TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/2 97/18/0315

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Veröffentlicht am 02.09.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §10 Abs1;
AVG §10 Abs2;
FrG 1993 §18;
VwRallg;
ZustG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des K C, (geb. 4.9.1951), vertreten durch Dr. Marcella Zauner-Grois und Dr. Christof Dunst, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rathausstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. April 1997, Zl. SD 511/97, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) die am 9. April 1997 zur Post gegebene Berufung des Beschwerdeführers vom selben Tag gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 17. März 1997, Zl. IV-766.884/FrB/97, mit dem gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden war, als verspätet zurück.

Der Beschwerdeführer sei am 22. März 1996 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen § 37 Abs. 1 (richtig: § 87 Abs. 1) StGB zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Daraufhin habe die Erstbehörde den Beschwerdeführer mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 19. August 1996 zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt wäre, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. In der Folge habe der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 31. Jänner 1997 der Erstbehörde mitgeteilt, dass er Herrn Dr. Rudolf Mayer, Rechtsanwalt, 1060 Wien, Mariahilfer Straße 47/5/8, mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung betraut habe und habe weiters ersucht, sämtliche Zustellungen an diesen Rechtsanwalt vorzunehmen. Kurze Zeit später, nämlich mit Schreiben vom 20. Februar 1997, habe der Beschwerdeführer bekannt gegeben, dass er nunmehr Frau Dr. Marcella Zauner-Grois und Herrn Dr. Christof Dunst, Rechtsanwälte, Rathausstraße 19, 1010 Wien, mit der Vertretung beauftragt und ihnen diesbezüglich Geld- und Prozessvollmacht erteilt hätte; mit der Bitte um Kenntnisnahme des bestehenden Vollmachtsverhältnisses habe der Beschwerdeführer weiters ersucht, "die von nun an erforderlichen Zustellungen (auch) zu Handen der ausgewiesenen Vertreter vornehmen zu wollen". Dass der Beschwerdeführer gleichzeitig das Vollmachtsverhältnis zu Rechtsanwalt Dr. Rudolf Mayer gekündigt habe, habe er in diesem Schreiben nicht dargelegt.

Demnach sei die Zustellung des Erstbescheides an den Rechtsanwalt Dr. Rudolf Mayer, der diesen Bescheid am 19. März 1997 übernommen habe, ordnungsgemäß. Der angefochtene Bescheid sei daher am 19. März 1997 erlassen worden, sodass die vierzehntägige Berufungsfrist am 2. April 1997 geendet habe. Die von den Rechtsanwälten Dr. Zauner-Grois und Dr. Dunst eingebrachte Berufung, die erst am 9. April 1997 zur Post gegeben worden sei, sei als verspätet zurückzuweisen gewesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird die Auflösung einer Vollmacht eines Parteienvertreters der Behörde gegenüber, bei welcher der Vertreter eingeschritten ist, erst wirksam, wenn dieser die Auflösung mitgeteilt wird, was in Einklang mit den gemäß § 10 Abs. 2 AVG heranzuziehenden Vorschriften des Bürgerlichen Rechts steht (vgl. dazu näher etwa die hg. Erkenntnisse vom 31. Mai 1989, Zl. 89/01/0104 und vom 28. Juni 1995, Zl. 95/21/0450).

2.1. Das unter I.1. genannte Schreiben der Rechtsanwälte Dr. Marcella Zauner-Grois und Dr. Christof Dunst vom 20. Februar 1997 (Aktenblatt 80 f) lautet wie folgt:

"...

vertreten durch

Rechtsanwälte

Dr. Marcella Zauner-Grois

Dr. Christof Dunst .....

(Vollmacht einschl. Geldvollmacht erteilt)

Vollmachtsbekanntgabe

In umseits rubrizierter Rechtssache habe ich nunmehr Frau Dr. Marcella Zauner-Grois und Herrn Dr. Christof Dunst, Rechtsanwälte, Rathausstraße 19, 1010 Wien, mit der Vertretung beuaftragt und ihnen diesbezüglich Geld- und Prozessvollmacht erteilt.

Mit der Bitte um Kenntnisnahme des bestehenden Vollmachtsverhältnisses wird höflichst ersucht, die von nun an erforderlichen Zustellungen (auch) zu Handen der ausgewiesenen Vertreter vornehmen zu wollen.

Wien, am 20. Februar 1997 ..."

2.2. Entgegen der Beschwerde lässt sich aus diesem Schreiben nicht ableiten, dass damit das nach dem Schreiben des Beschwerdeführers vom 31. Jänner 1997 (Aktenblatt 42 f) zu Rechtsanwalt Dr. Rudolf Mayer bestehende Vollmachtsverhältnis aufgelöst wurde. Für eine solche Auflösung könnte zwar - für sich genommen - das Wort "nunmehr" ins Treffen geführt werden, in Verbindung mit dem - in Klammern gesetzten - Wort "auch" ergibt sich aus diesem Schreiben aber zwanglos, dass die nunmehr erteilte Vollmacht neben ein bereits bestehendes Vollmachtsverhältnis tritt. Mit ihrem Einwand, dass dieses Wort "auch" nur so verstanden werden könne, "dass Schriftstücke, die auf Grund gesetzlicher Bestimmungen dem Vertretenen persönlich zugestellt werden müssen, auch an die ausgewiesenen Vertreter zugestellt werden mögen", verkennt die Beschwerde, dass die Berufung eines Rechtsanwaltes auf eine ihm erteilte "Prozessvollmacht" in einem Verwaltungsverfahren wie dem vorliegenden nur so verstanden werden kann, dass ihm vom Vollmachtgeber eine Vollmacht im Sinn des § 10 Abs. 1 AVG erteilt wurde (wobei gemäß § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG die Berufung des Rechtsanwalts auf die ihm erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis ersetzt), und dass damit nicht nur die im § 9 Abs. 1 Zustellgesetz mit der Wendung "sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist" umschriebenen Fälle erfasst werden. Der Einwand des Beschwerdeführers, der zuständige Referent der Erstbehörde hätte erst mit der Übermittlung des Erstbescheids an die Rechtsanwälte Dr. Marcella Zauner-Grois und Dr. Christof Dunst erstmals eine wirksame Zustellung vornehmen wollen, geht ebenfalls fehl, konnte doch die persönliche Meinung des Referenten der Erstbehörde an der schon am 19. März 1997 erfolgten rechtswirksamen Zustellung des Erstbescheids an Rechtsanwalt Dr. Rudolf Mayer nichts ändern. Schließlich ist für die Beschwerde mit dem Hinweis, dass die gewählte (unter II.2.1. wiedergegebene) Formulierung bei Vollmachtsbekanntgaben regelmäßig benutzt werde und noch nie Anlass zu Missverständnissen gegeben habe, nichts gewonnen, ist doch für einen berufsmäßigen Rechtsvertreter die (von dieser Formulierung - wie aufgezeigt - eingeschlossene) Möglichkeit einer gleichzeitigen Vertretung seines Vollmachtgebers durch andere berufsmäßige Rechtsvertreter ("Doppelvertretung, Mehrfachvertretung") an sich nicht ausschließbar.

Auf dem Boden des Gesagten kann daher keine Rechtswidrigkeit darin erblickt werden, dass die belangte Behörde die erst am 9. April 1997 zur Post gegebene Berufung des Beschwerdeführers als verspätet ansah.

3. Dem bekämpften Bescheid haftet somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 2. September 1999

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Prozessvollmacht Ende Vertretungsbefugnis Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Prozeßvollmacht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997180315.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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