TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/5 W122 2201636-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.11.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

05.11.2018

Norm

AVG §13 Abs8
AVG §6 Abs1
AVG §66 Abs4
BDG 1979 §50a
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W122 2201636-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde von Gruppeninspektor XXXX, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hubert STANGLECHNER, Maximilianstraße 9, 6020 Innsbruck, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol, vom 24.05.2018, Zl. PAD/18/656906-PA, betreffend Herabsetzung der Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979, zu Recht erkannt und beschlossen:

A) Der Bescheid wird ersatzlos aufgehoben und der Abänderungsantrag

vom 23.10.2018 an die belangte Behörde weitergeleitet.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 01.04.2018 beantragte der Beschwerdeführer die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 auf 39 Stunden ab XXXX für die Dauer von zwei Jahren.

Mit Bescheid vom 24.05.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend angeführt wurde im Wesentlichen, dass die vollbeschäftigten Beamtinnen und Beamten vor Mehr- und Überbelastungen zu schützen wären.

Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde vom 12.06.2018 beantragte der Beschwerdeführer, der Beschwerde stattzugeben und auszusprechen, dass seinem Antrag auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979 auf 39 Stunden mit dem auf die Zustellung des Erkenntnisses über die Beschwerde folgenden Monatsersten stattgegeben werde. In eventu möge das Bundesverwaltungsgericht den in Beschwerde gezogenen Bescheid beheben und zur Fortführung des Verfahrens an die belangte Behörde zurückverweisen.

Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 18.07.2018 zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Parteiengehör vom 10.10.2018 wurde der Beschwerdeführer auf die Unteilbarkeit des Antrages und den bereits verstrichenen Zeitraum hingewiesen.

Mit Stellungnahme vom 23.10.2018 beantragte der Beschwerdeführer, unter Aufrechterhaltung des Antrages vom 01.04.2018 auszusprechen, dass der Bescheid vom 24.05.2018 dahingehend abzuändern wäre, dass seinem Antrag auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit auf 39 Stunden beginnend mit dem Tag des Erkenntnisses über diese Beschwerde folgenden Monatsersten für den Zeitraum von zwei Jahren - in eventu für den Zeitraum eines Jahres - stattgegeben werde. In eventu wolle der angefochtene Bescheid aufgehoben und zur neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der PolizeiinspektionXXXX als Exekutivbeamter zur Dienstleistung zugewiesen.

Am 01.04.2018 beantragte der Beschwerdeführer die Herabsetzung seiner regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 auf ein Ausmaß von 39 Stunden. Der Gegenstand des bekämpften Bescheides umfasst einen Zeitraum von 2 Jahren ab dem XXXX.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und wurden nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt mangels anderslautender Spezialnorm Einzelrichterzuständigkeit vor.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da diese vom anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer nicht beantragt wurde, der maßgebliche Sachverhalt klar ist und nicht bestritten wurde.

Zu A)

§ 50a Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) BGBl. Nr. 333/1979 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 71/2003 lautet auszugsweise:

"Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus beliebigem Anlaß

§ 50a. (1) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.

(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, daß die verbleibende regelmäßige Wochendienstzeit ein ganzzahliges Stundenausmaß umfaßt. Das Ausmaß darf nicht weniger als 20 und nicht mehr als 39 Stunden betragen.

(3) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Übersteigen die gesamten Zeiträume einer solchen Herabsetzung für einen Beamten insgesamt zehn Jahre, bleibt das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner allfälligen Änderung gemäß § 50d Abs. 1 dauernd wirksam. Auf diese Obergrenze von zehn Jahren zählen auch Zeiten in früheren Dienstverhältnissen, in denen die Wochendienstzeit nach § 50a herabgesetzt war.

(4) [ ]"

Gemäß § 6 AVG sind Anbringen ohne unnötigen Aufschub auf Gefahr des Einschreiters an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen, wenn bei ihr Anbringen einlangen, zu deren Behandlung sie nicht zuständig ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Rechtsprechung ausführt, ist eine ausdrückliche oder implizite Ermächtigung zu einer rückwirkenden Rechtsgestaltung dem § 50a BDG 1979 nicht zu entnehmen. Eine rückwirkende Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit für Zeiträume, in denen ein Beamter bereits normal Dienst geleistet hat, erwiese sich daher als unzulässig (VwGH 01.07.2015, Ra 2015/12/0024).

Gemäß § 50a Abs. 3 BDG 1979 ist die Herabsetzung für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Der Bescheid sprach über den Zeitraum von zwei Jahren ab demXXXX ab. Damit ist in eindeutiger Weise der zeitliche Rahmen der beantragten Herabsetzung und somit auch der Prüfungsumfang der Beschwerde gemäß § 27 VwGVG abgesteckt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu Verfahren über Beschwerden gegen verwaltungsbehördliche Bescheide festgehalten, dass - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfungsumfanges - als Sache eines solchen Verfahrens jedenfalls nur jene Angelegenheit anzusehen ist, die den Inhalt des Spruches der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde gebildet hat (vgl. VwGH 10.11.2015, Ro 2015/19/0001 mwN).

Mit Stellungnahme vom 23.10.2018 modifizierte der Beschwerdeführer seinen Antrag dahingehend, dass die Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit nach § 50a BDG 1979 für die Dauer von zwei Jahren in eventu einem Jahr ab Rechtskraft des Erkenntnisses über die Beschwerde stattzugeben sei.

Der Verwaltungsgerichtshof führt in seiner Rechtsprechung aus, dass wenn in § 50a Abs. 1 BDG 1979 vom "Ausmaß" der Herabsetzung die Rede ist, damit freilich nicht nur der stundenmäßige Umfang der Reduktion der regelmäßigen Wochendienstzeit gemeint ist, sondern auch der Zeitraum der Herabsetzung, d.h. deren Dauer und zeitliche Lagerung. Ob der gewünschten Herabsetzung ein wichtiges dienstliches Interesse entgegensteht, kann nämlich nicht abstrakt beurteilt werden, sondern nur in Bezug auf den konkreten Zeitraum, für den die Herabsetzung beantragt wird. Aus der Antragsbedürftigkeit der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit ergibt sich, dass bereits der Antrag das begehrte Ausmaß der Herabsetzung konkret zu bezeichnen hat, d.h. sowohl den stundenmäßigen Umfang der Herabsetzung als auch den konkreten Zeitraum, für den diese gewährt werden soll (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0081). Demnach besteht keine Möglichkeit einen Antrag für die Dauer von einem Jahr zu stellen, ohne eine konkrete zeitliche Lagerung anzugeben. Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass sich die Dienstbehörde bei der Beurteilung der dienstlichen Interessen auf rezente durchschnittliche Zahlen zu stützen hat, sodass bei der Bescheiderlassung die Zahlen festzustellen und darauf aufbauend die Prognose für den begehrten Herabsetzungszeitraum zu treffen wären (VwGH 12.05.2010, 2009/12/0044).

Demnach ist im vorliegenden Fall Sache des Beschwerdeverfahrens der Bescheid über die Herabsetzung der Wochendienstzeit vom XXXX bis zum XXXX.

Gemäß § 13 Abs. 8 AVG kann der verfahrensleitende Antrag in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Durch die Antragsänderung darf die Sache ihrem Wesen nach nicht geändert werden. Wie weit eine Antragsänderung konkret gehen darf, hängt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch entscheidend davon ab, ob die Änderung vor Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides oder erst im Zuge eines allfälligen Berufungsverfahrens erfolgt. Zwar ist auch dort eine Antragsänderung grundsätzlich zulässig, allerdings zieht § 66 Abs. 4 AVG solchen Modifikationen engere Grenzen als der bloß auf das Wesen der Sache abstellende § 13 Abs. 8 AVG. So ist die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde nämlich gemäß § 66 Abs. 4 AVG auf die "Sache" des erstinstanzlichen Verfahrens beschränkt (vgl. VwGH 18.08.2017, Ro 2015/04/0006 mwN).

Eine wesentliche Antragsänderung (die also das "Wesen" der Sache betrifft) ist als Stellung eines neuen Antrages unter konkludenter Zurückziehung des ursprünglichen Antrages zu werten. Erfolgt eine solche Änderung während des Rechtsmittelverfahrens, bewirkt die (konkludente) Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde zur Erlassung des Bescheides und damit nachträglich dessen Rechtswidrigkeit. Das Verwaltungsgericht ist somit angehalten, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 12.09.2016, Ra 2014/04/0037 mit Hinweis auf VwGH 19.11.2014, Ra 2014/22/0016).

Dies trifft im vorliegenden Fall zu: Da nach der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes über das eigentliche Begehren des Beschwerdeführers auf eine Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit vom XXXX bis zum XXXX nicht abgesprochen werden kann, weil eine rückwirkende Herabsetzung nicht möglich ist und sich der vom Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren modifizierte Antrag als wesentliche (das Wesen der Sache betreffende) Antragsänderung darstellt, bewirkt diese Änderung eine konkludente Zurückziehung des ursprünglichen verfahrenseinleitenden Antrages und somit den Wegfall der Zuständigkeit der Behörde, weshalb der bekämpfte Bescheid ersatzlos zu beheben ist.

Der Bescheid war daher ersatzlos zu beheben.

Die Weiterleitung des Abänderungsantrages an die zur Entscheidung zuständige Dienstbehörde war aufgrund von § 6 AVG geboten.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vorliegenden Konstellation (einjähriger Antragszeitraum) fehlt. Zwar gibt es eindeutige (unter A. angeführte) Judikatur zum § 13 Abs. 8 AVG und der Sache eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens sowie zu § 50a BDG 1979, doch kann fallbezogen auch nicht verkannt werden, dass es in Fällen mit der vorliegenden Konstellation faktisch aufgrund des Zeitablaufs kaum möglich sein wird, einen Bescheid, der über eine einjährige Herabsetzung abspricht, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu bekämpfen. Andererseits würde die Zulässigkeit der Modifikation des Antrages im Beschwerdeverfahren - über den eigentlich begehrten Zeitraum hinaus - bedeuten, dass das Bundesverwaltungsgericht über diesen Antrag als erste und einzige Instanz zu entscheiden und das vollständige Ermittlungsverfahren zu tragen hätte, da für die Beurteilung der dienstlichen Interessen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die rezenten Zahlen (idR der letzten 17 Wochen unter Heranziehung des § 48a Abs. 3 BDG 1979) zugrunde zu legen sind. Die Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.05.2017, Ra 2016/12/0076-5 zu einem ähnlichen Fall aufgeworfene Frage, ob eine inhaltliche Entscheidung in Frage kommt, war unter der hier getroffenen Prämisse der Gegenstandsänderung zu verneinen, die ebenfalls dargelegte Möglichkeit einer Antragsmodifikation konnte jedoch für den gänzlich vergangenen Zeitraum im Beschwerdeverfahren nicht mehr als gegenständlich betrachtet werden.

Schlagworte

Abänderungsantrag, Antragsänderung, Antragsbegehren, ersatzlose
Behebung, konkludente Zurückziehung, Konkretisierung, rückwirkende
Herabsetzung, Unzuständigkeit, Verfahrensgegenstand, Weiterleitung
eines Anbringens, Wochendienstzeit - Herabsetzung,
Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W122.2201636.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten