TE Vwgh Erkenntnis 1999/7/23 97/02/0292

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Veröffentlicht am 23.07.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
VStG §66 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des DR in W, vertreten durch Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in Wien V, Pilgramgasse 22, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 13. Mai 1997, Zl. UVS-03/P/39/02008/96 und UVS-03/V/39/00119/96, betreffend Übertretungen der StVO und des KFG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Wien und dem Bund Aufwendungen in der Höhe von je S 282,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion (kurz: BPD) Wien, Bezirkspolizeikommissariat Alsergrund, wurde der Beschwerdeführer schuldig befunden, er habe am 8. September 1995 um 03.15 Uhr an einem näher genannten Ort in Wien als Lenker eines dem Kennzeichen nach näher bestimmten Kraftfahrzeugs

1. einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht und es unterlassen, an der Sachverhaltsdarstellung mitzuwirken,

2. das gegenständliche Fahrzeug, ohne im Besitz einer erforderlichen Lenkerberechtigung zu sein, gelenkt und

3. sich am 8. September 1995 um 04.00 Uhr am "Koat 9, 1090 Wien, Boltzmanng. 20, ggü." einem besonders geschulten und hiezu ermächtigten Straßenaufsichtsorgan geweigert, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl der "Verd." bestand, dass er das "ggstl." Kraftfahrzeug "in einem Alkohol beeinträchtigten Zustand" gelenkt habe.

Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung zu 1) nach § 4 Abs. 1 lit. c StVO, zu 2) nach § 64 Abs. 1 KFG und zu 3) nach § 5 Abs. 2 StVO begangen, weshalb über ihn zu 1) gemäß § 99 Abs. 2 lit. b StVO eine Geldstrafe von S 2.000.-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen), zu 2) gemäß § 134 KFG eine Geldstrafe von S 5.000.-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen) und zu 3) gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO eine Geldstrafe von S 13.000.-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 13 Tagen) verhängt wurde. Ferner wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens S 2.000.-- zu zahlen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. Mai 1997 wurde unter Verweis auf eine bestimmte Aktenzahl der Berufung von der belangten Behörde (in Senatsbesetzung) hinsichtlich des Spruchpunktes 3 des Straferkenntnisses (Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO) keine Folge gegeben, dieser Punkt bestätigt und der Beschwerdeführer zur Zahlung der diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens verpflichtet. Ferner wurde der Berufung unter Verweis auf eine andere Aktenzahl von der belangten Behörde (durch ein Einzelmitglied) hinsichtlich des Spruchpunktes 2 keine Folge gegeben und hinsichtlich des Spruchpunktes 1 Folge gegeben, dieser zuletzt genannte Punkt behoben und das diesbezügliche Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt. Hinsichtlich der Bestätigung des Spruchpunktes 2 wurde der Beschwerdeführer verpflichtet, einen entsprechenden Beitrag zum Berufungsverfahren zu leisten und hinsichtlich des zu Spruchpunkt 1 eingestellten Verfahrens wurde festgestellt, dass gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet u.a. ein, die belangte Behörde übernehme unverändert den Spruch des Straferkenntnisses (mit Ausnahme des Spruchpunktes 1) und somit auch die seiner Ansicht nach unkorrekte Angabe des Tatortes mit ".... Wien, N.-Straße 44 bzw. 46-48". Es erhebe sich die Frage, vor welchem Haus konkret welches Delikt begangen worden sei. Eine Angabe mit "bzw." sei keine ausreichende Tatkonkretisierung.

Der Beschwerdeführer übersieht dabei, dass hinsichtlich der Übertretung des § 5 Abs. 2 StVO eine der Anschrift nach genau umschriebene Dienststelle der BPD Wien als Tatort angeführt wurde. Diese Angabe entspricht jedenfalls den Anforderungen zur Umschreibung des Tatortes nach 44a Z. 1 VStG. Hinsichtlich der weiteren Übertretung des Lenkens eines Fahrzeugs ohne die erforderliche Lenkerberechtigung vermag er auch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzulegen, zumal Ungenauigkeiten bei der Konkretisierung der Tat in Ansehung von Tatzeit und Tatort dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit des Strafbescheides haben, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Mai 1998, Zl. 96/03/0227, m.w.N.). Aufgrund des Beschwerdevorbringens und des Inhaltes des angefochtenen Bescheides besteht im Beschwerdefall kein Anhaltspunkt, dass derartige Beeinträchtigungen der Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers oder die Gefahr einer Doppelbestrafung gegeben wären.

Ferner rügt der Beschwerdeführer, es habe keine Einkommensfeststellung oder Einkommensschätzung von Amts wegen stattgefunden. Es sei zur Strafbemessung lediglich festgehalten worden, dass der Beschwerdeführer keine Sorgepflichten habe und auch keine ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnisse behauptetet worden seien. Mit diesem Vorbringen gelingt es dem Beschwerdeführer nicht, die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels darzutun, zumal er es im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens - insbesondere im Zuge der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde - trotz Aufforderung und gebotener Möglichkeit zur Stellungnahme unterlassen hat, diesbezüglich nähere Angaben zu machen.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers geht die belangte Behörde in Bezug auf die Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 StVO bei den Erschwerungsgründen nicht nur von zwei einschlägigen Vormerkungen im Sinne von "noch anhängigen Verfahren" aus, sondern sie stellte fest, dass es sich hiebei um zwei "rechtskräftige, nicht getilgte Vormerkungen" handle. Schon aus der Wortwahl ist unschwer zu erkennen, dass damit das Vorliegen von zwei rechtskräftigen Verwaltungsstrafbescheiden gemeint ist.

Auch die Verwendung von Abkürzungen in dem von der belangten Behörde bestätigten Spruch des Straferkenntnisses der BPD vermag entgegen den Beschwerdeausführungen nicht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, war es doch - wie nicht zuletzt aus der Beschwerde zu ersehen ist - dem Beschwerdeführer dennoch möglich, den Inhalt des jeweiligen Tatvorwurfs vollständig zu erfassen und im Wege seines Rechtsvertreters etwa im Zuge der Abfassung der Berufung zweckentsprechend zu reagieren.

Es trifft auch nicht zu, dass nicht nachvollziehbar wäre, welcher Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides der Senatsentscheidung und welcher dem Einzelorgan der belangten Behörde zuzuordnen sei, weil schon im Spruch des angefochtenen Bescheides bezüglich der einzelnen Verwaltungsübertretungen klar ausgeführt wurde, welches Organ der belangten Behörde über welche Verwaltungsübertretung eine Entscheidung getroffen hat, und auch die Begründung nach den einzelnen Verwaltungsübertretungen getrennt ausgeführt wurde, sodass unschwer nachvollzogen werden kann, welcher Teil der Begründung des angefochtenen Bescheides welchem Organ der belangten Behörde zuzuordnen ist.

Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, es sei das Verfahren wegen Übertretung des § 4 Abs. 1 lit. c StVO von der belangten Behörde nach § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG eingestellt worden, wobei die belangte Behörde nur ausgesprochen habe, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich dieses Punktes keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten habe. Die belangte Behörde hätte aber insofern auch die Kostenentscheidung der 1. Instanz einer Berichtigung unterziehen müssen, was aber nicht erfolgt sei.

Dem ist entgegenzuhalten, dass nach § 66 Abs. 1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen, falls sie aber schon gezahlt sind, zurückzuerstatten sind, sofern ein Strafverfahren eingestellt oder eine verhängte Strafe infolge Berufung oder Wiederaufnahme des Verfahrens aufgehoben wird. Diese Rechtsfolge ist auch dann von der Behörde zu beachten, wenn im Zuge der Berufungsentscheidung - wie etwa im Beschwerdefall - keine ausdrückliche Entscheidung über eine allfällige Änderung (Herabsetzung) der Kosten der Strafverfahrens vor der Behörde erster Instanz getroffen wird. Die diesbezüglich behauptete Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides liegt daher nicht vor. Überdies wurden dem Beschwerdeführer - laut Mitteilung der belangten Behörde im Zuge der Aktenvorlage - u.a. die diesbezüglich zu viel eingezahlten Verfahrenskosten rückerstattet.

Die Rüge in der Beschwerde betreffend die Abweisungen der im Wege des Beschwerdevertreters im Zuge der mündlichen Verhandlung am 13. Mai 1997 gestellten ergänzenden Beweisanträge auf Einholung einer ergänzenden Stellungnahme der Wiener Stadtwerke hinsichtlich einer allfälligen Sparschaltung der Beleuchtung am Tatort zum Tatzeitpunkt, auf Durchführung eines Lokalaugenscheins und Durchführung einer Fahrzeugbesichtigung, um nachträglich nachzuweisen, dass sich die den Beschwerdeführer belastenden Zeuginnen aufgrund der zum Tatzeitpunkt herrschenden Lichtverhältnisse hinsichtlich der Identifikation der Person der Beschwerdeführers als Lenker des Unfallfahrzeuges geirrt hätten und dass ein Aussteigen auf der Beifahrerseite des Fahrzeugs infolge Verformung der rechten Fahrzeugtüre nicht möglich gewesen sei, weshalb der Beschwerdeführer ("Beschuldigte") genötigt gewesen sei, das Fahrzeug über die Fahrertüre zu verlassen, zeigt nicht die Wesentlichkeit eines der belangten Behörde unterlaufenen Verfahrensmangels auf. Es ist nämlich offensichtlich, dass die Situation, die im relevanten Zeitpunkt bestanden hatte, nachträglich nicht mehr in allen wesentlichen Phasen wiederherstellbar ist. Überdies hatten die den Beschwerdeführer belastenden Zeuginnen (siehe Anzeige vom 8. September 1995 und Zeugenaussagen vom 28. November 1995) diesen mit Bestimmtheit - nicht zuletzt auch aufgrund detaillierter Angaben zur Person und zur Bekleidung des Beschwerdeführers, welche schließlich auch zum Auffinden des Beschwerdeführers durch die Polizei führten, weil sich dieser bereits vom Unfallort entfernt hatte, und die auch auf ausreichende Sichtverhältnisse im Zeitpunkt der Beobachtung durch die Zeuginnen schließen lassen - als jene einzige Person, die das Unfallfahrzeug nach dem Unfall verlassen hatte, identifiziert.

Mit dem allgemeinen Hinweis, dass die belangte Behörde im Rahmen der Beweiswürdigung den beiden Zeuginnen Glauben schenkte, obwohl sie vor der belangten Behörde ihre Wahrnehmungen unmittelbar nach dem Tathergang nicht mehr wiederholen hätten können, zeigt der Beschwerdeführer keinen wesentlichen Verfahrensmangel auf, zumal es der belangten Behörde im Zuge der Beweiswürdigung nicht verwehrt war, auch auf die in zeitlicher Nähe zum Tatgeschehen stehenden Beweismittel - wie etwa auf die bereits erwähnte Anzeige oder die Zeugenaussagen vom November 1995 - zurückzugreifen.

Ferner rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde ihn nicht persönlich gehört habe. Die Berufungsverhandlung hätte eigentlich nicht in seiner Abwesenheit stattfinden dürfen, weil er sich zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung am 13. Mai 1997 "noch immer" auf den Philippinen in Manila aufgehalten habe. Einerseits wird mit diesem Vorbringen nicht das Vorliegen eines begründeten Hindernisses nach § 19 Abs. 3 AVG bezüglich einer Teilnahme des Beschwerdeführers an der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde - trotz ordnungsgemäßer Ladung - dargetan. Andererseits ist auch nicht das Vorliegen eines sonstigen wesentlichen Verfahrensmangels zu ersehen, zumal der Beschwerdeführer etwa auch durch seinen an dieser Verhandlung teilnehmenden Rechtsvertreter die Möglichkeit hatte, alles seiner Ansicht nach Zweckentsprechende vor der belangten Behörde vorzubringen.

Schließlich wird auch mit der Rüge einer unterlassenen (neuerlichen) Einvernahme des vom Beschwerdeführer namhaft gemachten Entlastungszeugen A. S. kein wesentlicher Verfahrensmangel aufgezeigt. Die belangte Behörde weist nämlich zutreffend in der Begründung des angefochtenen Bescheides darauf hin, dass der beantragte Beweis in Bezug auf die vom Beschwerdeführer bestrittene Lenkereigenschaft im Vorfallszeitpunkt schon deshalb zur Entlastung des Beschwerdeführers nicht geeignet war, weil dieser Zeuge anlässlich seiner Einvernahme vor der BPD keine Angaben bezüglich des tatsächlichen Lenkers des Fahrzeugs des Beschwerdeführers etwa zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme dieses Fahrzeugs machen konnte. Dass der Entlastungszeuge auch in der Lage gewesen wäre, hinsichtlich des Lenkers dieses Fahrzeuges am Unfallsort, welcher sich in einiger Entfernung vom Ort der behaupteten Inbetriebnahme befindet, machen hätte können, wurde vom Beschwerdeführer nicht behauptet.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 23. Juli 1999

Schlagworte

Rechtskraft Umfang der Rechtskraftwirkung Allgemein Bindung der Behörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997020292.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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