TE Vwgh Erkenntnis 2018/12/20 Ra 2017/17/0225

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Veröffentlicht am 20.12.2018
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

VStG §64 Abs1;
VStG §64 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kovacs, über die Revision des D B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 18. Mai 2016, LVwG-10/394/8-2016, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau),

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die Revision wird, soweit sie sich gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses wird gemäß § 42 Abs. 4 VwGG wie folgt ergänzt:

"Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs. 2 VStG wird auf EUR 200,-- herabgesetzt."

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 14. Juli 2015 wurde der Revisionswerber als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft der Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 Glücksspielgesetz (GSpG) betreffend zwei Glücksspielgeräte für schuldig erkannt; es wurden über ihn Geldstrafen in Höhe von je EUR 1.500,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Überdies wurde ihm gemäß § 64 Abs. 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in Höhe von EUR 300,-- vorgeschrieben.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) der Beschwerde gemäß § 50 VwGVG insofern teilweise Folge, als es die Geldstrafen auf jeweils EUR 1.000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 24 Stunden herabsetzte (Spruchpunkt I.). Weiters sprach es aus, dass dem Revisionswerber die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG nicht aufzuerlegen seien (Spruchpunkt II.) und die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei (Spruchpunkt III.).

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in welcher inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung der Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die belangte Behörde erstattete keine Gegenschrift.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Liegen - wie hier - trennbare Absprüche vor, so ist die Zulässigkeit einer dagegen erhobenen Revision getrennt zu prüfen (vgl. VwGH 24.4.2018, Ra 2017/17/0924, mwN).

8 Zum Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision ist zunächst festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH 15.9.2011, Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; 30.4.2014, Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; 30.6.2016, Admiral Casinos & Entertainment AG, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie 6.9.2018, Gmalieva s.r.o. u.a., C- 79/17). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom 11. Juli 2018, Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 30. April 2014, Pfleger, C-390/12.

9 Im Übrigen stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch EuGH 28.2.2018, Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie VwGH 11.7.2018, Ra 2018/17/0048, 0049, Rn. 24 ff).

10 Im Zusammenhang mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses wurde kein zusätzliches Vorbringen erstattet. Die Revision war daher - soweit sie sich auf Spruchpunkt I. bezieht - zurückzuweisen.

11 Darüber hinaus weist die Revision in ihrer Zulässigkeitsbegründung jedoch zu Recht darauf hin, dass die Entscheidung von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.9.1994, 94/02/0256) abweicht, weil trotz Herabsetzung der Geldstrafe keine Neufestsetzung des Verfahrenskostenbeitrages gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG erfolgt ist.

12 Über die hinsichtlich des Spruchpunktes II. der angefochtenen Entscheidung zulässige Revision hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

13 Gemäß § 64 Abs. 1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Nach Abs. 2 leg. cit. ist dieser Beitrag für das Verfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit EUR 10,--, zu bemessen.

14 Das LVwG hat im Revisionsfall mit Spruchpunkt I. die Geldstrafe auf je EUR 1.000,-- (insgesamt EUR 2.000,--) herabgesetzt. Demgemäß hätte es auch den von der belangten Behörde auferlegten Kostenbeitrag nach der verminderten Strafe festsetzen müssen (vgl. VwGH 8.6.2018, Ra 2017/17/0327, mwN).

15 Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 4 VwGG in der Sache selbst entscheiden kann, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt, war das angefochtene Erkenntnis im Umfang des Spruchpunktes II. - die genannten Voraussetzungen liegen vor - in seinem Kostenpunkt spruchgemäß zu ergänzen.

16 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

17 Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil das Verwaltungsgericht, ein Tribunal im Sinne der EMRK, eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat (VwGH 29.5.2018, Ra 2017/03/0083, mwN).

Wien, am 20. Dezember 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170225.L00

Im RIS seit

22.01.2019

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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