TE Lvwg Beschluss 2018/10/31 LVwG-S-2128/001-2018, LVwG-S-2129/001-2018, LVwG-S-2130/001-2018

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Veröffentlicht am 31.10.2018
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Entscheidungsdatum

31.10.2018

Norm

VStG §46 Abs1a
ZustG §11 Abs1
RHStRÜbk Eur Geltungsbereich Art5 Abs3

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch Leisser als Einzelrichter betreffend die Beschwerden des Herrn A in ***, Slowakei gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf zu den Zahlen ***, ***, ***, sämtliche datiert mit 01.08.2018, betreffend Strafverhängungen nach dem Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSD-BG) den

BESCHLUSS:

1.   Die Beschwerden werden gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

2.   Gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGVG) ist gegen diese Entscheidung eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung:

Mit den bezeichneten Straferkenntnissen wurden dem Beschwerdeführer jeweils Übertretungen des LSD-BG vorgeworfen und insgesamt 6 Strafen in Höhe von jeweils € 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Die angesprochenen Straferkenntnisse wurden dem Beschwerdeführer ausschließlich in deutscher Sprache ohne Beifügung einer slowakischen Übersetzung übermittelt und ihm laut den in den Akten befindlichen internationalen Rückscheinen am Sitz seines Unternehmens in *** zugestellt.

Mit den innerhalb offener Frist gegen diese Entscheidungen erhobenen gleichlautenden Beschwerden macht der Rechtsmittelwerber insbesondere geltend, dass ihm sowohl die im Verfahren erfolgten Aufforderungen sich zu den Deliktsvorwürfen zu rechtfertigen, als auch die Straferkenntnisse selbst als slowakischen Staatsbürger in der Slowakischen Republik ausschließlich in deutscher Sprache zugestellt worden wären. Er allerdings der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig sei und auch die im Verfahren gegenüber der Behörde abgegebene Stellungnahme samt den angeschlossenen Beilagen ebenso von einem Dolmetscher übersetzt worden wäre, wie auch die nunmehr von ihm erhobenen Beschwerden gegen die Straferkenntnisse.

Da dies seiner Ansicht nach rechtlich nicht zulässig sei, ersuche er schon aus diesem Grunde den von ihm erhobenen Rechtsmitteln Folge zu geben und die Straferkenntnisse aufzuheben.

In weiterer Folge tätigte der Beschwerdeführer noch Ausführungen in der Sache selbst, als er die Setzung der ihm angelasteten Delikte in Abrede stellte und auch aus diesem Grunde beantragte, die angefochtenen Straferkenntnisse zu beheben und die gegen seine Person geführten Verfahren umgehend einzustellen.

Das Verwaltungsgericht legt seiner Entscheidung zugrunde, dass der Beschwerdeführer als Staatsangehöriger der Slowakischen Republik, in welcher er auch lebt, nicht über ausreichende Deutschkenntnisse verfügt, die ihm die Wahrung seiner Rechte in den durchgeführten Strafverfahren ermöglicht hätten. Zwar nahm der Beschwerdeführer am verwaltungsstrafbehördlichen Verfahren teil, dies nachdem ihm die Behörde in deutscher Sprache die Aufforderungen sich zu rechtfertigen übermittelt hatte, dies allerdings indem er einen Dolmetscher beizog, welcher seine Verantwortung ins Deutsche übersetzte, wie auch die von ihm angeschlossenen Urkunden und weiteren Unterlagen. Ebenso wurden dem Beschwerdeführer die drei verfahrensgegenständlichen Straferkenntnisse mittels internationalem Rückschein ausschließlich in deutscher Sprache ohne Beifügung einer Übersetzung in eine dem Beschwerdeführer verständliche bzw. seiner Muttersprache Slowakisch, übermittelt.

Beweiswürdigend gründet sich die Feststellung, dass der Beschwerdeführer der deutschen Sprache nicht ausreichend mächtig ist, auf den Inhalt der von der belangten Behörde vorgelegten Strafakten, sowie die Behauptung des Beschwerdeführers selbst, nicht über hinreichende Deutschkenntnisse zu verfügen, welche Angaben jedenfalls nicht zu widerlegen und sohin als glaubwürdig anzusehen sind. Die Feststellungen betreffend die Zustellung der Straferkenntnisse an den Beschwerdeführer ergeben sich unstrittig aus den vorgelegten Verwaltungsstrafakten.

Gemäß § 11 Abs. 1 Zustellgesetz sind Zustellungen im Ausland nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen.

Gemäß Art. 5 Abs. 3 des Übereinkommens gemäß Art. 34 des Vertrages über die Europäische Union vom Rat erstellt – über die Rechtshilfe in Strafsachen zwischen den Mitgliedsländern der Europäischen Union, ist die Urkunde – oder zumindest ihr wesentlicher Inhalt – wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Zustellungsempfänger der Sprache, in welcher die Urkunde abgefasst ist, nicht kundig ist, in die Sprache oder in eine der Sprachen des Mitgliedsstaates, in dessen Hoheitsgebiet sich der Empfänger aufhält, zu übersetzen.

Bei Zustellungen im Ausland nach § 11 Abs. 1 Zustellgesetz sieht Art. 5 Abs. 3 des Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen sowohl für die direkte Zustellung im Postwege als auch für die Zustellung von Schriftstücken im Rechtshilfeweg durch ersuchte Behörden vor, dass das Schriftstück oder zumindest dessen wesentlicher Inhalt in die Sprache des betreffenden Mitgliedstaates zu übersetzen ist, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Zustellungsempfänger der Sprache, in welcher die Urkunde abgefasst ist, unkundig ist. In dem vor der belangten Behörde durchgeführten Verwaltungsstrafverfahren wurden zwar keine Erhebungen dahingehend getätigt, ob der Zustellungsempfänger der deutschen Sprache mächtig ist, jedoch ergeben sich aus den Strafakten Hinweise auf seine nicht vorhandenen Sprachkenntnisse, dies dadurch, dass bereits die vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der Behörde getätigte Rechtfertigung und auch die vorgelegten Urkunden von einem Dolmetscher in die deutsche Sprache übersetzt wurden, sodass schon deshalb auf mangelnde Deutschkenntnisse hätte geschlossen werden müssen, bzw. diese von der belangten Behörde zu hinterfragen gewesen wären. Diesbezüglich ist auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.05.1988, 87/16/0110 und vom 26.06.2014, 2010/16/0103 zu verweisen, worin der Gerichtshof bei Zustellungen aufgrund von bilateralen Abkommen sowie des Amtshilfeabkommens, BGBl. Nr. 708/1995 und der Verordnung (EG Nr. 515/97) betreffend Zustellungen in zollrechtlichen und abgaberechtlichen Angelegenheiten zu dem Ergebnis gelangte, dass das Fehlen der nach diesen Vorschriften zwingend anschließbaren Übersetzung in die Sprache jenes Landes, in welches zugestellt werden soll, einen unheilbaren Zustellmangel darstellt. Da die Sprache bei Straferkenntnissen von inländischen Behörden Deutsch ist, muss die jeweilige Erledigung in deutscher Sprache erfolgen und eine Übersetzung beigefügt werden.

Die in dieser Sache vorgenommenen Zustellungen der Straferkenntnisse an den Beschwerdeführer im Ausland sind deshalb im Lichte der obigen Bestimmungen unabhängig von dem seit 14.08.2018 in Geltung stehenden § 46 Abs. 1a VStG als unwirksam anzusehen, weshalb eine tatsächliche Zustellung der Straferkenntnisse nicht vorliegt.

Hat aber rechtlich die Zustellung eines Straferkenntnisses noch nicht stattgefunden, ist auch der Bescheid (Straferkenntnis) nicht rechtswirksam erlassen worden, weshalb dagegen auch noch keine Beschwerde erhoben werden kann, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG abgesehen werden, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass die Beschwerden zurückzuweisen waren.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Arbeitsrecht; Lohn- und Sozialdumping; Verfahrensrecht; Zustellung; Ausland; Sprache; Übersetzung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.2128.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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