TE Lvwg Erkenntnis 2018/12/21 LVwG-AV-1382/001-2017

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Veröffentlicht am 21.12.2018
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Entscheidungsdatum

21.12.2018

Norm

AWG 2002 §1 Abs3
AWG 2002 §1 Abs3 Z9
AWG 2002 §2 Abs1
AWG 2002 §2 Abs4 Z1
AWG 2002 §73 Abs1
AVG 1991 §76 Abs2
AVG 1991 §77 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch MMag. Dr. Michaela Lütte als Einzelrichterin über die Beschwerde des A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 06. Oktober 2017, Zl. ***, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

1.   Hinsichtlich des gemäß § 73 Abs. 1 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) erteilten Behandlungsauftrags wird die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) insgesamt wie folgt neu gefasst wird:

„Die beim Abbruch der Gebäude (***), ***, ***, angefallenen und im westlichen Bereich des Schüttbereichs II (siehe Beilage) auf dem Grundstück Nr. *** und ***, KG ***, für Aufhöhungs- und Anschüttungsmaßnahmen auf einer Fläche von ca. 300 m2 in einer Schütthöhe bis zu 1,5 Meter aufgebrachten Abfälle – eine Mischung aus Natursteinen, Ziegeln, Betonresten, Baustellenabfälle (Kabel- und Kunststoffresten sowie Fliesen) und Brandrückständen – sind längstens bis zum 30. Mai 2019

entweder nachweislich zu entfernen und zu entsorgen

oder ist die folgende Maßnahme auszuführen:

-    Abdeckung des horizontalen Bereichs mit einem Überstand von zumindest 50 cm über die Böschungskante mit bindigem Material (Durchlässigkeitsbeiwert 1x10-9) mit einer Schichtstärke von 20 cm (der Nachweis der Durchlässigkeit ist nur in Bezug auf das Material vor Einbau zu erbringen). Der Einbau ist durch eine detaillierte Einbaudokumentation in Form von Fotos mit Darstellung der Schichtstärke nachzuweisen.

-    Die bindige Schicht ist mit zumindest 40 cm Schüttmaterial zu schützen. Das Schüttmaterial muss den Belastungen durch Manipulationen mit landwirtschaftlichen Geräten standhalten und frostsicher beschaffen sein. Recyclingmaterial darf nur verwendet werden, wenn es gemäß der Recycling-Baustoffverordnung charakterisiert und für den gegenständlichen Verwendungszweck geeignet ist. Das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende felsige Material, das im Zuge von Sanierungsarbeiten bei der *** angefallen ist, darf hierzu verwendet werden.

Der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen sind längstens bis zum 14. Juni 2019 Entsorgungsnachweise oder Nachweise betreffend die Erfüllung des Alternativauftrags vorzulegen.“

Die Beilage ist wesentlicher Bestandteil dieses Erkenntnisses.

2.   Hinsichtlich der vorgeschriebenen Kommissionsgebühren wird die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) iVm Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

1.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen (in der Folge: belangte Behörde) vom 06. Oktober 2017, Zl. ***, wurde A (in der Folge: Beschwerdeführer) gemäß § 73 des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) verpflichtet,

1.   die beim Abbruch der Gebäude (***), ***, ***, angefallenen Abfälle umgehend, spätestens jedoch bis 30. November 2017 nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen und

2.   der belangten Behörde bis längstens 15. Dezember 2017 den Entsorgungsnachweis vorzulegen.

Darüber hinaus wurden dem Beschwerdeführer Kommissionsgebühren in Höhe von € 27,60 vorgeschrieben.

1.2. Begründend ist – auf das Wesentliche zusammengefasst – ausgeführt, dass sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des beigezogenen Amtssachverständigen für Wasserbautechnik und Gewässerschutz ergebe, dass die gegenständlichen Ablagerungen Abfall im objektiven Sinn seien. Die Behandlung dieser Abfälle sei im öffentlichen Interesse gemäß § 1 Abs. 3 Z 2, 3 und 9 AWG 2002 gelegen, da sowohl Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren oder Pflanzen oder für den Boden verursacht werden können, die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden könne, sowie das Orts- und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt werde. Die Lagerungen in der gegenständlichen Form seien nicht genehmigt. Überdies sei die Entfernung dieser Lagerungen im öffentlichen Interesse gelegen, weshalb die ordnungsgemäße Entfernung vorgeschrieben werden müsse. Die Vorschreibung der Verfahrenskosten beruhe auf § 77 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG).

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid durch seine Rechtsvertretung mit Schreiben vom 25. Oktober 2017 Beschwerde.

Begründend ist – auf das Wesentliche zusammengefasst – ausgeführt, dass die Abfalleigenschaft durch das dem Bescheid zugrunde gelegte Gutachten nicht festgestellt worden und die von der belangten Behörde gesetzte Frist zu kurz bemessen sei. Zur Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes seien keinerlei Sachverhaltserhebungen getroffen worden, es seien keine gefährlichen Stoffe wie Asbest etc. vorhanden. Vorhanden seien lediglich Mauerreste, wobei die Grundmauer aus Steinen gebaut worden sei, weshalb nur Steine, geringfügig altes Mörtelmaterial sowie Ziegel vorhanden seien, welche keine Umweltgefährdung darstellen würden. Es sei fraglich, ob die verwendeten alten Steine für das Mauerwerk überhaupt den Abfallbegriff erfüllen würden.

Beantragt wird – infolge eines vom Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erteilten Verbesserungsauftrags – die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Zurückverweisung der Angelegenheit an die belangte Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides, die Ergänzung der Sachverhaltsgrundlage durch Einholung eines Sachverständigengutachtens sowie die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 24. September 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung am Landesverwaltungsgericht Niederösterreich sowie am 21. November 2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung mit vorangegangenem Ortsaugenschein auf den verfahrensgegenständlichen Liegenschaften durch. An den Verhandlungen nahm der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter Teil und wurde jeweils der Amtssachverständige für Deponietechnik und Gewässerschutz C (in der Folge: ASV für Deponietechnik und Gewässerschutz) beigezogen; ein Vertreter der belangten Behörde ist jeweils nicht erschienen. Zur Vorbereitung auf den Lokalaugenschein sowie für die Befundaufnahme durch den ASV für Deponietechnik und Gewässerschutz fertigte der Beschwerdeführer im Bereich des Grundstücks Nr. *** zwei Suchschlitze an. In den Verhandlungen wurde Beweis erhoben durch Verlesung des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des Gerichtsaktes, durch Einvernahme des Beschwerdeführers sowie – anschließend an die Befundaufnahme im Zuge des Lokalaugenscheins – durch Erstattung und Erörterung von Befund und Gutachten durch den ASV für Deponietechnik und Gewässerschutz.

4.   Feststellungen:

4.1. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Grundstücke Nr. *** und ***, beide KG ***, sowie (der abgebrochenen Teile) des auf dem Grundstück Nr. *** errichteten „***“.

4.2. Der Beschwerdeführer brach im Sommer 2017 Teile des ***, nämlich Teile des Wohnhauses, des Stallgebäudes mit Wirtschaftsbereich sowie Selchkammer, ab.

4.3. Der Beschwerdeführer errichtete im Jahr 2018 auf dem Grundstück Nr. *** einen neuen Stall.

4.4. Das beim Abbruch von Teilen des Hofes im Jahr 2017 angefallene Abbruchmaterial wurde zum Teil entsorgt sowie zwischenzeitlich – seit Erlassung des angefochtenen Bescheides – in den folgenden beiden Bereichen zur Begradigung und Aufhöhung der Fläche angeschüttet:

4.4.1. Der Schüttbereich I (s. Beilage) befindet sich auf dem Grundstück Nr. *** und wird nunmehr nahezu vollständig durch den neu errichteten Stall, bestehend aus einer Stahlbetonplatte sowie einer Überdachung aus Holz, auf einer Fläche von ca. 850 m² im Abbruchbereich der ehemaligen Wirtschaftsgebäude abgedeckt.

Das eingebaute Material ist eine Mischung aus Natursteinen, Ziegeln, Betonresten, Baustellenabfälle (Kabel- und Kunststoffresten sowie Fliesen) und Brandrückständen. Es besteht nicht nur aus groben Blöcken, sondern weist auch einen nicht nur geringfügigen Feinanteil (Ziegel- und Mörtelstaub) auf. Aufgrund der Charakteristik des abgebrochenen Gebäudes als Stallgebäude mit Wirtschaftsbereich und Selchkammer sowie der Brandrückstände ist von einer Verunreinigung des Materials mit PAKs sowie Ammonium (und anderen Stickstoffverbindungen) auszugehen. Bei einer Lagerung dieses Materials (ungeprüfte Baurestmassen) auf einer Freifläche ohne Abdichtung ist eine Ausschwemmung und damit eine Verunreinigung von Boden und Gewässer möglich. Bei einer Abdeckung mit einer Betonplatte – wie im gegenständlichen Fall nunmehr durch das Stallgebäude – ist das Eindringen von Oberflächenwasser nicht oder nur mehr in sehr geringem Maße möglich und ist daher eine Ausschwemmung von schädlichen Inhaltsstoffen ausgeschlossen. In diesem Bereich wurden keine Quellaustritte vorgefunden und bestehen keine Hinweise auf oberflächennahe Grundwasserschichten.

Vor dem Einbau des Materials unter dem nunmehr errichteten Stall wurde dieses nicht analytisch untersucht; auch sonstige Maßnahmen zur Qualitätssicherung sind nicht getroffen und dokumentiert worden.

Jener Bereich des Schüttbereichs I, der nicht durch den neu errichteten Stall abgedeckt ist, ist als geringfügig anzusehen; betreffend diesen Bereich besteht kein mehr als geringfügiges Gefährdungspotenzial für die Schutzgüter Boden und Gewässer.

4.4.2. Der Schüttbereich II (s. Beilage) befindet sich auf den Grundstücken Nr. *** und *** und weist eine Fläche von ca. 550 m² auf (mittlere Länge von ca. 55 m, mittlere Breite von ca. 10 m). Der Schüttbereiche II gliedert sich in einen westlichen und einen östlichen Teil. Im westlichen Teil (Fläche von ca. 300 m2) erfolgte eine Aufhöhungs- und Anschüttungsmaßnahme bis zu einer Höhe von 1,5 m (zur Verbreiterung der Böschungskante), im östlichen Teil erfolgte eine oberflächliche Befestigung in einer nur geringen Schichtstärke. Ersichtlich ist eine Mischung aus Bodenaushub, Natursteinen, Ziegelreste, Kabelteilen und Plastiksäcken. Das verwendete Material stammt vom Abbruch der Wirtschafts- und Stallgebäude auf dem Grundstück Nr. ***.

Im wesentlichen Teil des Schüttbereichs II (Schüttung bis zu einer Höhe von 1,5 m auf einer Fläche von ca. 300 m2; siehe Beilage) ist aufgrund der Aufschüttung mit dem beim Abbruch der Wirtschafts- und Stallgebäude angefallenen Material die Möglichkeit einer Gefährdung der Schutzgüter Boden und Gewässer durch PAKs und Ammonium (siehe oben), insbesondere auch außerhalb der begutachteten Suchschlitze, möglich. Es wurden keine Quellaustritte vorgefunden und bestehen keine Hinweise auf oberflächennahe Grundwasserschichten. Vor Durchführung der Aufhöhungs- und Anschüttungsmaßnahme wurde das Material nicht analytisch untersucht; auch sonstige Maßnahmen zur Qualitätssicherung sind nicht getroffen und dokumentiert worden.

Zur Entsorgung des Materials stellt die folgende Maßnahme eine fachlich gleichwertige Alternative zu Hintanhaltung einer möglichen Gefährdung der Schutzgüter Boden und Gewässer dar:

-    Abdeckung des horizontalen Bereichs mit einem Überstand von zumindest 50 cm über die Böschungskante mit bindigem Material (Durchlässigkeitsbeiwert 1x10-9) mit einer Schichtstärke von 20 cm (der Nachweis der Durchlässigkeit ist nur in Bezug auf das Material vor Einbau zu erbringen). Der Einbau ist durch eine detaillierte Einbaudokumentation in Form von Fotos mit Darstellung der Schichtstärke nachzuweisen.

-    Die bindige Schicht ist mit zumindest 40 cm Schüttmaterial zu schützen. Das Schüttmaterial muss den Belastungen durch Manipulationen mit landwirtschaftlichen Geräten standhalten und frostsicher beschaffen sein. Recyclingmaterial darf nur verwendet werden, wenn es gemäß der Recycling-Baustoffverordnung charakterisiert und für den gegenständlichen Verwendungszweck geeignet ist. Das im Eigentum des Beschwerdeführers stehende felsige Material, das im Zuge von Sanierungsarbeiten bei der *** angefallen ist, darf hierzu verwendet werden.

Für die Entfernung des Materials oder Vornahme der dargelegten fachlich gleichwertigen Alternative ist aus fachlicher Sicht die Frist bis zum 30. Mai 2019 angemessen.

Betreffend den östlichen Teil des Schüttbereichs II, der nur eine geringe Schichtstärke aufweist, liegt eine mögliche Verunreinigung, die zu einer Beeinträchtigung von Boden und Gewässer führen könnte, nicht vor.

4.5. Es kann nicht festgestellt werden, dass das Orts- oder Landschaftsbild zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erheblich beeinträchtigt werden konnte; auch liegt aktuell – durch den Einbau des Materials in das Gelände – die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung des Orts- oder Landschaftsbildes nicht vor.

5.   Beweiswürdigung:

Die Feststellungen in den Punkten 4.1. bis 4.4. gründen auf den Ergebnissen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 24. September 2018 sowie der Verhandlung mit vorangegangenem Lokalaugenschein am 21. November 2018, im Besonderen auf dem vom ASV für Deponietechnik und Gewässerschutz in letzterer Verhandlung erstatteten schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten, dem seitens der Parteien nicht entgegengetreten wurde. Zudem legte der Beschwerdeführer in der Verhandlung am 24. September 2018 einen Entsorgungsnachweis vor.

Zur negativen Feststellung betreffend die mögliche Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes (vgl. Punkt 4.5.) zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung ist auszuführen, dass seitens der belangten Behörde kein Gutachten zu dieser Frage eingeholt wurde und überdies keine entsprechenden Feststellungen im angefochtenen Bescheid enthalten sind. Darüber hinaus kann etwa eine offenkundige und evidente mögliche erhebliche Beeinträchtigung alleine aus den im Verwaltungsakt enthaltenen Lichtbildern nicht mit der erforderlichen Sicherheit abgeleitet werden. Ebenso ist aktuell die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung nicht gegeben, da das Material – wie beim Lokalaugenschein festgestellt wurde – im Schüttbereich I nahezu vollständig unterhalb des nunmehr errichteten Stalles eingebaut sowie im Schüttbereich II zur Verbreiterung der Böschungskante in das Gelände eingebaut wurde.

6.   Rechtslage:

6.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) lauten:

„§ 1. […]

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1.   die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2.   Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.   die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.   die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.   Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.   Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.   das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.   die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.   Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1.   deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2.   deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse kann auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielt werden kann.

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange

1.   eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2.   sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

[…]

(4) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

1.   „Altstoffe“

a)       Abfälle, welche getrennt von anderen Abfällen gesammelt werden, oder

b)       Abfälle, welche getrennt von anderen Abfällen gesammelt werden, oder

um diese Abfälle nachweislich einer zulässigen Verwertung zuzuführen.

[…]

(6) Im Sinne dieses Bundesgesetzes

1.   ist „Abfallbesitzer“

         a)       der Abfallerzeuger oder

         b)       jede Person, welche die Abfälle innehat;

2.   ist „Abfallerzeuger“

a)       jede Person, durch deren Tätigkeit Abfälle anfallen (Abfallersterzeuger), oder

b)       jede Person, die Vorbehandlungen, Mischungen oder andere Arten der Behandlung vornimmt, die eine Veränderung der Natur oder der Zusammensetzung dieser Abfälle bewirken;

3.   ist „Abfallsammler“ jede Person, die von Dritten erzeugte Abfälle selbst oder durch andere

         a)       abholt,

         b)       entgegennimmt oder

         c)       über deren Abholung oder Entgegennahme rechtlich verfügt;

[…]

§ 5. (1) Soweit eine Verordnung gemäß Abs. 2 oder eine Verordnung gemäß Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/98/EG über Abfälle nicht anderes bestimmt, gelten Altstoffe so lange als Abfälle, bis sie oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkten verwendet werden. Im Falle einer Vorbereitung zur Wiederverwendung im Sinne von § 2 Abs. 5 Z 6 ist das Ende der Abfalleigenschaft mit dem Abschluss dieses Verwertungsverfahrens erreicht.

[…]

§ 15. […]

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.   hiefür genehmigten Anlagen oder

2.   für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

[…]

(4a) Eine Verwertung ist nur zulässig, wenn der betreffende Abfall unbedenklich für den beabsichtigten sinnvollen Zweck einsetzbar ist und keine Schutzgüter (im Sinne von § 1 Abs. 3) durch diesen Einsatz beeinträchtigt werden können, sowie durch diese Maßnahme nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird.

[…]

§ 73. (1) Wenn

1.   Abfälle nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen, nach EG-VerbringungsV oder nach EG-POP-V gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder

2.   die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) geboten ist,

hat die Behörde die erforderlichen Maßnahmen dem Verpflichteten mit Bescheid aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen.

[…]“

6.2. § 10a der Recycling-Baustoffverordnung lautet auszugsweise:

§ 10a. (1) Mineralische Abfälle aus einem Abbruch, bei dem insgesamt nicht mehr als 750 t Abbruchabfälle anfallen, können ohne analytische Untersuchung gemäß Anhang 3 auf derselben Baustelle, auf der die Abfälle angefallen sind, bautechnisch verwertet werden, sofern durch ein alternatives Qualitätssicherungssystem sichergestellt ist, dass diese weitgehend frei von Schad- und Störstoffen sind und auch keine sonstigen Verunreinigungen enthalten. […]

7.   Erwägungen:

7.1. § 73 Abs. 1 AWG 2002 sieht vor, dass dem Verpflichteten mit Bescheid die erforderlichen Maßnahmen aufzutragen oder das rechtswidrige Handeln zu untersagen ist, wenn Abfälle insbesondere nicht gemäß den Bestimmungen des AWG 2002 und der nach diesem Bundesgesetz erlassenen Verordnungen gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden (Z 1) oder die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3 AWG 2002) geboten ist (Z 2).

Voraussetzung für die Erlassung eines Behandlungsauftrags nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 ist daher zunächst, dass die verfahrensgegenständlichen Objekte Abfälle iSd § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind (vgl. VwGH 24.05.2012, 2009/07/0123).

Gemäß § 2 Abs. 1 AWG 2002 sind Abfälle bewegliche Sachen, derer sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat (subjektiver Abfallbegriff), oder deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen iSd § 1 Abs. 3 leg.cit. nicht zu beeinträchtigen (objektiver Abfallbegriff). Abfall liegt bereits dann vor, wenn entweder der objektive oder der subjektive Abfallbegriff erfüllt ist (vgl. VwGH 23.02.2012, 2008/07/0179).

Nach § 1 Abs. 3 AWG 2002 ist im öffentlichen Interesse die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall dann erforderlich, wenn allenfalls

1.       die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirken können,

2.       Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürliche Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.       die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.       die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.       Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.       Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.       das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.       die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.       Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht für die Verwirklichung des objektiven Abfallbegriffes die bloße Möglichkeit einer Gefährdung von Schutzgütern iSd § 1 Abs. 3 AWG 2002 aus und kommt es nicht darauf an, dass eine konkrete Gefahrensituation nachweisbar ist (vgl. VwGH 20.03.2013, 2010/07/0175; VwGH 24.05.2016, 2013/07/0236). Der objektive Abfallbegriff ist sohin erfüllt, wenn eines der in § 1 Abs. 3 AWG 2002 aufgezählten Schutzgüter zumindest beeinträchtigt werden könnte.

7.2. Im Hinblick auf die oben getroffenen Feststellungen ist betreffend das im Schüttbereich I unterhalb des nunmehr errichteten Stalles sowie das im östlichen Teil des Schüttbereichs II aufgebrachte Material der objektive Abfallbegriff als erfüllt anzusehen. Dass die Möglichkeit der Gefährdung von Schutzgütern im Sinne des § 1 Abs. 3 AWG 2002 besteht bzw. bestanden hat, hat der Amtssachverständige für Deponietechnik und Gewässerschutz schlüssig dargelegt.

Auch aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in § 37 Abs. 1 AWG 2002 die Errichtung und den Betrieb einer Baurestmassendeponie einer Bewilligungspflicht unterwirft und auf Grund der Tatsache, dass die Deponieverordnung 2008 für solche Deponien eingehende Bestimmungen darüber enthält, wie diese ausgestattet sein müssen, damit nachteilige Einflüsse auf die vom AWG 2002 erfassten Schutzgüter unterbleiben, ergibt sich, dass auch der Gesetz- ebenso wie der Verordnungsgeber davon ausgehen, dass mit dem ohne Einhaltung des Standes der Technik erfolgenden (Ab-) Lagern von Baurestmassen Gefahren für umweltrelevante Güter verbunden sind.

Die bezeichneten (Ab-) Lagerungen sind daher unter den objektiven Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 zu subsumieren (vgl. auch VwGH 20.03.2003, 2002/07/0134).

Für das im Schüttbereich I nicht unterhalb des nunmehr errichteten Stalles sowie das im östlichen Bereich des Schüttbereichs II aufgebrachte Material, welches nur eine sehr geringe Schüttstärke aufweist, ist im Hinblick auf die oben getroffenen Feststellungen der Abfallbegriff nicht als erfüllt anzusehen. Der ASV für Deponietechnik und Gewässerschutz legte schlüssig dar, dass ausgehend von diesem Material – angesichts der Geringfügigkeit – eine Beeinträchtigung der Schutzgüter Boden und Gewässer ausgeschlossen ist. Auch ist betreffend dieses Material nicht von einem den subjektiven Abfallbegriff begründenden Entledigungswillen auszugehen, welcher nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa dann vorliegt, wenn ein Bauherr oder Bauführer Abbruchmaterial von der Baustelle wegführt, um das Bauvorhaben, ohne durch das Material behindert zu werden, vollenden zu können (vgl. etwa VwGH 25.02.2009, 2008/07/0182, VwGH 25.06.2014, 2013/07/0232, mwN). Im vorliegenden Fall wurde das Abbruchmaterial nicht von der Baustelle weggeführt, sondern auf demselben Grundstück bzw. auf dem unmittelbar an das Abbruchgrundstück angrenzenden Grundstück aufgebracht. Eine Entledigungsabsicht ist sohin nicht gegeben.

Soweit der Entfernungsauftrag mit der erheblichen Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes (§ 1 Abs. 3 Z 9 AWG 2002) begründet wurde, ist darauf hinzuweisen, dass es sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Frage, ob durch eine Maßnahme Interessen des Landschafts- oder Ortbildschutzes beeinträchtigt werden, um eine solche des ästhetischen Empfindens handelt, die – wenn nicht auf Grund der gegebenen Umstände des Einzelfalles die ästhetisch nachteilige und störende Beeinflussung für jeden Durchschnittsbetrachter evident und offenkundig ist – eines hinreichenden Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf sachverständiger Grundlage bedarf (vgl. VwGH 30.10.2008, 2008/07/0121). Im Hinblick auf die oben getroffenen (negativen) Feststellungen konnte eine erhebliche Beeinträchtigung des Orts- und Landschaftsbildes zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht festgestellt werden, da insbesondere auch seitens der belangten Behörde ein entsprechendes Gutachten nicht eingeholt wurde, keine Feststellungen betreffend die Evidenz und Offenkundigkeit der ästhetischen nachteiligen und störenden Beeinflussung für jeden Durchschnittsbetrachter getroffen wurden und eine solche nachteilige und störende Beeinträchtigung auch nicht alleine aufgrund der im Verwaltungsakt enthaltenen Lichtbilder mit der erforderlichen Sicherheit abgeleitet werden kann. Ebenso ist aktuell eine mögliche Beeinträchtigung dieser Schutzgüter im Hinblick auf die oben getroffenen Feststellungen nicht gegeben.

7.3. Betreffend das als Abfall im objektiven Sinn (vgl. § 1 Abs. 3 Z 2 und 3 AWG 2002) anzusprechende Material im Schüttbereich I sowie im westlichen Teil des Schüttbereichs II liegt durch die vorgenommene Anschüttung zum Zweck der Geländeanpassung eine zum Abfallende (vgl. § 5 AWG 2002) führende zulässige Verwertung nicht vor.

Gemäß § 5 Abs. 1 AWG 2002 gelten Altstoffe so lange als Abfälle, bis sie oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe unmittelbar als Substitution von Rohstoffen oder von aus Primärrohstoffen erzeugten Produkte verwendet werden. § 15 Abs. 4a AWG 2002 sieht – in Abgrenzung zu einer „Scheinverwertung“ – vor, dass eine Verwertung nur dann zulässig ist, wenn der betreffende Abfall unbedenklich für den beabsichtigten sinnvollen Zweck einsetzbar ist und keine Schutzgüter (im Sinne von § 1 Abs. 3 AWG 2002) durch diesen Einsatz beeinträchtigt werden können sowie durch diese Maßnahme nicht gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird.

Insofern setzt das Abfallende nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass es sich bei einem abgelagerten Material um einen „Altstoff" iSd § 2 Abs. 4 Z 1 AWG 2002 handelt, nach dessen Definition es auf eine nachweislich zulässige Verwertung von Abfällen ankommt. Diese hat wiederum zur Voraussetzung, dass die betreffende Sache für den beabsichtigten Zweck unbedenklich einsetzbar ist und keine umweltrelevanten Schutzgüter durch die Verwertungsmaßnahme beeinträchtigt werden. Eine zulässige Verwertung liegt überdies nur dann vor, wenn dadurch nicht dem AWG 2002 oder anderen Normen, wie etwa auch bau- und naturschutzrechtlichen Bestimmungen, zuwidergehandelt wird (vgl. etwa VwGH 23.04.2015, 2012/07/0047, VwGH 26.02.2015, 2012/07/0123, jeweils mwN) und muss das beim Einbau bzw. bei der Verbauung eingesetzte Material die für die Art der konkreten Verwendung zulässige Qualität aufweisen (vgl. VwGH 22.03.2012, 2008/07/0204; vgl. hierzu den Stand der Technik im Bundes-Abfallwirtschaftsplan).

Im vorliegenden Fall ist eine zulässige Verwertung schon deshalb nicht gegeben, weil entsprechend der obigen Feststellungen ausgehend vom eingebauten Material eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 3 AWG 2002 genannten Schutzgüter, namentlich von Boden und Gewässer, möglich ist; eine entsprechende Sortierung bzw. Aufbereitung des eingesetzten Material erfolgte ebenso wie eine Untersuchung der Materialqualität oder die Einrichtung eines alternativen Qualitätssicherungssystems (vgl. § 10a Recycling-Baustoffverordnung) nicht.

Das Abfallende ist sohin durch die Anschüttung des Materials nicht eingetreten.

7.4. Gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 sind dem Verpflichteten die „erforderlichen Maßnahmen“ aufzutragen, wenn (Z 1) Abfälle u.a. nicht gemäß den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gesammelt, gelagert, befördert, verbracht oder behandelt werden oder (Z 2) die schadlose Behandlung der Abfälle zur Vermeidung von Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3 leg. cit.) geboten ist.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die belangte Behörde darzulegen, welchem der in § 73 Abs. 1 AWG 2002 angeführten Tatbestände ihrer Auffassung nach das jeweilige Material unterliegt (vgl. VwGH 15.11.2001, 2001/07/0099 zu § 32 Abs. 1 AWG 1990). Im vorliegenden Fall stützte sich die belangte Behörde im Spruch allgemein auf die Rechtsgrundlage des § 73 AWG 2002. In ihrer Begründung führt sie aus, dass die Lagerung in der gegenständlichen Form nicht genehmigt sei und überdies die Entfernung dieser Lagerungen im öffentlichen Interesse gelegen sei, weshalb die ordnungsgemäße Entfernung vorgeschrieben hätte werden müssen. Implizit stützte sich die belangte Behörde also sowohl auf § 73 Abs. 1 Z 1 und 2 AWG 2002.

Mit den „erforderlichen Maßnahmen" werden jene Verhaltensweisen umschrieben, die die Erfüllung der missachteten abfallrechtlichen Verpflichtung nach sich ziehen, wobei diese Maßnahmen nach der jeweiligen missachteten Verpflichtung oder im Hinblick auf § 1 Abs. 3 AWG 2002 nach Gesichtspunkten der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu bestimmen sind. Welche Maßnahme im Sinne des § 73 AWG 2002 als „erforderlich" anzusehen ist, ist im Regelfall unter Beiziehung eines Sachverständigen anhand der konkreten Umstände des Falles zu prüfen (vgl. VwGH 29.09.2016, Ro 2014/07/0041, mwN).

Der beigezogene ASV für Deponietechnik und Gewässerschutz führte in dessen Gutachten schlüssig und nachvollziehbar aus, dass betreffend das im Schüttbereich I angeschüttete Material die nunmehr vorhandene Abdeckung durch die Betonplatte eine alternative, aus fachlicher Sicht zur Entsorgung gleichwertige Maßnahme zur Hintanhaltung einer möglichen Beeinträchtigung der Schutzgüter Boden und Gewässer darstellt und ein Ausschwemmen von gefährlichen Inhaltsstoffen nunmehr ausgeschlossen ist; auch liegen keine Quellaustritte oder oberflächennahe Grundwasserschichten vor, weshalb auch diesbezüglich eine mögliche Gefährdung nicht besteht. Vor diesem Hintergrund ist die Vorschreibung einer Maßnahme zum Zeitpunkt der Entscheidung des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich betreffend den Schüttbereich I – aufgrund der Abdeckung durch die Betonplatte – nicht mehr im Sinne des § 73 Abs. 1 AWG 2002 erforderlich, weshalb der Spruch dieses Erkenntnisses nicht auf diesen Bereich zu beziehen ist (vgl. etwa VwGH 26.11.2015, Ra 2015/07/0118, wonach zwar der Umstand der Erfüllung einer erstinstanzlich aufgetragenen Leistungspflicht nach erstinstanzlicher Auftragserlassung im Beschwerdeverfahren unbeachtlich ist, jedoch sonstige eingetretene Sachverhaltsänderungen – wie etwa aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich auch Änderungen betreffend die Erforderlichkeit von Maßnahmen iSd § 73 Abs. 1 AWG 2002 – bei Erlassung der Beschwerdeentscheidung sehr wohl zu berücksichtigen sind).

Betreffend das im westlichen Teil des Schüttbereichs II angeschüttete Material führte der beigezogene ASV für Deponietechnik und Gewässerschutz in dessen Gutachten schlüssig und nachvollziehbar aus, dass die Abdeckung des horizontalen Bereichs mit einem Überstand von zumindest 50 cm über die Böschungskante mit bindigem Material (Durchlässigkeitsbeiwert 1x10-9) mit einer Schichtstärke von 20 cm sowie der Schutz dieser Abdeckung mit zumindest 40 cm Schüttmaterial (vgl. hierzu die Ausführungen oben) eine aus fachlicher Sicht gleichwertige Maßnahme zur angeordneten Entfernung und Entsorgung des Materials darstellt. Im Hinblick auf die konkreten Umstände des vorliegenden Einzelfalles erweist sich daher unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sowie der Ausführungen des ASV für Deponietechnik und Gewässerschutz der alternativlose Auftrag, das angeschüttete Material nachweislich von einem hierzu Befugten entsorgen zu lassen, nicht als iSd § 73 Abs. 1 AWG 2002 erforderlich. Das mit dem Behandlungsauftrag verfolgte Ziel der Hintanhaltung der Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 3 AWG 2002 genannten öffentlichen Interessen kann ebenso durch die vom ASV für Deponietechnik und Gewässerschutz aufgezeigte Alternative erreicht werden. Es ist daher im Spruch dieses Erkenntnisses alternativ zur Entsorgung die bezeichnete Maßnahme aufzutragen.

Darüber hinaus ist im Sinne des § 59 Abs. 2 AVG der Spruch des angefochtenen Bescheides zu konkretisieren sowie aufgrund des Zeitablaufes die von der belangten Behörde festgelegte Paritionsfrist neu festzusetzen. Gemäß den oben getroffenen Feststellungen ist aus fachlicher Sicht für die Vornahme der Entfernung oder alternativen Maßnahme eine Frist bis längstens 30. Mai 2019 angemessen.

Eine Überschreitung der vom Verwaltungsgericht zu erledigenden Sache liegt durch die Modifikation der gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 erforderlichen Maßnahme – ebenso wie durch die Neufestsetzung der Frist für deren Durchführung – nicht vor. Sache des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens über eine Beschwerde gegen einen Behandlungsauftrag ist die Beurteilung dessen Rechtmäßigkeit, welche unter anderem die Erforderlichkeit der aufgetragenen Maßnahmen voraussetzt. Während im Austausch des Verpflichteten oder im Austausch bzw. auch in einer Ergänzung der von der Behörde als Abfall qualifizierten, vom Auftrag erfassten Gegenstände oder Materialien eine Überschreitung der „Sache“ zu sehen wäre, wird durch eine Modifikation der Maßnahme (ebenso wie durch die Neufestsetzung der Frist für deren Durchführung) die Sache des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht überschritten (vgl. auch LVwG NÖ 22.06.2018, LVwG-AV-417/001-2017).

7.5. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Kommissionsgebühren erfolgte zu Recht.

Die Behörde ist gemäß § 75 Abs. 1 AVG verpflichtet, die Kosten für ihre Tätigkeit im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen, sofern sich aus den §§ 76 bis 78 AVG nichts anderes ergibt. Für Amtshandlungen der Behörde außerhalb des Amtes können gemäß § 77 Abs. 1 AVG Kommissionsgebühren eingehoben werden, hinsichtlich der Verpflichtung zur Entrichtung der Kommissionsgebühren ist § 76 AVG sinngemäß anzuwenden. Die Behörde ist daher verpflichtet, bei Vorliegen der Voraussetzungen nach § 76 AVG die Beteiligten zum Ersatz der Kommissionsgebühren heranzuziehen (vgl. mit näheren Hinweisen auf die Rechtsprechung Hengstschläger/Leeb, AVG2, § 77 Rz. 3).

Nach § 76 Abs. 2 AVG belasten Auslagen, wenn die Amtshandlung von Amts wegen angeordnet wurde, den Beteiligten dann, wenn sie durch sein Verschulden herbeigeführt worden sind.

In den Anwendungsbereich des § 76 Abs. 2 letzter Satz AVG fallen primär Amtshandlungen, die in einem verwaltungspolizeilichen Auftragsverfahren vorgenommen werden. Das hierfür erforderliche Verschulden kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere darin erblickt werden, wenn der Beteiligte einen konsenslosen Zustand herstellt oder verwaltungspolizeiliche Anordnungen nicht befolgt (Hengstschläger/Leeb, AVG2 § 76 Rz. 50 f).

Die konsenslose (Ab-) Lagerung des Abbruchmaterials rechtfertigt demnach die Vorschreibung der im Zusammenhang mit den behördlichen Erhebungen entstandenen Kommissionsgebühren, sodass die Beschwerde hinsichtlich dieser Gebühren abzuweisen war.

8.   Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Fall keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu lösen war, weil die Entscheidung einerseits nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und sich andererseits auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut stützen kann (vgl. aus der stRsp zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0343).

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Ablagerung; objektiver Abfallbegriff; Abfallende; Beseitigungsauftrag; Maßnahmenauftrag; Kommissionsgebühren;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1382.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

04.02.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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