TE Vwgh Erkenntnis 1999/8/30 97/17/0366

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Veröffentlicht am 30.08.1999
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Index

E1E;
E3L E09301000;
E6J;
L37302 Aufenthaltsabgabe Fremdenverkehrsabgabe Nächtigungsabgabe
Ortsabgabe Gästeabgabe Kärnten;
L74002 Fremdenverkehr Tourismus Kärnten;
L74006 Fremdenverkehr Tourismus Steiermark;
L74007 Fremdenverkehr Tourismus Tirol;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/04 Steuern vom Umsatz;
59/04 EU - EWR;

Norm

11992E177 EGV Art177;
11997E234 EG Art234;
31977L0388 Umsatzsteuer-RL 06te Art33 Abs1;
61997CJ0338 Erna Pelzl VORAB;
B-VG Art7 Abs1;
FremdenverkehrsabgabeG Krnt 1994;
TourismusG Stmk 1992 §1 Z5 idF 1994/61;
TourismusG Stmk 1992 §1 Z5;
TourismusG Stmk 1992 §2;
TourismusG Stmk 1992 §27;
TourismusG Stmk 1992 §29;
TourismusG Stmk 1992 §31 Abs1 idF 1994/61;
TourismusG Stmk 1992 §31;
TourismusG Stmk 1992 §34;
TourismusG Stmk 1992 §8 idF 1994/61;
TourismusG Tir 1991;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §2;
VwGG §38a;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):97/17/0367 Serie (erledigt im gleichen Sinn):97/17/0370 E 30. August 1999 97/17/0368 E 30. August 1999 97/17/0369 E 30. August 1999

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der D GesmbH, vertreten durch Dr. A Rechtsanwalts-Kommandit -Partnerschaft in W, gegen die Bescheide der Steiermärkischen Landesregierung 1.) vom 13. März 1997, Zl. LFVA 60 0204-117/96, und 2.) vom 3. März 1997, Zl. LFVA 60 1108-197/97, jeweils betreffend Tourismusinteressentenbeiträge für 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden der belangten Behörde schrieb diese der beschwerdeführenden Partei hinsichtlich deren Organtochter K HandelsgesmbH für das Jahr 1996 Tourismusinteressentenbeiträge vor, und zwar

mit dem erstangefochtenen Bescheid für die Betriebsstätte B in der Höhe von S 1.080,--,

mit dem zweitangefochtenen Bescheid betreffend die Betriebsstätte L in der Höhe von S 2.250,--.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, nach Ablehnung ihrer Behandlung durch den Verfassungsgerichtshof dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerden.

Die beschwerdeführende Partei bekämpft diese Bescheide vor dem Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Sie erachtet sich in ihrem Recht auf Freiheit von Tourismusbeiträgen verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten der Verwaltungsverfahren vorgelegt und Gegenschriften erstattet, in denen sie die Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschlüssen vom 12. August 1997 und 27. Oktober 1997 dem EuGH gemäß Art. 177 EGV (nunmehr Art. 234 EG) die Frage vorgelegt, ob eine Regelung, wie sie das Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetz 1994, LGBl. Nr. 59/1994, das Steiermärkische Tourismusgesetz 1992, LGBl. Nr. 55 idgF, und das Tiroler Tourismusgesetz 1991 betreffend die Fremdenverkehrsabgabe bzw. Tourismusabgabe enthalten, der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie, 77/388/EWG, widerspricht.

Mit Urteil vom 8. Juni 1999 in den verbundenen Rechtssachen C-338/97, C-344/97 und C-390/97, Pelzl u.a., Wiener Städtische Allgemeine Versicherung AG u.a. und STUAG Bau-Aktiengesellschaft hat der EuGH ausgesprochen, dass die genannte Richtlinie einer Abgabe wie sie in den erwähnten inländischen Rechtsvorschriften vorgesehen ist nicht entgegensteht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 1 Z. 5, § 8 Abs. 1, § 27 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 des Steiermärkischen Tourismusgesetzes 1992, LGBl. Nr. 55/1992 in der im Beitragsjahr 1996 maßgeblichen Fassung der Novelle LGBl. Nr. 61/1994, lauteten (auszugsweise):

"§ 1

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet:

...

5. Tourismusinteressent: alle natürlichen und juristischen Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts, verwandte rechtsfähige Gesellschaftsformen sowie Erwerbsgesellschaften bürgerlichen Rechts, die

a) in der Steiermark eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Umsatzsteuergesetz 1972, BGBl. Nr. 223, in der Fassung BGBl. Nr. 818/1993, selbstständig ausüben,

b) wirtschaftlich unmittelbar oder mittelbar am Tourismus in der Steiermark interessiert sind und

c) zu diesem Zweck in einer Tourismusgemeinde des Landes einen Sitz, Standort oder eine Betriebsstätte im Sinne der §§ 25, 27 und 28 der Steiermärkischen Landesabgabenordnung (LAO), LGBl. Nr. 158/1963, in der jeweils geltenden Fassung, haben;

...

§ 8

Mitglieder des Tourismusverbandes

(1) Die Tourismusinteressenten sowie die Gemeinde bzw. im Falle des § 4 Abs. 3 die Gemeinden im Gebiet des Tourismusverbandes sind seine gesetzlichen Mitglieder. ...

...

§ 27

Beitragspflicht

(1) Die Tourismusinteressenten (§ 1 Z. 5) haben für jedes Kalenderjahr (Beitragszeitraum) Interessentenbeiträge zu entrichten.

...

§ 31

Beitragspflichtiger Umsatz

(1) Der beitragspflichtige Umsatz ist, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, die Summe der im zweitvorangegangenen Jahr erzielten steuerbaren Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Z. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1972. ..."

§ 2 Abs. 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes 1972, BGBl. Nr. 223/1972 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 818/1993, lautete (auszugsweise):

"§ 2. (1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbstständig ausgeübt,

...

2. wenn eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen hat. Eine juristische Person ist dem Willen eines Unternehmers dann derart untergeordnet, dass sie keinen eigenen Willen hat (Organgesellschaft), wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in sein Unternehmen eingegliedert ist. ..."

Strittig vor dem Verwaltungsgerichtshof ist zunächst die Frage, ob die bescheidmäßige Vorschreibung einer Fremdenverkehrsabgabe deshalb rechtswidrig war, weil die angewendete inländische Rechtsvorschrift gegen die Sechste Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern, Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage, insbesondere deren Art. 33, verstößt. Der Europäische Gerichtshof hat mit dem genannten Urteil vom 8. Juni 1999 in den verbundenen Rechtssachen C-338/97, C-344/97 und C-390/97 diese Frage verneint.

Damit ist die in den Beschwerden vertretene Auffassung widerlegt.

Die beschwerdeführende Partei macht weiters geltend, der Umstand, dass sie für ihre Organtochter zur Leistung von Tourismusinteressentenbeiträgen herangezogen werde, erweise die enge Verknüpfung mit dem Umsatzsteuerrecht. Ohne eine derartige Verknüpfung (also ohne Qualifikation der anderen Abgabe als eine zweite Umsatzsteuer) wäre es überhaupt nicht sachlich gerechtfertigt, sie für Tourismusinteressentenbeiträge, die sich auf eine andere juristische Person beziehen und die an deren Umsätzen gemessen werden, als Zahlungspflichtige heranzuziehen.

Diesem Einwand ist Folgendes entgegenzuhalten:

Die Höhe des Tourismusinteressentenbeitrages nach dem Steiermärkischen Tourismusgesetz 1992 für das Beitragsjahr 1996 knüpft - differenzierend nach dem aus dem Fremdenverkehr erzielten Nutzen - an Umsätze im Sinne des UStG 1972 (vgl. § 31 Abs. 1 Steiermärkisches Tourismusgesetz 1992), die Beitragspflicht selbst an die Unternehmereigenschaft im Sinne des UStG 1972 (vgl. § 1 Z. 5 Steiermärkisches Tourismusgesetz 1992) an. Diese Anknüpfung widerspricht an sich nicht dem Sachlichkeitsgebot (vgl. das zum Kärntner Fremdenverkehrsabgabegesetz ergangene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 1985, Slg. Nr. 10.455).

Umsätze von Organgesellschaften, also von solchen Gesellschaften, denen es an der Selbstständigkeit im Sinne des § 2 UStG 1972 fehlt und denen umsatzsteuerrechtlich die Stellung eines Betriebes im Unternehmen des Organträgers zukommt, sind umsatzsteuerrechtlich dem Organträger zuzurechnen (vgl. hiezu Kranich-Siegl-Waba, Kommentar zur Mehrwertsteuer II, Rz 310 bis 312, zu § 2 UStG 1972). Der Verweis in §§ 1 Z. 5, 8 Abs. 1 und 31 Abs. 1 des Steiermärkischen Tourismusgesetzes 1992 auf das Umsatzsteuerrecht bewirkt nun, dass der Organträger für die im Betrieb der Organgesellschaft erzielten Umsätze nach dem zitierten Landesgesetz beitragspflichtig ist.

Auch wenn es sich nach dem Vorgesagten bei dem Tourismusinteressentenbeitrag (europarechtlich) nicht um eine der Umsatzsteuer gleichartige Abgabe handelt, liegt es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im Gestaltungsspielraum des Steiermärkischen Landesgesetzgebers, den in einem gesteigerten Umsatz (der Organgesellschaft) verkörperten Fremdenverkehrsnutzen dem Organträger zuzurechnen, weil die Organgesellschaft diesem derart untergeordnet ist, dass sie über keinen eigenen Willen verfügt und nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in dessen Unternehmen eingegliedert ist. Diese Eingliederung bewirkt, dass der Fremdenverkehrsnutzen, wirtschaftlich betrachtet, im Unternehmen des Organträgers eintritt. Die vorzitierten Bestimmungen des Steiermärkischen Tourismusgesetzes 1992 begegnen daher auch unter Berücksichtigung, dass der darin enthaltene Verweis auf das UStG 1972 dessen § 2 Abs. 2 Z. 2 mitumfasst, keinen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes aus dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Sachlichkeitsgebotes. Zum gleichen Ergebnis gelangte offenbar auch der Verfassungsgerichtshof bei Ablehnung der vorliegenden Beschwerde.

Zu der in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde weiters aufgestellten Behauptung der dynamischen Verweisung des § 31 Abs. 1 Steiermärkisches Tourismusgesetz 1992 wird auf die Begründung des Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Juni 1997 verwiesen, wonach diese Bestimmung in der Fassung vor der Novelle LGBl. für die Steiermark Nr. 61/1994 nicht präjudiziell war.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Ein Kostenzuspruch hatte zu entfallen, weil die obsiegende belangte Behörde keinen Kostenersatz beantragt hatte (§ 59 Abs. 1 VwGG).

Wien, am 30. August 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997170366.X00

Im RIS seit

03.04.2001

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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