TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/5 W172 2141454-1

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Veröffentlicht am 05.11.2018
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Entscheidungsdatum

05.11.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FMABG §22 Abs2a
VStG 1950 §31 Abs1
VStG 1950 §31 Abs2 Z4
VStG 1950 §45 Abs1 Z2
VStG 1950 §9 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §38
VwGVG §44 Abs2
VwGVG §50 Abs1
WAG 2007 §24
WAG 2007 §95 Abs2 Z2

Spruch

W172 2141454-1/20E

W172 2141455-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin MORITZ als Vorsitzenden und die Richterin Dr. Sibyll Andrea BÖCK als Beisitzerin und den Richter Mag. Rainer FELSEISEN als Beisitzer über die Beschwerden von

1. XXXX gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsicht vom 04.11.2016, Zl. XXXX und

2. XXXX gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsicht vom 04.11.2016, Zl. XXXX ,

beide vertreten durch Cerha Hempel Spiegelfeld Hlawati, Rechtsanwälte GmbH, 1010 Wien, Parkring 2,

jeweils zu Recht erkannt:

A)

Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG wird hinsichtlich des Spruchpunktes I. des Straferkenntnisses der Beschwerde Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Spruchpunkt behoben und das Verfahren gemäß § 38 VwGVG i. V.m. § 45 Abs. 1 Z 2 i.V.m. § 31 Abs. 2 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 i. d.F. BGBl. I Nr. 120/2016 eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Mit o.g. Straferkenntnissen der Finanzmarktaufsichtsbehörde (im Folgenden auch: "FMA") vom 04.11.2016 wurden die im Spruch genannten Beschwerdeführer im entscheidungsrelevanten Zeitraum vom 05.05.2014 bis 18.11.2014 als gemäß § 9 Abs. 1 VStG verantwortliches Organ der mithaftenden Partei, der XXXX , jeweils zu folgenden Geldstrafen und im Fall der Uneinbringlichkeit zu folgenden Ersatzfreiheitsstrafen verurteilt: zu Spruchpunkt I. wegen Verletzung der Bestimmungen von § 24 WAG 2007 zu einer Geldstrafe von jeweils 3.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 13 Stunden gemäß § 95 Abs. 2 Z 2 WAG 2007, BGBl. Nr. 60/2007 idF BGBl. I Nr. 184/2013.

2. In den dagegen eingebrachten Beschwerden mit Schreiben vom 25.11.2016 (eingebracht am 24.11.2016) wurden die Straferkenntnisse in allen Punkten angefochten.

3. Mit Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes (im Folgenden auch: "BVwG") vom 20.11.2017, Zlen W172 2141454-1/13E bzw. W172 2141455-1/13E, wurden jeweils den Beschwerden gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG Folge gegeben und die Straferkenntnisse ersatzlos behoben. Die Verfahren wurden gemäß § 38 VwGVG i.V.m. § 45 Abs. 1 Z 3 i.V.m. § 31 Abs. 1 VStG i.V.m. § 96 Abs. 2 WAG 2007, BGBl. Nr. 60/2007 i.d.F. BGBl. Nr. 70/2013 eingestellt.

4. Aufgrund der - mit Schriftsätzen der FMA vom 19.12.2017 hiergegen erhobenen außerordentlichen Revisionen (eingelangt beim BVwG am 21.12.2017) - ergangenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes (im Folgenden auch: "VwGH") vom 13.04.2018, Zlen Ra 2018/02/0023-8 bzw. Ra 2018/02/0024-8 (eingelangt beim BVwG am 27.04.2018) wurden die angefochtenen Erkenntnisse des BVwG jeweils in den Spruchpunkten

A) I. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

5. Mit Schriftsätzen vom 27.04.2018 wurde jeweils eine ergänzende Stellungnahme der Beschwerdeführer eingebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus den Ausführungen oben unter Pkt. I.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte entscheidungswesentliche Sachverhalt gründet sich auf den Inhalt der Akten der belangten Behörde und des Bundesverwaltungsgerichts.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts, zum anzuwendenden Recht und zur Zulässigkeit der Beschwerde

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 22 Abs. 2a Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz (FMABG) entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der FMA das Bundesverwaltungsgericht durch Senat, ausgenommen in Verwaltungsstrafsachen bei Bescheiden bei denen weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Gegenständlich wurde eine 600 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt, sodass hier die Zuständigkeit eines Senates vorliegt.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 38 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG in Verwaltungsstrafsachen die Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52/1991, mit Ausnahme des 5. Abschnittes des II. Teiles, und des Finanzstrafgesetzes - FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG (unter der Überschrift: "Erkenntnisse") hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 Z 2 leg. cit. hat die gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses im Fall des § 45 Abs. 1 VStG überdies eine gedrängte Darstellung der dafür maßgebenden Gründe zu enthalten.

Aus den Gesetzesmaterialien zur geltenden Fassung des § 50 VwGVG (BGBl. I 24/2017) ergibt sich, dass durch die Formulierung des Abs. 2 leg. cit. klargestellt werden soll, dass die Einstellung des Verfahrens in Verwaltungsstrafsachen durch das Verwaltungsgericht gemäß § 45 Abs. 1 VStG in Form eines Erkenntnisses zu ergehen hat (s. RV 1255 BlgNR 25. GP, 5).

Die gegenständlichen Beschwerden wurden fristgerecht bei der belangten Behörde eingebracht. Sie ist somit rechtzeitig und auch zulässig.

3.2. Zu Spruchpunkt A)

1. Gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Gemäß § 31 Abs. 2 erster und zweiter Satz VStG erlischt die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt.

Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt nach § 31 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 VStG mit Ablauf von drei Jahren ab jenem Zeitpunkt, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört (Tatzeitende bei Dauerdelikten) hat. Sollte diese Frist erst im Beschwerdeverfahren ablaufen, so hat das Bundesverwaltungsgericht diese gemäß § 38 VwGVG i. V.m. § 31 Abs. 2 VStG von Amts wegen wahrzunehmen und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen (vgl. VwGH 15.12.2011, 2008/10/0010; Weilguni, § 31 Rz. 13 und § 45 Rz. 2). Den Materialien zu § 31 Abs. 2 VStG i.d.F. BGBl. I 33/2013 ist zu entnehmen, dass die Strafbarkeitsverjährung in ihrer Dauer nicht geändert wurde, jedoch nunmehr in Abs. 2 und nicht mehr wie in der Fassung vor BGBl. I 33/2013 in Abs. 3 geregelt wird (vgl. dazu auch Weilguni, § 31 Rz. 2 und 12).

Gemäß § 31 Abs. 2 Z 4 VStG werden in die Verjährungsfrist die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union nicht eingerechnet.

Für Beginn und Ende der Fristenhemmung i.S.d. Abs. 2 Z 4 leg. cit. sind nach der Rechtsprechung einerseits der Zeitpunkt des Einlangens der Revision beim Verwaltungsgerichtshof und andererseits der Zeitpunkt der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses an das Verwaltungsgericht (vgl. VwGH 15.04.2016, Ra 2015/02/0236) und nicht an den Revisionswerber maßgebend (vgl. zuletzt etwa VwGH 09.10.2017, Ra 2017/02/0115, unter Verweis auf VwGH 05.11.1987, 86/02/0171, sowie VwGH 26.05.1988, 88/09/0017; s. dazu auch BVwG 02.03.2018, W271 2138245-1).

Die in den bekämpften Straferkenntnissen der FMA angeführte Tathandlung endete jeweils am 18.11.2014 (Spruchpunkt I.). Am 20.11.2017 ergingen aufgrund der Beschwerden die o.a. Erkenntnisse des BVwG sowie aufgrund der dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionen der FMA vom 19.12.2017 die o.g. Erkenntnisse des VwGH vom 13.04.2018, die am 27.04.2018 dem BVwG zugestellt worden sind.

Die Strafbarkeitsverjährung ist somit bereits mit Ablauf des (montags, den) 20.11.2017 betreffend Spruchpunkt I. der bekämpften Straferkenntnisse eingetreten (zur Berechnung vgl. Hauer/Leukauf (Hrsg.), Verwaltungsverfahren (2003), S. 1445).

2. Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden.

Es war spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Zu Spruchpunkt B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG, BGBl. Nr. 10/1984 i.d.F. BGBl. I Nr. 122/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die nähere Begründung mit Judikatur-Verweisen ist oben angeführt (s. Pkt. II.3.2.).

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Einstellung, Finanzmarktaufsicht,
Geldstrafe, Strafbarkeitsverjährung, Verfahrenseinstellung,
Verjährung, Verjährungsfrist, Verwaltungsstrafe,
Verwaltungsstrafverfahren, Verwaltungsübertretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W172.2141454.1.00

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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