TE Vwgh Erkenntnis 1999/8/30 98/17/0211

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Veröffentlicht am 30.08.1999
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Index

E1E;
E3L E09301000;
E6J;
L37302 Aufenthaltsabgabe Fremdenverkehrsabgabe Nächtigungsabgabe
Ortsabgabe Gästeabgabe Kärnten;
L37303 Aufenthaltsabgabe Fremdenverkehrsabgabe Nächtigungsabgabe
Ortsabgabe Gästeabgabe Niederösterreich;
L74002 Fremdenverkehr Tourismus Kärnten;
L74003 Fremdenverkehr Tourismus Niederösterreich;
L74006 Fremdenverkehr Tourismus Steiermark;
L74007 Fremdenverkehr Tourismus Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
59/04 EU - EWR;

Norm

11992E177 EGV Art177;
11997E234 EG Art234;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art33 Abs1;
61997CJ0338 Erna Pelzl VORAB;
FremdenverkehrsabgabeG Krnt 1994;
TourismusG NÖ 1991 §13;
TourismusG NÖ 1991 §3;
TourismusG Stmk 1992;
TourismusG Tir 1991;
VwGG §38a;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):98/17/0298 E 30. August 1999 98/17/0295 E 30. August 1999

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der B AG, vertreten durch Dr. C und Dr. W, Rechtsanwälte in E, gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt St. Pölten vom 26. Mai 1998, Zl. 00/37/3-1998/Mag.De./cp, betreffend Interessentenbeitrag nach dem NÖ Tourismusgesetz für 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt St. Pölten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen die nach Bekanntgabe des Umsatzes für 1996 von S 65.502.548,91 unter Anwendung der Höchstbemessungsgrundlage erfolgte Vorschreibung des Tourismusinteressentenbeitrages 1998 in der Höhe von S 2.500,-- ab.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf Unterbleiben der Vorschreibung des Tourismusinteressentenbeitrages für das Kalenderjahr 1998 verletzt und macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Strittig ist vor dem Verwaltungsgerichtshof zunächst die Frage, ob die bescheidmäßige Vorschreibung eines Tourismusinteressentenbeitrages deshalb rechtswidrig war, weil die angewendete inländische Rechtsvorschrift gegen die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, insbesondere deren Art. 33, verstößt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschlüssen vom 12. August 1997 und 27. Oktober 1997 dem EuGH gemäß Art. 177 EGV (nunmehr Art. 234 EG) die Frage vorgelegt, ob eine Regelung, wie sie das Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetz 1994, LGBl. Nr. 59/1994, das Steiermärkische Tourismusgesetz 1992, LGBl. Nr. 55 idgF, und das Tiroler Tourismusgesetz 1991 betreffend die Fremdenverkehrsabgabe bzw. Tourismusabgabe enthalten, der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie, 77/388/EWG, widerspricht.

Mit Urteil vom 8. Juni 1999 in den verbundenen Rechtssachen C-338/97, C-344/97 und C-390/97, Pelzl u.a., Wiener Städtische Allgemeine Versicherungs AG u.a. und STUAG Bau-Aktiengesellschaft hat der EuGH ausgesprochen, dass die genannte Richtlinie einer Abgabe wie sie in den erwähnten inländischen Rechtsvorschriften vorgesehen ist, nicht entgegensteht.

Der Gerichtshof sah in diesem Urteil als wesentliche Merkmale der Mehrwertsteuer an: allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte; Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält; Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beiträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, so dass sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird.

Die Abgabe nach den der Vorlage zugrunde liegenden Landesgesetzen belaste aber den Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie kommerzielle Umsätze nicht so, wie es für die Mehrwertsteuer kennzeichnend sei. Es sei kein Abzug der zuvor bereits erhobenen Beträge vorgesehen, so dass sich die Abgaben nicht nur auf den Mehrwert auf einer bestimmten Produktions- und Vertriebsstufe, sondern auf den Gesamtumsatz der abgabepflichtigen Unternehmen beziehen. Weiters würden die Abgaben nicht in einer für die Mehrwertsteuer kennzeichnenden Weise auf den Endverbraucher abgewälzt. Auch wenn man davon ausgehen könne, dass ein Unternehmen, das an den Endverbraucher verkaufe, bei seiner Preisbildung die in seine Kosten eingeflossene Abgabe berücksichtige, so hätten doch nicht alle Unternehmen die Möglichkeit, die Belastung in dieser Weise oder in vollem Umfang abzuwälzen. Überdies sei es, da sich die Tourismusabgaben - mit bestimmten Befreiungen - nach dem jährlichen Gesamtumsatz bemessen, nicht möglich, den Betrag der bei jedem einzelnen Verkauf oder jeder einzelnen Dienstleistung auf den Kunden abgewälzten Abgabe genau zu bestimmen; die Voraussetzung der Proportionalität dieses Betrages zu den Preisen, die der Abgabepflichtige als Gegenleistung erhalte, sei daher nicht erfüllt.

Insgesamt folgerte der Gerichtshof daraus, dass die Tourismusabgaben keine Verbrauchssteuern seien, die der Endverbraucher des Produkts zu tragen hätte, sondern Abgaben auf die Tätigkeit der Unternehmen, die vom Tourismus betroffen seien.

Die Regelung des Interessentenbeitrages in Niederösterreich entspricht in den wesentlichen Grundzügen jener in den Ländern Kärnten, Steiermark und Tirol. Es liegen keine für die Beurteilung, ob der Intersessentenbeitrag als Abgabe mit dem "Charakter von Umsatzsteuern" anzusehen ist, relevanten Unterschiede vor.

Der Europäische Gerichtshof hat mit dem genannten Urteil vom 8. Juni 1999 in den verbundenen Rechtssachen C-338/97, C-344/97 und C-390/97 somit auch die hier entscheidungserhebliche Frage im Ergebnis verneint.

Damit ist diese in der Beschwerde vertretene Auffassung widerlegt.

Erstmals in der Beschwerde wird weiters vorgebracht, die Vorschreibung des Tourismusinteressentenbeitrages widerspreche auch dem Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie des Rates 92/12/EWG über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (Systemrichtlinie). Der Interessentenbeitrag knüpfe nach den Bestimmungen des NÖ Tourismusgesetzes unmittelbar an den Jahresumsatz und mittelbar an die darin enthaltenen Umsätze an Alkohol und alkoholischen Getränken an. Es komme daher zu einer "EU-rechtlich nicht erwünschten Mehrfachbesteuerung".

Gemäß § 13 Abs. 2 NÖ Tourismusgesetz 1991, 7400-3, sind die Interessentenbeiträge in den im Anhang zu diesem Gesetz genannten Promillebeträgen vom innerhalb der Gemeinde erzielten Jahresumsatz zu entrichten, wobei ein Freibetrag von 2 Mio. S bei dem der Berechnung zugrundezulegenden Jahresumsatz außer Ansatz bleibt. Die Interessentenbeiträge sind jedoch mit jenem Betrag begrenzt, der sich bei der Anwendung des jeweiligen Promillesatzes auf einen Jahresumsatz von 7 Mio S ergibt.

Nach § 13 Abs. 4 lit. a NÖ Tourismusgesetz 1991, 7400-3, ist unter Jahresumsatz, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist, die Summe der im zweitvorangegangenen Jahr erzielten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663/1994 in der Fassung BGBl. Nr. 21/1995 (ausgenommen Ausfuhrlieferungen im Sinne des § 7, Lohnveredlung an Gegenständen der Ausfuhr des § 8, Umsätze für die Seeschifffahrt und für die Luftfahrt des § 9 UStG 1994, BGBl. Nr. 663/1994 in der Fassung BGBl. Nr. 21/1995, und jedwede Warenbewegung in das Gemeinschaftsgebiet außerhalb Österreichs sowie Lohnveredelungen für Auftraggeber aus dem Gemeinschaftsgebiet außerhalb Österreichs), für Betriebsstätten im Land Niederösterreich zu verstehen.

Der für die Erhebung des Tourismusinteressentenbeitrages 1998 von der Beschwerdefürerin bekannt gegebene Umsatz des Jahres 1996 beträgt S 65.502.548,91. Die belangte Behörde hat daher gemäß § 13 Abs. 2 NÖ Tourismusgesetz 1991 die Höchstbemessung von S 7 Mio für die Berechnung des Tourismusinteressentenbeitrages herangezogen.

Eine nähere Auseinandersetzung mit der Frage, ob die Erhebung des NÖ Tourismusinteressentenbeitrages der Systemrichtlinie widersprechen könnte, erübrigt sich, weil selbst im Falle des Verstoßes gegen die Systemrichtlinie und dann zu Unrecht erfolgter Einrechnung der Getränkesteuer in den von der Beschwerdeführerin bekannt gegebenen Umsatz nach § 1 Abs.1 Z.1 UStG 1994 keine Änderung in der Bemessungsgrundlage des Tourismusinteressentenbeitrages im Beschwerdefall eintreten kann. Auch bei Herausrechnung der Getränkesteuer aus dem bekannt gegebenen Umsatz von S 65.502.548,91 kann die Bemessungsgrundlage nicht unter die Höchstbemessung fallen. Die Beschwerdeführerin kann daher auch durch den allfällig zu hoch bekannt gegebenen Umsatzbetrag nicht in ihren Rechten verletzt sein.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. August 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998170211.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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