TE Lvwg Erkenntnis 2018/12/6 LVwG-AV-551/001-2018

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.12.2018
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Entscheidungsdatum

06.12.2018

Norm

MSG NÖ 2010 §25 Abs1 Z1
MSG NÖ 2010 §26 Abs1 Z1
MSG NÖ 2010 §28 Abs1
MSG NÖ 2010 §28 Abs2
ABGB §1497

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat durch die Richterin
HR Dr. Hagmann über die Beschwerde der Frau A, vertreten durch Herrn B als gerichtlicher Erwachsenenvertreter, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 02. Mai 2018, Zl. ***, betreffend Bedarfsorientierte Mindestsicherung – Kostenersatz, zu Recht erkannt:

1.   Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben. Der Bescheid wird, soweit er den Kostenersatz für erbrachte Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im Zeitraum 24.9.2010 bis 31.12.2012 betrifft, aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen und hat die Beschwerdeführerin für die ihr von 1.1.2013 bis 31.12.2013 gewährten Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung einen Kostenersatz, und zwar im Ausmaß von € 6.432,84, bis 15. Februar 2019 zu leisten.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Rechtsgrundlagen:

§ 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG

§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Krems vom
02. Mai 2018, Zl. ***, wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, die Kosten der mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 5.11.2010,
Zl. ***, vom 19.4.2011, Zl. ***, vom 7.5.2012,
Zl. *** sowie vom 15.4.2013, Zl. ***, für die Zeit von 24.9.2010 bis 31.12.2013 gewährten Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes sowie ab 22.6.2011 bis 31.12.2013 gewährten Leistungen bei Krankheit von insgesamt
€ 19.656,58 dem Land Niederösterreich zu ersetzen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin

habe als außerbücherliche Eigentümerin das Grundstück Nr. *** inneliegend in der EZ *** der KG *** verkauft und sei durch den Verkaufserlös zu einem Vermögen von € 71.464,80 gelangt.

Die Kosten der Bedarfsorientierten Mindestsicherung für den Zeitraum 1.1.2014 bis einschließlich 31.10.2017 in der Höhe von € 25.128,24 seien bereits mit Bescheid der BH Krems vom 28.11.2017 zur Zahlung vorgeschrieben worden.

Die in der Zeit von 24.9.2010 bis 31.12.2013 aufgelaufenen Kosten der Bedarfsorientierten Mindestsicherung für den Lebensunterhalt und Wohnbedarf würden € 17.020,65, jene für Leistungen bei Krankheit im Zeitraum 22.6.2011 bis 31.12.2013 würden € 2.635,93 betragen.

Der Gesamtbetrag für den Zeitraum 24.9.2010 bis einschließlich 31.12.2013 sei daher € 19.656,58.

In rechtlicher Hinsicht wurde mit Hinweis auf §§ 2 Abs 5, 6 Abs 3 und 4, 25 Abs 1, 26 Abs 1 und 28 Abs 1 NÖ MSG iVm den rechtlich relevanten Bestimmungen der NÖ MSV sowie § 1497 ABGB zusammengefasst ausgeführt, berücksichtige man die bereits rechtskräftige Kostenersatzverpflichtung von € 25.128,24, so verbleibe immer noch ein Vermögen von € 46.336,56, welches über dem maßgeblichen Vermögensfreibetrag von derzeit € 4.315,20 liege. Auch in Berücksichtigung dieser bereits ausgesprochenen Kostenersatzpflicht verbleibe ein Vermögen über dem Vermögensfreibetrag.

Der Sachwalter der Beschwerdeführerin habe mit Schreiben vom 13.6.2017 im Zuge des Antrages auf weitere Gewährung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung sämtliche Ansprüche der Behörde auf Rückerstattung anerkannt und habe zusätzlich in diesem Schreiben auf den Einwand der Verjährung der Rückersatzansprüche in Bezug auf mehr als drei Jahre zurückliegende Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung verzichtet. Dadurch habe er für die Vertretene ein Schuldanerkenntnis abgegeben. Das Anerkenntnis unterbreche die Verjährung. Die Verjährungsfrist beginne mit dem Anerkenntnis neu zu laufen. Die Kenntnis der Höhe der Schuld sei nicht erforderlich, es genüge ein Anerkenntnis dem Grunde nach. Nach dem objektiven Erklärungswert der Formulierung (Verzichtsschreiben vom 13.6.2017) sei für die Behörde von einem weder zeitlich noch betragsmäßig eingeschränkten Verzicht auf die Verjährung von – wenn auch zu diesem Zeitpunkt bereits verjährten – Kostenersatzansprüchen auszugehen. Ob der Ersatzanspruch im Zeitpunkt des Anerkenntnisses (teilweise) bereits verjährt gewesen sei, sei unerheblich, zumal selbst eine verjährte Schuld durch Anerkennung wieder ins Leben gerufen werden könne bzw auch verjährte Schulden gültig anerkannt werden könnten. Die Behörde wertet das Schreiben des Sachwalters vom 13. Juni 2017 als deklaratives Anerkenntnis, welches die Verjährung von sämtlichen Rückersatzansprüchen in Bezug auf mehr als drei Jahre zurückliegende Leistungen im Sinn des § 1497 ABGB unterbrochen habe bzw wodurch diese sämtlichen Rückersatzansprüche gültig anerkannt worden seien.

Das Anerkenntnis sei eine einseitige Erklärung, welche nicht der Annahme des Erklärungsempfängers bedürfe, sondern bereits mit deren Zugang an den Erklärungsempfänger als Wissenserklärung wirksam werde. Ferner sei festzuhalten, dass die „nicht gehörige Fortsetzung der Klage“ einen Rechtsbegriff aus dem zivilgerichtlichen Verfahren darstelle, welcher für das gegenständliche verwaltungsbehördliche Verfahren – insbesondere auch mangels Klagsmöglichkeit der Behörde – ohne Belang sei.

Zum Einwand der fehlenden pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung sei auszuführen, dass der Sachwalter in der Stellungnahme zwar behauptet habe, dass es sich bei der Abgabe des Verjährungsverzichtes um eine wichtige Angelegenheit im Sinn des § 275 Abs 2 ABGB handle, er jedoch verabsäumt habe, der Behörde gegenüber ein ausreichend substantiiertes Vorbringen darzulegen, und zwar sowohl hinsichtlich des Ausmaßes der Betroffenheit des materiellen bzw ideellen Wohles der Pflegebefohlenen, als auch im Hinblick auf eine allfällige dauerhafte und ernstliche Gefährdung desselben. In Ermangelung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 275 Abs 2 ABGB sei daher davon auszugehen, dass die Abgabe des Verjährungsverzichtes seitens des Sachwalters auch ohne pflegschaftsgerichtliche Genehmigung rechtswirksam zustande gekommen sei.

Zum Einwand der berücksichtigungswürdigen Interessen der Betroffenen sei auszuführen, dass selbst nach dem gegenständlichen Kostenersatz und unter Berücksichtigung des Vermögensfreibetrages noch ein Bargeldvermögen in Höhe von ca. € 22.364,78 vorliege, sodass weder soziale Härte, noch Gefährdung des Erfolges von Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung noch eine soziale Notlage ausgelöst, verschärft oder vorläufig verschlimmert werde. Zudem sei noch weiteres verwertbares Vermögen in Form von Grundbesitz vorhanden, das im Pflichtteilsausweis vom 1.4.2016 mit einem Verkehrswert von € 55.080,00 angeführt worden sei.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

In der gegen diesen Bescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde wurde zusammengefasst ausgeführt, die Beschwerdeführerin stehe unter Sachwalterschaft. Die Betroffene habe zunächst über drei Grundstücke verfügt. Eines dieser Grundstücke (Parzelle Nummer *** in EZ *** KG ***) sei (durch den Sachwalter) verkauft worden. Der Verkaufserlös betrage € 75.000,--, wovon nach Auszahlung eines Abzugs für die notwendige Ausgleichszahlung an eine Schwester der Betroffenen € 71.464,80 verbleiben würden.

Am 22. April 2016 sei in einem Telefonat zwischen dem Sachwalter und der Mitarbeiterin der Behörde darauf Bezug genommen worden, dass der Beschwerdeführerin aufgrund eines Pflichtteilsübereinkommens zwischen ihr und den Geschwistern nun Vermögen zur Verfügung stehe und dass sie daher die aus dem Titel der Bedarfsorientierten Mindestsicherung für die letzten drei Jahre (also 2013, 2014 und 2015) erhaltenen Beträge zurückzuzahlen habe. Die letzten drei Jahre hätten damals den Zeitraum von 1.1.2013 bis 22.4.2016 umfasst. Sowohl ein exekutiver Zugriff auf die Liegenschaft, als auch, ein Pfandrecht auf den Liegenschaften zu begründen, wäre mit entsprechender Kostenbelastung für die Beschwerdeführerin verbunden gewesen. Der Sachwalter habe bereits damals beabsichtigt, eine der Liegenschaften möglichst rasch zu verwerten, um Barmittel zu erlösen, damit sinnvolle Anschaffungen für die Beschwerdeführerin finanziert werden könnten, aber auch, um die Regressansprüche für die noch nicht verjährten Leistungen an Bedarfsorientierter Mindestsicherung für die Zeit von 1.1.2013 bis 22.4.2016 erfüllen zu können. Ein Zuwarten der Behörde sei aber davon abhängig gewesen, dass die Verjährung der ab 2013 bezahlten Beträge vermieden werde.

Es habe weiterhin Kontakte mit der belangten Behörde gegeben, allerdings habe sich die Möglichkeit der tatsächlichen Verfügbarkeit über einen ausreichenden Betrag immer wieder verzögert. Im letzten Quartal 2016 hätte die Behörde daher an sich einen Bescheid über den Kostenersatz veranlassen müssen, um die Verjährung der Rückzahlungsansprüche für das Jahr 2013 zu verhindern. Die Verjährung der Ansprüche für die im Jahr 2013 geleistete Bedarfsorientierte Mindestsicherung hatte am 1.1.2014 begonnen und wäre daher am 31.12.2016 eingetreten. Aufgrund der Telefonate und der Korrespondenz des Jahres 2016 habe die Behörde daher annehmen können, dass der Kostenersatz für das Jahr 2013 auch noch im Jahr 2017 vorgeschrieben werden könne, wenngleich dies nicht ausdrücklich festgehalten worden sei. Jedenfalls habe der Sachwalter mit Schreiben vom 9.11.2016 ersucht, vorläufig von einer Belastung der Liegenschaften Abstand zu nehmen.

Mit Schreiben vom 1.6.2017 kündigte der Sachwalter der Behörde die weitere Verzögerung in der Herstellung der Liquidität der Betroffenen an. Da aber bisher höchstens indirekt auf den Verjährungseinwand für die Zahlungen des Jahres 2013 verzichtet worden war, habe der Sachwalter befürchtet, dass die angekündigte Pfändung der Liegenschaft durchgeführt werden würde, wenn nicht ausdrücklich nochmals klargestellt werde, dass für die in Betracht kommende Zeit der Verjährungseinwand nicht erhoben würde. Das Schreiben vom 13.6.2017 habe daher offensichtlich nur dem Zweck gedient, den bis dahin nur konkludent erklärten Verzicht auf den Verjährungseinwand für das Jahr 2013 schriftlich festzuhalten und auch um zu verhindern, dass für noch nicht verjährte Ansprüche unnötig Kosten durch Pfandrechtsicherung verursacht würden.

Der Bescheid vom 28. November 2017 (Kostenersatz für die Zeit vom 1.1.2014 bis 31.10.2017) iHv € 25.128,24 sei in Rechtskraft erwachsen und werde zu erfüllen sein, sobald dem Sachwalter die Ausbezahlung des vorgeschriebenen Betrages möglich sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 2. Mai 2018 habe die Behörde nun plötzlich die Beschwerdeführerin auch zum Kostenersatz für eine längst verstrichene Zeit vom 24.9.2010 bis 31.12.2013 iHv € 19.656,58 verpflichtet. Dabei entfalle allein auf die Zeit von 24.9.2010 bis 31.12.2012 ein Betrag von € 11.654,93 zuzüglich Krankenversicherung, der Restbetrag von € 5.365,68 entfalle auf die angeführten Leistungen im Jahr 2013. Dies sei rechtswidrig und werde bekämpft.
Mit Hinweis auf Rechtswidrigkeit des Bescheides wegen Verfahrensmangel wird weiter ausgeführt, der Sachwalter habe sich in seinen Eingaben auf die Einvernahme seiner Person zum Beweis dafür berufen, dass in den Kontakten zwischen ihm und der Behörde erstmals nach seinem Schreiben vom 13.6.2017 davon die Rede gewesen sei, dass auch Ansprüche der Behörde vor dem Jahr 2014 zurückzuzahlen sein würden. Niemals aber sei davon die Rede gewesen, dass Ansprüche aus der Zeit vor dem 1.1.2013 anerkannt würden oder diesbezüglich auf den Verjährungseinwand verzichtet werden sollte.

Mit Hinweis auf Rechtswidrigkeit des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes wurde darauf verwiesen, dass kein Verzicht auf den Verjährungseinwand für die Zeit vor dem Jahr 2013 abgegeben worden sei. Im Juni 2016 seien die im Telefonat vom 22.4.2016 besprochenen Leistungen ab 1.1.2013 bis 31.12.2013 mehr als drei Jahre zurückgelegen. Die Leistungen ab 1.1.2013 seien aber noch nicht verjährt gewesen, weil der Sachwalter im Telefonat vom 22.4.2016 die Berechtigung zur Rückforderung für diesen Zeitraum anerkannt habe. Zur Sprache sei daher ausschließlich die Zeit ab 1.1.2013 gestanden.
Ganz anders verhalte es sich dagegen für die Leistungen im Zeitraum 24.9.2010 bis 31.12.2012:

Gemäß § 1497 ABGB werde die Verjährungsfrist unterbrochen, wenn vor dem Ablauf der Verjährungsfrist das Recht des anderen entweder ausdrücklich oder stillschweigend anerkannt werde. Die Rückforderung für diese Leistungen verjährte nach Ablauf von drei Jahren ab 31. Dezember 2012. Im Zeitpunkt des Telefonats vom April 2016 sei diesbezüglich also bereits Verjährung eingetreten gewesen. Dies sei sowohl dem Sachwalter als auch der Sachbearbeiterin der belangten Behörde bewusst gewesen. Es seien dementsprechend ausschließlich der Leistungsumfang ab 1. Jänner 2013 Gesprächsthema und auch ausdrücklich nur die ab 1. Jänner 2013 geleisteten Zahlungen an Bedarfsorientierter Mindestsicherung angesprochen gewesen. Es sei völlig klar gewesen, dass jene Leistungen nicht mehr zurückgefordert werden könnten, die bis einschließlich 2012 erbracht worden waren. Die Verjährung für diesen Zeitraum sei entgegen der Ansicht der belangten Behörde weder durch das Telefonat vom April 2016 noch durch das Verlängerungsersuchen des Sachwalters in seinem Schreiben vom 13. Juni 2017 unterbrochen und sei auch keineswegs auf den Einwand der Verjährung verzichtet worden. Die Verjährung werde gemäß § 1497 ABGB nämlich nur dann unterbrochen, wenn der Schuldner die Forderung ausdrücklich oder schlüssig anerkannt habe. Es bedürfe dazu zwar keines konstitutiven Anerkenntnisses, auch eine bloße Wissenserklärung unterbreche die Verjährung. Erforderlich sei allerdings, dass die Rechtshandlung des Schuldners die Anerkennung des Gläubigerrechts denknotwendig voraussetze oder seine Absicht, die Schuld anzuerkennen deutlich erschließen lasse. Erforderlich sei zumindest ein Verhalten, aus dem sich entnehmen lasse, dass der Schuldner das Bewusstsein habe, verpflichtet zu sein. Eine Wissenserklärung, die dazu führe, eine Verjährung hinsichtlich einer bestimmten Forderung zu unterbrechen, müsste aber zum Inhalt haben, dass die Forderung nach dem Wissenstand des Schuldners in dem jeweiligen Zeitpunkt noch aufrecht bestehe. Analoges gelte selbstverständlich auch für den Verzicht auf eine Verjährungseinrede.
Beide Parteien hätten gewusst, dass nur mehr die Forderungen ab 1.1.2013 geltend gemacht werden könnten. Es werde also nicht jede Forderung, die einmal zwischen einem Gläubiger und einem Schuldner bestand, durch eine Verzichtserklärung auf eine Verjährung anerkannt. Ein Verjährungsverzicht dürfe nämlich nicht exzessiv ausgelegt werden. Entscheidend sei, was der Schuldner erkennbar von seiner Erklärung umfasst haben wollte. Für die Auslegung von Erklärungen seien alle Umstände heranzuziehen, die zur Erklärung geführt haben.

Wesentliche Umstände gegenüber der Vorschreibung für die Zeit ab 2014 seien zusammengefasst, dass die Behörde sowohl im Jahr 2016 als auch bis 30. Juni 2017 davon ausging, dass die Leistungen bis 31. Dezember 2012 nicht zurückzuzahlen seien, dass sich die Erklärung des Sachwalters schon deshalb nicht auf die Zeit vor 2013 bezog, weil es klar war, dass dieser Forderungsteil verjährt war, zumal ja erst im Jahr 2016 in Betracht kam, dass eine der Liegenschaften in absehbarer Zeit veräußert werden könne, dass kein Grund dafür bestand, ohne Not eine bereits verjährte Forderung anzuerkennen, welche nicht einmal ansatzweise im Gespräch gewesen sei, zumal die durch Unterbleiben einer Sicherstellung ersparten Kosten nur einen Bruchteil der Rückzahlungssumme für die Jahre 2010 bis einschließlich Dezember 2012 betragen haben, sowie dass die Behörde selbst die Erklärung des Sachwalters so verstanden habe, dass sich dessen Schreiben lediglich auf die Zeit ab 1.1.2013 bezog. Wäre die Behörde der Ansicht gewesen, sie könne auch für den vorangegangenen Zeitraum trotz damals bereits eingetretener Verjährung Ansprüche erheben, so hätte sie konsequenterweise auch für den Zeitraum bis 31.12.2012 die Rückforderung geltend gemacht. Dies sei freilich nicht geschehen, weil die Behörde die Erklärung des Sachwalters eben nur auf die Zeit ab 1.1.2013 bezogen hatte.

Der Geltendmachung der Forderung werde aber auch eingewendet, dass zwischen dem Schreiben des Sachwalters vom 13.6.2017 und der nunmehrigen Aufforderung mehr als ein halbes Jahr vergangen sei und die Unterbrechung der Verjährungszeit nur eintrete, wenn die Forderung gehörig fortgesetzt bzw betrieben werde. Ein mehr als 3-monatiges Untätigsein lasse die Forderung vielmehr wieder untergehen bzw hindere eine weitere Geltendmachung.

Gemäß § 275 Abs 2 ABGB habe der Sachwalter in wichtigen, die Person des Pflegebefohlenen betreffenden Angelegenheiten die Genehmigung des Gerichtes einzuholen. Ohne Genehmigung getroffene Maßnahmen oder Vertretungshandlungen seien unzulässig und unwirksam. Genau dies würde aber einer Geltendmachung der Kostenersatzansprüche für die Zeit von September 2010 bis 31.12.2012 entsprechen. Es habe kein Anlass bestanden, auf diese Forderungen zu verzichten. Ein Verzicht auf den Einwand der Verjährung hinsichtlich dieser damals bereits verjährten Ansprüche wäre eine wichtige Angelegenheit im Sinn des § 275 Abs 2 ABGB gewesen. Eine Genehmigung des Gerichtes wurde vom Sachwalter nicht eingeholt, weil er davon überzeugt war, dass der Zeitraum bis 31.12.2012 niemals in Betracht zu ziehen war. Mangels Genehmigung eines Anerkenntnisses bzw Verjährungsverzichtes wäre ein solcher, selbst wenn er abgegeben worden wäre, unwirksam.

Im Übrigen widerspreche eine Nachforderung – näher ausgeführten – berücksichtigungswürdigen Interessen der Betroffenen.

Bei richtiger rechtlicher Beurteilung und vollständiger Sachverhaltsermittlung hätte daher die Bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht zurückgefordert werden dürfen, also der gegenständliche Kostenersatz nicht begehrt werden dürfen. Es wurde beantragt, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den Sachwalter einzuvernehmen, in die vorgelegten Urkunden Einsicht zu nehmen und diese bei der Entscheidung zu berücksichtigen und sodann den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben, in eventu den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Bescheiderlassung an die Behörde zurückzuverweisen.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, in welcher Beweis erhoben wurde durch Einvernahme des Erwachsenenvertreters der Beschwerdeführerin sowie der Behördenvertreterin, weiters durch Einsicht in die Verfahrensakten, auf deren Verlesung verzichtet wurde.

Beide Parteien verwiesen auf ihr gesamtes bisheriges Vorbringen. Der Vertreter der Beschwerdeführerin erklärte weiterhin, er habe sich nach vorangegangenen zahlreichen Telefonaten, in denen es darum gegangen war, dass hinsichtlich der noch nicht verjährten Rückersatzansprüche seitens der Behörde im Interesse der Beschwerdeführerin einerseits und einer möglichst einfachen Abwicklung durch die Behörde andererseits auf eine Verwertung der Liegenschaft bzw eine Pfandrechtsbegründung verzichtet werden könne, mit Brief vom 13.6.2017 an die Behörde gewendet. Eine Pfandrechtseinverleibung wäre nämlich mit Kosten verbunden gewesen. In den vorangegangenen Gesprächen sei darauf hingewiesen worden, dass sich der Vertreter der Beschwerdeführerin um eine rasche Verwertung bemühe, dahingehende parallele Bemühungen seitens der Behörde hätten aus seiner Sicht nur zu einer Mehrbelastung der Behörde und überdies zu einer Verkomplizierung des Verwertungsvorganges geführt. Aufgrund des positiven Zusammenwirkens zwischen dem Sachwalter und der Gesprächspartnerin bei der Behörde sei es letztlich gelungen, für die verwertete Liegenschaft einen Kaufpreis zu erzielen, der rund das Doppelte des Schätzwertes ausmachte. Seine Erklärungen und insbesondere auch das Schreiben vom 13.6.2017 hätten sich somit ausschließlich auf nicht verjährte Forderungen bezogen auf den Zeitpunkt des Telefonats vom 22. April 2016 bezogen. Mit dem Schreiben vom Juni 2017 sollte auch die - zu diesem Zeitpunkt nun verjährte - Rückforderung für das Jahr 2013 abgewendet werden. Dies hätte nämlich zur Folge gehabt, dass die Behörde sonst einen Rechtsstreit wegen der mündlichen Vereinbarung betreffend Anerkennung der Periode 2013 hätte mit größten Erfolgsaussichten führen können. Die nunmehrige Geltendmachung einer ausdrücklich oder zumindest stillschweigend ausgeklammerten Zahlungsperiode bis zum 31.12.2012 bedeute eine rechtswidrige und gegen die guten Sitten verstoßende, überschießende Interpretation, die gegen alle Umstände spreche, welche Grundlage für das Schreiben vom 13.6.2017 gewesen seien.

Die Vertreterin der belangten Behörde bestätigte in der mündlichen Verhandlung die vom Beschwerdeführervertreter dargestellte Vorgangsweise und verwies ergänzend darauf, im Juni 2017 die Fachabteilung kontaktiert zu haben, da sie nicht genau gewusst habe, was es mit einem Verjährungsverzicht seitens der Beschwerdeführerin auf sich habe. Dabei sei ihr zunächst mit Hinweis auf das Vorliegen einer Naturalobligation gesagt worden, sie solle eine Zahlungsaufforderung schicken über die bereits verjährten Ansprüche. Diese habe sie nicht einschränken können, sondern hätte sie die ganze Summe zu fordern gehabt, dies aufgrund der Ansicht der Fachabteilung. Im Anschluss an die Zahlungsaufforderung wurde vom Beschwerdeführervertreter ein Bescheid verlangt. Eine nochmalige Rücksprache bei der Fachabteilung habe die Erlassung des Bescheides zur Folge gehabt.

4.   Feststellungen:

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens ist von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt auszugehen:

Außer Streit steht, dass die Beschwerdeführerin im Zeitraum 24.9.2010 bis 31.12.2013 die ihr mit jeweils näher bezeichneten Bescheiden zuerkannten Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung bezogen hat. Daraus resultieren für den genannten Zeitraum aufgelaufene Kosten der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes in Höhe von € 17.020,65 und für Leistungen bei Krankheit im Zeitraum 22.6.2011 bis 31.12.2013 in Höhe von € 2.635,93. Davon entfielen auf im Jahr 2013 erbrachte Leistungen € 6.432,84, und zwar € 5.365,68 für Leistungen zur Deckung des Lebensunterhaltes und des Wohnbedarfes und € 1.067,16 für Krankenhilfe.

Fest steht weiters, dass die Ersatzansprüche nicht grundbücherlich sichergestellt wurden.

Am 14. September 2016 wurde in der Verlassenschaftssache C durch das Bezirksgericht *** zu Zahl GZ *** die Einverleibung des Eigentumsrechtes näher bezeichneter Liegenschaften für die zum Kreis der gesetzlichen Erben zählende Beschwerdeführerin mit Rechtskraft vom 25.10.2016 bestätigt.

Am 18. Oktober 2016 beantragte die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Sachwalter, ihr weiterhin zumindest bis Dezember 2017 die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (sowie Sozialversicherung) zu gewähren.

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2016 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass aufgrund näher bezeichneter Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Krems in der Zeit von 1.1.2013 bis 31.12.2015 nicht verjährte Kosten der Bedarfsorientierten Mindestsicherung von insgesamt € 19.719,12 aufgelaufen wären. Da seit erstmaliger Leistungsgewährung mehr als sechs Monate vergangen und die Liegenschaften noch immer nicht verwertbar seien, seien die aufgelaufenen Kosten an denselben grundbücherlich sicherzustellen.

Ein Bescheid der belangten Behörde vom 17. November 2016, mit welchem gewährte Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im Zeitraum von 1.1.2013 bis 31.12.2015 in der Höhe von insgesamt € 19.719,12 grundbücherlich sichergestellt wurden, wurde mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 9. Februar 2017 aufgehoben.

Am 13.6.2017 teilte die Beschwerdeführerin, vertreten durch ihren Sachwalter, der belangten Behörde schriftlich folgendes mit:

„In obiger Angelegenheit erlaube ich mir ergänzend zu meinem Ersuchen um Verlängerung der Bedarfsorientierten Mindestsicherung ausdrücklich festzuhalten, dass die bisherigen Ansprüche der Bezirkshauptmannschaft Krems auf Rückerstattung von mir als Sachwalter anerkannt wurden und dass ich vorsichtshalber zusätzlich dazu hiermit auf den Einwand der Verjährung von mehr als 3 Jahre zurückliegenden Leistungen bzw. den Regressanspruch darauf verzichte.

Ich darf höflich darauf hinweisen, dass bereits ein Betrag von € 75.000,-- abzüglich Immobilienertragsteuer gesichert vorhanden ist, dies aus der Veräußerung eines einzigen Grundstücks (Nummer *** Grundbuch ***). Verfügbar wird dieser Betrag sein, sobald das Eigentumsrecht der Käufer im Grundbuch einverleibt ist.

Ich gehe derzeit davon aus, dass dies in spätestens 2-3 Monaten der Fall sein wird. Dazu kommt, dass mir noch die grundbuchsfähigen Löschungsbewilligungen hinsichtlich der Pfandrechte der anderen Geschwister fehlen. Auch diese wurden mir aber von den anderen Sachwaltern dieser anderen Geschwister bereits zugesagt, weil es Teil des Erbübereinkommens war, dass diese Pfandrechte gelöscht werden. Die Anträge auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung liegen bei Gericht.“


Der Beschwerdeführerin wurden mit Bescheiden der belangten Behörde vom 5.11.2010, 19.4.2011, 7.5.2012, 15.4.2013, 14.3.2014, 6.3.2015, 23.2.2016, 23.2.2017 und 19.10.2017 Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung zuerkannt.
Mit Bescheid vom 28.11.2017 wurde die Beschwerdeführerin verpflichtet, die mit Bescheiden vom 15.4.2013, 14.3.2014, 6.3.2015, 23.2.2016, 23.2.2017 und 19.10.2017 für die Zeit von 1.1.2014 bis 31.10.2017 gewährten Leistungen in Höhe von € 25.128,24 zu ersetzen. Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.

Mit Schreiben vom 28.11.2017 erging eine Zahlungsaufforderung über einen Betrag von € 19.656,58 für im Zeitraum 24.9.2010 bis 31.12.2013 erbrachte Leistungen mit der Begründung, der Sachwalter habe mit Schreiben vom 13.6.2017 auf den Einwand der Verjährung von mehr als drei Jahre zurückliegender Leistungen verzichtet.

Am 4.12.2017 wurde eine schriftliche Stellungnahme des Sachwalters an die belangte Behörde übermittelt. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, die Zahlungsaufforderung bestehe zu Unrecht. Sie beziehe sich auf einen Zeitraum, für den noch kein Bescheid erlassen wurde. Mit Hinweis auf § 28 Abs 1 NÖ MSG wird darin weiter ausgeführt, dass Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden können, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem Leistungen in Anspruch genommen wurden, mehr als drei Jahre verstrichen sind. Der Verjährungsverzicht, welcher mit Schreiben vom 13.6.2017 erklärt wurde, habe sich ausschließlich auf den mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 21. Oktober 2016 bekannt gegebenen Betrag von € 19.719,12 bezogen. In diesem Schreiben seien Beträge für die Zeit vom 1.1.2013 bis 31. Dezember 2015 erfasst gewesen.

Mit Schreiben vom 1. Februar 2018 wurde der Beschwerdeführerin im Wege ihres Sachwalters zur Kenntnis gebracht, dass aufgrund der Bescheide vom 5.11.2010, 19.4.2011, 7.5.2012 und 15.4.2013 im Zeitraum 24.9.2010 bis 31.12.2013 Leistungen in Gesamthöhe von € 19.656,58 aufgelaufen seien. Das Vermögen übersteige den Vermögensfreibetrag von € 4.315,20 um € 67.149,60. Auch in Berücksichtigung der bereits (mit Bescheid vom 28.11.2017) ausgesprochenen Kostenersatzpflicht verbleibe ein Vermögen über dem Vermögensfreibetrag.

Mit Schreiben vom 13.6.2017 habe der Sachwalter sämtliche Ansprüche der Bezirkshauptmannschaft Krems auf Rückerstattung anerkannt und habe zusätzlich in diesem Schreiben auf den Einwand der Verjährung von mehr als drei Jahre zurückliegender Leistungen verzichtet. Der Sachwalter habe den Verzicht der Verjährung zeitlich nicht eingegrenzt. Dies werde als deklaratives Anerkenntnis angesehen und genüge ein solches für die Unterbrechung der Verjährung nach § 1497 ABGB, dem gemäß sei der genannte Betrag als Kostenersatz zu leisten.

Dem trat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 8. Februar 2018 im Wesentlichen mit dem Hinweis auf das Schreiben vom 4.12.2017 und die darin enthaltene Stellungnahme sowie im Weiteren mit der Begründung entgegen, dass dem Schreiben der Behörde vom 21. Oktober 2016 ein Telefonat zwischen dem Sachwalter einerseits und der Referentin der Bezirkshauptmannschaft Krems vom 22. April 2016 vorausgegangen war. In diesem Telefonat hatte die Behörde darauf Bezug genommen, dass aufgrund des Pflichtteilsübereinkommens zwischen der Betroffenen und deren Geschwistern nun Vermögen zur Verfügung stehe und dass sie daher die aus dem Titel der Bedarfsorientierten Mindestsicherung für die letzten drei Jahre (also 2013, 2014 und 2015) erhaltenen Beträge zurückzuzahlen habe. Der Sachwalter sei in diesem Telefonat vor die Alternative gestellt worden, dass die Sicherung der Behörde nun in der Weise geschehen könne, dass die Beschwerdeführerin entweder das Liegenschaftsvermögen entsprechend verwerte und dann an die Behörde zurückbezahle, oder aber, dass die Zurückzahlung erst später erfolge, aber zur Sicherung des Rückzahlungsanspruches ein Pfandrecht im Grundbuch bei den Liegenschaften einverleibt werde. Die letzten drei Jahre seien damals der Zeitraum von 1.1.2013 bis 22.4.2016 gewesen. Der vorliegende Zeitraum sei ganz offensichtlich bereits verjährt gewesen. Dementsprechend habe die Behörde in ihrem Schreiben auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die in der Zeit von 1.1.2013 bis 31.12.2015 aufgelaufenen Kosten zurückzuzahlen wären. Es sei also in diesem Telefonat darum gegangen, die Behörde nicht dazu zu zwingen, entweder exekutiv auf eine der Liegenschaften zuzugreifen oder ein Pfandrecht zu begründen, sondern Zeit zu gewinnen, um durch Verwertung einer der Liegenschaften Barmittel zu erlösen, um die Regressansprüche für die Leistungen von 1.1.2013 bis 24.4.2016 zu erfüllen. Ein Zuwarten der Behörde sei aber davon abhängig, dass die Verjährung der ab 2013 bezahlten Beträge vermieden werde. Die Aufforderung der Behörde vom 21. Oktober 2016 bezog sich konsequenterweise auch tatsächlich ausdrücklich nur auf den Zeitraum 1.1.2013 bis 31.12.2015, keineswegs aber auf die Zeit von 24.9.2010 bis 31.12.2012. Ab 1.1.2017 wären ohne das Telefonat vom April 2016 die Leistungen des Jahres 2013 verjährt gewesen, weil seit 1.1.2014 bereits mehr als drei Jahre verstrichen waren. Wenn also im Schreiben des Sachwalters vom 13.6.2017 an die Bezirkshauptmannschaft Krems ausgeführt wurde, dass auf den Einwand der Verjährung von mehr als 3 Jahre zurückliegenden Zeiten verzichtet werde, so bezog sich dies lediglich auf den Zeitraum für den die € 19.719,12 bekannt gegeben worden waren, also für die Zeit vom 1. Jänner 2013 bis 31. Dezember 2013 (mittlerweile lägen die Zahlungen des Jahres 2013 bereits mehr als drei Jahre zurück).

5.   Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt war ausgehend von der im Rahmen der mündlichen Verhandlung erhobenen, demnach einhelligen Vorgangsweise, welche im Einklang mit dem bisherigen Akteninhalt steht, als unzweifelhaft anzusehen.

6.   Rechtsgrundlagen:

Folgende Rechtsvorschriften sind verfahrensrelevant und lauten (auszugsweise):

§ 25 NÖ Mindestsicherungsgesetz (NÖ MSG) samt Überschrift

„Kostenersatzverpflichtete
(1) Für Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung, die aufgrund eines Rechtsanspruches geleistet wurden, ist Ersatz zu leisten:

1. von der leistungsempfangenden Person oder deren Erben (§ 26),
2. – 4. […]

(2) […]“

§ 26 NÖ MSG samt Überschrift

„Ersatz durch die Leistung empfangende Person oder deren Erben

(1) Die Person, der Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung gewährt worden sind, ist zum Ersatz der dafür aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn und insoweit

1. sie nachträglich zu einem verwertbaren Vermögen (§ 6 Abs. 3 und 4) gelangt, […]
2. – 3. […]

(2) – (3) […]“

§ 28 NÖ MSG samt Überschrift

„Geltendmachung von Ersatzansprüchen
(1) Ersatzansprüche nach diesem Abschnitt können nicht mehr geltend gemacht werden, wenn seit dem Ablauf des Kalenderjahres, in dem Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung in Anspruch genommen wurde, mehr als drei Jahre verstrichen sind. Für die Wahrung der Frist gelten sinngemäß die Regeln über die Unterbrechung der Verjährung (§ 1497 ABGB).

(2) Ersatzansprüche für Leistungen, die grundbücherlich sichergestellt sind, unterliegen nicht der Verjährung.

(3) – ( 6) […]“


§ 1497 ABGB

„Die […] Verjährung wird unterbrochen, wenn derjenige, welcher sich auf dieselbe berufen will, vor dem Verlaufe der Verjährungszeit entweder ausdrücklich oder stillschweigend das Recht des andern anerkannt hat, oder wenn er von dem Berechtigten belangt, und die Klage gehörig fortgesetzt wird. […]“

7.   Erwägungen:

Im Hinblick auf die gegenständliche Geltendmachung von Ersatzansprüchen gegenüber der Beschwerdeführerin ist zunächst unstrittig, dass sie als Leistung empfangende Person iSd § 25 Abs 1 Z 1 NÖ MSG zum Kostenersatz verpflichtet ist, zumal sie nachträglich zu verwertbarem Vermögen gelangt ist (§ 26 Abs 1 Z 1 NÖ MSG).

Mit Blick auf § 28 Abs 1 NÖ MSG iVm § 1497 ABGB ist in weiterer Folge der Umfang der Ersatzpflicht zu prüfen, zumal mit dem angefochtenen Bescheid Ersatzansprüche geltend gemacht wurden, denen Leistungen zu Grunde liegen, deren Inanspruchnahme mehr als drei Jahre – gerechnet vom Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Leistungen in Anspruch genommen wurden – zurückliegt. Eine derartige Geltendmachung ist jedoch nur bei Unterbrechung der Verjährung rechtens.

Der charakteristische Unterbrechungsgrund der Verjährung ist die Feststellung des Rechts; so schon durch freiwillige Anerkennung des Schuldners, weil dessen Erklärung jeden Zweifel am Bestand einer Forderung beseitigt [vgl. R. Madl in Kletecka/Schauer, ABGB-ON1.05 § 1497 (Stand 1.10.2017, rdb.at)].

§ 1497 ABGB Satz 1 regelt, dass die Verjährung schon außergerichtlich dadurch unterbrochen werden kann, dass derjenige, welcher sich auf […] Verjährung berufen will, vor Ablauf der Verjährungszeit das Recht des anderen anerkennt (1. Fall), andernfalls der Berechtigte den Verpflichteten belangen, also grundsätzlich Klage anbringen und diese gehörig fortsetzen muss.

Nach dem Wortlaut hat die Anerkennung grundsätzlich von demjenigen auszugehen, für den die Verjährung wirken würde, also vom Verpflichteten oder seinem Vertreter.
Um den Fristenlauf durch Anerkenntnis des Rechts zu unterbrechen, ist kein echtes (konstitutives) Anerkenntnis erforderlich; ein deklaratorisches Anerkenntnis genügt. Als Wissenserklärung des Schuldners bedarf dieses zwar keiner Annahme, es muss aber gegenüber dem Berechtigten abgegeben werden.
Um eine Unterbrechung der Verjährung zu bewirken genügt nach ständiger Rechtsprechung jede Rechtshandlung des Schuldners, welche die Anerkennung des Rechts des Gläubigers denknotwendig voraussetzt oder seine Absicht, die Schuld anzuerkennen, deutlich erkennen lässt. Auch bedarf es weder einer ziffernmäßigen Bezeichnung des anerkannten Betrages, noch der Kenntnis der (genauen) Höhe des Anspruchs [vgl. R. Madl aaO].

Nach den getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass eine als Anerkenntnis iSd § 1497 ABGB zu wertende Erklärung vom Vertreter der Beschwerdeführerin erstmals am 22.4.2016 abgegeben wurde. Zu diesem Zeitpunkt war aber hinsichtlich jener Ersatzansprüche, denen die bis zum 31.12.2012 erbrachten Leistungen zu Grunde lagen, bereits Verjährung eingetreten. Das Recht wurde nicht – wie dies § 1497 ABGB vorsieht – vor dem Verlaufe der Verjährungszeit anerkannt, sodass die Beschwerdeführerin zum Ersatz dieser Kosten nicht mehr mit Bescheid verpflichtet werden konnte. An diesem Ergebnis ändert auch das Schreiben des Sachwalters der Beschwerdeführerin vom 13.6.2017 nichts.

Für jene Ersatzansprüche allerdings, denen im Jahr 2013 erbrachte Leistungen zu Grunde lagen, bedeutete die – außer Streit stehende – Erklärung vom 22.4.2016, welcher den getroffenen Feststellungen zu Folge auch noch weitere inhaltsgleiche Erklärungen folgten, ein Anerkenntnis iSd § 1497 ABGB mit der Wirkung der Unterbrechung der Verjährung der Ersatzansprüche bezogen auf das Jahr 2013. Durch die Anerkennung der Forderungen für 2013 zu diesem Zeitpunkt erübrigt sich jedes weitere Eingehen auf den Erklärungswert des Schreibens des Sachwalters der Beschwerdeführerin vom 13.6.2017 an die Behörde.

Die Beschwerdeführerin ist daher zum Ersatz der ihr im Jahr 2013 gewährten Leistungen der Bedarfsorientierten Mindestsicherung im Gesamtausmaß von € 6.432,84 verpflichtet.

8.   Zur Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Sozialrecht; Mindestsicherung; Kostenersatz; Vermögen; Verjährung; Anerkenntnis;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.551.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2019
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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