TE Vwgh Beschluss 2018/12/19 Ra 2017/15/0052

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Veröffentlicht am 19.12.2018
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §27 Abs5 Z7;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser und den Hofrat Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der R Privatstiftung in G, vertreten durch die Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GesmbH in 8010 Graz, Marburgerkai 47, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 14. April 2017, Zl. RV/2100108/2013, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 2011, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist - nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts - eine Privatstiftung, die von der Stifterin im Jahr 1995 nach dem Privatstiftungsgesetz errichtet wurde. Als Begünstigte der Stiftung wurden u.a. Institutionen zur Unterstützung von kranken, behinderten oder in Not geratenen Kindern bestimmt. Zudem war in Punkt 7 der Stiftungszusatzurkunde Folgendes festgelegt:

"In dem außergewöhnlichen Fall, dass die Privatstiftung ihren Zweck nicht mehr erreichen kann, ist die Stiftung aufzulösen und der Liquidationserlös fällt einer mit Zustimmung des Stiftungsrates vom Stiftungsvorstand zu bestimmenden Institution aus dem Kreis der in Punkt 1. genannten Institutionen zu, welche verpflichtet ist, den Erlös nach Abzug der Liquidationskosten kranken oder behinderten oder in Not geratenen Kindern im Sinne des Punktes 1. dieser Urkunde zu widmen."

2 Für die Stifterin wurde am 8. Jänner 1999 eine Sachwalterin bestellt. Diese widerrief die Stiftung mit Notariatsakt vom 1. März 2001 und stellte beim Firmenbuchgericht den Antrag auf Eintragung der Auflösung der Privatstiftung, dem das Erstgericht stattgab. Nach Bestätigung durch den Obersten Gerichtshof wurde die Auflösung der Privatstiftung ins Firmenbuch eingetragen.

3 Mit notariell beurkundetem Beschluss vom 21. August 2004 änderte die Stifterin, vertreten durch ihre Sachwalterin, Punkt 7 dahingehend, dass dieser nicht für den Fall gelte, dass "die Stifterin selbst oder durch einen Sachwalter den Widerruf der Stiftung erklärt; in diesem Fall gilt § 36 Abs. 4 PSG." Der Stiftungsvorstand verweigerte jedoch die Anmeldung zum Firmenbuch mit der Begründung, dass die Sachwalterin zur Änderung der Stiftungszusatzurkunde nach Auflösung der Stiftung nicht mehr berechtigt sei.

4 Die Stifterin verstarb am 6. Juni 2005.

5 Die Verlassenschaft nach der Stifterin forderte den Vorsitzenden des Stiftungsvorstandes schließlich mit Schreiben vom 28. September 2007 auf, die Eintragung der von der Sachwalterin am 21. August 2004 vorgenommenen Änderung des Punktes 7 der Stiftungszusatzurkunde im Firmenbuch zu veranlassen. Nach Ansicht der Verlassenschaft setze der Stiftungsvorstand durch seine pflichtwidrigen Verzögerungen ein zum Schadenersatz führendes Verhalten.

6 Auf Grund dieses Schreibens brachte die Stiftung beim zuständigen Landesgericht eine Feststellungklage gegen die Verlassenschaft als beklagte Partei ein. Das Gericht sollte danach mit Urteil feststellen, dass die Stifterin nicht Letztbegünstigte der klagenden Partei sei, in eventu dass der Vorstand der klagenden Partei nicht verpflichtet (gewesen) sei, die von der Sachwalterin der Stifterin am 21. August 2004 verfügte Änderung der Letztbegünstigtenregelung laut Punkt 7 der Stiftungszusatzurkunde gemäß § 33 Abs. 3 PSG zur Eintragung in das Firmenbuch anzumelden. Die klagende Stiftung stütze sich auf Punkt 7 der Stiftungszusatzurkunde. Daraus gehe hervor, dass nach dem Stifterwillen Letztbegünstigte der klagenden Partei die dort umschriebenen Institutionen seien. Die Beklagte vertrat hingegen die Meinung, dass es nur Regelungen für den Fall der Auflösung der Stiftung durch den Stiftungsvorstand, nicht jedoch für den Widerruf, den sich die Stifterin vorbehalten hatte, gebe. Die maßgebliche Rechtsfrage sei, ob die Stifterin nach dem Widerruf der Stiftung Letztbegünstigte im Sinne des § 36 Abs. 4 PSG sei, was dann der Fall sei, wenn die Stiftungsurkunde nichts anderes vorsehe.

7 Nach einer längeren Verfahrensdauer begannen Vergleichsbemühungen. Mit Aktenvermerk vom 11. April 2011 hielt das Landesgericht den Anruf einer Beklagtenvertreterin fest, wonach Vergleichsgespräche im Gange seien. Es müssten allerdings noch steuerliche Fragen geklärt werden. In der Folge trat ewiges Ruhen des Verfahrens ein.

8 Mit Beschluss vom 10. Juni 2011 setzte der Stiftungsvorstand einen bestimmten gemeinnützigen Verein als Letztbegünstigten der Stiftung ein.

9 Zwischen dem Verein und dem Nachlass wurde eine undatierte (laut Stiftung am 15. /20. Juni 2011 unterfertigte) Vereinbarung verfasst, wonach die Verlassenschaft nach der Stifterin den Verein als Letztbegünstigten der Stiftung anerkenne, wenn ihr im Gegenzug dafür Wertpapiere im Werte von rund 1,710.000 EUR übertragen würden.

10 Am 29. November 2011 brachte die Stiftung beim Finanzamt für das Kalenderjahr 2011 eine Kapitalertragsteuer-Anmeldung ein. Unter dem Punkt "keinem Kapitalertragsteuerabzug unterliegen(d)" setzte die Stiftung einen Betrag von 1,710.000 EUR ein und begründete die Befreiung damit, dass nach § 94 Abs. 6 lit. e EStG 1988 für Zuwendungen an Empfänger im Sinne des § 4a EStG 1988 eine Befreiung vom Abzug der Kapitalertragsteuer bestehe.

11 Mit Eingabe an das Finanzamt vom 2. April 2012 begehrte die Stiftung vom Finanzamt die Bestätigung ihrer Rechtsauslegung, wonach der gesamte Liquidationserlös dem gemeinnützigen Verein als Letztbegünstigtem kapitalertragsteuerfrei zugeflossen sei.

12 Das Finanzamt erließ daraufhin einen Haftungsbescheid gegenüber der Stiftung und schrieb dieser auf Grund der Zuwendung von Kapitalerträgen in Höhe des an die Verlassenschaft bezahlten Betrags von 1,710.000 EUR Kapitalertragsteuer in Höhe von

427.500 EUR vor. Hinsichtlich des zugewendeten Betrages von 1,710.000 EUR sei jedenfalls mit Rücksicht auf die dem Ertragsteuerrecht eigene wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht der gemeinnützige Verein Empfänger gewesen und komme daher § 4a EStG 1988 nicht zur Anwendung. Die Verlassenschaft leite nämlich ihre Ansprüche bei Auflösung der Privatstiftung zufolge Widerrufs durch die Stifterin unabhängig von irgendwelchen rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen mit dem gemeinnützigen Verein unmittelbar aus ihrer Rechtsposition als Erbin gegenüber der Stifterin ab.

13 Gegen diesen Bescheid erhob die Revisionswerberin Berufung. 14 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht (BFG) die (nunmehrige) Beschwerde ab. Begründend führte es aus, für die Beurteilung abgabenrechtlicher Fragen sei gemäß § 21 BAO in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend. Die Übertragung der Wertpapiere an die Verlassenschaft sei Ausfluss einer Einigung (eines Vergleichs) zwischen der Stiftung und der Verlassenschaft im Feststellungsverfahren gewesen; tatsächlich habe die Stiftung in Erfüllung dieses Vergleiches die Wertpapiere der Verlassenschaft zugewendet.

15 Durch den erzielten Vergleich sei das Feststellungsverfahren mit der Stiftung als Klägerin und der Verlassenschaft als Beklagte beendet worden. Der Verein habe in diesem Verfahren keine Parteienstellung gehabt und sei erst nach Beendigung des Verfahrens vom 20. Mai 2011, nachdem sich die beiden Verfahrensparteien geeinigt hätten, vom Stiftungsvorstand am 10. Juni 2011 als Letztbegünstigter bestimmt worden. Dass die Bestellung des Vereins zum Letztbegünstigten am 10. Juni 2011 und der Abschluss der Vereinbarung am 15. /20. Juni 2011 das Ergebnis der Einigung im Feststellungsverfahren darstellten, sei offensichtlich. Dies zeigten auch der Schriftverkehr zwischen den Parteien und die Verfahrenshandlungen bei Gericht deutlich. Die Parteien im Feststellungsverfahren hätten offensichtlich schon im April 2011 eine Übereinkunft erzielt (telefonische Mitteilung einer Beklagtenvertreterin an das Gericht, dass nur noch steuerliche Fragen zu klären seien, weshalb um Verlegung der nächsten Tagsatzung um ein paar Wochen gebeten werde). Die in der Folge am 20. Mai 2011 anberaumte nächste Tagsatzung sei von den Parteien sodann nicht mehr besucht worden.

16 Bereits zuvor, im März 2011, habe der Stiftungsbeirat einen Vergleich zwischen der Stiftung und der Verlassenschaft dahingehend genehmigt, dass sowohl der Verein als auch die Verlassenschaft je als Letztbegünstigte bestellt werden sollten und der Verein zumindest 1 Mio EUR als Anteil am Liquidationserlös erhalte. Damals seien der Stiftungsvorstand und der Stiftungsbeirat offensichtlich noch davon ausgegangen, dass im Falle eines Vergleiches sowohl der Verein als auch die Verlassenschaft als Letztbegünstigte eingesetzt würden.

17 Dass in der Folge nur der Verein als Letztbegünstigter eingesetzt worden sei, ändere nichts an der grundsätzlichen Einigung zwischen Stiftung und Verlassenschaft. Die schriftliche Vereinbarung vom 15. /16. Juni 2011 zwischen dem Verein und der Verlassenschaft sei nur im Kontext mit dem Feststellungsverfahren vor dem Landesgericht zu erklären. Das Vorbringen der Stiftung, dass sie selbst keinen Einfluss auf die genannte Vereinbarung genommen habe, sei völlig unglaubwürdig, weil die darin festgehaltene Abfindung der Verlassenschaft nur als Ergebnis der Unsicherheit des Ausgangs des Feststellungsverfahrens und dessen vergleichsweiser Beendigung zu sehen sei. Die Feststellungsklage sei von der Stiftung gerade zur Vermeidung von Unsicherheiten und Schadenersatzforderungen eingebracht worden. Die Verlassenschaft als übergangene Letztbegünstigte hätte sich jedoch nie am Verein, sondern nur an der Stiftung bzw. deren Organen schadlos halten können. Ein Herausgabeanspruch gegenüber dem Verein habe ebenso nie bestanden. Der Verein und die Verlassenschaft seien bis zur vorgelegten Vereinbarung vom 15. /20. Juni 2011 in keinerlei Beziehung gestanden. Auch nach Bestimmung des Vereins als Letztbegünstigten durch Beschluss des Stiftungsvorstandes vom 10. Juni 2011 habe die Verlassenschaft keine Ansprüche gegenüber dem Verein, sondern nur gegenüber der Stiftung geltend machen können.

18 Im Übrigen hätte der Verein als Letztbegünstigter gar keinen Anspruch auf die Herausgabe bestimmter Vermögenswerte, sondern nur auf den Stiftungsliquidationserlös. Auch daraus erschließe sich, dass der Verein nur im Zusammenwirken mit der Stiftung die Vereinbarung betreffend die Wertpapiere habe treffen können und de facto eine Zuwendung der Stiftung vorliege. In der Vereinbarung werde zudem ausgeführt, dass die Verlassenschaft die Wertpapiere "im Wege der Sachauskehr" erhalte. Eine Sachauskehr habe aber nur aus dem Stiftungsvermögen und nicht aus dem Vermögen des Vereins erfolgen können. Auch diese Formulierung sei ein Indiz dafür, dass die Übertragung der Wertpapiere auf die Verlassenschaft de facto eine Zuwendung der Stiftung an die Verlassenschaft darstelle.

19 Der Verein sei weder als Begünstigter noch als Letztbegünstigter für den Fall der Auflösung gemäß Punkt 7 der Stiftungszusatzurkunde namentlich genannt gewesen. Während des laufenden Feststellungsverfahrens vor dem Landesgericht habe der Verein daher auch noch keine Ansprüche gegenüber der Stiftung gehabt. Im Feststellungsverfahren sei am 20. Mai 2011 ewiges Ruhen eingetreten, womit das Verfahren beendet gewesen sei. Erst danach, am 10. Juni 2011 habe der Stiftungsvorstand den Verein als Letztbegünstigten festgestellt. Diese Feststellung könne daher nur vor dem Hintergrund einer bereits davor erzielten Einigung zwischen der Stiftung und der Verlassenschaft im Feststellungsverfahren gesehen werden. Die dokumentierte Vergleichsbereitschaft der Parteien im Feststellungsverfahren vor dem Landesgericht, der Hinweis der Beklagtenvertreterin im April 2011, dass der Vergleich inhaltlich bereits stehe und nur noch steuerliche Fragen zu klären seien, und das Fernbleiben von der Tagsatzung am 20. Mai 2011 zeigten deutlich, dass zwischen Stiftung und Verlassenschaft bereits vor der Bestimmung des Vereins als Letztbegünstigten die für die Zuwendung an die Verlassenschaft maßgebliche Willenseinigung erfolgt sei.

20 Die Ansprüche der Verlassenschaft gründeten einzig und allein in deren Stellung als Rechtsnachfolgerin der Stifterin und deren Rechtsposition und nicht auf Grund einer Vereinbarung mit dem Verein. Deutlich werde das auch dadurch, dass die Vertreter der Verlassenschaft von einer Zuwendung der Stiftung und nicht des Vereins ausgegangen seien, weil sie von der Stiftung die Entrichtung der Kapitalertragsteuer verlangt und diese auch als Passivum in das Nachlassinventar aufgenommen hätten.

21 In der mündlichen Verhandlung vor dem BFG habe die Stiftung auf den Beschluss des OGH vom 29. Juni 2015, 6 Ob 95/15m, verwiesen. Der OGH habe in diesem Beschluss festgestellt, dass Firmenbucheintragungen von Änderungen der Stiftungszusatzurkunde konstitutiv wirkten. Nach Ansicht der Stiftung belege dieser Beschluss, dass die von der Sachwalterin beantragte Änderung der Letztbegünstigtenregelung keine Berücksichtigung mehr finden könne und die Letztbegünstigungsbestimmung in Punkt 7 der Stiftungszusatzurkunde ihre Wirkung nicht verloren habe.

22 Mit Berufung auf diesen Beschluss könne die Stiftung aber - so das BFG - nicht überzeugend darlegen, dass die strittige Zuwendung an die Verlassenschaft in Wahrheit nicht von der Stiftung, sondern vom Verein erfolgt sei. Mit dem Hinweis auf den Beschluss des OGH 6 Ob 95/15m wolle die Stiftung zum Ausdruck bringen, dass bewiesen sei, dass der Verein alleiniger Letztbegünstigter der Stiftung sei. Sie wolle daraus ableiten, dass wegen der Nichtverbücherung der von der Stifterin begehrten Änderung des Punktes 7. der Stiftungszusatzurkunde die Stellung des Vereins als Letztbegünstigter zweifelsfrei feststehe und daher keine Zuwendung der Stiftung an die Verlassenschaft vorliege.

23 Im Revisionsfall habe aber gerade das Fehlen einer dezidierten Letztbegünstigtenregelung für den Fall des Widerrufs der Stiftung im Regelwerk der Stiftung zu Zweifeln geführt, weil Punkt 7 der Stiftungszusatzurkunde nur Letztbegünstigte für den Fall der Auflösung durch den Stiftungsvorstand nenne. Auf Grund dieser Zweifel habe die Stiftung im Feststellungsverfahren vor dem Landesgericht die Feststellung beantragt, dass sie nicht verpflichtet gewesen sei, die von der Stifterin durch deren Sachwalterin durchgeführte Änderung des Punktes 7 verbüchern zu müssen. Die Frage der Auslegung des Punktes 7 der Stiftungszusatzurkunde sei Angelpunkt der Streitigkeiten zwischen der Stiftung und der Stifterin bzw. deren Verlassenschaft gewesen. Der Beschluss 6 Ob 95/15m habe für den Streitfall daher keine Klarheit über die Letztbegünstigtenstellung gebracht.

24 Das Feststellungsverfahren habe nur dahingehend ausgehen können, dass die Letztbegünstigtenstellung der Verlassenschaft verneint werde oder nicht. Um jedoch der Unsicherheit des Verfahrensausganges zu entgehen, sei die Stiftung bereit gewesen, die Verlassenschaft zur Befriedung abzufinden. Diesem Vermögenszuwachs bei der Verlassenschaft sei jedoch eine Bereicherungsabsicht der Stiftung inhärent, auch wenn diese notgedrungen erfolgt sei. Das Vermögen sei der Verlassenschaft auf Grund ihrer Stellung als Rechtsnachfolgerin nach der verstorbenen Stifterin und deren potenzieller Letztbegünstigtenstellung zugeflossen. Der Umstand, dass die Verlassenschaft nicht als Letztbegünstigte intabuliert gewesen sei, sei dafür unbeachtlich. Die auf die fehlende Eintragung im Firmenbuch gestützte Argumentation der Stiftung sei folglich verfehlt.

25 Unabhängig von der Frage, wer rechtmäßiger Letztbegünstigter gewesen sei, stehe es nach den obigen Erwägungen für das BFG fest, dass die Verlassenschaft als Ergebnis des Feststellungsverfahrens vor dem Landesgericht Wertpapiere im Wert von 1,710.000 EUR von der Stiftung erhalten habe. Diese Zuwendung unterliege der Kapitalertragsteuer, die von der Stiftung abzuführen gewesen sei, weshalb die Zwischenschaltung des Vereins steuerlich unbeachtlich und der Haftungsbescheid rechtmäßig gewesen seien.

26 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende (außerordentliche) Revision.

27 Die Revisionswerberin macht zur Zulässigkeit der Revision insbesondere geltend, es fehle Rechtsprechung des VwGH zur Frage, ob die Weiterleitung eines Teiles der Liquidationsmasse durch den Letztbegünstigten einer Stiftung als "Zuwendung" der Stiftung direkt an diesen Dritten qualifiziert werden könne. Der Rechtsbegriff "Zuwendung" iSd § 27 Abs. 5 Z 7 EStG 1988 sei gesetzlich nicht definiert und bedürfe folglich der Auslegung. Klar sei, dass nicht jedweder Vermögenstransfer von einer Privatstiftung an ein anderes Rechtssubjekt als "Zuwendung" zu werten sei. Die Erfüllung von privat- und öffentlich-rechtlichen Verbindlichkeiten, wie zB Miete, Abgaben, udgl stellten unbestrittenermaßen keine Zuwendung dar, weil diese auch nicht im Sinne des Stifterwillens an Begünstigte fließen. Zuwendungen seien vielmehr (ausschließlich) jene Vermögenstransfers, die aufgrund von Anordnungen in der Stiftungserklärung (den Stiftungsurkunden) und darauf fußenden Beschlüssen des Stiftungsvorstandes an Begünstigte erfolgten (Arnold, PSG3 § 5 Rz 29). Das BFG sei - rechtsirrig - davon ausgegangen, dass es sich bei der Auskehrung von Teilen der Liquidationsmasse an den Letztbegünstigten und die daran anschließende Weiterleitung an die Verlassenschaft nach der Stifterin bei "wirtschaftlicher Betrachtungsweise" um eine Zuwendung der Stiftung an die Verlassenschaft gehandelt und damit bei dieser zu steuerpflichtigen Einkünften geführt habe.

28 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

29 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

30 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

31 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

32 Zuwendungen einer Privatstiftung sind nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs unentgeltliche Vermögensübertragungen an Begünstigte oder Letztbegünstigte. Sie können in offener oder in verdeckter Form erfolgen und als Geldbzw. Sachleistungen oder als Nutzungszuwendungen gewährt werden. Sie setzen eine Bereicherung des Empfängers der Zuwendung und einen subjektiven Bereicherungswillen der Privatstiftung, der durch ihre Organe gebildet wird, voraus (vgl. VwGH 10.2.2016, Ra 2014/15/0021, mwN).

33 Entscheidend ist im Revisionsfall, dass das BFG in freier Beweiswürdigung festgestellt hat, dass die Privatstiftung in Vergleichsgesprächen mit der Verlassenschaft die Zuwendung von 1,710.000 EUR an die Verlassenschaft vereinbart hat und die Übertragung der diesbezüglichen Wertpapiere an die Verlassenschaft durch den (erst danach vom Stiftungsvorstand als Letztbegünstigten eingesetzten) Verein Ausfluss der Einigung (Vergleich) zwischen der Stiftung und der Verlassenschaft war.

34 Dass der formal zwischen dem gemeinnützigen Verein und der Verlassenschaft nach der Stifterin geschlossene Vergleich tatsächlich maßgeblich von der Privatstiftung betrieben worden ist und nur vor dem Hintergrund der gegen die Stiftung bzw. ihre Organe erhobenen Schadenersatzforderungen erklärlich ist, hat das BFG in nachvollziehbarer Weise aus der Chronologie der Ereignisse und den Umständen der Vergleichsbemühungen abgeleitet und solcherart die angenommene Zurechnung begründet.

35 Dass das BFG diese im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. zB VwGH 25.4.2018, Ra 2018/09/0032; 17.10.2017, Ra 2015/15/0057), vermochte die Revision nicht aufzuzeigen.

36 In der Revision wurden vor diesem Hintergrund insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 19. Dezember 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017150052.L00

Im RIS seit

25.01.2019

Zuletzt aktualisiert am

14.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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