei, erschüttert sehe. Die belangte Behörde hätte dieses Beweismittel im Rahmen ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht beachten und die vorhandenen Widersprüche zu den von der Erstbehörde zugrunde gelegten Sachverhaltsfeststellungen zum Anlass weiterer Ermittlungen machen müssen. Dabei stünden nicht die rein wasserrechtlich relevanten Ermittlungsergebnisse des Landeshauptmannes - insbesondere hinsichtlich der ökologischen Funktionsfähigkeit und Werthaftigkeit des Gewässers - in Rede, sondern es seien auch Landschaftsmerkmale betroffen, die für die Ausprägung der Landschaft im Eingriffsbereich und deren Umgebung wichtig und bestimmend sein könnten. Insbesondere erscheine auch unter dem Gesichtspunkt des Landschaftsschutzes die Feststellung des Landeshauptmannes von Relevanz, dass das Gerinne nur aus Drainagegewässern und dem Überlaufen von zwei Quellstuben gespeist werde, ferner dass es bei länger dauernden Trockenperioden zu einer Austrocknung des Gerinnes kommen könne. Diese Feststellungen hätten Anlass geben müssen, die unterinstanzlichen Feststellungen in Frage zu stellen, denen zufolge sich das Fließgewässer durch eine weitgehende Natürlichkeit auszeichne und entscheidend zur Vielgestaltigkeit der Landschaft beitrage, "zusätzlich" unmittelbar am Beginn der Verrohrung von einer ergiebigen Quelle bewässert werde und dass im Hinblick auf diese Umstände von einem ständig wasserführenden Gerinne ausgegangen werden könne. Der Hinweis auf die Drainagierungen könnte auch die umgebende Landschaft in einem anderen Licht erscheinen lassen. Dadurch dass die belangte Behörde diese Widersprüche nicht ausgeräumt, sondern den Wasserrechtsbescheid des Landeshauptmannes unberücksichtigt gelassen habe, habe sie den angefochtenen Bescheid mit Mängeln der Sachverhaltsfeststellung und der Begründung belastet, bei deren Vermeidung sie zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Die Relevanz der Verfahrensmängel liege darin, dass sich herausstellen hätte können, dass durch das Projekt nur ein bereits wesentlich durch menschliche Eingriffe gestaltetes Landschaftselement durch ein anderes, in der im Wesentlichen anthropogen gestalteten Umgebung nicht disharmonisch wirkendes Landschaftselement ersetzt werden sollte. Die Relevanz finde ihren Grund darüber hinaus

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jedenfalls - darin, dass ohne eine ausreichende Landschaftsbeschreibung und darauf aufbauende Feststellungen über das Gewicht der Landschaftseingriffe eine Abwägung mit konkurrierenden anderen öffentlichen Interessen im Sinne des § 10 Abs. 2 LSchG 1982 unmöglich sei. Auch das Gewicht einer "Verarmung der Landschaft in ihrer Vielgestaltigkeit" könne anlässlich der Subsumtion unter die Begriffe des § 1 Abs. 2 lit. a LSchG nur beurteilt werden, wenn taugliche Feststellungen sowohl über das zum Verschwinden gebrachte Landschaftselement selbst als auch über seine Einbettung in und seine Bedeutung für die umgebende Landschaft getroffen würden. Die vom angefochtenen Bescheid gleichfalls festgestellte Beeinträchtigung des Naturgenusses entbehre überhaupt wesentlicher Feststellungen, sowohl was die durch das Gerinne bedingten (vorhandenen) Tier- und Pflanzengemeinschaften anlange, als auch die Zugangsmöglichkeiten von Menschen, die sich über diesen Anblick erfreuen könnten. In Ansehung des Vorliegens eines überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne des § 10 Abs. 2 LSchG teile der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich die Auffassung der belangten Behörde, dass das Interesse an der langfristigen Erhaltung eines am derzeitigen Siedlungsrand eines entsiedlungsgefährdeten Gebietes gelegenen Dauersiedlungshofes als ein öffentliches Interesse im Sinne des § 10 Abs. 2 LSchG anzusehen sei. Kein solches im land- und forstwirtschaftlichen Siedlungsinteresse begründetes Interesse liege hingegen dann vor, wenn das Projekt lediglich Ertragsverbesserungen, Rationalisierungen oder Arbeitserleichterungen in einem in seiner Existenz an sich nicht gefährdeten Betrieb dienen solle, es also um Maßnahmen gehe, die mit Absiedlung oder Aufrechterhaltung des Betriebes wirtschaftlich in keinem unmittelbaren Zusammenhang stünden und daher den privaten Interessen des Betriebsführers zugerechnet werden müssten. Der Verwaltungsgerichtshof sei der Auffassung, dass auch im Bereich der durch Transferzahlungen der öffentlichen Hand subventionierten Wirtschaftstätigkeiten, wie der Bergbauernwirtschaft, nicht jegliche einer Ertragsverbesserung dienende Maßnahme des Unternehmers als eine im öffentlichen Interesse und nicht in dessen Privatinteresse gelegene Disposition angesehen werden könne. Für die Vornahme dieser Abgrenzung kämen im vorliegenden Fall zwei Gesichtspunkt in Betracht: Zum einen die Nachteile, die der Verzicht auf 0,3 ha maschinenbearbeitbarer landwirtschaftlicher Nutzfläche (anstelle von Weideland), die durch das Projekt gewonnen werden könnte, bedeuten würde, zum anderen die weiterbestehende Zufahrtserschwernis zu den jenseits des Grabens gelegenen Wirtschaftsflächen. Die belangte Behörde habe in den Vorteilen der geplanten Maßnahmen wegen ihrer Geringfügigkeit keinen nachhaltigen Beitrag zur Betriebserhaltung erblickt. Zu diesem Ergebnis sei bereits die erstinstanzliche Behörde gelangt, in welchem sie sich sowohl mit dem Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen als auch mit der Stellungnahme der Gemeinde L. auseinander gesetzt habe, wenn sie die Lage des Betriebes am Rande des entsiedlungsgefährdeten Gebietes durchaus in ihre Erwägungen eingeschlossen, jedoch in der geplanten Verrohrung keine "grundlegend existenzsichernde Maßnahme für den landwirtschaftlichen Betrieb des Bewilligungswerbers" erblickt habe. Der Beschwerdeführer sei diesem Beurteilungsergebnis in seiner Berufung nicht konkret entgegengetreten. Vielmehr habe er seinen Einwand auf die Ausführung beschränkt, es könne nicht nur dann von einem öffentlichen Interesse gesprochen werden, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb in der Existenz unmittelbar gefährdet sei. Es liege vielmehr schon im öffentlichen Interesse, dass auf einem landwirtschaftlichen Betrieb - insbesondere am Siedlungsrand - Rationalisierungen und Arbeitserleichterungen möglich sein müssten. Der Beschwerdeführer gehe damit von einer unmittelbaren Existenzgefährdung seines landwirtschaftlichen Betriebes nicht aus. Soweit der Beschwerdeführer mit seinem Berufungsvorbringen Ertragsverbesserungen meine, die zur Existenzsicherung des Betriebes keinen entscheidenden Beitrag lieferten, sei er nach dem Gesagten im Unrecht, denn das Interesse an solchen Verbesserungen wäre als ein privates Interesse anzusehen. Sollte damit aber gemeint sein, es liege ein entscheidender Beitrag zur dauerhaften Existenzsicherung des Betriebes vor, wäre es dem Beschwerdeführer oblegen, die Feststellungen der Erstbehörde, die geplanten Maßnahmen seien in ihren Auswirkungen nur geringfügig und nicht grundlegend existenzentscheidend, zu bestreiten und konkret zu behaupten, einerseits in welchem Ausmaß durch diese Maßnahmen mögliche Ertragsverbesserungen erwartet würden und andererseits in welchem Verhältnis dies zur Ertragssituation des Betriebes insgesamt stehe. Nur so könnte die Wirksamkeit des Vorhabens in Bezug auf eine nachhaltige Existenzsicherung des Betriebes beurteilt werden. Der Beschwerdeführer habe dieser Behauptungs- und Konkretisierungslast im Verwaltungsverfahren nicht entsprochen. Wenn sich die belangte Behörde aufgrund des Berufungsvorbringens daher nicht veranlasst gesehen habe, weitere Sachverhaltsermittlungen durchzuführen, sondern im Wesentlichen der Interessenabwägung der Erstbehörde gefolgt sei, liege ihr eine Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht zur Last. Erforderlich wäre es allerdings gewesen, auf das Vorbringen des Beschwerdeführers (in seiner Eingabe vom 22. September 1989) über die Gefährlichkeit der bisherigen Zufahrt zu den jenseits des Grabens liegenden Betriebsflächen einzugehen, denn das vom Beschwerdeführer angesprochene Unfallrisiko für ihn oder seine Ehegattin könne im unmittelbaren Zusammenhang mit einer nachhaltigen Existenzsicherung bzw. Existenzbedrohung des Betriebes gebracht werden. Um ein klares Bild über die Interessenlage zu gewinnen, hätten freilich auch hier Feststellungen über die Größe und die Bedeutung der durch eine sichere Zufahrt erschließbaren Flächen sowie über allfällige Alternativen (bloße Brücke über den Graben) getroffen werden müssen. Die Verneinung eines relevanten, mit den Interessen am Landschaftsschutz abzuwiegenden anderen öffentlichen Interesses beruhe daher ebenfalls auf mangelhaften und begründungsbedürftig gebliebenen Feststellungen.

Im fortgesetzten Verfahren wurde vom Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz am 2. Dezember 1996 ein ergänzendes Gutachten erstattet. Diesem zufolge ist das in Rede stehende Kleinfließgewässer als Berglandgewässer der montanen Region anzusprechen.

"Die geplante Verrohrung" - so der Sachverständige weiter - "beginnt genau beim Ursprung des Gewässers und endet ca. 60 m bergseits des geschlossenen Waldareals. Der geplante Verrohrungsabschnitt liegt innerhalb des Dauernutzungsraumes auf einer Seehöhe von 870 bis 880 m. Der gesamte Hangbereich, auf dem sich das gegenständliche Gewässer befindet, ist nach Westen geneigt. Das Gewässer ist in seinem Verlauf nordost-südwestlich ausgerichtet und hat eine Längsneigung von 11 bis 12 %.

Die Linienführung des Gewässers ist unverändert und folgt der im Gelände deutlich erkennbaren Tiefenmulde. Im mittleren Abschnitt werden die Einhänge der Mulde so steil, dass der Grabeneinschnitt eine deutliche Tobelform annimmt. Das Gewässer weist in Übereinstimmung mit der vorgegebenen Geländeformation eine leicht gewundene Linienführung auf.

Im Abschnitt der geplanten Verrohrung hat das Gewässer eine Sohlbreite von ca. 30 cm. Die benetzte Gerinnesohle ist relativ tief eingeschnitten und ist vorwiegend durch anstehenden Lehm sowie durch eine Kiessedimentation ausgestattet. Aufgrund der Gerinneausstattung kann man den Schluss ziehen, dass das Gewässer nur eine geringe Geschiebeführung aufweist. Die geringe Geschiebeführung entspricht dem Naturcharakter dieses Gewässers und ist nicht durch Gewässereingriffe verursacht.

Der Übergang zwischen der Sohle und der Böschung ist durch keine wasserbaulichen Eingriffe beeinträchtigt worden. Sowohl die Gerinnebreite als auch die Gerinnetiefe sind nicht einheitlich sondern weisen im Gewässerverlauf unterschiedliche Dimensionen auf, wie dies einem natürlichen Kleingewässer entspricht.

Im obersten Abschnitt der geplanten Verrohrungsstrecke stocken beidseitig des Gerinnes Ahorn-, Eschen-, Erlen-, und Haselgehölze. Weiter bachabwärts weist das Gerinne keine Gehölzbestockung mehr auf. Es ist dagegen noch eine krautige und hochstaudenreiche Ufervegetation vorhanden. Die Uferbegleitvegetation weist ansatzweise mit Brennnesseln Düngeanzeiger auf. Der Uferbegleitsaum wird jedoch vorwiegend durch Mädesüß und Springkräuter gebildet, also durch typische Arten im Ufersaum dieser Bäche. Im Anschluss an die Uferbegleitvegetation, die gemeinsam mit der benetzten Sohle eine Breite von ca. 4 m aufweist, bilden Weideflächen das unmittelbare Umland des Gewässers. Die Weideflächen sind im Nahbereich des Gewässers relativ steil. Neben der üblichen Fettweidenvegetation sind immer wieder Vernässungszeiger wie Binsen oder Kohldisteln zu erkennen. Das vermehrte Aufkommen von Binsen ist nicht nur auf die Feuchtigkeit, sondern auch auf den Viehtritt zurückzuführen.

Das hydrologische Regime des Gewässers ist durch verschiedene Eingriffe verändert und entspricht nicht mehr ganz dem natürlichen Abflussregime. Den Ursprung des Fließgewässers bildet sozusagen ein Auslaufbauwerk. Das gegenständliche Gewässer wurde oberhalb dieses Auslaufbauwerkes bereits früher in Rohre verlegt. Der frühere Quellbereich des gegenständlichen Gewässers liegt auf der teilweise vermoorten Geländeverebnung ca. 300 m nordöstlich des jetzigen Gewässerursprungs. Das Wasser aus dem Auslaufbauwerk stammt aus diesem teilweise drainagierten Moor sowie aus zwei Brunnenüberläufen. Ein Teil der Wassermengen aus den gefassten Quellen ist also im gegenständlichen Gewässerabschnitt nicht mehr abflusswirksam.

Im rechtsufrigen Einhang in unmittelbarer Nähe des Gewässerursprungs befindet sich ein Steifseggensumpf, der durch mehrere Quellaustritte im oberen Hangbereich mit Wasser gespeist wird. In diesem Sumpf liegt ein schon seit 20 Jahren nicht mehr genutzter Brunnen. Das Wasser fließt daher unverändert in den Bach. Die Wasserspeisung, die auf diesen Brunnenauslauf zurückzuführen ist, entspricht im Wesentlichen dem von Natur aus gegebenen Wasserzulauf in das Fließgewässer, auch wenn nie eine Fassung vorgenommen worden wäre. Alles in allem ist die Wasserführung des gegenständlichen Gewässers zwar durch anthropogene Maßnahmen beeinflusst, jedoch nicht so weit, dass von einer künstlichen Wasserführung gesprochen werden könnte. Dem Wesen nach entspricht die Wasserspeisung des Gewässers noch größtenteils natürlichen Verhältnissen.

Den geologischen Untergrund für das Gewässer bilden die Weißachschichten der Molassezone. Diese Gesteinsschichten begünstigen einen oberflächlichen Wasserabfluss, was bei entsprechenden Geländeneigungen häufig zur Bildung von Geländemulden und Tobeln führt. Das Gerinne liegt in einer solchen landschaftstypischen Tiefenmulde, die abschnittsweise einem gut sichtbaren Tobel gleicht. Diese Tobelform setzt sich auch weiter talwärts fort, wo das Gewässer im geschlossenen Waldbereich liegt.

Viele Hangbereiche in der Molassezone zeichnen sich durch das Vorkommen von solchen Tobeln aus. Die Entstehung dieser typischen Landschaftsform hängt ursächlich mit der Funktion und der Wirkung des Fließgewässers zusammen. Die Landschaftsform wird daher als landschaftstypisch und klar ablesbar wahrgenommen. Die Verrohrung des Gewässers würde dazu führen, dass man die Tobelform als solche 'sinnentleert' in der Landschaft erlebt. Wenn das Gewässer einmal in Rohre verlegt ist, ist zudem der Anreiz sehr groß, dass das Tobel in der Folge mit Erdmaterial aufgefüllt und so gänzlich unsichtbar wird.

Das Fließgewässer steht mit dem Umland in vielfacher Beziehung und ist Teil einer Fließgewässerlandschaft, d.h. eines Komplexes von Lebensgemeinschaften und ihren Standorten. Für die Bewertung eines Fließgewässers muss daher das unmittelbare Umland mit einbezogen werden. Die Bewertungsskala, die im Rahmen des Pilotprojekts Fließgewässerinventar Vorarlberg entwickelt wurde, reicht von natürlich - damit bezeichnet man ein Gewässer, das keine Anzeichen historischen oder aktuellen Einflusses zeigt - bis zu verödet, etwa im Falle von beispielsweise verrohrten Strecken. Da das gegenständliche Gewässer und die mit diesem unmittelbar verzahnten Landschaftselemente den natürlichen Bedingungen in Ansätzen entsprechen, kann das Gewässer zwar nicht als natürlich, aber doch zumindest als naturbetont bewertet werden.

Das Fließgewässer ist ein linear ausgerichtetes, die umgebende Landschaft beeinflussendes Gestaltelement. Eine Verrohrung würde dazu führen, dass dieses Landschaftselement durch ein Landschaftselement ersetzt würde, dessen Naturwert wesentlich geringer einzustufen wäre. Anstelle des naturbetonten Fließgewässers würde sich eine eher artenarme Fettweide entwickeln. Eine Verrohrung würde sich auch landschaftsästhetisch durch den Verlust eines wichtigen Gestaltungselementes nachteilig auf die umgebende Landschaft auswirken."

Mit Schreiben vom 5. Mai 1997 korrigierte der Amtssachverständige sein Gutachten dahin, dass die geplante Verrohrung ca. 50 m bachabwärts des Gewässerursprungs beginne und 20 m bergseits des geschlossenen Waldareals ende. Das Ahorn-, Erlen- und Haselgehölz bleibe somit unberührt, wovon auch im Gutachten vom 2. Dezember 1996 ausgegangen worden sei. Der Schluss, dass sich die Verrohrung landschaftsästhetisch durch den Verlust eines wichtigen Gestaltungselementes nachteilig auf die umgebende Landschaft auswirken würde, würde dadurch nicht berührt.

Im fortgesetzten Verfahren wurde weiters das Gutachten eines Sachverständigen für Land- und Forstwirtschaft eingeholt. In diesem Gutachten vom 22. August 1997 wird Folgendes ausgeführt:

"Beschreibung des gegenständlichen Grabens und der angrenzenden Flächen:

Der zur Verrohrung beantragte Graben befindet sich unmittelbar unter dem landwirtschaftlichen Wohn- und Wirtschaftsgebäude der Familie S. R. 98 an einem Westhang.

Der Graben trennt ein Feldstück (Bewirtschaftungsgröße im Rahmen der EU Landwirtschaftsförderung) mit 2,84 ha Gesamtfläche in zwei Flächen: rechtsseitig eine Fläche mit ca. 0,9 ha dann der Graben mit ca. 0,3 ha und linksseitig eine Fläche mit 1,64 ha. Die Flächenangaben sind geschätzte Größen, da der Graben nicht im Katasterplan eingezeichnet ist. Die rechtsseitige Fläche hat eine durchschnittliche Neigung von 25 % und kann mit dem Allradtraktor nach zwei bis drei Tagen trockenem Wetter in der Falllinie befahren werden. Querfahrten sind nur in Teilbereichen mit hohem Unfallrisiko möglich. Zugefahren wird von oben über einen asphaltierten Güterweg. Die gegenständliche Fläche läuft im unteren Bereich in einem Spitz zusammen und ist daher in diesem Bereich äußerst ungünstig für Umkehrmanöver mit landwirtschaftlichen Maschinen (Traktor mit Ladewagen oder Güllefass). Insgesamt muss diese Fläche als an der Grenze der Traktorbefahrbarkeit beschrieben werden.

Beide Flächen links- und rechtsseitig werden als drei- bis viermähdige Wiesen genutzt. Beide Flächen zeigen eine sehr gute Nährstoffversorgung.

Der Graben fällt steil zum Gerinne ab und wird als Viehweide genutzt. Die Viehweide ist mit Bäumen und Sträuchern unterbrochen. Der Niveauunterschied zwischen links- und rechtsseitiger Fläche und Graben beträgt rund 8 - 10 m. Aufgrund der Steilheit und bedingt durch Viehstapfen kann die Grabenfläche ausschließlich händisch mit der Sense bewirtschaftet werden.

Das Gerinne selbst hat eine durchschnittliche Tiefe von 1 m und eine Breite von 1 - 2 m. Wobei eine starke Tendenz zur Eintiefung festzustellen ist. Zum Zeitpunkt der Besichtigung war das Gerinne dick mit Brennnesseln und Geissbart zugewachsen. Beides Nährstoff- und Feuchtezeiger.

Die linksseitige Fläche ist im oberen Bereich beinahe eben im unteren Bereich befindet sich eine Kuppe die zwischen 25- und 30 % geneigt ist und ebenfalls nur in der Falllinie mit dem Allradtraktor befahren werden kann. Sie läuft ebenfalls im Spitz zusammen, daher ist ein Umkehren mit Traktor und Ladewagen ebenfalls nur sehr schwierig möglich. Die Zufahrt ist ebenfalls nur von oben möglich.

Beschreibung des landwirtschaftlichen Betriebes der Familie S:

Die Familie S bewirtschaftet einen Grünlandbetrieb mit 12-15 Milchkühen und ca. 10 Stück Rindern im Vollerwerb. Die selbstbewirtschaftete Gesamtfläche beträgt 12,9 ha die sich aus drei größeren zusammenhängenden Teilflächen zusammensetzt. Das Milchkontingent beträgt ca. 60.000 kg. Weiters wird noch Joghurt für die Sennerei Langenegg produziert. Arbeitskräfte sind Herr und Frau S. sowie der 13-jährige Sohn Martin. In der Parzelle R. ist der Betrieb S. der letzte ganzjährig bewohnte Bauernhof.

1. Frage:

Ist der gegenständliche landwirtschaftliche Betrieb bei einer Versagung der Bewilligung der Verrohrung unmittelbar in seiner Existenz gefährdet?

Durch die Verrohrung und Aufschüttung des Grabens würde zusätzliche mit Maschinen bewirtschaftbare Fläche von ca. 30 ar geschaffen werden unter gleichzeitigem Verlust von extensiver Weidefläche.

Die Intensivierungsmöglichkeit dieser Fläche kann mit ca. 4.000 kg Heuertrag/ha und Jahr bewertet werden. Das heißt es ist ein zusätzlicher Ertrag von 1.200 kg Heu auf 30 ar pro Jahr zu erwarten. Damit könnte eine Kuh ca. 3-4 Monate gefüttert werden.

Der wegfallende Arbeitsaufwand (Zaun erstellen, mähen mit der Sense, kehren, wenden, händischer Abtransport) durch die Verrohrung und Aufschüttung kann mit 40 Arbeitsstunden pro Jahr bewertet werden.

Eine Einkommensverbesserung durch die Verrohrung und Aufschüttung ist nicht zu erwarten, da der zusätzliche Ertrag durch die Kosten dieser Baumaßnahme aufgehoben wird.

Hauptgrund für solche Investitionen sind in der Regel die Arbeitserleichterung, da Landwirtefamilien mit 3.500 Arbeitsstunden und mehr pro Vollarbeitskraft im Jahr stark belastet sind.

Herr S. hat durch große Investitionen in Gebäude, Maschinen und Grundstücke einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb geschaffen, der von seinem Sohn weitergeführt werden soll. Zu dieser Vielzahl von Investitionen zur Existenzsicherung gehört auch die Verrohrung und Aufschüttung des gegenständlichen Grabens.

2. Frage:

Wie ist die Gefährlichkeit der bisherigen Zufahrt zu den rechtsseitig des Grabens liegenden Betriebsflächen zu beurteilen?

Eine Zufahrt und Befahrbarkeit der rechtsseitig liegenden Flächen mit dem Allradtraktor und Anhänger ist bei abgetrocknetem Boden in der Falllinie möglich. Insgesamt muss die Wahrscheinlichkeit eines Unfalles als hoch eingeschätzt werden, da aufgrund der Neigung und der hohen Niederschläge in diesem Gebiet diese Fläche an der Grenze der Traktorbefahrbarkeit liegt.

3. Gibt es Alternativen zur geplanten Verrohrung?

Durch die Errichtung einer Brücke oder einer Verrohrung von 5 - 10 m im unteren Bereich des Grabens sowie der Errichtung von zwei Zufahrtswegen im unteren Randbereich der links- und rechtsseitigen Flächen könnte man das gefährliche Umkehren vermeiden und die beiden Flächen würden dadurch miteinander verbunden.

Aus landwirtschaftlicher Sicht ist aber die beantragte Lösung zu befürworten."

Mit Schriftsatz vom 26. Mai 1997 erhob der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof Beschwerde gegen die Vorarlberger Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend seine Berufung gegen den Bescheid der BH vom 21. Juni 1990.

Mit Verfügung vom 10. Juli 1997 leitete der Verwaltungsgerichtshof - nachdem der Beschwerdeführer dem ihm zuvor erteilten Mängelbehebungsauftrag entsprochen hatte - gemäß § 35 Abs. 2 VwGG das Vorverfahren ein und trug der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG auf, innerhalb einer Frist von drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen. Diese Verfügung wurde der belangten Behörde am 22. Juli 1997 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 22. Oktober 1997 legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und führte aus, dass es ihr nicht möglich gewesen sei, innerhalb der festgesetzten Frist zu entscheiden.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 1998 wurde die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 9 VwGG ersucht, ein ergänzendes Gutachten des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz einzuholen. In diesem ergänzenden Gutachten vom 12. Jänner 1999 führte der Amtssachverständige u. a. Folgendes aus:

"Das gegenständliche Gerinne liegt im Ortsteil R. in der Gemeinde L. Die höchsten Erhebungen im Bereich von R. liegen bei 994 m Seehöhe. Bevor der Mensch dieses Gebiet in Kultur genommen hat, war es beinahe lückenlos bewaldet. Bei der Zusammensetzung der Baumarten waren im Wesentlichen Fichte, Tanne und Buche beteiligt. Diese Baumartenzusammensetzung hat sich bis heute dank der naturnahen Plenterwirtschaft kaum verändert.

Am R. liegt auf dem Geländesattel ein kleines Hochmoor. Wasserstauende Moränenschichten im Untergrund haben zur Bildung dieses Hochmoores geführt. Mit Ausnahme dieses relativ kleinflächigen Moores (ca. 30.000 m2) war der gesamte R. mit Wald bestockt. Im Zuge der Kulturnahme vor ca. 1000 Jahren wurde der Wald stark zurückgedrängt. Heute stockt der Wald vorwiegend in Lagen, die landwirtschaftlich schwer bewirtschaftbar sind. Es sind dies die steileren Tobeleinhänge und die Kuppenbereiche am R. Waldzungen entlang der größeren Tobelbereiche bilden das Muster der großräumigen Waldverteilung.

Das kühlfeuchte Klima des Vorderen Bregenzerwaldes lässt eine natürliche Eignung des Gebietes für beinahe ausschließliche Grünlandbewirtschaftung und bäuerliche Forstwirtschaft zu.

Die Siedlungsform auf dem R. ist ein locker bebauter, kleiner Weiler und mehrere einzeln liegende Bauernhäuser. Zwischen den Höfen säumen Obstbaumwiesen den Weiler und stellen so einen fließenden Übergang zur umgebenden Landschaft dar.

Das Kulturland besteht heute fast ausschließlich aus intensiv genutzten Fettwiesen. Nur im Bereich des Hochmoores wachsen Kleinseggen und Pfeifengraswiesen. Die Vegetation im Bereich des Hochmoores wird nur extensiv genutzt, sie wird nicht gedüngt, und nur einmal im Jahr erfolgt ein Wiesenschnitt. Das Kulturland außerhalb des Moorbereiches wird landwirtschaftlich intensiv genutzt, ist aber noch gut mit Landschaftselementen ausgestattet. Die Landschaftselemente sind zum Teil Heckenzüge und Einzelbäume, die vornehmlich entlang von Grundstücksgrenzen stocken. Weitere Landschaftselemente sind Obstbaumbestände, die vorwiegend im Nahbereich der Häuser stocken.

Darüber hinaus ist das Fließgewässer, welches verrohrt werden soll, ein größeres lineares Element in dieser Landschaft. Das Fließgewässer ist im Gelände deutlich erkennbar und verläuft in einer auffallenden, senkrecht zum Hang liegenden Mulde. Das Gerinne ist ein Element, das die Landschaft beeinflusst, das für die Landschaft typisch ist und das zur landschaftlichen Vielfalt dieses Gebietes beiträgt. Eine gleichartige Geländemulde liegt ca. 150 m parallel weiter südöstlich."

Ausgehend davon, dass die Landschaft durch die Faktoren:

Klima, Geologie und Geomorphologie, Tier- und Pflanzenwelt sowie Einwirkungen und Nutzungen des Menschen geprägt werde, sei das gegenständliche Gerinne zunächst als typische Ausprägung des Klimafaktors zufolge des hier herrschenden Niederschlagsreichtums anzusehen. Die im Bereich von Rotenberg vorherrschenden Gesteinsschichten (Weißachschichten der Molassezone) würden weiters einen oberflächlichen Wasserabfluss begünstigen, was - bei entsprechender Geländeneigung - zur Bildung von Geländemulden wie der gegenständlichen und von Tobeln führe. Die Linienführung des Gewässers folge der in der Landschaft deutlich erkennbaren Geländemulde, wobei die Entstehung dieser Mulde auf die Tiefenerosion des Gewässers zurückzuführen sei. Aus diesem Grunde könne man in dem Gewässer ein typisches und charakteristisches Landschaftselement erkennen.

"Eine Verrohrung" - so das Gutachten weiter - "würde dazu führen, dass ein typisches Landschaftselement aus der Landschaft eliminiert würde. Zum Landschaftselement Gewässer zählt nicht nur die benetzte Sohle, sondern auch die das Fließgewässer säumende Begleitvegetation mit Mädesüßhochstaudenfluren. Der Standort dieser Pflanzengesellschaft kommt nur in Uferbereichen von Fließgewässern vor. Eine Verrohrung würde daher auch zum Verlust dieser Uferbegleitvegetation führen. Sofern die Mulde nach der Verrohrung nicht ohnehin durch eine Materialaufschüttung gänzlich verschwinden würde, würde man sie als 'sinnentleert' in der Landschaft erleben. Das Verschwinden des offenen Gerinnes als Folge der geplanten Verrohrung würde sich auf alle Fälle ästhetisch nachteilig auf die umgebende Landschaft auswirken."

In seiner Stellungnahme zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens brachte der Beschwerdeführer vor, es komme vor dem Hintergrund des Art. 6 Abs. 1 MRK jedenfalls nicht in Betracht, einen Sachverständigen, der in einem Behördenverfahren ein Gutachten erstattet habe, im Säumnisbeschwerdeverfahren wiederum als Sachverständigen zu bestellen. Der beigezogene Amtssachverständige sei überdies von der belangten Behörde nicht unabhängig, weil es "massive abteilungsinterne Differenzen" in der Abteilung gebe, in der er untergebracht sei. Jedenfalls vermittle das Gutachten keineswegs den Eindruck der Unbefangenheit des Sachverständigen, sondern vielmehr den Eindruck, der Sachverständige winde sich in "einer verfahrenen Sache, weil er um das Tauziehen um eine Erledigung in der eigenen Abteilung wusste und daher gehemmt ist". Es sei weiters nicht erfindlich, in welcher räumlichen Beziehung das angebliche kleine Hochmoor zum verfahrensgegenständlichen Landschaftsbereich stehe. Die sachverständigen Ausführungen seien als "Allgemeinaussagen zum Vorderen Bregenzerwald" zu werten, die offenkundig einem Geologieführer entnommen worden seien; sie seien weder überprüfnoch nachvollziehbar. Das Gutachten gehe zwar davon aus, dass sich das Verschwinden des Gerinnes ästhetisch nachteilig auswirken würde. Offenkundig sehe der Sachverständige diese ästhetischen Nachteile aber selbst nicht als bedeutend an. Schließlich fehle auch eine Abwägung der ästhetischen Nachteile mit den vom Beschwerdeführer geltend gemachten öffentlichen Interessen an einer produktiven Landwirtschaft sowie zu anderen öffentlichen Interessen. Demgegenüber komme der land- und forstwirtschaftliche Sachverständige zu einer Güterabwägung, die allerdings nicht in allen Punkten exakt an den maßgeblichen Fragestellungen orientiert sei. Die Erteilung einer Bewilligung sei nämlich nicht nur bei Existenzgefährdung eines landwirtschaftlichen Betriebes, sondern bei Vorliegen überwiegender öffentlicher Interessen gerechtfertigt. Es bestehe ein grundlegendes öffentliches Interesse daran, die vorhandenen Betriebe insgesamt so produktiv wie möglich zu gestalten, was nicht nur erfordere, den landwirtschaftlichen Ertrag bestmöglich zu gestalten, sondern vor allem, Arbeitsaufwand möglichst zu vermeiden. Nur eine Vielzahl existenzsichernder Maßnahmen könne auf Dauer den exponierten Hof des Beschwerdeführers in seiner Existenz sichern. Auch die Vermeidung von Unfällen liege im öffentlichen Interesse. Wie der Sachverständige richtig dargelegt habe, gebe es "keine Alternativen zur konsequenten Maßnahme des verfahrensgegenständlichen Projekts". Der Sachverständige sei also grundsätzlich "auf dem richtigen Weg", wenngleich er "die allgemeinen Interessen an der Sicherung der Existenz der akut existenzgefährdeten Mittelgebirgslandwirtschaft allgemein gegenüber den spezifischeren Interessen der Öffentlichkeit am Erhalt des Hofes des Beschwerdeführers zu wenig betone". Schon derzeit lasse das Gutachten des land- und forstwirtschaftlichen Sachverständigen den Kenner der wirtschaftlichen Verhältnisse erkennen, dass die öffentlichen Interessen gegenüber dem geringfügigen Landschaftseingriff vorzugehen hätten. Dies werde bei der unter einem beantragten mündlichen Verhandlung mit Lokalaugenschein unter Zuziehung der Zeugen und Sachverständigen "noch zu vertiefen sein".

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war.

Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Die Frist für die Erlassung von Ersatzbescheiden nach Bescheidaufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof oder Verfassungsgerichtshof beginnt mit der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses an die belangte Behörde (vgl. z.B. Mayer, B-VG2 (1997), 636, und die hier zitierte hg. Judikatur). Diese Frist war im Hinblick auf die oben genannten Daten des Verwaltungsverfahrens im Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Beschwerde abgelaufen.

Da die belangte Behörde - wie dargelegt - den versäumten Bescheid auch innerhalb der ihr gemäß § 36 Abs. 2 VwGG eröffneten Frist nicht nachgeholt hat, ist die Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Gemäß § 4 Abs. 3 des - im vorliegenden Verfahren nach der Übergangsvorschrift des § 59 Abs. 10 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung, LGBl. Nr. 22/1997 anzuwendenden - Gesetzes über den Schutz und die Pflege der Vorarlberger Landschaft (Landschaftsschutzgesetz), LGBl. Nr. 1/1982 i.d.F. LGBl. Nr. 22/1988 (LSchG), bedürfen im Bereich von fließenden Gewässern innerhalb des Hochwasserabflussgebietes und eines daran anschließenden 20 m breiten Geländestreifens Veränderungen im Sinne des Abs. 1, soweit nicht die §§ 3 oder 13 Anwendung finden, der Bewilligung der Behörde. Ausgenommen von der Bewilligungspflicht sind ortsübliche Einfriedungen für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke.

Als Veränderungen in der Landschaft gelten gemäß Abs. 1 insbesondere die Errichtung oder Änderung von Bauwerken, Einfriedungen, Ankündigungen und Werbeanlagen sowie sonstigen Anlagen, das Aufstellen von Wohnbooten, die Errichtung von Zelt-, Lager- und Ablagerungsplätzen, das Ablagern von Abfällen wie Altmaterial, Bauschutt u.dgl. und die Veränderung, Beschädigung oder Beseitigung von Gehölzen, Bäumen, Hecken, Tümpeln und Schilfgürteln.

Gemäß § 10 Abs. 1 leg. cit. darf die Bewilligung nur erteilt werden, wenn Gewähr besteht, dass Interessen des Landschaftsschutzes nicht verletzt werden.

Gemäß § 10 Abs. 2 leg. cit. darf die Bewilligung nicht versagt werden, wenn sich die Hinderungsgründe durch Bedingungen, Auflagen oder eine Befristung der Bewilligung, die im Falle des § 3 Abs. 1 lit. m mit höchstens zehn Jahren zu bemessen ist, beseitigen lassen. Eine Bewilligung darf trotz Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes dann erteilt werden, wenn andere öffentliche Interessen überwiegen. In einem solchen Fall ist durch Bedingungen oder Auflagen die Verletzung von Interessen des Landschaftsschutzes in möglichst geringem Ausmaß zu halten.

Gemäß Abs. 1 Abs. 2 lit. a LSchG ist Landschaftsschutz im Sinne des Gesetzes die Abwehr von Eingriffen, die geeignet sind, die Landschaft zu beeinträchtigen, zu verunstalten und zu schädigen oder den Naturgenuss zu stören.

Im hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1996, Zl. 91/10/0129, wurde bereits dargelegt, dass die vom Beschwerdeführer beantragte Verrohrung den Bewilligungstatbestand des § 4 Abs. 3 LSchG erfüllt; dieser Punkt ist daher nicht weiter zu erörtern.

Die Bewilligungsfähigkeit des Vorhabens des Beschwerdeführers hängt - wie ebenfalls bereits im zitierten hg. Erkenntnis ausgeführt - zunächst davon ab, ob durch die Verwirklichung des Projektes Interessen des Landschaftsschutzes beeinträchtigt würden, ob also im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. a LSchG ein Eingriff herbeigeführt würde, der geeignet ist, die Landschaft zu beeinträchtigen, zu verunstalten, zu schädigen oder den Naturgenuss zu stören.

Dem vorliegenden Gutachten (samt Ergänzungen) des Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz zufolge handelt es sich bei dem Gerinne samt Graben um eine Erscheinungsform der Landschaft von R., die - bedingt durch die hier anzutreffenden klimatischen und geologischen Verhältnisse - in dieser Landschaft wiederholt anzutreffen ist. Im Übrigen sei das Bild der Landschaft von Rotenberg - abgesehen von näher beschriebenen Siedlungen - von Grünflächen (intensiv genutzten Fettwiesen) und Waldzungen beherrscht. In dieser optisch im Wesentlichen durch Flächen geprägten Landschaft sei das Gerinne samt Graben als größeres lineares Element deutlich wahrnehmbar. Aufgrund seiner Gewässerführung und seiner Begleitvegetation wirke es trotz näher beschriebener anthropogener Eingriffe im Vergleich zu den umgebenden land- und forstwirtschaftlich genutzten Flächen naturbelassen ("naturbetont"). Dadurch werde dem Betrachter der Landschaft der Eindruck landschaftlicher Vielfalt vermittelt; das Gerinne trete als ein diese Landschaft optisch belebendes Strukturelement in Erscheinung. Es handle sich um ein das Bild der Landschaft von R. prägendes Landschaftselement. Seine im Umfang des Antrages erfolgende Verrohrung würde daher dazu führen, dass der Landschaft ein wesentliches Gestaltungselement verloren ginge.

Der Beschwerdeführer ist diesen - nicht als unschlüssig zu erkennenden - sachverständigen Ausführungen weder konkret noch auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Vielmehr hat er sich in seiner abschließenden Stellungnahme auf das Vorbringen beschränkt, das Gutachten enthalte statt überprüfbarer und nachvollziehbarer Einzelheiten Allgemeinaussagen und stelle die angenommenen ästhetischen Nachteile nicht in Beziehung zu den an einer produktiven Landwirtschaft bestehenden öffentlichen Interessen.

Mit diesem Vorbringen wird die Beweiskraft des Gutachtens schon deshalb nicht erschüttert, weil sich der Sachverständige in seinem landschaftsschutzfachlichen Gutachten einerseits - wie dargelegt - sehr wohl auf das konkrete Projekt des Beschwerdeführers und dessen Auswirkungen auf das Bild der Landschaft von R. bezogen hat und es andererseits nicht seine Aufgabe war, die Beeinträchtigung der Landschaft gegen die vom Beschwerdeführer geltend gemachten öffentlichen Interessen abzuwägen. Der Beschwerdeführer vermag die Beweiskraft dieses Gutachtens aber auch mit dem Hinweis, der Amtssachverständige vermittle keineswegs den Eindruck der Unbefangenheit, er könne auch angesichts der "massiven Differenzen" in der Abteilung, wo er untergebracht sei, nicht unabhängig sein, nicht zu erschüttern. Damit wird nämlich kein Umstand aufgezeigt, der zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit oder Objektivität des Amtssachverständigen Anlass geben könnte. Soweit der Beschwerdeführer aber vorbringt, es komme "nicht in Betracht", einen Sachverständigen, der im Verwaltungsverfahren bereits ein Gutachten erstattet hat, im Säumnisbeschwerdeverfahren neuerlich beizuziehen, ist ihm zu entgegnen, dass in der Teilnahme eines Sachverständigen am bisherigen Beweisverfahren kein hinreichender Grund für die Annahme liegt, der Sachverständige stünde der Sache nicht völlig objektiv und unvoreingenommen gegenüber. Konkrete Anhaltspunkte für eine Befangenheit des beigezogenen Amtssachverständigen bringt der Beschwerdeführer freilich selbst nicht vor.

Aufgrund des vorliegenden Gutachtens ist daher davon auszugehen, dass durch das beantragte Vorhaben des Beschwerdeführers Interessen des Landschaftsschutzes verletzt werden, weil dadurch ein das Landschaftsbild prägendes Element verloren ginge, was zu einem deutlichen Verlust an Vielgestaltigkeit der Landschaft und solcherart zu einer ästhetisch nachteiligen Veränderung der Landschaft führen würde. Mit der Ausführung des beantragten Vorhabens wäre daher (zumindest) eine Beeinträchtigung der Landschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. a LSchG verbunden.

Diese Beeinträchtigung könnte durch Vorkehrungen im Sinne des § 10 Abs. 2 LSchG nicht beseitigt werden. Mit der antragsgemäßen Verwirklichung des Projektes wäre nämlich notwendigerweise der gänzliche Verlust des in Rede stehenden Landschaftselementes im Ausmaß der beantragten Verrohrung verbunden. Konkrete Vorkehrungen, die im vorliegenden Fall geeignet wären, die mit dem beantragten Vorhaben verbundene Beeinträchtigung der Landschaft zu beseitigen, hat auch der Beschwerdeführer nicht einmal ansatzweise aufgezeigt.

Die beantragte Bewilligung könnte daher nur dann erteilt werden, wenn die mit dem beantragten Vorhaben verbundene Verletzung der Interessen des Landschaftsschutzes durch andere öffentliche Interessen überwogen würde.

Der Beschwerdeführer macht in diesem Zusammenhang geltend, es bestehe ein öffentliches Interesse an der Erhaltung einer Mittelgebirgslandwirtschaft und es liege daher im öffentlichen Interesse, Betriebe wie jenen des Beschwerdeführers so produktiv wie möglich zu gestalten.

Wie bereits im zitierten hg. Erkenntnis vom 6. Mai 1996 (unter Hinweis auf Vorjudikatur) ausgeführt wurde, ist das Interesse an der langfristigen Erhaltung eines am derzeitigen Siedlungsrand eines entsiedlungsgefährdeten Gebietes gelegenen Dau

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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