TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/28 W169 2201148-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.11.2018
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Entscheidungsdatum

28.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §52
FPG §55

Spruch

W169 2201148-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Barbara MAGELE als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Nepal, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.06.2018, Zl. 390360904-140002351, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß §§ 55, 10 Abs. 3 AsylG idgF, 9 BFA-VG idgF und §§ 52 und 55 FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Nepal, stellte nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 20.10.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 09.07.2007, FZ. 06 11.224-BAG, abgewiesen wurde. Dem Beschwerdeführer wurde gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 weder der Status des Asylberechtigten, noch gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 jener des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nepal zuerkannt und wurde der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Nepal ausgewiesen.

2. Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.07.2011, Zl. C17 313.691-0/2008/10E, als unbegründet abgewiesen.

3. Am 28.10.2011 wurde der Beschwerdeführer von der Bundespolizeidirektion Wien niederschriftlich einvernommen ("Gegenstand der Verhandlung: Einvernahme - Sicherung der Ausreise") und gab er dabei an, dass er ausreisewillig sei, jedoch über keine Dokumente verfüge, welche seine Identität bestätigen würden. Weiters füllte er ein Formblatt zur Erlangung eines Heimreisezertifikates aus und gab als Geburtsdatum "01.07.1984" an.

3. Der Beschwerdeführer wurde mit Anzeigen des Stadtpolizeikommandos Meidling vom 19.01.2012 und vom 09.02.2012 sowie des Landespolizeikommandos für Wien vom 23.1.2012 und der Landespolizeidirektion Wien vom 16.11.2013 unter anderem wegen rechtswidrigen Aufenthaltes zur Anzeige gebracht.

4. Am 24.09.2014 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 Abs. 1 AsylG. Dem Antrag beigelegt wurden u.a. die Kopie des Reisepasses des Beschwerdeführers sowie die Kopie einer nepalesischen Geburtsurkunde lautend auf den Namen des Beschwerdeführers, beide Dokumente mit unterschiedlichen Geburtsdaten, weiters ein A2-Zeugnis, Honorarnoten vom September 2010 und vom Mai 2013.

5. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.10.2014 wurde der Beschwerdeführer zur Urkundenvorlage aufgefordert und ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme eingeräumt.

6. Daraufhin brachte die damalige Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers per Schreiben vom 22.10.2014 und vom 03.11.2014 Beweismittel in Vorlage.

7. In einem weiteren Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 24.11.2014 wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, Nachweise betreffend einen gesicherten Lebensunterhalt für den Fall der künftigen Niederlassung und betreffend einem alle Risiken abdeckenden Krankenversicherungsschutz vorzulegen.

8. Mit Schreiben vom 28.11.2014 wurden sodann weitere Dokumente in Kopie übermittelt.

9. Am 16.04.2015 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen. Auf die Frage, warum er nach Rechtskraft seines Asylverfahrens nicht ausgereist sei, führte er an, dass er zu dieser Zeit keinen Reisepass gehabt habe und er außerdem hier bleiben wolle. Nach seinem Geburtsdatum gefragt, gab der Beschwerdeführer " XXXX zu Protokoll. Auf die Frage, warum er bei der Antragsstellung XXXX " angegeben habe, führte er an, dass der Dolmetscher sein nepalesisches Geburtsdatum falsch umgerechnet habe und der Beschwerdeführer dieses Datum auch in seinem Asylverfahren angegeben habe. Auf die Frage, warum auf der Geburtsurkunde " XXXX " als Datum angeführt sei, entgegnete der Beschwerdeführer, dass das jenes seines Bruders sei; seine Mutter habe bei der Registrierung sein Geburtsdatum falsch angegeben. Auf die Frage, warum er bei der Antragsstellung auf internationalen Schutz ein falsches Geburtsdatum angeführt habe, wiederholte der Beschwerdeführer, dass der Dolmetscher sein nepalesisches Geburtsdatum falsch umgerechnet habe. Nachgefragt erklärte er, dass er diesen Fehler wahrscheinlich im Dezember 2006 gemerkt habe. Weiters gab der Beschwerdeführer an, dass sein Reisepass am 24.02.2008 von der Botschaft in Berlin ausgestellt worden sei und er auch persönlich dort gewesen sei. Der nepalesische Staatsbürgerschaftsnachweis in Original befinde sich bei ihm zuhause und habe seine Schwester diesen aus Nepal mitgebracht, als sie im Jahr 2013 ins Bundesgebiet zurückgekehrt sei. Auf Vorhalt, wonach der Beschwerdeführer in seiner Befragung vor der Bundespolizeidirektion am 28.10.2011 angegeben habe, über keine Identitätsdokumente zu verfügen, gab er an, dass seine Schwester den Reisepass im Jahr 2011 nach Nepal mitgenommen habe, um den Staatsbürgerschaftsnachweis des Beschwerdeführers neu ausstellen zu lassen. Er habe jedenfalls in Österreich bleiben wollen und deshalb unterschiedliche Geburtsdaten sowie stets angegeben, keine Identitätsdokumente zu besitzen. Zu den persönlichen Verhältnissen gab er an, dass er geschieden sei und ein Kind habe, für welches er nicht sorgepflichtig sei. Im Bundesgebiet arbeite er als Zeitungszusteller, wobei es erst seit 2014 einen diesbezüglichen Werkvertrag gebe; er besitze keine Gewerbeberichtigung für die Tätigkeit. Er sei Mitglied eines nepalesischen Vereins. Seine Schwester halte sich in Österreich au, während seine Eltern in Nepal leben würden; er stehe in Kontakt mit seiner Mutter.

Der Beschwerdeführer wurde aufgefordert, sämtliche Einkommensteuerbescheide und sämtliche Honorarnoten, welche seit seinem Aufenthalt in Österreich existieren, sowie einen Mietvertrag, der Behörde zu übermitteln. Weiters wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, der Behörde seinen Reisepass und seinen Staatsbürgerschaftsnachweis im Original vorzulegen.

10. Mit Schreiben der damaligen rechtsfreundlichen Vertreterin vom 24.04.2015 und vom 13.07.2015 brachte der Beschwerdeführer diverse Unterlagen in Vorlage, wie u.a. den Reisepass und die Geburtsurkunde im Original, Mietvertrag, Einkommensteuererklärung von 2012 und 2013, Einkommensnachweise von 2007 bis 2011, Honorarnoten für den Zeitraum Jänner bis Juni 2015, den Beschluss über die Scheidung der Ehe des Beschwerdeführers, einen Vergleich des Bezirksgerichtes XXXX , wonach der Beschwerdeführer keine Unterhaltspflichten hat und einen Nachweis über die Versicherungsbeiträge bei der SVA.

11. Am 02.09.2015 wurde der Beschwerdeführer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erneut niederschriftlich einvernommen. Dabei wurde ihm zur Kenntnis gebracht, dass nach Überprüfung der Unterlagen sein Lebensunterhalt nicht gesichert sei und sein Reisepass sichergestellt werde.

12. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.09.2015 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 56 iVm § 60 Abs. 2 Z 1 und 3 und Abs. 3 Z 2 AsylG abgewiesen.

13. Die dagegen eingebrachte Beschwerde wurde mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.11.2017, Zl. W222 1313691-2/5E, als unzulässig zurückgewiesen, da aufgrund fehlender Unterschrift und Amtssignatur, kein Bescheid vorliege.

14. Im fortgesetzten Verfahren wurde der Beschwerdeführer am 08.05.2018 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl niederschriftlich einvernommen und modifizierte er eingangs der Befragung seinen Antrag gemäß § 55 AsylG. Um seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen, habe er versucht, einen Reisepass zu erlangen, was ihm aber nicht gelungen sei. Er habe auch nicht ausreisen können, weil seine Schwester zwischen 2011 und 2013 seinen Reisepass für eine Erbschaftsangelegenheit nach Nepal mitgenommen habe. Danach habe der Beschwerdeführer aber dennoch nicht ausreisen wollen, weil er auch weiterhin Probleme im Herkunftsstaat habe und weil er sich in Österreich sehr sicher fühle. Zu den persönlichen Verhältnissen gab er zu Protokoll, dass er geschieden sei und einen Sohn im Alter von 17 Jahren habe, welcher bei den Schwiegereltern des Beschwerdeführers in Nepal lebe. Dort würden sich auch die Eltern und der Bruder des Beschwerdeführers befinden und stehe er im telefonischen Kontakt zu seiner Mutter. Die Kindesmutter lebe im Bundesgebiet und sei wiederverheiratet. Der Beschwerdeführer arbeite in Österreich als Essenszusteller, sei Mitglied eines nepalesischen Vereines und habe keine österreichischen Freunde, sondern nur Arbeitskollegen in Österreich. Die Schwester des Beschwerdeführers lebe ebenfalls im Bundesgebiet und befinde sich im Asylverfahren.

Dem Beschwerdeführer wurden die Länderberichte zur Lage in Nepal vorgelegt. Dazu gab er an, dass er die Situation kenne und in Österreich bleiben wolle. Aus diesem Grund werde er auch nicht das Formblatt zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes ausfüllen.

15. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2018 wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, bei der Erlangung eines Ersatzreisedokuments gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG mitzuwirken. Im Konkreten habe er binnen sieben Tagen ab Zustellung das beigelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit seinen richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen und der Behörde zu übermitteln. Wenn er diesem Auftrag ohne wichtigen Grund nicht Folge leiste, müsse er damit rechnen, dass eine Haftstrafe von 14 Tagen verhängt werde.

16. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.06.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 24.09.2014 gemäß § 55 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen (Spruchpunkt II.). Weiters wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Nepal zulässig sei und die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG vier Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt III. und IV.).

Begründend wurde ausgeführt, dass sich der bisherige Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet auf sein Asylverfahren gegründet habe und er nach dessen negativem Abschluss illegal im Bundesgebiet verblieben sei. Obwohl er bereits während seines Asylverfahrens im Besitz eines gültigen nepalesischen Reisepasses und eines nepalesischen Staatsbürgerschaftsnachweises gewesen sei, habe er diesbezüglich wissentlich falsche Angaben getätigt, womit er seine Abschiebung verhindert habe. Sämtlich Integrationsschritte seien nach dem negativen Abschluss seines Asylverfahrens in einem Zeitraum gesetzt worden, in welchem er sich bereits unrechtmäßig in Österreich aufgehalten habe und auch seiner Ausreiseverpflichtung nachkommen hätte können. Aus diesem Grund habe sein in diesem Zeitraum entstandenes Privat- und Familienleben eine Relativierung hinzunehmen. Es hätten sich auch keine entscheidungsrelevanten sozialen Bindungen in Österreich ergeben. Auch wenn sich der Beschwerdeführer im Alltag auf Deutsch verständigen könne, beweise dies keine erfolgreiche und dauernde Integration. Zudem habe er über drei Jahre illegal gearbeitet und verfüge über keine österreichischen Freunde. Dass die Schwester des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aufhältig sei, erhöhe ebenso wenig die Schutzwürdigkeit seines Privatlebens, zumal zu dieser kein besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehe und der Kontakt zudem über elektronische Kontaktmittel aufrechterhalten werden könnte. Es seien somit keine derart außergewöhnlichen Umstände hervorgekommen, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens überwiegen würden. Die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG komme daher nicht in Betracht, zumal dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers iSd Art. 8 EMRK nicht geboten sei. Es habe für den Fall einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht festgestellt werden können, dass der Beschwerdeführer in eine existenzgefährdende Notlage geraten würde und ihm die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre, zumal er über die landesüblichen Sprachkenntnisse verfüge und dort auch Familienangehörige habe. Im Falle des Beschwerdeführers liege zudem keine Gefährdung iSd § 50 Abs. 1 und 2 FPG vor. Auch eine Empfehlung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte iSd § 50 Abs. 3 FPG existiere für Nepal nicht, weshalb die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nepal zulässig sei. Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde aufgrund der Tatsache, dass sich der Beschwerdeführer seit dem Jahr 2006 im Bundesgebiet aufhalte, mit vier Wochen bemessen.

17. Dagegen wurde vom rechtsfreundlichen Vertreter des Beschwerdeführers fristgerecht Beschwerde erhoben und im Wesentlichen ausgeführt, dass sich der Beschwerdeführer nunmehr seit bereits zwölf Jahren in Österreich befinde, er sozial und sprachlich integriert sowie ehrenamtlich aktiv sei und vielfältige soziale Kontakte habe. Im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer wesentlich Integrationsschritte gesetzt habe, könne nicht argumentiert werden, dass er den Aufenthalt "überhaupt nicht" dazu genützt hätte, sich im Bundesgebiet zu integrieren. Beantragt wurde die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung.

18. Die gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.05.2018 erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 13.06.2018, Zl. W191 1313691-3/3E, als unbegründet abgewiesen.

19. Mit "Bescheid über Zwangsstrafe" des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.06.2018 wurde gemäß § 5 VVG über den Beschwerdeführer die für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Haftstrafe von 14 Tagen verhängt.

20. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 29.06.2018 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, binnen fünf Tagen ab Zustellung das vorgelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit den richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen und dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu übermitteln, widrigenfalls über ihn eine Haftstrafe von 21 Tagen verhängt werde. Zudem wurde der Beschwerde gegen diesen Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.

21. Mit "Bescheid über Zwangsstrafe" des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 05.07.2018, wurde gemäß § 5 VVG über den Beschwerdeführer die für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Haftstrafe von 21 Tagen verhängt.

22. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.07.2018 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, binnen fünf Tagen ab Zustellung das vorgelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit den richtigen Identitätsdaten komplett auszufüllen und der Behörde zu übermitteln, widrigenfalls über ihn eine Haftstrafe von 28 Tagen verhängt werde. Auch dieser Beschwerde wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

23. Mit "Bescheid über Zwangsstrafe" des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.08.2018 wurde gemäß § 5 VVG über den Beschwerdeführer die für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Haftstrafe von 28 Tagen verhängt. Die dagegen fristgerecht erhobene Beschwerde wurde mit mündlich verkündetem Erkenntnis des Bundesveraltungsgerichtes vom 23.08.2018 als unbegründet abgewiesen.

24. Mit weiterem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.08.2018 wurde der Beschwerdeführer abermals verpflichtet, binnen fünf Tagen ab Zustellung das vorgelegte Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates mit den richtigen Identitätsdaten auszufüllen und dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu übermitteln, widrigenfalls über ihn eine Haftstrafe von 28 Tagen verhängt werde. Der Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde wieder die aufschiebende Wirkung aberkannt.

25. Da sich der Beschwerdeführer erneut weigerte, dass Formblatt auszufüllen, wurde über ihn mit "Bescheid über Zwangsstrafe" des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.09.2018 die für den Fall der Nichterfüllung angedrohte Haftstrafe von 28 Tagen verhängt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nepal, wo er die Schule besuchte, seine mittlerweile in Österreich geschiedene Ehefrau heiratete und sie ihren gemeinsamen Sohn bekamen. Er hat zwei Schwestern und einen Bruder. Der Beschwerdeführer führte vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat ein Restaurant in der Hauptstadt Kathmandu. Er reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 20.10.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Der Beschwerdeführer befand sich seit seiner Antragstellung auf internationalen Schutz am 20.10.2006 lediglich aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz durchgängig rechtmäßig in Österreich. Seit Abschluss seines Asylverfahrens durch das Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 21.07.2011, Zl. C17 313.691-0/2008/10E, hält sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig in Österreich auf. Seiner Ausreiseverpflichtung nach Nepal kam er bisher nicht nach.

Der Beschwerdeführer wurde nach Abschluss seines Asylverfahrens mehrmals aufgefordert, an der Erlangung von Ausreisedokumenten mitzuwirken. Er widersetzte sich beharrlich seiner Mitwirkungspflicht und machte bewusst falsche Angaben hinsichtlich des Besitzes von identitätsbezogenen Dokumenten und seines Geburtsdatums. Der Beschwerdeführer war bereits während seines Asylverfahrens im Besitz eines gültigen nepalesischen Reisepasses (ausgestellt von der Nepalesischen Botschaft in Berlin am 25.02.2008) und eines nepalesischen Staatsbürgerschaftsnachweises.

Der Beschwerdeführer wurde mit Anzeigen des Stadt- bzw. Landespolizeikommandos vom 19.01.2012, 23.01.2012 und vom 09.02.2012 bzw. der Landespolizeidirektion Wien vom 16.11.2013 wegen rechtswidrigen Aufenthaltes zur Anzeige gebracht.

Da sich der Beschwerdeführer wiederholt weigerte, das Formblatt zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates auszufüllen, wurden über ihn die ihm zuvor mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl angedrohten Haftstrafen in der Dauer von 14 Tagen, danach 21 Tagen und 28 Tagen verhängt, welche er auch im PAZ Roßauer Lände verbüßte.

Die Schwester des Beschwerdeführers, XXXX , XXXX geb., lebt im Bundesgebiet. Es konnte kein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen dieser und dem Beschwerdeführer festgestellt werden und besteht seit spätestens 13.03.2018 auch kein gemeinsamer Haushalt.

Der Beschwerdeführer hat keine sonstigen Verwandten in Österreich und auch keine österreichischen Freunde. Die Exgattin des Beschwerdeführers lebt in Österreich und ist wiederverheiratet. Der Beschwerdeführer nimmt keine Leistungen aus der Grundversorgung in Anspruch und beherrscht das Niveau A2 der deutschen Sprache. In der Vergangenheit arbeitete er im Bundesgebiet als Zusteller auf Werkvertragsbasis und ist seit Jänner 2016 bei einer Firma als Zusteller angestellt, wofür er keine Beschäftigungsbewilligung des AMS hat. Er ist Mitglied des Vereins "NESAS", ein Verein zur nepalesischen Kulturförderung. Im Herkunftsstaat befinden sich der Sohn des Beschwerdeführers, welcher bei den Schwiegereltern des Beschwerdeführers lebt und welchem gegenüber keine Sorge- oder Unterhaltspflichten bestehen. Auch leben die Eltern und der Bruder des Beschwerdeführers in Nepal; der Beschwerdeführer hat Kontakt zu seiner Mutter. Der Bruder des Beschwerdeführers betreibt dort ein Restaurant. Seinen Verwandten im Herkunftsstaat geht es wirtschaftlich gut und sie sind finanziell abgesichert. Der Beschwerdeführer ist gesund, strafgerichtlich unbescholten und steht im erwerbsfähigen Alter.

Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für den Aufenthalt aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:

Politische Lage

Nepal hat ca. 147.181 km² Fläche und ca. 29,5 Mio. Einwohner. Die Hauptlandessprache ist Nepalesisch (AA 2.2018). Regierungsform ist eine parlamentarische Mehrparteien-Demokratie, die nach dem zehnjährigen Bürgerkrieg (1996-2006) entstand. Staatsoberhaupt ist seit 28.10.2015 die Präsidentin Bidya Devi Bhandari (AA 2.2018; vgl. AA 3.2018).

Nepal war 240 Jahre lang ein hinduistisches Königreich. Die ersten freien Parlamentswahlen im Mai 1991 gelten als Geburtsstunde der parlamentarischen Demokratie in Nepal. Die oftmals rasch wechselnden Koalitions- und Minderheitsregierungen konnten die Erwartungen der breiten Bevölkerung jedoch nicht erfüllen. Der Unmut führte schließlich im Februar 1996 zur Aufnahme des bewaffneten Kampfes der maoistischen Rebellenbewegung unter Führung der Unified Communist Party of Nepal (UCPN-M) gegen das bestehende politische System mit dem Ziel der Etablierung einer Volksrepublik. Der Konflikt zwischen Sicherheitskräften und Maoisten eskalierte nach 1999 landesweit und forderte im Verlauf von zehn Jahren rund 13.000 Todesopfer auf beiden Seiten. Mehr als 1.200 Menschen gelten noch immer als vermisst. Die nach dem zehnjährigen Bürgerkrieg (1996 - 2006) Anfang April 2008 gewählte erste verfassungsgebende Versammlung erklärte in ihrer konstituierenden Sitzung Nepal zur Demokratischen Bundesrepublik. Die zweite verfassungsgebende Versammlung wurde in allgemeinen Wahlen am 19.11.2013 gewählt. Die endgültige Staatsform, das Regierungs- und Wahlsystem sowie die künftige föderale Gliederung (sieben Provinzen) regelt die neue Verfassung, die am 16.9.2015 durch die verfassungsgebende Versammlung verabschiedet und am 20.9.2015 verkündet wurde. Mit Verkündung der Verfassung hatte sich die verfassungsgebende Versammlung aufgelöst. Die Funktion übernahm in Folge das Parlament. Das Parlament und die sieben neu eingerichteten Provinzparlamente sind am 7.12.2017 gewählt worden (AA 3.2018).

In den im November und Dezember 2017 abgehaltenen Parlaments- und Provinzwahlen erhielten die Vereinte Marxistisch-Leninistische Kommunistische Partei (CPN-UML) und ihr Bündnispartner, die Kommunistisch-Maoistische Zentrumspartei (CPN-MC), 121 bzw. 53 Sitze im Unterhaus, das über 275 Sitze verfügt. Bei der bislang stärksten Partei Nepali Congress (NC) verfehlten dagegen viele Politiker den Wiedereinzug ins Parlament. In der südlichen Provinz Nr. 2 erhielten zwei Parteien, die die Minderheit der Madhesi vertreten, eine parlamentarische Mehrheit. Das linke Bündnis der Kommunisten verstärkte seine Position noch, indem es eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat erhielt. Die CPN-UML und die CPN-MC gewannen dort 27 bzw. 12 Sitze von insgesamt 59. Nach dem überwältigenden Wahlsieg des linken Bündnisses hat der Führer der CPN-UML Khadga Prasad Sharma Oli das Amt des Premierministers Nepals als Nachfolger von Sher Bahadur Deuba angetreten.

Die verfassungsmäßigen Vorschriften und neuen Mehrheitsverhältnisse machen es wahrscheinlich, dass Nepal, anders als in der Vergangenheit, von Premierministern regiert wird, die mehrere Jahre im Amt bleiben werden. Nach den erfolgreichen Wahlen sind jetzt auf der Gemeinde-, der Provinz- und der Bundesebene gewählte Volksvertreter dabei, die Exekutive zu kontrollieren (GIZ 3.2018b; vgl. DS 14.2.2018).

Auf nationaler Ebene wird Nepal ein Bestehen von demokratischen Institutionen attestiert. Doch sind diese instabil, etwas umstritten und wegen fortwährender politischer Kontroversen wenig effektiv (BTI 2018). Diese ersten nationalen, regionalen und lokalen Wahlen, welche unter einer neuen Verfassung mit einer hohen Wahlbeteiligung stattfanden, bedeuten trotz einiger Gewaltmeldungen einen Aufwärtstrend für Nepal (FH 2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (2.2018): Nepal, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/nepal/221214, Zugriff 5.3.2018

-

AA - Auswärtiges Amt (3.2018): Nepal - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/-/221262, Zugriff 26.3.2018

-

BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report,

http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/NPL/, Zugriff 26.3.2018

-

DS - Der Standard (15.2.2018): Marxist als neuer Ministerpräsident in Nepal vereidigt,

https://derstandard.at/2000074349937/Marxist-als-neuer-Ministerpraesident-in-Nepal-vereidigt, Zugriff 5.3.2018

-

FH - Freedom House (2018): Freedom in the World 2018, Nepal, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2018/nepal, Zugriff 26.3.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018b): Nepal - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/nepal/geschichte-staat/, Zugriff 5.3.2018

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage bleibt vor allem in urbanen Zentren wie Kathmandu und Pokhara angespannt. Unruhen, Streiks und Anschläge sind zu keiner Zeit auszuschließen (BMEIA 28.3.2018). Nepal befindet sich in einer politischen Übergangsphase. Seit Inkrafttreten der Verfassung am 20.9.2015 haben sich die politischen Spannungen erhöht, da sie nicht von allen politischen Parteien und Gesellschaftsgruppen akzeptiert wird. Zwischen Herbst 2015 und Frühjahr 2016 führten zahlreiche Proteste und Generalstreiks auf nationaler, regionaler und Distrikt-Ebene zu mehrmonatigen Versorgungsengpässen; vor allem die Treibstoffversorgung war stark eingeschränkt. Erneute Ereignisse dieser Art sind jederzeit möglich. Im ganzen Land, einschließlich Kathmandu, werden sporadisch Anschläge mit kleineren Sprengsätzen verübt. Sie haben vereinzelte Todesopfer und Verletzte sowie Sachschaden verursacht (EDA 18.12.2017). Im jetzigen politischen Umfeld kommt es in Nepal nur noch gelegentlich zu kurzfristig ausgerufenen "Bandhs" (Zwangsstreiks jedweder Art, auch im Kathmandu-Tal, mit Blockaden/Straßensperren); manchmal werden diese auch gewaltsam durchgesetzt. Letzteres gilt auch für sog. Transportstreiks. Nach den bisherigen Erfahrungen können diese Protestaktionen das öffentliche Leben empfindlich stören. Besonders im Terai ist mit Protestaktionen und gewaltsamen, unter Umständen gefährlichen Auseinandersetzungen zu rechnen (AA 20.3.2018).

Kriminelle Organisationen und andere Gruppierungen erpressen in vielen Landesteilen nationale und internationale Organisationen, Geschäftsleute und Einzelpersonen und setzen Forderungen teilweise mit Gewalt durch. Auf Grund der politischen Instabilität und der Unzuverlässigkeit des Rechtssystems ist eine steigende Gewaltbereitschaft und Kriminalität im ganzen Land feststellbar (AA 20.3.2018).

Bedenken bestehen hinsichtlich Aktivitäten von indischen Grenzsicherheitskräften, welche außerhalb ihrer Zuständigkeitsbereiche agieren. Darüber hinaus sollen chinesische Grenztruppen an der nördlichen Grenze zur Autonomen Region Tibet gelegentlich auf nepalesischem Territorium operieren (BTI 2018).

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (20.3.2018): Nepal - Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/nepalsicherheit/221216, Zugriff 26.3.2018

-

BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (28.12.2017): Reiseinformation - Nepal, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/nepal/, Zugriff 5.3.2018

-

BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report,

http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/NPL/, Zugriff 26.3.2018

-

EDA - Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (18.12.2017): Reishinweise für Nepal, https://www.eda.admin.ch/content/eda/de/home/laender-reise-information/nepal/reisehinweise-nepal.html, Zugriff 5.3.2017

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Allgemeine Menschenrechtslage

Nach dem verheerenden Erdbeben am 25.4.2015 wurde innerhalb weniger Monate eine neue Verfassung verabschiedet, welche im September 2015 in Kraft trat. Sie wies zahlreiche Defizite in Bezug auf den Schutz der Menschenrechte auf und sah eine föderalistische Staatsstruktur vor, die von den ethnischen Gruppen in der Terai-Region abgelehnt wurde. Der Verfassungsänderung folgten gewalttätige Zusammenstöße zwischen Protestierenden und Polizei - besonders in den Gebieten der Terai, und führte von August 2015 bis Februar 2016 zu zahlreichen Toten (AI 22.2.2017; vgl. AI 24.2.2017, AI 22.2.2018, BTI 2018). Im August 2016 genehmigte jedoch die Regierung die Gründung einer unabhängigen Juristischen Kommission, um Menschenrechtsverletzungen während der Unruhen bezüglich der Verfassungsänderung zu untersuchen. Aber seit September wurde die Arbeit noch nicht aufgenommen (USDOS 3.3.2017).

Durch eine ungleiche Verteilung der Katastrophenhilfe nach dem Erdbeben wurden benachteiligte Gruppen diskriminiert; in allen betroffenen Gebieten kam es zu Verzögerungen beim Wiederaufbau (AI 22.2.2017; vgl. AI 24.2.2017). Hunderttausende Überlebende des Erdbebens von 2015 (fast 70% der Betroffenen) leben noch immer in Notunterkünften. Die Regierung hat einen Nachweis des Grundbesitzes als Bedingung für den Erhalt einer Wiederaufbauförderung festgelegt. Da jedoch bis zu 25% der Bevölkerung dieses Kriterium nicht erfüllt haben, sind zehntausende der Überlebenden des Erdbebens nicht förderfähig. Die Situation betrifft vor allem marginalisierte und benachteiligte Gruppen, darunter Frauen, Dalits, wie auch andere ethnische Minderheiten und Kasten (AI 22.2.2018; vgl. BTI 2018).

Weitere Menschenrechtsprobleme sind die Schikanierung von Medien und die Einschränkung der Presse durch Selbstzensur. Die Regierung begrenzte die Versammlungsfreiheit vor allem in den Gebieten, wo die gewalttätigen Proteste gegen die Verfassungsänderung stattfanden. Die Freiheitsrechte von Flüchtlingen, insbesondere tibetischer Herkunft, wurden teilweise eingeschränkt. Die Staatsbürgerschaftsgesetze und -regelungen sind diskriminierend und tragen zur Entstehung von Staatenlosigkeit bei. Früh- und Zwangsehen sowie Vergewaltigung und häusliche Gewalt gegen Frauen, einschließlich Mitgiftmorde, sind nach wie vor ernste Probleme. Es wird weiterhin über Gewalt gegen Kinder, auch in Waisenhäusern, berichtet; die Vorfälle werden jedoch selten gerichtlich verfolgt. Menschenhandel von Kindern und Erwachsenen zu Zwecken sexueller Ausbeutung kommt häufig vor. Personen mit Behinderung und einige ethnische Minderheiten leiden unter Diskriminierung (USDOS 3.3.2017). Jegliche Diskriminierung auf der Basis der Kastenzugehörigkeit ist von der nepalesischen Verfassung verboten. Trotzdem werden Angehörige "unberührbarer Kasten" (Dalits) vielfach ausgegrenzt (GIZ 3.2018). Die Schikanierung aufgrund von Geschlecht oder Zugehörigkeit zu sexuellen Minderheiten ist nach wie vor verbreitet. Die Arbeitnehmerrechte werden teilweise eingeschränkt. Bei der Bekämpfung von Zwangsarbeit und Schuldknechtschaft gibt es nur geringe Fortschritte. Trotz Verbots sich diese weiterhin gebräuchlich. Bei der Bekämpfung von Kinderarbeit gibt es moderate Fortschritte (USDOS 3.3.2017).

Menschenrechtsorganisationen in Nepal fordern von der Regierung das Schicksal der im Bürgerkrieg verschwundenen, verschleppten und ermordeten Menschen aufzuklären (GIZ 3.2018). Diesbezüglich wurden bereits die ersten Initiativen ergriffen. Die Untersuchungskommission zum erzwungenen Verschwinden von Personen (Commission of Investigation on Enforced Disappeared Persons - CIEDP), hat eine Gesetzesvorlage erarbeitet, die darauf zielt, Verschwindenlassen unter Strafe zu stellen. Daneben möchte die CIEDP auch solche Fälle untersuchen, in denen die Opfer des Verschwindenlassens auch gefoltert wurden oder anderen Verbrechen ausgesetzt waren. Die o.g. Forderungen wurden jedoch bis jetzt von der Regierung ignoriert. Die Regierung hatte die Kommission gebildet, ohne ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden, das das Verschwindenlassen von Personen kriminalisiert, womit sie Vorgaben des Obersten Gerichts ignorierte, den Transitional Justice Act entsprechend zu überarbeiten. Sie sah sich deshalb dem Vorwurf von Zivilgesellschaft, Menschenrechtsorganisationen und internationaler Gemeinschaft ausgesetzt, eine zahnlose Übergangsjustiz etablieren zu wollen, bei der die schweren Verbrechen aus der Konfliktzeit nicht mehr strafrechtlich aufgearbeitet würden. Laut CIEDP dienen die Maßnahmen der Regierung nur dazu, die Erlassung der erforderlichen Gesetze und die Bereitstellung der notwendigen Ressourcen verzögern zu können (SAB 1.2016; vgl. THT 26.3.2017).

Bis Juni 2017 erhielt der CIEDP 3.093 Beschwerden über Verschwindenlassen. Eine weitere Aufsichtsbehörde, die Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission - TRC) nahm trotz fehlender Ressourcen bereits ihre Arbeit auf; sie ist in sieben Provinzen anwesend und bis Juni 2017 erhielt sie 58.000 Beschwerden bezüglich Menschenrechtsverletzungen vor allem aus der Zeit des Bürgerkriegs. Der Vorsitzende der TRC berichtet, dass Gerechtigkeit für die Opfer von außergerichtlicher Tötung, Verschwindenlassen, Vergewaltigung und Folter aufgrund der mangelhaften Gesetzeslage nicht gewährleistet werden kann (THT 8.7.2017).

Quellen:

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AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425587.html, Zugriff 5.3.2018

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AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - Nepal, http://www.ecoi.net/local_link/336579/479257_de.html, Zugriff 5.1.2018

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AI - Amnesty International (24.2.2016): Amnesty International Report 2015/16 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/local_link/319778/466805_de.html, Zugriff 5.1.2018

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BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report,

http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/NPL/, Zugriff 26.3.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2018): Nepal - Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/nepal/geschichte-staat/, Zugriff 5.3.2018

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SAB - Südasienbüro (1.2016): Nepal: Untersuchungskommission zum erzwungenen Verschwinden von Personen, http://www.suedasienbuero.de/index.php/suedasien-bestellen/99-meldungen/nepal-meldungen/964-1-2016-untersuchungskommission-zum-erzwungenen-verschwinden-von-personen, Zugriff 5.3.2018

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THT - The Himalaya Times (8.6.2017): Transnational justice bodies await revision of related acts, https://thehimalayantimes.com/kathmandu/transitional-justice-bodies-await-revision-related-acts/, Zugriff 5.3.2017

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THT - The Himalaya Times (26.3.2017): CIEDP handicapped as legally there's very little it can do,

https://thehimalayantimes.com/nepal/commission-of-investigation-on-enforced-disappeared-persons-handicapped-legally/, Zugriff 5.3.2017

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal,

https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 5.3.2018

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Bewegungsfreiheit

Das Gesetz sieht Bewegungs- und Reisefreiheit, aber auch das Recht auf Emigration und Rückkehr vor. Eine Ausnahme bilden Flüchtlinge; diese müssen bezüglich ihrer Bewegungsfreiheit oft gesetzlich geregelte Einschränkungen hinnehmen. Die Einschränkungen der Flüchtlingsbewegungen werden aber nicht einheitlich durchgesetzt. Die Regierung stellt seit 20 Jahren keine Ausweisdokumente für tibetische Flüchtlinge mehr aus. Es gibt Berichte über Vertriebene aus Tibet, die aufgrund fehlender Personaldokumente an Kontrollpunkten von der Polizei schikaniert oder zurückgeschickt werden. Um Frauen vor Menschenhandel oder Misshandlung zu schützen, führte die Regierung für Frauen ein Mindestalter von 24 Jahren für Auslandsreisen zum Zweck der Aufnahme einer Beschäftigung ein. Diese Regelung wird jedoch von NGOs und Menschenrechtsaktivisten als diskriminierend und kontraproduktiv empfunden, da so Frauen auf informellem Weg über die indische Grenze migrieren (USDOS 3.3.2017). Rekrutierungsunternehmen nutzen weiterhin ihren politischen Einfluss, um Ermittlungen, Strafverfolgung und Wiedergutmachungen für Missbrauch und Ausbeutung von Migranten zu verhindern (AI 22.2.2018).

Während Streiks sind Reisen auf dem Landweg nicht oder nur unter schwierigen Bedingungen möglich (AA 20.3.2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (20.3.2018): Nepal - Reise- und Sicherheitshinweise,

https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/nepalsicherheit/221216, Zugriff 26.3.2018

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AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Nepal, https://www.ecoi.net/de/dokument/1425587.html, Zugriff 5.3.2018

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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Nepal,

https://www.ecoi.net/local_link/337161/479925_de.html, Zugriff 1.3.2018

Grundversorgung und Wirtschaft

Der zehnjährige Bürgerkrieg hat die wirtschaftliche Entwicklung Nepals deutlich beeinträchtigt. Mit dem 2006 eingeleiteten Friedensprozess haben sich die politischen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft bislang nur wenig verbessert. Das gesamtwirtschaftliche Wachstum bewegte sich in den letzten Jahren real zwischen 2% und 4%. Die schweren Erdbeben vom April / Mai 2015 und die innenpolitische Krise nach Verkündung der neuen Verfassung (20.9.2015) haben zu einem weiteren Einbruch der Wirtschaft geführt, von dem sich das Land nur langfristig erholen wird. Mit einem jährlichen Pro-Kopf-Einkommen von 733,7 US-Dollar (GTAI, prognostiziert für 2016) ist Nepal das zweitärmste Land Südasiens und zählt weiterhin zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Ein Viertel der Bevölkerung lebt unterhalb der nationalen Armutsgrenze. Die nepalesische Wirtschaft ist faktisch weitgehend privatwirtschaftlich verfasst, aber auch geprägt durch starre sozialstaatliche Elemente sowie durch privilegierte Staatsunternehmen. Ausgeprägte Bürokratie sowie eine unzureichende Infrastruktur beeinträchtigen das Investitionsklima und damit die wirtschaftliche Entwicklung. Nepal ist noch immer ein weitgehend von der Subsistenzwirtschaft geprägter Agrarstaat. Die Landwirtschaft beschäftigt mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen und trägt mehr als ein Drittel zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Der Anteil des verarbeitenden Sektors am BIP hingegen ist aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen für Industriebetriebe in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Der Tourismus im Kathmandu-Tal, im tropischen Regenwald des Terai und im Himalaja ist eine wichtige Deviseneinnahmequelle. Der Dienstleistungssektor profitiert stark vom zunehmenden Fremdenverkehr. Etwa 90% aller Unternehmen des Landes sind Kleinbetriebe, die einen wichtigen Beitrag zur Beschäftigung leisten, aber nur 4% zum BIP beitragen. Die Inflation ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen und liegt aktuell bei etwa 8,5% (IWF, 2015). Ausländische Direktinvestitionen machen nur einen sehr geringen Anteil am gesamten Staatshaushalt aus. Ein Drittel des Budgets wird von der Gebergemeinschaft im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit finanziert (AA 3.2017; vgl. GIZ 1.2018a).

Es existieren keine zuverlässigen Erhebungen zur Arbeitslosigkeit. Die offizielle Erwerbslosenquote ist relativ niedrig (2016: 3.2%), die Unterbeschäftigung ist jedoch weit verbreitet (BTI 2018). In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl jener, die das Land aufgrund der politischen Instabilität und der schweren wirtschaftlichen Krise verließen, exponentiell gestiegen. Neben dem traditionellen Zielland Indien sind mit dem Öl-Boom und dem wirtschaftlichen Aufstieg Asiens, Länder am Persischen Golf und in Südostasien zu attraktiven Destinationen geworden. Schätzungen gehen davon aus, dass heute vier bis fünf Millionen Nepalesen im Ausland arbeiten, deren Geldleistungen an die Familien im Heimatland zwischen 25 und 35% des BIP ausmachen. Mit der zunehmenden Emigration ist die Rekrutierung von Arbeitskräften zu einem lukrativen Geschäft geworden. Über 800 sogenannte "manpower companies" werben über lokale Agenten Arbeitswillige in den Dörfern an und organisieren Transport, Ausreisepapiere und Verträge mit den Arbeitgebern in den Zielländern. Die große Mehrheit der Arbeitsmigranten sind junge Männer. Der Anteil der Frauen hat mit der steigenden Nachfrage nach Hausangestellten in den Golfstaaten im letzten Jahrzehnt zwar zugenommen, Frauen machen aber erst etwa 10% der Arbeitskräfte im Ausland aus und sind besonders gefährdet (GIZ 1.2018b; vgl. AA 3.2017, GIZ 1.2018a, DR 25.4.2017).

Nach zwei schweren Erdbeben, die im April und Mai 2015 Nepal erschüttert und verheerende Schäden im Kathmandu-Tal und den Bergdörfern des Himalaya angerichtet haben, erholt sich das Land nur langsam. Damals kamen fast 9.000 Menschen ums Leben, 3,5 Millionen wurden obdachlos, 400.000 Familien benötigen Hilfe. Der Wiederaufbau läuft auch zwei Jahre später nur schleppend. Laut der Wiederaufbaubehörde wurde bisher erst rund 4.000 Menschen eine zweite Rate der zugesicherten Gelder ausgezahlt, nur 420 bekamen bisher die volle Zahlung. Trotz nationaler und internationaler Unterstützung beklagten die Hilfsorganisationen fehlende Vorgaben der Regierung für den notwendigen Wiederaufbau (DR 25.4.2017; vgl. GIZ 1.2018a).

Nepal verfügt außer den familiären sozialen Netzwerken über kein Wohlfahrtssystem. In bestimmten Fällen sind NGOs bemüht, diese Lücke zu füllen, aber deren Tätigkeit ist sehr stark von dem jeweiligen Standort und von internationalen Spenden abhängig, somit können nicht die gleichen Leistungen im ganzen Land angeboten werden. Es gibt nur vereinzelt Privatinitiativen; die öffentlichen Sozialdienste sind rückständig und unzureichend, obwohl sich die Situation in den letzten Jahren leicht verbesserte (BTI 2018).

Quellen:

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AA - Auswärtiges Amt (3.2017): Nepal - Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nepal-node/-/221218, Zugriff 1.3.2018

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BTI - Bertelsmann Stiftung¿s Transformation Index (2018): Nepal Country Report,

http://www.bti-project.org/en/reports/country-reports/detail/itc/NPL/, Zugriff 26.3.2018

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DR - Domradio (25.4.2017): Zwei Jahre nach dem Erdbeben in Nepal - Schleppender Wiederaufbau,

https://www.domradio.de/themen/weltkirche/2017-04-25/zwei-jahre-nach-dem-erdbeben-nepal, Zugriff 1.3.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2018a): Nepal - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/nepal/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 1.3.2018

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GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (1.2018b): Nepal - Gesellschaft, https://www.liportal.de/nepal/gesellschaft/, Zugriff 1.3.2018

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Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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