TE Vwgh Erkenntnis 2018/12/19 Ra 2018/03/0083

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Veröffentlicht am 19.12.2018
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Index

L65006 Jagd Wild Steiermark;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

JagdG Stmk 1986 §50 Abs7;
JagdG Stmk 1986 §77;
VStG §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des F T in M, vertreten durch Dr. Günter Folk, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Joanneumring 6/1. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 7. Mai 2018, Zl. LVwG 30.28-1732/2017-17, betreffend Übertretung des Steiermärkischen Jagdgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Voitsberg), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 18. Mai 2017 wurde der Revisionswerber einer Übertretung des § 77 in Verbindung mit § 50 Abs. 7 (Schlusssatz) Stmk. Jagdgesetz schuldig erkannt. Am 27. Juli 2016 sei durch ein Erhebungsorgan der Forstaufsichtsstation Voitsberg-Ost festgestellt worden, dass im Bereich eines näher bezeichneten Grundstücks im Revier des Jagdvereines S eine Rehwildfütterung betrieben werde. Bei der Erhebung sei auf einer Fläche von ca. 1,5 m2 Maisschrot und Maiskolben vorgelegt gewesen. Der Revisionswerber habe als Obmann und sohin Verantwortlicher des Jagdvereines S zu verantworten, dass am angegebenen Grundstück am 27. Juli 2016 eine Rehwildfütterung betrieben worden sei, obwohl eine Fütterung von Rehwild in der Zeit vom 15. Mai bis zum 15. September eines jeden Jahres jedermann verboten sei. Über den Revisionswerber wurde wegen dieser Übertretung gemäß § 77 Stmk. Jagdgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 300,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag und 12 Stunden) verhängt.

2 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde, die mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen wurde. Weiters sprach das Verwaltungsgericht aus, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

In der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses legt das Verwaltungsgericht zunächst den Inhalt des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg, der Beschwerde und des Vorbringens des Revisionswerbers in der mündlichen Verhandlung dar und gibt daran anschließend wörtlich das vom Verwaltungsgericht eingeholte Gutachten des jagdlichen Amtssachverständigen zur Frage, "ob die gegenständliche Futtervorlage zur Fütterung von Rehen geeignet ist und unzulässige Vorteile bei der Jagdausübung verschafft", wieder (ohne daraus in der Folge Feststellungen zu treffen); schließlich wird im Wesentlichen der Verhandlungsverlauf der fortgesetzten mündlichen Verhandlung dargelegt.

Als Sachverhalt stellt das Verwaltungsgericht fest, dass "zur in der angefochtenen Entscheidung angeführten Tatzeit am angeführten Tatort (...) entsprechend der der Anzeige beigelegten Fotos Mais auf dem Boden so ausgebracht" gewesen sei, dass Rehe ihn hätten aufnehmen können. Es habe nicht geklärt werden können, welche natürliche Person das Futtermittel dort platziert habe. Die Jagdgesellschaft "Jagdverein S" sei Pächterin der Gemeindejagd. Nach § 12 Z 2 der Satzungen vertrete der Obmann den Verein nach außen. Der Revisionswerber sei am 26. Jänner 2014 zum Obmann des Jagdvereins S gewählt worden.

Im Zuge der rechtlichen Erwägungen führt das Verwaltungsgericht aus, dass sich das Verbot der Rehwildfütterung innerhalb der gesetzlich bestimmten Zeit gegen jedermann richte. Dass eine andere Person, wie vom Revisionswerber vorgebracht, seiner Jagdgesellschaft habe schaden wollen, indem sie das Futter ausgelegt und ihn damit der verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt habe, habe nicht glaubhaft gemacht werden können. Das Verwaltungsgericht sei zur Beurteilung des Sachverhalts angehalten gewesen, "jagdfachlich zu prüfen, ob Anzeichen dahingehend bestehen, dass die aufgefundene Futtervorlage jagdliche Vorteile mit sich bringt." Das eingeholte Gutachten zeige, dass die beanstandete Futtervorlage Rehwild an das Revier binde; sie bringe daher jagdlich auch Vorteile, wenn der Abschussplan bereits fast erfüllt sei oder selbst wenn er schon erfüllt gewesen wäre und auch wenn der Ort der geplanten Erlegung von Rehwild nicht der gefundene Kirrplatz sei. Aufgrund des im jagdfachlichen Gutachten dargestellten Verhaltens des Rehwildes zur vorgefundenen Fütterung, die die Jagd an sich begünstige, müsse "daher logisch davon ausgegangen werden", dass die Jagdpächterin die gesetzwidrige Fütterung vorgenommen habe. Der Revisionswerber als Obmann der Jagdpächterin habe daher für deren Verstoß gegen das Rehfütterungsverbot gemäß § 9 VStG einzustehen, wenn er kein ausreichendes, der Verhinderung dieses Rechtsverstoßes dienendes, wirksames Regel- und Kontrollsystem eingerichtet habe. Dazu wäre er verpflichtet gewesen, nicht nur "die von ihm beschriebenen Kontrollen im Revier durchzuführen", sondern präventiv den Mitgliedern Instruktionen zu erteilen und vereinsintern mit dem Einsatz von Sanktionierungsinstrumenten für regelkonformes Verhalten der Mitglieder vorzusorgen. Allein die Kontrolle des Reviers auf Regelverstöße durch den Revisionswerber selbst oder von ihm Beauftragte sei nicht ausreichend, um ein wirksames Regel- und Kontrollsystem zu begründen (Hinweis auf VwGH 30.6.1981, 3489/80).

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag, die Revision als unbegründet abzuweisen.

4 Die Revision verweist zur Begründung ihrer Zulässigkeit auf eine "korrekturbedürftige Fehlbeurteilung" durch das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Rechtsprechung zum wirksamen Kontrollsystem nach § 9 VStG.

5 Die Revision erweist sich im Sinne dieses Zulässigkeitsvorbringens - entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts, der zudem nur formelhaft, im Wesentlichen mit den verba legalia des Art. 133 Abs. 4 B-VG, und damit nicht gesetzmäßig im Sinne des § 25a Abs. 1 VwGG begründet ist - zulässig. Sie ist auch berechtigt.

6 Gemäß § 50 Abs. 7 (letzter Satz) Stmk. Jagdgesetz ist eine Fütterung von Rehwild in der Zeit vom 15. Mai bis 15. September jedermann verboten. Nach § 77 Stmk. Jagdgesetz werden Übertretungen dieses Gesetzes von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis EUR 2.200,-- bestraft.

7 Der Revisionswerber hat bereits in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht vorgebracht, dass es sich bei der Futtervorlage um einen "Sabotageakt" handeln müsse. Er habe keine Kenntnis von der Fütterung gehabt. Auch wenn man davon ausgehe, dass er dafür Sorge zu tragen habe, dass im Revier des von ihm vertretenen Jagdvereins keine unzulässigen Rehwildfütterungen betrieben würden, sei dies nicht damit gleichzusetzen, dass im Fall einer rechtswidrigen Futtervorlage jedenfalls die notwendige Sorgfalt nicht eingehalten worden sei. Vielmehr sei zu prüfen, ob der Verantwortliche die ihm zumutbaren Handlungen gesetzt habe, damit die einschlägigen Gesetzesbestimmungen eingehalten werden. Er habe sämtliche ihm zumutbaren Maßnahmen getroffen (was er näher ausführte).

8 Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes im angefochtenen Erkenntnis habe nicht geklärt werden können, "welche natürliche Person" das Futtermittel am Tatort platziert habe. Im Zuge der rechtlichen Ausführungen kommt das Verwaltungsgericht dann zum Schluss, aufgrund "des im jagdfachlichen Gutachten dargestellten Verhaltens des Rehwildes zur Fütterung" müsse "logisch davon ausgegangen werden", dass die Jagdpächterin (der Jagdverein S, dessen Obmann der Revisionswerber ist) die gesetzwidrige Fütterung vorgenommen habe. Abgesehen davon, dass damit im Zuge der rechtlichen Beurteilung disloziert Feststellungen getroffen und beweiswürdigende Überlegungen angestellt werden (vgl. zu den - im vorliegenden Fall nicht erfüllten - Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung verwaltungsgerichtlicher Erkenntnisse etwa VwGH 18.2.2015, Ra 2014/03/0045 m.w.N.), lässt sich auch unter Einbeziehung des damit angesprochenen jagdfachlichen Gutachtens (das im angefochtenen Erkenntnis zwar wiedergegeben wird, zu dem aber keine Feststellungen getroffen wurden) nicht nachvollziehen, wie aus dem Verhalten des Rehwildes zwingend auf eine Vorlage durch die Jagdpächterin (wohl gemeint: durch Mitglieder des Jagdvereines S) zu schließen ist. Schon diese - vom Revisionswerber aufgezeigte - Unschlüssigkeit der hier disloziert vorgenommenen Beweiswürdigung begründet einen Verfahrensfehler (zur Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung vgl. etwa VwGH 24.9.2014, Ra 2014/03/0012).

9 Dieser Verfahrensfehler ist auch relevant, da der Revisionswerber als im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufener Obmann des Jagdvereines S bestraft wurde und sich aus dem angefochtenen Erkenntnis ergibt, dass ihm zur Last gelegt wird, nicht durch ein ordnungsgemäßes Kontrollsystem dafür gesorgt zu haben, dass die Mitglieder dieses Jagdvereines keine unzulässige Futtervorlage vornehmen.

10 Hat aber die Feststellung, die Futtervorlage sei durch "die Jagdpächterin" (den Jagdverein S bzw. dessen Mitglieder) erfolgt, keinen Bestand, dann kommt es auch auf die Frage, ob im Jagdverein S ein wirksames Kontrollsystem bestanden hat, um Verstöße dieser Art gegen jagdrechtliche Vorschriften hintanzuhalten, nicht mehr an.

11 Im Übrigen ist festzuhalten, dass das Verwaltungsgericht auch zu den vom Revisionswerber behaupteten Maßnahmen im Sinne eines Kontrollsystems keine Feststellungen getroffen hat, sodass auch unter der Annahme, die Futtervorlage sei durch Mitglieder des Jagdvereines S erfolgt, keine abschließende Beurteilung dazu getroffen werden könnte, ob diese Maßnahmen im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem (vgl. dazu VwGH 20.3.2018, Ra 2017/03/0092) ausreichen würden.

12 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

13 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 19. Dezember 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018030083.L00.1

Im RIS seit

23.01.2019

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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