TE Bvwg Beschluss 2018/11/16 W139 2209121-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.11.2018
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Entscheidungsdatum

16.11.2018

Norm

BVergG 2006 §12 Abs1 Z3
BVergG 2006 §129 Abs1
BVergG 2006 §2 Z16 lita
BVergG 2006 §2 Z8
BVergG 2006 §3 Abs1 Z2
BVergG 2006 §4
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §342 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs1
BVergG 2018 §350 Abs2
BVergG 2018 §351 Abs1
BVergG 2018 §351 Abs3
BVergG 2018 §351 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W139 2209121-1/9E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Kristina HOFER über den Antrag der Bietergemeinschaft bestehend aus

1) XXXX und 2) XXXX , beide XXXX , XXXX , vertreten durch Schnitzer Rechtsanwalts GmbH, Stubenring 14, 1010 Wien, auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung betreffend das Vergabeverfahren "Sanierung Parlament: LV12 - Glasdach" der Auftraggeberin Parlamentsgebäudesanierungsgesellschaft m.b.H., Dr. Karl-Renner-Ring 3, 1010 Wien, vertreten durch Rechtsanwalt MMag. Dr. Claus Casati, Mariahilferstraße 1b/17, 1060 Wien:

A)

Der Auftraggeberin wird für die Dauer des gegenständlichen Nachprüfungsverfahrens untersagt, im Vergabeverfahren "Sanierung Parlament: LV12 - Glasdach" den Zuschlag zu erteilen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Vorbringen der Parteien/Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsatz vom 08.11.2018, beim Bundesverwaltungsgericht am selben Tag eingelangt, stellte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher ua begehrt wurde, der Auftraggeberin für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens zu untersagen, den Zuschlags im gegenständlichen Vergabeverfahren zu erteilen, verbunden mit einem Antrag auf Nichtigerklärung der Entscheidung der Zuschlagsentscheidung vom 29.10.2018, einem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, auf Akteneinsicht sowie einem Antrag auf Gebührenersatz.

Begründend führte die Antragstellerin zusammengefasst im Wesentlichen Folgendes aus:

Im April 2018 sei im Rahmen des Projektes "Sanierung Parlamentsgebäude" die (Neu)Errichtung des Glasdaches in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich ausgeschrieben worden. Beim Projekt-Parlament handle es sich derzeit um eines der öffentlichkeitswirksamsten Bauvorhaben in Österreich; ein zentrales Gewerk stelle dabei das neu zu errichtende Glasdach dar. Dabei solle das Glasdach oberhalb des Nationalratssitzungssaales den neuen oberen Raumabschluss des sanierten Parlamentsgebäudes bilden und insbesondere sowohl Tageslicht in den Sitzungssaal bringen als auch eine Sichtverbindung in das Freie schaffen. Die Errichtung des Glasdaches sei aus technischer und organisatorischer Sicht äußert komplex; nur besonders qualifizierte und erfahrene Unternehmen würden für eine fachgerechte Ausführung der gegenständlichen Arbeiten überhaupt in Betracht kommen.

Die Antragstellerin habe sich am Vergabeverfahren beteiligt und sich im Rahmen der 1. Stufe des Vergabeverfahrens (=Prä-Qualifikationsstufe) für die 2. Stufe des Vergabeverfahrens (= Angebotsstufe) qualifiziert. In weiterer Folge sei die Antragstellerin zur Legung eines (Erst-)Angebots aufgefordert worden. Die Antragstellerin habe fristgerecht ein (Erst-)Angebot gelegt. Eine Möglichkeit zur Verhandlung des (Erst-)Angebotes sei nicht vorgesehen gewesen. Am 29.10.2018 sei der Antragstellerin die Zuschlagsentscheidung bekannt gegeben worden, wonach beabsichtigt sei, den Zuschlag XXXX mit der Vergabesumme von EUR 2.496.463,22 netto zu erteilen.

Aus der Zuschlagsentscheidung folge, dass der Punkteunterscheid zwischen der präsumtiven Bestbieterin und der Antragstellerin bei 0,03 Punkten liege. Die Antragstellerin habe mit einem Angebotspreis von EUR 2.694.064,36 im Zuschlagskriterium 1 "Gesamtpreis" 74,13 Punkte (von maximal 80 Punkten) erhalten. Allerdings habe die Antragstellerin im Zuschlagskriterium 4 "Qualifikation Projektleiter" lediglich 3,33 gewichtete Punkte von maximal 5 gewichteten Punkten erhalten, da dem genannten Projektleiter aufgrund eines HTL-Abschlusses und einer Berufserfahrung von 17 oder mehr Jahren insgesamt nur 4 (anstatt 6) ungewichtete Punkte zuzusprechen gewesen seien.

Richtig sei jedoch, dass das Angebot der präsumtiven Bestbieterin vom Vergabeverfahren auszuscheiden gewesen wäre, wodurch die Antragstellerin auf den 1. Rang vorrücken würde. Darüber hinaus wären der Antragstellerin im Rahmen des Zuschlagskriteriums 4, "Qualifikation Projektleiter", anstatt der 3,33 gewichteten Punkte, tatsächlich 5 gewichtete Punkte zuzuerkennen gewesen. Folglich hätte das Angebot der Antragstellerin zusätzlich 1,67 Punkte erhalten müssen und es wäre das Angebot der Antragstellerin somit vor dem Angebot von XXXX mit 92,50 gewichteten Gesamtpunkten zu reihen gewesen. Es werde daher die Zuschlagsentscheidung, eine gesondert anfechtbare Entscheidung, angefochten.

In diesem Zusammenhang sei anzumerken, dass die Antragstellerin ein besonders hochwertiges Glas für das Glasdach angeboten habe, welches über die Mindestanforderungen gemäß den Ausschreibungsunterlagen weit hinausgehe und weitaus hochwertiger sei als jenes, das XXXX angeboten habe. Hätte die Antragstellerin dies unterlassen, wäre diese aufgrund einer besseren Bewertung im Zuschlagskriterium "Preis" ohnedies auf den 1. Rang zu reihen gewesen.

Die Antragstellerin sei auf die Errichtung des ausschreibungsgegenständlichen Glasdaches spezialisiert. Sie gelte als ein führender Anbieter der ausschreibungsgegenständlichen Leistungen und könne auf nationale und internationale Projekte im Bereich der Glastechnik verweisen. Der gegenständliche Auftrag stelle für die Antragstellerin in Anbetracht der Markt- und Wettbewerbsverhältnisse in Österreich und der mit einer Auftragserteilung verbundenen Publizitätswirkung ein wesentliches Referenzprojekt dar. Die Antragstellerin habe ihr Interesse am Vertragsabschluss auch bereits mit der Abgabe eines Angebots wie auch mit der Stellung des gegenständlichen Nachprüfungsantrages nachgewiesen.

Im Falle der Zuschlagserteilung an XXXX drohe der Verlust der Erzielung eines angemessenen Gewinnes sowie ein im bisherigen Aufwand für die Teilnahme am Vergabeverfahren, der Ausarbeitung des Teilnahmeantrages und der Teilnahme am Workshop liegender Schaden. Weiters seien Rechtsvertretungskosten und die für den gegenständlichen Antrag entrichteten Pauschalgebühren angefallen und es drohe der Verlust eines wesentlichen Referenzprojektes. Die Antragstellerin bezeichnete die Rechte, in denen sie sich als verletzt erachte. Ein Nachweis über die entrichteten Pauschalgebühren wurde beigelegt.

Zu den Gründen der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung führte die Antragstellerin zusammengefasst aus:

Das Angebot der präsumtiven Zuschlagsempfängerin sei trotz Ausscheidensgrund nicht ausgeschieden worden. Auch sei das Angebot der Antragstellerin im Rahmen eines Zuschlagkriteriums mit zu wenig Punkten bewertet worden. Eine vergabekonforme Bewertung hätte zu einem "Bietersturz" geführt, wodurch die Antragstellerin auf den 1. Rang zu reihen gewesen wäre.

Unstrittig sei, dass XXXX seinen Sitz in Deutschland und somit außerhalb Österreichs habe. Unstrittig sei weiters, dass XXXX ein reglementiertes Gewerbe ausübe. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe es - entgegen der Festlegung in Pkt. 2.1. der Beilage-B-1 - unterlassen, vor Angebotsabgabe bzw spätestens zu Angebotsabgabe eine Dienstleistungsanzeige bzw einen Gleichhaltungsantrag oder Anerkennungsantrag beim BMWFW zu stellen. Dies folge auch eindeutig aus einer Auskunft der Wirtschaftskammer Steiermark vom 06.11.2018. Hierdurch habe die präsumtive Zuschlagsempfängerin jedoch offensichtlich gegen eine Festlegung in den Ausschreibungsunterlagen verstoßen. Dadurch würden gleich mehrere Ausschlussgründe nach § 129 BVergG vorliegen: XXXX habe ein den Ausschreibungsbestimmungen widersprechendes Angebot gelegt und somit den Ausscheidenstatbestand nach § 129 Abs 1 Z 7 BVergG verwirklicht; XXXX habe seine Befugnis nicht nachgewiesen und somit den Ausscheidenstatbestand nach § 129 Abs 1 Z 1 BVergG verwirklicht; und XXXX habe, als Unternehmen mit Sitz außerhalb Österreichs, den Nachweis zur grenzüberschreitenden Erbringung eines reglementierten Gewerbes in Österreich nicht erbracht und somit den Ausscheidenstatbestand nach § 129 Abs 1 Z 11 BVergG verwirklicht.

Darüberhinaus gehe die Antragstellerin davon aus, dass die präsumtive Zuschlagsempfängerin keinen Subunternehmer für die Montage des Daches in Wien nominiert habe und die Kosten der Entsendung der Arbeitskräfte (Reisekosten; Nächtigungskosten; Tagesdiäten) nicht oder nicht hinreichend angesetzt habe. Diese widerspreche der ÖNORMB2061, wodurch auch ein Kalkulationsfehler oder-mangel vorliege, der zu einem spekulativen bzw nicht kostendeckenden Positions- bzw Gesamtpreis führe. Die präsumtive Zuschlagsempfängerin habe damit auch den Ausscheidensgrund gemäß § 129 Abs 1 Z 3 verwirklicht.

Weiters gehe die Antragstellerin davon aus, dass es die präsumtive Zuschlagsempfängerin entgegen der Festlegung in Pkt. 2.2. der Beilage-B-1, dass Bieter über eine Bonität von zumindest "geringem Insolvenzrisiko" verfügen müssten, unterlassen habe, ein vergleichbares Rating einer vergleichbaren Agentur nachzuweisen. Auch aus diesem Grund wäre das Angebot von XXXX vom Vergabeverfahren auszuscheiden gewesen.

Darüber hinaus sei das Angebot der Antragstellerin im Zuschlagskriterium 4 "Qualifikation Projektleiter" unrichtig bewertet worden. Maximal hätten in diesem Kriterium 6 ungewichtete (= 5 gewichtete) Punkte erreicht werden können. Die Maximalpunkteanzahl erhalte ein Projektleiter mit einer Erfahrung "Lang" (17 Jahre und mehr) und einer Ausbildung "Hoch" (Dipl.-Ing., Dipl.-Ing. (FH), Mag., Meisterprüfung). Im Falle einer Ausbildung "Mittel" (HTL-Abschluss, Lehrabschluss) in Kombination mit einer Erfahrung "Lang" (17 Jahre und mehr) erhalte der nominierte Projektleiter 4 ungewichtete Punkte.

Seitens der Antragstellerin sei als Projektleiter Herr Ing. XXXX nominiert worden. Dieser verfüge über mehr als 17 Jahre Berufserfahrung; auch verfüge dieser über einen HTL-Abschluss. Es handle sich um einen der führenden österreichischen Experten im Bereich der Errichtung von Glasdächern. Die Vergabe von 4 ungewichteten Punkten sei mit der Ausbildung "HTL-Abschluss" begründet worden. Die Auftraggeberin übersehe dabei, dass die Ausbildung "HTL-Abschluss" aufgrund gesetzlicher Vorgaben, des Bundesgesetzes über den Nationalen Qualifikationsrahmen, mit der Ausbildung "Meisterprüfung" gleichzusetzen sei. Eine unterschiedliche Behandlung (durch eine unterschiedliche Bepunktung) wäre unsachlich, rechtswidrig und daher auch vergaberechtswidrig. Herr Ing. XXXX hätte sohin richtigerweise 6 ungewichtete bzw 5 gewichtete Punkte erhalten müssen.

Sofern aus der Aktenlage nicht klar ersichtlich sein sollte, ob und in welchem Umfang die Auftraggeberin das Angebot von XXXX (insbesondere hinsichtlich der geforderten Befugnis, der Kalkulation infolge der Entsendung von Arbeitern nach Österreich, der Gleichwertigkeit eines Nachweises zur KSV- Auskunft etc) geprüft habe, so sei die Zuschlagsentscheidung überdies bereits aus diesem Grund für nichtig zu erklären.

Zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung wurde ausgeführt, dass eine Untersagung der Verfahrensfortführung zwingend erforderlich sei, andernfalls unumkehrbare Tatsachen durch die rechtswidrige Zuschlagserteilung geschaffen würden. Der Untersagung der Zuschlagserteilung für die Dauer des Nachprüfungsverfahren (bzw einer einstweiligen Aussetzung der Zuschlagsentscheidung) würden keine vergleichbaren Interessen der Auftraggeberin und/oder der sonstigen Mitbieter entgegenstehen. Auch seien besondere öffentliche Interessen, die einer einstweiligen Verfügung entgegenstehen würden, nicht ersichtlich.

1. Am 05.11.2018 erteilte die Auftraggeberin allgemeine Auskünfte zum Vergabeverfahren. Zur beantragten Erlassung der einstweiligen Verfügung führte die Auftraggeberin aus, dass der Erlassung insofern zugestimmt werde, als der Auftraggeberin nur die Zuschlagserteilung für die Dauer von sechs Wochen ab Eingang des Nachprüfungsverfahrens untersagt werde.

2. Am 15.11.2018 äußerte sich die präsumtive Zuschlagsempfängerin, die XXXX XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH, Gauermanngasse 2, 1010 Wien, zum Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Es bedürfe des Eventualantrages auf Aussetzung der Zuschlagsentscheidung vor dem Hintergrund der Rechtsfolgen des § 351 Abs 2 BVergG 2018 nicht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt:

Aufgrund der vorgelegten Stellungnahmen sowie der Bezug nehmenden Beilagen wird vorerst im Rahmen des Provisorialverfahrens folgender entscheidungserheblicher Sachverhalt festgestellt:

Auftraggeberin ist die Parlamentsgebäudesanierungsgesellschaft m. b.H. Diese schrieb im April 2018 im Rahmen der Sanierung des Parlamentsgebäudes die Herstellung des Glasdaches über dem Nationalratssitzungssaal des Parlamentsgebäudes (Ausschreibungsgegenstand LV12 - Glasdach) in einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich nach dem Bestbieterprinzip aus. Vergebende Stelle ist die Vasko + Partner Ingenieure ZT für Bauwesen und Verfahrenstechnik GmbH.

Gemäß § 2 Parlamentsgebäudesanierungsgesetz (PGSG) dürfen die Kosten der nachhaltigen Sanierung des Parlamentsgebäudes EUR 352,2 Mio nicht übersteigen. Die Kosten der Interimslokation und der Übersiedlung dürfen gemäß § 3 PGSG EUR 51,4 Mio nicht übersteigen. Im Bericht des Rechnungshofes "Sanierung des Parlamentsgebäudes - Vertiefter Vorentwurf" vom Februar 2017 wird ausgeführt, dass in der Gesamtkostenschätzung für die Sanierung des Parlamentsgebäudes für Reserven, Risiken und Unvorhergesehenes rd. EUR 76,3 Mio bzw ein Zuschlag von rund 35,1 % berücksichtigt wurden. Weiters wird festgehalten, dass der vorliegende Terminplan ambitioniert ist, weil ua zahlreiche Vergaben für die Bauausführung bevorstehen und die Bekämpfung von Vergabeentscheidungen zu Verzögerungen des Projektablaufs führen können, weswegen der Rechnungshof auch empfahl, Szenarien auszuarbeiten, um auf etwaige Terminverzögerungen flexibel reagieren zu können.

Die gegenständliche Ausschreibung blieb unangefochten. Die Antragstellerin beteiligte sich am Vergabeverfahren und wurde zur Angebotslegung aufgefordert. Die Antragstellerin legte fristgerecht ein Angebot. Die Angebotsöffnung erfolgte am 14.09.2018.

Am 29.10.2018 wurde der Antragstellerin per Telefax mitgeteilt, der XXXX XXXX , XXXX , XXXX , den Zuschlag erteilen zu wollen.

Am 08.11.2018 brachte die Antragstellerin den gegenständlichen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung verbunden mit einem Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung vom 29.10.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Antragstellerin entrichtete für ihren Antrag (auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) eine Pauschalgebühr in der Höhe von insgesamt EUR 1.621--.

Es wurde weder der Zuschlag erteilt noch wurde eine Widerrufsentscheidung bekanntgegeben oder der Widerruf erklärt.

2. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

2.1.Anzuwendendes Recht

Am 21.08.2018 ist das Bundesvergabegesetz 2018, BGBl I, Nr 65/2018, in Kraft getreten. Dessen § 376 lautet auszugsweise:

§ 376. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit Ausnahme der Einträge im Inhaltsverzeichnis zu den §§ 62, 66, 232, 237, 367 und 368 und der §§ 54 Abs. 2, 62 samt Überschrift, 66 samt Überschrift, 223 Abs. 2, 232 samt Überschrift, 237 samt Überschrift, 367 samt Überschrift, 368 samt Überschrift und des 2. Abschnittes von Anhang VIII samt Überschrift mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft. Zugleich tritt das Bundesvergabegesetz 2006 - BVergG 2006, BGBl. I Nr. 17/2006, außer Kraft.

(2) ...

(3) ...

(4) Für das Inkrafttreten der durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 65/2018 neu gefassten Bestimmungen gilt Folgendes: Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 bereits eingeleiteten Vergabeverfahren sind nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage zu Ende zu führen. Die im Zeitpunkt des In- bzw. Außerkrafttretens gemäß Abs. 1 und 2 beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahren sind vom Bundesverwaltungsgericht nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage fortzuführen. Hinsichtlich der Vergabeverfahren, die zum Zeitpunkt gemäß Abs. 1 und 2 bereits beendet sind, richtet sich die Durchführung von Feststellungsverfahren nach der zum Zeitpunkt der Einleitung des jeweiligen Vergabeverfahrens geltenden Rechtslage.

(5) ...

In den Erläuternden Bemerkungen (EBRV 69 BlgNR XXVI. GP) wird hierzu ausgeführt: Wenn ein Vergabeverfahren zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits eingeleitet war, ist es nach den materiellrechtlichen Vorschriften des BVergG 2006 zu Ende zu führen; wenn im Zusammenhang mit einem solchen Vergabeverfahren nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes ein Rechtsschutzverfahren anhängig gemacht wird, dann sind für das Rechtsschutzverfahren die Regelungen des 4. Teiles dieses Bundesgesetzes anzuwenden. (Prüfungsmaßstab für die Beurteilung, ob eine Rechtswidrigkeit vorliegt oder nicht, bleiben allerdings die Bestimmungen des BVergG 2006.) Ist ein Rechtsschutzverfahren hingegen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits anhängig, ist dieses Rechtsschutzverfahren gemäß Abs 4 nach den Bestimmungen des BVergG 2006 fortzuführen.

Das gegenständliche Vergabeverfahren wurde im April 2018, somit vor In-Kraft-Treten des BVergG 2018 eingeleitet. Das Nachprüfungsverfahren wurde nach In-Kraft-Treten des BVergG 2018 beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gemacht. Daraus folgt, dass materiellrechtlich die Bestimmungen des BVergG 2006 und formellrechtlich die Bestimmungen des BVergG 2018 zur Anwendung kommen.

2.2. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts und Zulässigkeit des Antrages

Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 328 Abs 1 BVergG 2018 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in den Angelegenheiten des § 327, soweit es sich nicht um die um die Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe für die Einbringung eines Feststellungsantrags, die Entscheidung über einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, die Entscheidung über den Gebührenersatz oder die Entscheidung über einen Verfahrenseinstellung nach Zurückziehung eines Nachprüfungs- oder Feststellungsantrages handelt, in Senaten. Vorliegend hat das Bundesverwaltungsgericht über die oben wiedergegebenen Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zu entscheiden. Somit liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Auftraggeberin im Sinne des § 2 Z 8 BVergG 2006 ist die Parlaments-gebäudesanierungsgesellschaft m.b.H.. Diese steht zu 51% im Eigentum der Republik Österreich und zu 49% im Eigentum der Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. Sie wurde mit dem Zweck der Vorbereitung, Durchführung und Abwicklung des gegenständlichen Projektes "Sanierung Parlament" im Rahmen der nachhaltigen Sanierung des Parlamentsgebäudes zur Erhaltung des historischen Parlamentsgebäudes in Wien und zur Sicherstellung der Erfüllung der parlamentarischen Aufgaben der Organe der Gesetzgebung des Bundes gemäß § 1 PGSG gegründet (§ 5 Abs 1 PGSG). Insofern ist die Auftraggeberin mit der Erfüllung einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe iSd § 3 Abs 1 Z 2 lit a BVergG 2006 betraut. Sie erfüllt auch die übrigen Voraussetzungen gemäß § 3 Abs 1 Z 2 BVergG 2006 und ist sohin öffentliche Auftraggeberin im Sinne der zit Bestimmung des BVergG 2006. Bei der gegenständlichen Ausschreibung handelt es sich gemäß § 4 BVergG 2006 um einen Bauauftrag. Der geschätzte Auftragswert liegt über dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 3 BVergG 2006, jener des gegenständlich angefochtenen Loses liegt unter dem relevanten Schwellenwert des § 12 Abs 1 Z 3 BVergG 2006.

Der gegenständliche Beschaffungsvorgang liegt somit im sachlichen und persönlichen Geltungsbereich des BVergG 2006. Die allgemeine Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Überprüfung des Vergabeverfahrens und zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren entsprechend § 334 Abs 2 BVergG 2018 iVm Art 14b Abs 2 Z 1 B-VG ist sohin gegeben.

Da darüber hinaus laut Stellungnahme der Auftraggeberin das Vergabeverfahren nicht widerrufen und der Zuschlag noch nicht erteilt wurde, ist das Bundesverwaltungsgericht damit gemäß § 334 Abs 2 BVergG 2018 zur Nichtigerklärung rechtswidriger Entscheidungen eines Auftraggebers und zur Erlassung einstweiliger Verfügungen zuständig.

Von einem in § 350 Abs 1 BVergG 2018 genannten offensichtlichen Fehlen der Antragsvoraussetzungen gemäß § 342 Abs 1 leg.cit. ist vorerst nicht auszugehen.

Unter der Annahme der Bekanntgabe der angefochtenen Entscheidung am 29.10.2018 wurde der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, welcher zugleich mit einem Nachprüfungsantrag gemäß § 342 Abs 1 BVergG 2018 eingebracht wurde, innerhalb der gemäß § 343 Abs 1 BVergG 2018 maßgeblichen Frist eingebracht, sodass dieser als rechtzeitig zu qualifizieren ist (§ 350 Abs 3 und 4 BVergG 2018).

Der Nachprüfungsantrag richtet sich gegen die der Antragstellerin am 29.10.2018 mitgeteilte Zuschlagsentscheidung. Bei der Zuschlagsentscheidung handelt es sich um eine gesondert anfechtbare Entscheidung gemäß § 2 Z 16 lit a sublit dd BVergG 2006. Die Antragstellerin hat die unmittelbar drohende Schädigung ihrer Interessen für den Fall, dass der Vertrag nicht mit ihr abgeschlossen werden sollte, plausibel und nachvollziehbar dargestellt. Der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung erfüllt auch die übrigen formalen Voraussetzungen des § 350 Abs 2 BVergG 2018. Die Pauschalgebühr wurde in entsprechender Höhe entrichtet (§ 340 Abs 1 Z 1, 3, 4 und 6 BVergG 2018 iVm §§ 1 BVwG-PauschGebV Vergabe 2018).

2. Inhaltliche Beurteilung des Antrages

Gemäß § 350 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag eines Unternehmers, dem die Antragsvoraussetzungen nach § 342 Abs 1 BVergG nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet erscheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers zu beseitigen oder zu verhindern.

Gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 hat das Bundesverwaltungsgericht vor der Erlassung einer einstweiligen Verfügung die voraussehbaren Folgen der zu treffenden Maßnahme für alle möglicherweise geschädigten Interessen des Antragstellers, der sonstigen Bewerber oder Bieter und des Auftraggebers sowie ein allfälliges besonderes öffentliches Interesse an der Fortführung des Vergabeverfahrens gegeneinander abzuwägen. Ergibt diese Abwägung ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung, ist der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abzuweisen.

Gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 können mit einer einstweiligen Verfügung das gesamte Vergabeverfahren oder einzelne Entscheidungen des Auftraggebers bis zur Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über eine allfällige Nichtigerklärung vorübergehend ausgesetzt oder sonstige geeignete Maßnahmen angeordnet werden. Dabei ist die jeweils gelindeste noch zum Ziel führende vorläufige Maßnahme zu verfügen.

Gemäß § 351 Abs 4 BVergG 2018 ist in einer einstweiligen Verfügung die Zeit, für welche diese Verfügung getroffen wird, zu bestimmen. Die einstweilige Verfügung tritt nach Ablauf der bestimmten Zeit, spätestens jedoch mit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über den Antrag auf Nichtigerklärung außer Kraft, in dem die betreffende Rechtswidrigkeit geltend gemacht wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, sobald die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Das Bundesverwaltungsgericht hat die einstweilige Verfügung unverzüglich auf Antrag oder von Amts wegen zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen, die zu ihrer Erlassung geführt haben, nach Ablauf der bestimmten Zeit fortbestehen.

Die Antragstellerin behauptet die Rechtswidrigkeit der ihr am 29.10.2018 bekannt gegebenen Zuschlagsentscheidung. Diese Behauptung erscheint im Hinblick auf das oben wiedergegebene Vorbringen zumindest nicht denkunmöglich. Es kann daher nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die von der Antragstellerin geltend gemachten Rechtswidrigkeiten zutreffen und sie in der Folge für den Erhalt des Auftrages in Betracht kommen würde. Über die inhaltliche Begründetheit ist im Provisorialverfahren nicht abzusprechen. Diese wird im Hauptverfahren durch den zuständigen Senat zu beurteilen sein.

Da der Antragstellerin bei Fortführung des Vergabeverfahrens die Vereitelung einer Zuschlagschance mit allen daraus erwachsenden Nachteilen droht, ist es erforderlich, das Vergabeverfahren in einem Stand zu halten, der die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht ins Leere laufen lässt und der die grundsätzliche Möglichkeit der Zuschlagerteilung an die Antragstellerin im Rahmen eines vergaberechtskonformen Verfahrens wahrt (siehe zum Zweck einer einstweiligen Verfügung auch EBRV 1171 BlgNr XXII. GP 141). Dabei ist gemäß § 351 Abs 3 BVergG 2018 die jeweils gelindeste zum Ziel führende Maßnahme anzuordnen.

Im Rahmen der Interessenabwägung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin auf finanzielle Einbußen bzw finanziellen Schaden einerseits, nämlich auf den drohenden Gewinnentgang, den frustrierten Aufwand der bisherigen Teilnahme am Vergabeverfahren, die bisherigen Kosten der Rechtsberatung und die entrichteten Pauschalgebühren, und auf den Verlust eines wichtigen Referenzprojekts andererseits verweist. Am Vorliegen dieses drohenden Schadens besteht dem Grunde nach kein Zweifel. Die entsprechende Behauptung erscheint plausibel. Ins Einzelne gehende (genaueste) Darlegungen sind nicht geboten (siehe VwGH 22.06.2011, 2009/04/0128; 24.02.2006, 2004/04/0127). Beim Verlust eines Referenzprojekts handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung um einen im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigenden (Vermögens)Nachteil (VwGH 14.04.2011, 2008/04/0065; BVwG 20.03.2014, W139 2003185-1/11E uva).

Im Rahmen der Interessenabwägung ist des Weiteren auch auf die Judikatur des Europäischen Gerichtshofs hinsichtlich des Vorrangs des primären - durch Nichtigerklärung rechtswidriger Auftraggeberentscheidungen zu gewährleistenden - Rechtsschutzes (EuGH 28.10.1999, Rs C-81/98, Alcatel Austria AG ua; 18.06.2002, Rs C-92/00, Hospital Ingenieure Krankenhaustechnik Planungs-Gesellschaft mbH) sowie auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs Bedacht zu nehmen, wonach in der Sicherstellung der Auftragserteilung an den tatsächlichen Bestbieter ein öffentliches Interesse liegt (VfGH 25.10.2002, B1369/01; siehe insb bereits BVA 25.01.2002, N-128/01-45 uvm). Letzteres erscheint gerade im Rahmen eines derart bedeutenden und auch medial beachteten Projekts wie dem gegenständlichen von besonderer Bedeutung im Rahmen der Interessenabwägung. Schließlich handelt es sich gerade bei der Erneuerung des Daches auch um einen zentralen Teil des gegenständlichen Sanierungsprojekts.

Die Auftraggeberin wie auch die präsumtive Zuschlagsempfängerin haben keine gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung sprechenden Interessen benannt. Dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine möglicherweise geschädigten Interessen sonstiger Bieter sowie sonstige besondere öffentliche Interessen, die gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung sprechen würden, bekannt. Die Auftraggeberin hat sich insofern auch nicht gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung ausgesprochen, wenn diese auf die Dauer von sechs Wochen ab Eingang des Nachprüfungsantrages befristet werden würde.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass dem Vorhaben der Parlamentssanierung ein besonderes Gewicht zukommt und eine zügige Abwicklung des gegenständlichen Projektes angesichts der festgelegten Kostenobergrenze, der damit zusammenhängenden Bereitstellung einer Interimslokation und der notwendigen Übersiedlungen sowie der denkmalschutzrechtlichen Erwägungen von erheblicher Bedeutung ist. Dennoch hat die Auftraggeberin die betreffenden notwendigen Vergabeverfahren vergaberechtskonform abzuführen. Demnach hat entsprechend der ständigen Rechtsprechung ein gewissenhafter Auftraggeber die durch die Einleitung von Vergabekontrollverfahren allenfalls eintretenden zeitlichen Verzögerungen und einen eventuellen finanziellen Mehraufwand schon bei seiner Ablaufplanung einzukalkulieren und zu berücksichtigen. Dies gilt umso mehr bei Auftragsvergaben mit hohen Auftragswerten, da die Wahrscheinlichkeit möglicher Nachprüfungsverfahren mit der Komplexität bzw der Größenordnung des Auftrages, insbesondere des Auftragswertes, zunimmt (siehe VfGH 01.08.2002, B1194/02; weiters ua BVwG 09.10.2014, W139 2012408-1/3E uva; R. Madl in Heid/Preslmayr, Handbuch Vergaberecht4, Rz 2222). In diesem Zusammenhang ist auch festzuhalten, dass im Verlauf eine Großprojektes bereits eingetretene Verzögerungen bzw Zeitverluste nicht durch die Nichterlassung einer einstweiligen Verfügung "wettgemacht" werden können. Tatsächlich dürfte die Auftraggeberin allfällige Verfahrensverzögerungen durch Vergabekontrollverfahren allerdings ohnehin einkalkuliert haben, zumal sie sich nicht gegen die Erlassung einer einstweiligen Verfügung ausspricht, sofern diese die Untersagung der Zuschlagserteilung für die Dauer von sechs Wochen ab Einlangen des Nachprüfungsantrags umfasst.

Da unter Zugrundelegung obiger Überlegungen ein Überwiegen der nachteiligen Folgen einer einstweiligen Verfügung gemäß § 351 Abs 1 BVergG 2018 nicht anzunehmen ist, sondern vielmehr das Interesse der Antragstellerin an der Prüfung der angefochtenen Entscheidung der Auftraggeberin als überwiegend anzusehen ist, war die im Spruch ersichtliche Sicherungsmaßnahme als gelindeste noch zum Ziel führende Maßnahme iSd § 351 Abs 3 BVergG 2018 auszusprechen, als damit die Schaffung von unumkehrbaren Tatsachen zum Nachteil der Wettbewerbsposition der Antragstellerin im gegenständlichen Vergabeverfahren vermieden wird.

Zur Dauer der Provisorialmaßnahme ist auszuführen, dass eine einstweilige Verfügung für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens nach derzeit herrschender Rechtsprechung gemäß § 351 Abs 4 BVergG 2018 als hinreichend befristet zu bewerten ist (ua BVwG 10. 01. 2014, W187 2000170-1/11; 20.03.2014, W139 2003185-1/11E; 23.10.2014, W114 2013254-1/6E; siehe auch VwGH 10. 12. 2007, AW 2007/04/0054). Durch die Begrenzung der einstweiligen Verfügung mit der Dauer des abzusichernden Nachprüfungsverfahrens wird die Dauer der einstweiligen Verfügung bestimmbar gemacht (Kodek in Angst/Oberhammer, Kommentar zur Exekutionsordnung³ [2015], § 391 Rz 2). Die Zeit bemisst sich nach der Dauer des Nachprüfungsverfahrens.

§ 351 Abs 4 BVergG 2018 verlangt lediglich die Festsetzung einer Zeit, legt im Gegensatz zu den Vorgängergesetzen keine Höchstfrist fest. Aus dem Zweck der einstweiligen Verfügung, nämlich der Absicherung eines effektiven Nachprüfungsverfahrens, ergibt sich, dass die einstweilige Verfügung für die gesamte Dauer des Nachprüfungsverfahrens erlassen werden soll und mit dieser Dauer durch das Gesetz überdies begrenzt ist.

Wenn die Auftraggeberin eine Befristung mit der sechs wöchigen Entscheidungsfrist vor Augen hat, so ist sie darauf zu verweisen, dass sie zum einen ihr diesbezügliches Begehren nicht näher begründet und belegt hat und zum anderen dass sie durch eine derartige Bestimmung der Zeit mit der Dauer des Nachprüfungsverfahrens nicht belastet ist. Die Entscheidungsfrist des Bundesverwaltungsgerichts wird dadurch nicht verlängert, die Antragstellerin kann jederzeit bei Wegfall der Voraussetzungen für die Erlassung der einstweiligen Verfügung deren Aufhebung beantragen und die einstweilige Verfügung tritt mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag außer Kraft. Von der Bestimmung einer nach einem bestimmten Datum festgesetzten Frist wurde daher abgesehen (zB BVwG 10.01.2014, W187 2000170-1/11; 04.05.2015, W187 2106525-1/2E; siehe auch VwGH 10.12.2007, AW 2007/04/0054).

Zu B)

Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl dazu VwGH 06.11.2002, 2002/04/0138;

30.06.2004, 2004/04/0028; 01.02.2005, 2005/04/0004; 29.06.2005, 2005/04/0024; 24.02.2006, 2004/04/0127; 01.03.2007, 2005/04/0239;

27.06.2007, 2005/04/0254; 10.12.2007, AW 2007/04/0054; 29.02.2008, 2008/04/0019; 14.01.2009, 2008/04/0143; 14.04.2011, 2008/04/0065;

22.06.2011, 2009/04/0128; 29.09.2011, 2011/04/0153) ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Angebot ausschreibungswidrig, Bauauftrag, Bewertung,
Bietergemeinschaft, Dauer der Maßnahme, drohende Schädigung,
einstweilige Verfügung, Entscheidungsfrist, Frist, gelindeste
Maßnahme, gelindestes Mittel, Interessenabwägung,
Mindestanforderung, Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren,
Nichtigerklärung der Zuschlagsentscheidung, öffentliche Interessen,
öffentlicher Auftraggeber, Provisorialverfahren, Punktevergabe,
Referenzprojekt, Schaden, Untersagung der Zuschlagserteilung,
Vergabeverfahren, Verhandlungsverfahren, vorherige Bekanntmachung,
Zuschlagsverbot für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W139.2209121.1.00

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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