TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/26 L503 2201611-1

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Veröffentlicht am 26.07.2018
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Entscheidungsdatum

26.07.2018

Norm

AlVG §10
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs5

Spruch

L503 2201611-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. DIEHSBACHER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichter Herrn KOLLER und Mag. SIGHARTNER über die Beschwerde von XXXXgegen den Bescheid des AMS Linz vom 10.07.2018 zur Versicherungsnummer XXXX, betreffend Ausschluss der aufschiebenden Wirkung, zu Recht erkannt:

A.) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B.) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit Bescheid vom 29.6.2018 sprach das AMS aus, dass die Notstandshilfe für den nunmehrigen Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: "BF") mangels Arbeitswilligkeit ab 6.6.2018 eingestellt wird. Begründend wurde ausgeführt, dass innerhalb eines Jahres drei Sanktionen gem. § 10 AlVG verhängt worden seien, weil sich der BF geweigert habe, eine zumutbare Beschäftigung anzunehmen bzw. die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt habe.

2. Mit Schreiben vom 8.7.2018 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 29.6.2018. In seiner Beschwerde bemängelte der BF, dass die erste und zweite Sperre noch beim "VwGH" (richtig wohl: BVwG) anhängig sei; im Hinblick auf die dritte Sperre habe er bis dato keinen Bescheid erhalten. Er weise zudem darauf hin, dass er wegen Hautkrebs in Behandlung sei.

3. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 10.7.2018 schloss das AMS die aufschiebende Wirkung der Beschwerde des BF gegen den Bescheid des AMS vom 29.6.2018 gem. § 13 Abs 2 VwGVG iVm § 56 Abs 2 und § 58 AlVG aus.

Begründend führte das AMS insbesondere aus, § 10 AlVG sanktionierte durch befristeten Leistungsausschluss diejenigen Personen, die erforderliche Anstrengungen zur Beendigung der Arbeitslosigkeit schuldhaft unterlassen oder vereiteln.

Die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung sei das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung. Hierzu werde festgestellt, dass der BF seit 11.4.2005 Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, unterbrochen durch Krankengeldbezüge, beziehe. Zuletzt sei er vom 5.1.2007 bis zum 4.2.2007 (31 Tage lang) arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen.

Eine Ausschlussfrist gemäß § 10 AlVG sei mit Bescheiden vom 22.12.2017 und 26.2.2018, für die Zeit vom 12.12.2017 bis 22.1.2018 und vom 23.1.2018 bis zum 19.3.2018, verhängt worden.

Der BF habe seit Jänner 2018 27 Stellenangebote vom AMS angeboten erhalten.

Sodann wies das AMS insbesondere auf die aktuelle Rechtsprechung des VwGH hin, wonach ein im öffentlichen Interesse gelegener Bedarf nach Aberkennung der aufschiebenden Wirkung im Allgemeinen insbesondere bei Einstellung der Leistung mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 9 AlVG gegeben sei, deren disziplinierender Zweck weitgehend verloren ginge, wenn sie erst Monate nach ihrer Verhängung in Kraft treten würde. Die Interessenabwägung könne vor allem dann zugunsten einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschlagen, wenn für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung einer Leistung die Einbringlichkeit des Überbezugs gefährdet sei.

Im Fall des BF sei die Einbringlichkeit der Leistung insbesondere deshalb gefährdet, da aktuell kein geregeltes Einkommen, z.B. aus einer Beschäftigung, vorliege bzw. insbesondere auch Forderungen beim AMS aus Exekutionen in Höhe von ca. € 14.500 eingelangt seien. Aus diesen Erwägungen sei die aufschiebende Wirkung der Beschwerde daher auszuschließen.

4. Mit Schreiben vom 16.7.2018 erhob der BF fristgerecht Beschwerde gegen den Bescheid des AMS vom 10.7.2018. Darin verwies er im Wesentlichen darauf, dass der bekämpfte Bescheid im Widerspruch zur Rechtsprechung des VfGH stehe, wonach der einzelne Versicherte nicht generell einseitig mit allen Folgen einer potenziell rechtswidrigen behördlichen Entscheidung so lange belastet werden dürfe, bis sein Rechtsschutzgesuch endgültig erledigt ist.

5. Am 23.7.2018 legte das AMS den Akt dem BVwG vor.

6. Mit Erkenntnissen des BVwG vom heutigen Tage, Zl. L503 2185609-1 und L503 2196833-1, wies das BVwG die Beschwerden des BF gegen verhängte Bezugssperren gem. § 10 AlVG in der Zeit vom 12.12.2017 bis 22.1.2018 bzw. vom 23.1.2018 bis zum 19.3.2018 als unbegründet ab.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der referierte Verfahrensgang wird als relevanter Sachverhalt festgestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich unmittelbar aus dem Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gem. § 56 Abs 2 AlVG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Das Vorschlagsrecht für die Bestellung der erforderlichen Anzahl fachkundiger Laienrichter und Ersatzrichter steht gem. § 56 Abs 4 AlVG für den Kreis der Arbeitgeber der Wirtschaftskammer Österreich und für den Kreis der Arbeitnehmer der Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte zu; die vorgeschlagenen Personen müssen über besondere fachliche Kenntnisse betreffend den Arbeitsmarkt und die Arbeitslosenversicherung verfügen.

Gegenständlich liegt somit die Zuständigkeit eines Senats vor.

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache gem. § 28 Abs 1 VwGVG durch Erkenntnis zu erledigen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Im konkreten: Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung

3.2.1. Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die aufschiebende Wirkung von der Behörde mit Bescheid ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Nach § 13 Abs 5 VwGVG hat die Behörde die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs 2 - sofern sie nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist - dem Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen und hat das Verwaltungsgericht ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden.

Die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs 2 VwGVG entsprechen großteils jenen des § 64 Abs 2 AVG (vgl. Lehhofer, Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ 2014, 5ff.). Auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage weisen darauf hin, dass § 13 VwGVG weitgehend der Bestimmung des § 64 AVG nachgebildet ist (RV 2009 BlgNR 24. GP). Wie auch dem Beschluss des VwGH vom 01.09.2014, Zl. 2014/03/0028, zu entnehmen ist, kann somit ohne Weiteres auf die bisherige Rechtsprechung des VwGH zurückgegriffen werden, um die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung an Hand der dort aufgestellten Kriterien zu überprüfen.

Präzisierend im Hinblick auf Bezugssperren gem. § 10 AlVG (und somit selbstverständlich auch auf eine Bezugseinstellung mangels Arbeitsunwilligkeit gem. § 9 AlVG) führte der VwGH aber etwa jüngst mir Erkenntnis vom 11.4.2018, Zl. 2017/08/0033, aus: "Ein im öffentlichen Interesse gelegener Bedarf nach einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist im Allgemeinen insbesondere bei der Verhängung einer Sperrfrist mangels Arbeitswilligkeit gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG (iVm § 38 AlVG) gegeben, deren disziplinierender Zweck weitgehend verloren ginge, wenn sie erst Monate nach ihrer Verhängung in Kraft treten würde. Die Interessenabwägung kann vor allem dann zu Gunsten einer Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ausschlagen, wenn für den Fall einer vorläufigen Weitergewährung einer Leistung die Einbringlichkeit des Überbezuges gefährdet ist. Ob eine solche Gefährdung vorliegt, hat das AMS zu ermitteln und gegebenenfalls auf Grund konkret festzustellender Tatsachen über die wirtschaftlichen Verhältnisse der betroffenen Partei festzustellen

..."

3.2.2. Legt man diese Rechtsprechung nun auf den vorliegenden Fall um, so ist zunächst nochmals darauf hinzuweisen, dass mit Erkenntnissen des BVwG vom heutigen Tage, Zl. L503 2185609-1 und L503 2196833-1, die Beschwerden des BF gegen bereits zuvor verhängte Bezugssperren gem. § 10 AlVG in der Zeit vom 12.12.2017 bis 22.1.2018 bzw. vom 23.1.2018 bis zum 19.3.2018 als unbegründet abgewiesen wurden. Das Vorbringen des BF, es sei über diese Bezugssperren noch nicht rechtskräftig entschieden, sodass es bereits insofern an einer essentiellen Voraussetzung für die Einstellung des Bezugs mangels Arbeitswilligkeit mangle, geht somit ins Leere. Gerade auch vor diesem Hintergrund ist hier die aktuelle, oben zitierte Rechtsprechung des VwGH (Erkenntnis vom 11.4.2018, Zl. 2017/08/0033) relevant, wonach der disziplinierende Zweck einer Sperrfrist mangels Arbeitswilligkeit - hier: der Einstellung des Bezugs mangels Arbeitswilligkeit - weitgehend verloren ginge, wenn die Sperre bzw. die Einstellung erst Monate nach ihrer Verhängung in Kraft treten würden. Im Übrigen ist - wenngleich dies keinerlei Vorgriff auf das entsprechende inhaltliche Verfahren bedeutet - auch prima facie nicht ersichtlich, dass die Beschwerde des BF gegen die Einstellung des Bezugs wahrscheinlich Erfolg haben wird.

Zu alldem kommt aber insbesondere noch hinzu, dass das AMS im bekämpften Bescheid konkret darauf hinweist, dass beim AMS Forderungen gegen den BF aus Exekutionen in Höhe von ca. € 14.500 eingelangt seien. Diesen Ausführungen des AMS ist der BF in seiner Beschwerde in keiner Weise entgegengetreten, sodass von deren Richtigkeit ausgegangen werden muss. In Anbetracht der vom AMS dargestellten Exekutionen erscheint die Einbringlichkeit einer allfälligen Forderung des AMS nicht nur gefährdet, sondern gar unwahrscheinlich, sodass auch insofern von einem klaren Überwiegen der öffentlichen Interessen an einem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auszugehen ist.

3.3. Somit ist die Beschwerde spruchgemäß als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gem. § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Gem. Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in Zusammenhang mit der Einstellung des Bezugs mangels Arbeitswilligkeit von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es zu Fällen wie dem gegenständlichen an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Zudem liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Einbringlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:L503.2201611.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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