TE Vwgh Beschluss 2018/12/27 Ra 2017/06/0223

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Veröffentlicht am 27.12.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §44 Abs3 Z4;
ZustG §17 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/06/0224

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revisionen des Dipl.-Kfm. J T in S, vertreten durch Mag. Clemens Schneglberger, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich jeweils vom 5. September 2017, LVwG-400246/6/FP (zu Ra 2017/06/0224) und LVwG- 400247/6/FP (zu Ra 2017/06/0223), jeweils betreffend Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht in beiden Verfahren: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit den angefochtenen Erkenntnissen wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Beschwerden des Revisionswerbers gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht, im Folgenden BH) jeweils vom 20. Jänner 2017, mit denen die Einsprüche des Revisionswerbers gegen die Strafverfügungen der BH vom 2. September 2016 wegen Verspätung zurückgewiesen worden waren, als unbegründet ab. Eine Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

5 Begründend führte das Verwaltungsgericht in den - bis auf den Tatzeitpunkt - gleichlautenden Erkenntnissen (zusammengefasst) aus, am 6. September 2016 habe ein Zustellversuch hinsichtlich der genannten Strafverfügungen an der Adresse des Revisionswerbers stattgefunden. Der Zusteller habe diesen nicht angetroffen, eine Verständigung in der Abgabeeinrichtung hinterlassen und die Poststücke bei einem (näher bezeichneten) Postamt hinterlegt. Die Abholfrist habe am gleichen Tag zu laufen begonnen. Der Revisionswerber sei am 14. September 2016 an die Abgabestelle zurückgekehrt und habe am gleichen Tag zwei Schriftstücke bei der genannten Poststelle behoben. Der Postrückschein wie auch der Verständigungszettel im Akt seien als Zustellnachweise öffentliche Urkunden, welche nach § 47 AVG in Verbindung mit § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hätten. Der vollen Beweis machende Verständigungszettel, mit dem der Revisionswerber Poststücke bei der Post behoben habe, trage die gleiche Unterschrift wie die Beschwerde und sei daher eindeutig vom Revisionswerber unterfertigt worden. Dies beweise eine Behebung "von Schriftstücken" am 14. September 2016. Es stehe daher fest, dass der Revisionswerber an diesem Tag an die Abgabestelle zurückgekehrt sein musste, um an die Verständigungsnachrichten zu gelangen. Im Übrigen habe der Postbedienstete, der dem Revisionswerber die Poststücke ausgefolgt habe, vermerkt, dass ihm der Revisionswerber persönlich bekannt sei. Weiters führte das Verwaltungsgericht aus, die Hinterlegung sei rechtmäßig erfolgt und es sei im vorliegenden Fall nach § 17 Abs. 3 Zustellgesetz am 6. September 2016 zugestellt worden. Gehe man aber zugunsten des Revisionswerbers davon aus, dass er erst am 14. September 2016 an die Abgabestelle zurückgekehrt sei und an diesem Tag die Hinterlegungsmitteilung vorgefunden habe, sei die Zustellung dennoch spätestens am 15. September 2016, am Tag nach seiner Rückkehr, bewirkt worden. Diesfalls habe die Einspruchsfrist spätestens mit Ablauf des 29. September 2016 geendet und sei die "am 3. Oktober 2016 rechtswirksam gewordene Einbringung des Einspruchs" somit jedenfalls verspätet gewesen. Eine mündliche Verhandlung habe unterbleiben können, weil der Revisionswerber eine solche nicht beantragt habe und über einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erkennen sei.

6 In den inhaltsgleichen Zulässigkeitsbegründungen bringt der Revisionswerber zusammengefasst vor, das Verwaltungsgericht habe entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine mündliche Verhandlung durchgeführt und sei auch von der hg. Rechtsprechung zur Begründungspflicht abgewichen. Weiters wendet sich der Revisionswerber gegen die Annahme der Rechtswirksamkeit der Zustellung durch Hinterlegung, wobei er unter anderem unter Hinweis auf den vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalt vorbringt, es habe "entgegen der Rechtsansicht des LVwG die Rechtsmittelfrist ab dem 15.09. zu laufen begonnen und am 29.09. geendet".

Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

7 Wenn der Revisionswerber die ordnungsgemäße Zustellung der Hinterlegung insofern angreifen möchte, als er vermeint, nicht rechtzeitig Kenntnis vom Zustellvorgang erlangt zu haben, ist ihm zunächst entgegenzuhalten, dass er sich nicht gegen die Feststellung des Verwaltungsgerichtes wendet, er sei am 14. September 2016 an seiner Abgabestelle gewesen und habe an diesem Tag Behebungen bei der genannten Poststelle getätigt. Vielmehr verkennt der Revisionswerber mit seinen Ausführungen, dass das Verwaltungsgericht in seiner Alternativbegründung aufgrund dieses Sachverhaltes von einer Wirksamkeit der Zustellung mit 15. September 2016 ausgegangen ist, was auch vom Revisionswerber zugrunde gelegt wird. Das weitere Vorbringen des Revisionswerbers übersieht, dass bei der Anwendung des § 17 Abs. 3 vierter Satz ZustellG die Dauer der Abwesenheit keine Rolle mehr spielt, weil die Zweiwochenfrist für den Einspruch in diesem Fall ohnehin mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag zu laufen beginnt. Andere Gründe, weshalb die Hinterlegung gemäß § 17 Zustellgesetz nicht ordnungsgemäß erfolgt sein sollte, werden nicht vorgebracht.

8 Vorliegend hat das Verwaltungsgericht den Entfall einer mündlichen Verhandlung auf § 44 Abs. 3 Z 4 VwGVG gestützt. Nach dieser Bestimmung kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung absehen, wenn sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Voraussetzung für das Absehen von einer mündlichen Verhandlung in diesem Sinne ist daher jedenfalls, dass keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

9 Einen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat der ausdrücklich belehrte Revisionswerber nicht gestellt (vgl. auch VwGH 24.2.2012, 2010/02/0226, mwN, sowie zur Übertragung der Rechtsprechung zu § 51e VStG auf § 44 VwGVG etwa VwGH 23.10.2014, Ra 2014/11/0060, mwN). Fallbezogen hat der Revisionswerber bei verfassungskonformer Auslegung des § 44 Abs. 3 VwGVG keine Beweisanträge gestellt, die im Sinne der hg. Rechtsprechung die Annahme eines schlüssigen Verzichtes hindern würden. Überdies ist anzumerken, dass - entgegen den Behauptungen des Revisionswerbers - den Akten nicht zu entnehmen ist, dass dieser eine Einvernahme seiner Person beantragt hätte. (vgl. etwa VwGH 18.10.2011, 2011/02/0242, sowie VwGH 22.1.2014, 2013/21/0135, jeweils mwN)

10 Soweit der Revisionswerber dem Verwaltungsgericht eine Abweichung von den hg. Leitlinien zur Begründungspflicht (vgl. hierzu jüngst etwa VwGH 25.10.2018, Ra 2017/20/0513, mwN) vorwerfen möchte, so ist eine solche nicht zu erkennen. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr den durch die hg. Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Begründungspflicht entsprochen.

11 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. Dezember 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017060223.L00

Im RIS seit

01.02.2019

Zuletzt aktualisiert am

14.02.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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