TE Bvwg Beschluss 2018/11/23 W138 2209653-1

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Veröffentlicht am 23.11.2018
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Entscheidungsdatum

23.11.2018

Norm

BVergG 2006 §12 Abs1 Z2
BVergG 2006 §129 Abs1 Z7
BVergG 2006 §131
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §3 Abs1 Z2
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §342
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §351 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W138 2209653-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Klaus HOCHSTEINER über den Antrag der XXXX , vertreten durch Leitner Trischler Rechtsanwälte, Lindengasse 38/3, 1070 Wien auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "Flächendesinfektionsmittel" der Auftraggeberin Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG, Bartensteingasse 2, 1010 Wien, vom 16.11.2018 beschlossen:

A)

Das Bundesverwaltungsgericht weist den Antrag der XXXX , "Das BVwG möge unverzüglich zu den im Abschnitt I. näher bezeichneten Vergabeverfahren für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens eine einstweilige Verfügung erlassen, in welcher den Auftraggebern bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im gegenständlichen Nachprüfungsverfahren betreffend das Vergabeverfahrens "Flächendesinfektionsmittel", PRNR 2018-18, WA115884/9020 das Ausscheiden des Angebotes der Antragstellerin betreffend die Lose drei und vier ausgesetzt wird, die Zuschlagsentscheidung untersagt wird und die Zuschlagserteilung untersagt wird", gemäß § 350 Abs. 1 und 351 Abs. 1 BVergG 2018 ab.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Mit Schriftsatz vom 16.11.2018 beantragte die XXXX (im Weiteren Antragstellerin), vertreten durch Leitner Trischler Rechtsanwälte, Lindengasse 38/3, 1070 Wien die Akteneinsicht, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die Nichtigerklärung des Ausscheidens des Angebotes der Antragstellerin, die Erlassung einer einstweiligen Verfügung wie in Spruchpunkt A) wiedergegeben und den Ersatz der Pauschalgebühren. Die Anträge betreffen das Vergabeverfahren "Flächendesinfektionsmittel" der Auftraggeberin Allgemeine Unfallversicherungsanstalt, Adalbert-Stifter-Straße 65, 1200 Wien (im Weitern Auftraggeberin) vertreten durch die Schramm Öhler Rechtsanwälte OG, Bartensteingasse 2 1010 Wien.

Die Antragstellerin führte im Wesentlichen aus, dass die Auftraggeberin im Supplement zum Amtsblatt-EU am 05.06.2018 die Absicht, ein Vergabeverfahren zum Abschluss eines Lieferauftrages zwecks Beschaffung von Flächendesinfektionsmitteln durchzuführen, veröffentlicht habe. Die Antragstellerin habe ihr Interesse am gegenständlichen Vergabeverfahren durch hochrunterladen der Ausschreibungsunterlagen am 08.06.2018 bekräftigt. In weiterer Folge habe die Antragstellerin die Ausschreibungsunterlagen in Folge diskriminierender Bestandteile angefochten. Die Antragstellerin wurde durch Berichtigungen im Rahmen der Nachprüfungsverfahren zumindest teilweise klaglos gestellt. Im restlichen Umfang sei der Antrag auf Nichtigerklärung abgewiesen worden.

Dagegen habe die Antragstellerin außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Schließlich habe die Antragstellerin für mehrere Lose Angebote im gegenständlichen Vergabeverfahren gelegt. Mit Schreiben vom 08.11.2018 sei die Antragstellerin darüber informiert worden, dass ihre Angebote betreffend die Lose drei und vier gemäß § 129 Abs. 1 Z. 7 BVergG 2006 wegen Nichterfüllung von Mindestens bzw. - Mussanforderung ausgeschieden werden würden. Die übrigen Angebote der anderen Bieter seien im Verfahren verblieben. Dies sei jedoch nicht deshalb erfolgt, weil die anderen Angebote ausschreibungskonform wären, sondern allein deshalb, weil die Prüfung der Angebote noch nicht abgeschlossen sei. Dies habe dazu geführt, dass das Angebot der Antragstellerin zeitlich vor den anderen Angeboten ausgeschieden worden sei.

Durch das zeitlich früher erfolgte Ausscheiden der Antragstellerin sei diese beschwert. Die Zuschlagsentscheidung sei nur den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern mitzuteilen. Das bedeutet, dass die Antragstellerin keinerlei Kenntnis von der Zuschlagsentscheidung erhalten würde. Im Sinne der Entscheidung Fast Web, sei in Fällen, in denen alle Angebote auszuscheiden seien, der Antrag auf Nachprüfung der Zuschlagsentscheidung inhaltlich zu behandeln. Genau diese Möglichkeit würde der Antragstellerin durch die von der Auftraggeberin gewählte Vorgehensweise faktisch genommen. Diese Vorgehensweise ist mit der Rechtsprechung des EuGH nicht vereinbar. Darüber hinaus sei dies mit dem Gebot eines effektiven Rechtsschutzes im Sinne der Rechtsmittelrichtlinie nicht vereinbar.

Es würde niemanden ein Schaden entstehen, wenn das Angebot der Antragstellerin vorab noch nicht ausgeschieden werde, sondern es gleichzeitig mit den anderen Angeboten im Zuge der Mitteilung der Zuschlagsentscheidung. Das alle anderen Angebote auszuscheiden seien, ergebe sich zwingend daraus, dass das von der Auftraggeberin gewünschte Produkt zu den Losen drei und vier faktisch nicht erhältlich sei. Die Auftraggeberin verlange für die Produkte der Lose drei und vier das Wirkungsspektrum "begrenzt viruzid plus" tatsächlich würden die von der Auftraggeberin mittels Produktdatenblättern (Beilage ./B im Verfahren W138 2203735-2) erwähnten Produkte aber lediglich das Wirkungsspektrum "begrenzt viruzid" aufweisen. Die auf den vorgenannten Produktdatenblättern erwähnten Produkte würden daher nicht sämtliche geforderte Mindesteigenschaften aufweisen.

Die Auftraggeberin habe im Zuge des Nachprüfungsverfahrens betreffend die Nichtigerklärung der Ausschreibungsunterlagen das faktisch Unmögliche der gewünschten Leistung bestritten. Ein Angebot sei auch von der Firma S XXXX gelegt worden. Bei dem Angebot betreffend das Los 4 sei von der Antragstellerin ebenfalls ein Produkt der Firma S XXXX angeboten worden. Es handle sich dabei um das Produkt "M XXXX ". Aus dem Produktdatenblatt gehe hervor, dass die von der Auftraggeberin geforderte Haltbarkeit von drei Monaten nach Anbruch nicht erfüllt werde.

Das Angebot der Firma S XXXX hätte daher ebenso ausgeschieden werden müssen. Die Antragstellerin habe die Verständigung betreffend das Ausscheiden ihres Angebots am 08.11.2018 erhalten. Der Antrag sei daher rechtzeitig.

Das Interesse am Vertragsabschluss habe die Antragstellerin mit dem Herunterladen der Ausschreibungsunterlagen hinreichend bekundet. Im Wesentlichen drohe der Antragstellerin insofern ein Schaden, als das Vergabeverfahren zwingend zu widerrufen sei. Der Antragstellerin würden Deckungsbeiträge entgehen und verliere sie auch ein namhaftes Referenzprojekt.

Die Gebühren für den Nachprüfungsantrag und den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung seien in ordnungsgemäßer Höhen entrichtet worden.

Die Antragstellerin machte das Vorbringen zum Nachprüfungsantrag auch zum Vorbringen zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung und führte im Wesentlichen aus, dass das Bundesverwaltungsgericht durch eine einstweilige Verfügung unverzüglich jene Maßnahmen anzuordnen habe, die nötig und geeignet erscheinen würden, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder in unmittelbar drohende Schädigung von Interessen der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern. Soweit ersichtlich bestünden keine besonderen öffentlichen Interessen, welche einer einstweiligen Verfügung entgegenstehen würden.

Festzuhalten ist, dass auch die übrigen Bewerber keinerlei Schaden durch die begehrte einstweilige Verfügung erleiden würden. Auch entgegenstehende Interessen des öffentlichen Auftraggebers seien nicht ersichtlich. Nur durch die begehrte Maßnahme könne verhindert werden, dass die Antragstellerin nach Widerruf und erfolgter Neuausschreibung den Zuschlag erhalten würde. Dies wäre ansonsten endgültig verunmöglicht.

Am 21.11.2018 erteilte die Auftraggeberin, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG, allgemeine Informationen zum Vergabeverfahren und sprach sich unter näherer Begründung gegen die Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung aus.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Aufgrund der vorgelegten Stellungnahmen, der bezugnehmenden Beilagen und der Unterlagen des Vergabeverfahrens wird im Rahmen des Verfahrens zur Erlassung einer einstweiligen Verfügung folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:

Auftraggeberin ist die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt. Diese schrieb im Juni 2018 in einer EU-weiten Bekanntmachung ein offenes Verfahren im Oberschwellenbereich zum Abschluss eines Liefervertrages zwecks Beschaffung von Flächendesinfektionsmitteln aus (EU-weite Bekanntmachung vom 05.06.2018, WA115884/9020).

Mit Schreiben der Auftraggeberin vom 08.11.2018 wurde die Antragstellerin darüber informiert, dass ihre Angebote betreffend die Lose 3 und 4 wegen Nichterfüllung von Mindest- bzw. Mussanforderungen ausgeschieden werden. Der gegenständliche Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, verbunden mit einem Nachprüfungsantrag wurde am 16.11.2018 fristgerecht beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht.

Die Antragstellerin entrichtete die für den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung erforderlichen Pauschalgebühren. Es wurde weder der Zuschlag erteilt noch eine Widerrufsentscheidung bekannt gegeben oder der Widerruf erklärt (Akt des BVwG; Unterlagen des Vergabeverfahrens).

2. Beweiswürdigung:

Dieser Sachverhalt ergibt sich schlüssig aus den jeweils in Klammern genannten Quellen. Diese sind Veröffentlichungen und die Unterlagen des Vergabeverfahrens, sowie Auskünfte, die nur die Auftraggeberin erteilen kann. Auskünfte der Antragstellerin betreffen ebenso ausschließlich mit der Auftraggeberin gemeinsame Dokumente. Die Echtheit und Richtigkeit von den in den Schriftsätzen herangezogenen Unterlagen hat keine der Verfahrensparteien bestritten. Die herangezogenen Beweismittel sind daher echt. Ihre inhaltliche Richtigkeit steht außer Zweifel. Widersprüche traten nicht auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Anzuwendendes Recht

Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes - BVwGG, BGBl I 2013/10, idgF lauten:

"Einzelrichter

§ 6. Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist."

3.1.2 Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl I 2013/33 idgF, lauten:

"Anwendungsbereich

§ 1. Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes.

...

Erkenntnisse

§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

(2) ...

Beschlüsse

§ 31. (1) Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

(2) An seine Beschlüsse ist das Verwaltungsgericht insoweit gebunden, als sie nicht nur verfahrensleitend sind.

(3) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind § 29 Abs. 1 zweiter Satz, Abs. 4 und § 30 sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse.

..."

Zu Bestimmungen gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG zählt der 4. Teil des BVergG, der die Bestimmungen über den Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht enthält und daher als lex specialis den Bestimmungen des VwGVG vorgeht. Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen (Bundesvergabegesetz 2018 - BVergG 2018), BGBl I 2018/65 idgF, lauten:

"4. Teil

Rechtsschutz vor dem Bundesverwaltungsgericht

1. Hauptstück

Zuständigkeit, fachkundige Laienrichter, Ausschluss und Ablehnung

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes

§ 327. Das Bundesverwaltungsgericht ist zuständig zur Entscheidung über Anträge wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die gemäß Art. 14b Abs. 2 Z 1 B-VG in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen.

Senatszuständigkeit und -zusammensetzung

§ 328. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über eine Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten.

(2) ...

2. Hauptstück

Besondere Bestimmungen über das Verfahren des Bundesverwaltungsgerichtes

1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Anzuwendendes Verfahrensrecht

§ 333. Soweit in diesem Bundesgesetz und im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, nichts anderes bestimmt ist, sind die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles in den Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nach diesem Bundesgesetz sinngemäß anzuwenden.

Zuständigkeit

§ 334. (1) Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes über Anträge zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren (2. Abschnitt), zur Erlassung einstweiliger Verfügungen (3. Abschnitt) und zur Durchführung von Feststellungsverfahren (4. Abschnitt). Derartige Anträge sind unmittelbar beim Bundesverwaltungsgericht einzubringen.

(2) Bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zum Widerruf eines Vergabeverfahrens ist das Bundesverwaltungsgericht zum Zwecke der Beseitigung von Verstößen gegen dieses Bundesgesetz und die hierzu ergangenen Verordnungen oder von Verstößen gegen unmittelbar anwendbares Unionsrecht zuständig

1. zur Erlassung einstweiliger Verfügungen, sowie

2. zur Nichtigerklärung gesondert anfechtbarer Entscheidungen des Auftraggebers im Rahmen der vom Antragsteller geltend gemachten Beschwerdepunkte.

(3) ...

2. Abschnitt

Nachprüfungsverfahren

Einleitung des Verfahrens

§ 342. (1) Ein Unternehmer kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern

1. er ein Interesse am Abschluss eines dem Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes unterliegenden Vertrages behauptet, und

2. ihm durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(2) ...

3. Abschnitt

Einstweilige Verfügungen

Antragstellung

§ 350. (1) Das Bundesverwaltungsgericht hat auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

(2) Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat zu enthalten:

1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens, der gesondert anfechtbaren Entscheidung sowie des Auftraggebers, des Antragstellers und gegebenenfalls der vergebenden Stelle einschließlich deren elektronischer Adresse,

2. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes sowie des Vorliegens der in § 342 Abs. 1 genannten Voraussetzungen,

3. die genaue Bezeichnung der behaupteten Rechtswidrigkeit,

4. die genaue Darlegung der unmittelbar drohenden Schädigung der Interessen des Antragstellers und eine Glaubhaftmachung der maßgeblichen Tatsachen,

5. die genaue Bezeichnung der begehrten vorläufigen Maßnahme und

6. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.

(3) ...

Erlassung der einstweiligen Verfügung

§ 351. (1) Vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung hat das Bundesverwaltungsgericht die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

(2) Ein entgegen einer Anordnung in einer einstweiligen Verfügung erteilter Zuschlag, erfolgter Abschluss einer Rahmenvereinbarung bzw. erklärter Widerruf des Vergabeverfahrens ist absolut nichtig bzw. unwirksam.

(3) Mit einer einstweiligen Verfügung können das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

(4) In einer einstweiligen Verfügung ist die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

(5) Einstweilige Verfügungen sind sofort vollstreckbar.

...

Inkrafttretens-, Außerkrafttretens- und Übergangsvorschriften

§ 376. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ausnahme der Einträge im Inhaltsverzeichnis zu den §§ 62, 66, 232, 237, 367 und 368 und der §§ 54 Abs. 2, 62 samt Überschrift, 66 samt Überschrift, 223 Abs. 2, 232 samt Überschrift, 237 samt Überschrift, 367 samt Überschrift, 368 samt Überschrift und des 2. Abschnittes von Anhang VIII samt Überschrift mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Zugleich tritt das Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006, außer Kraft.

(2) ...

(4) Für das Inkrafttreten der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2018 neu gefassten Bestimmungen gilt Folgendes: Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 bereits eingeleiteten Vergabeverfahren sind nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren sind vom Bundesverwaltungsgericht nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen. Hinsichtlich der Vergabeverfahren, die zum Zeitpunkt gemäß Abs. 1 und 2 bereits beendet sind, richtet sich die Durchführung von Feststellungsverfahren nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage."

Zu Spruchpunkt A) -Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung

Maßgebliche Rechtslage

Am 21. August 2018 trat das BVergG 2018 nach seinem § 376 Abs. 1 in Kraft und das BVergG 2006 zu diesem Zeitpunkt außer Kraft.

Nach § 376 Abs. 4 BVergG 2018 sind Vergabeverfahren, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des BVergG 2018 eingeleitet waren, nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Da das gegenständliche Vergabeverfahren im Juni 2018 eingeleitet wurde, ist es nach der zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage, dem BVergG 2006, zu Ende zu führen und zu beurteilen.

Nach § 376 Abs. 4 BVergG 2018 sind Nachprüfungsverfahren, die vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des BVergG 2018 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig waren, nach der nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen. Da das gegenständliche Nachprüfungsverfahren nach diesem Zeitpunkt eingeleitet wurde, ist es nach der Rechtslage des BVergG 2018 zu führen.

Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages

Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 8 BVergG 2006 ist die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt. Sie ist öffentliche Auftraggeberinnen gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006 (st Rspr zB BVwG 12. 9. 2018, W138 2200339-2/22E, W138 2201255-2/22E, W138 2203735-2/13E; BVA 10. 3. 2009, N/0145-BVA/09/2008-81; 21. 11. 2013, N/0100-BVA/06/2013-27). Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich um einen Lieferauftrag, welcher in einem offenen Verfahren vergeben werden soll. Der geschätzte Auftragswert des Gesamtvorhabens liegt jedenfalls über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs. 1 Z 2 BVergG 2006, sodass gemäß § 12 Abs. 1 BVergG 2006 ein Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich vorliegt.

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich und damit im Vollanwendungsbereich des BVergG. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 342 Abs. 2 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs. 2 Z 1 lit. b B-VG ist sohin gegeben.

Da darüber hinaus laut Stellungnahme des Auftraggebers das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 342 Abs. 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen des Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

Schließlich geht das Bundesverwaltungsgericht vorläufig davon aus, dass der Antragstellerin die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs. 1 BVergG 2018 nicht offensichtlich fehlen. Der Nachprüfungsantrag wurde rechtzeitig eingebracht. Er enthält alle in § 344 Abs. 1 BVergG 2018 geforderten Inhalte.

Im Ergebnis ist daher vorläufig davon auszugehen, dass der Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung gemäß § 350 Abs. 1 BVergG 2018 zulässig ist, wobei auch die Voraussetzungen des § 350 Abs. 2 BVergG 2018 vorliegen.

Inhaltliche Beurteilung des Antrages

Zweck einer einstweiligen Verfügung ist es, die dem Antragsteller bei Zutreffen seines Vorbringens drohenden Schäden und Nachteile abzuwenden, indem der denkmögliche Anspruch auf Zuschlagserteilung dadurch wirksam gesichert wird, dass das Verfahren bis zur Entscheidung in der Hauptsache in einem Stand gehalten wird, der eine allfällige Teilnahme der Antragstellerin am Vergabeverfahren ermöglicht. Dabei ist gemäß § 351 Abs. 3 BVergG 2018 die jeweils gelindeste zum Ziel führende Maßnahme anzuordnen.

Soweit sich das Begehren der Antragstellerin auf das Aussetzen des Ausscheidens des Angebots bezieht, ist dieser abzuweisen, weil das Ausscheiden konstitutiv ist, eine Stillhaltefrist nicht vorgesehen ist und somit ein Aussetzen nicht in Frage kommt.

Das Vergabeverfahren befindet sich im Stadium vor dem Treffen und der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung. Es steht somit die Erteilung des Zuschlages nicht unmittelbar bevor, weshalb der Antragstellerin dadurch beim derzeitigen Stand des Vergabeverfahrens daraus kein Schaden droht (zB VwGH 23.11.2016, Ra 2015/04/0029; BVwG 26. 9. 2016, W149 2135160-1/5E). Überdies ist die Auftraggeberin gemäß § 131 BVergG 2006 verpflichtet, der Antragstellerin als im Vergabeverfahren verbliebene Bieterin die Zuschlagsentscheidung bekannt zu geben, die diese dann anfechten könnte. Somit droht der Antragstellerin die bevorstehende Zuschlagserteilung derzeit nicht. Die Maßnahmen der Untersagung der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung und der Untersagung der Zuschlagserteilung sind daher in derzeitigen Stand des Vergabeverfahrens nicht erforderlich (zB BVwG 19. 2. 2015, W139 2100854-1/2E).

Da die beantragten Maßnahmen teils unzulässig, teils zur Abwendung des unmittelbar drohenden Schadens ungeeignet sind, war der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in der gestellten Form abzuweisen.

Über den Antrag auf Ersatz der Pauschalgebühr wird gesondert entschieden werden.

Zu Spruchpunkt B) - Nichtzulassung der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 6. 11. 2002, 2002/04/0138;

30. 6. 2004, 2004/04/0028; 1. 2. 2005, 2005/04/0004; 29. 6. 2005, 2005/04/0024; 1. 3. 2007, 2005/04/0239; 27. 6. 2007, 2005/04/0254;

29. 2. 2008, 2008/04/0019; 14. 1. 2009, 2008/04/0143; 14. 4. 2011, 2008/04/0065; 29. 9. 2011, 2011/04/0153, 23.11.2016, Ra 2015/04/0029) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausscheiden eines Angebotes, Ausscheidensentscheidung, Aussetzung,
Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung, Bekanntgabepflicht, Dauer der
Maßnahme, drohende Schädigung, effektiver Rechtsschutz, einstweilige
Verfügung, gelindeste Maßnahme, gelindestes Mittel,
Interessenabwägung, Lieferauftrag, Mindestanforderung,
Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren, Nichtigerklärung,
öffentliche Interessen, öffentlicher Auftraggeber,
Provisorialverfahren, Referenzprojekt, Schaden, Untersagung der
Zuschlagserteilung, Vergabeverfahren, Zuschlagsverbot für die Dauer
des Nachprüfungsverfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W138.2209653.1.00

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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