TE Bvwg Beschluss 2018/10/15 W162 2185626-1

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Veröffentlicht am 15.10.2018
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Entscheidungsdatum

15.10.2018

Norm

AlVG §24
AlVG §25
AVG §38

Spruch

W162 2185626-1/3Z

B E S C H L U S S

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. über die

Beschwerde von XXXX, SVNR: XXXX, gegen den Bescheid des AMS Wien

Schloßhofer Straße vom 17.11.2017 beschlossen:

Das Verfahren wird gemäß § 38 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr.

51 idgF, (AVG) bis zur rechtskräftigen Entscheidung des beim ASG Wien anhängigen Verfahrens ausgesetzt.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer hat am 28.05.2015 beim AMS einen Antrag auf Arbeitslosengeld gestellt und dabei auch sein geringfügiges Dienstverhältnis bekanntgegeben.

Mit Bescheid vom 17.11.2017 wurde der Beschwerdeführer zum Widerruf bzw. zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 01.07.2015 bis 31.08.2015 in der Höhe von insgesamt € 3.037,38 verpflichtet. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in einem vollversicherten Dienstverhältnis bei einer namentlich genannten Firma stand.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde und brachte vor, dass ein relevantes Verfahren beim ASG Wien (angeführte Aktenzahl: XXXX) anhängig sei, das für den Ausgang des gegenständlichen Verfahrens ausschlaggebend sei. Die Zuordnung der Gehaltsverrechnung und Berechnung der Provisionen auf die Kalendermonate wäre nicht korrekt erfolgt.

Im Beschwerdevorprüfungsverfahren wurden seitens des AMS die Unterlagen bezüglich des anhängigen Gerichtsverfahrens angefordert, das Verfahren war jedoch noch nicht abgeschlossen. Demnach konnte auch keine Beschwerdevorentscheidung erlassen werden.

Die gegenständliche Beschwerde sowie der bezughabende Verwaltungsakt langten am

08.02.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Am 12.10.2018 wurde mitgeteilt, dass beim ASG Wien das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist und nicht absehbar ist, wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

II. Rechtliche Beurteilung:

2.1. Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin das AMS.

§ 56 Abs. 2 Arbeitslosenversicherungsgesetz (AlVG) normiert die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zur Entscheidung über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das

Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Die entsprechende Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet der Vorsitzende die Geschäfte des Senates und führt das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses. Er entscheidet, ob eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, eröffnet, leitet und schließt diese. Er verkündet die Beschlüsse des Senates, unterfertigt die schriftlichen Ausfertigungen, arbeitet den Erledigungsentwurf aus und stellt im Senat den Beschlussantrag.

Der Vorsitzende eines Senates darf kein Erkenntnis alleine fällen. Hinsichtlich der Beschlüsse ist zwischen verfahrensleitenden und nicht-verfahrensleitenden Beschlüssen zu differenzieren. Verfahrensleitende Beschlüssen kann der Vorsitzende alleine fassen, sofern sie nicht auch verfahrensbeendend sind (vgl. Fister/Fuchs/Sachs

Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, §9 BVwGG Anm. 3)

Gemäß § 38 AVG ist die Behörde, sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Behörde bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird.

§ 38 AVG räumt der entscheidenden Behörde ein im Sinne des Gesetzes auszuübendes Ermessen ein (vgl. VwGH 22.05.2001, 2001/05/0029 mwN), eine im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfrage, welche eine Hauptfrage in einem anderen Verfahren darstellt, selbst zu entscheiden, oder das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage auszusetzen.

Aus Sicht der entscheidenden Richterin handelt es sich bei der Aussetzung gemäß § 38 AVG um einen für die Verfahrensführung erforderlichen Beschluss, welcher, zumal er auch in einem Aktenvermerk festgehalten und der Partei formlos bekannt gegeben werden könnte (vgl. VwGH 30.04.2014, 2013/12/0220; 11.02.1992, 92/11/0006), durch die oder den Vorsitzende/n eines Senates zu treffen ist.

Wie sich aus § 17 und § 34 Abs. 2 Z 1 VwGVG schlüssig ergibt, kann das Bundesverwaltungsgericht ein Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage gemäß § 38 AVG aussetzen.

2.2. Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht:

Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles [...] sinngemäß anzuwenden.

Gemäß § 34 Abs. 2 Z 1 VwGVG werden in die Frist [Entscheidungsfrist gemäß Abs. 1 leg.cit] die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist (Z1) oder die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (Z2) nicht eingerechnet.

Im gegenständlichen Verfahren bildet der Ausgang des beim ASG Wien anhängigen Gerichtsverfahrens bezüglich der Klarstellung, in welchen Monaten dem Beschwerdeführer Provisionen zustehen bzw. die Speicherung im Hauptverbandsauszug diesbezüglich für den verfahrensgegenständlichen Bescheid die Vorfrage (vgl. VwGH 19.10.2011, 2008/08/0210; 20.10.1998, 94/08/0284).

Diese Vorfrage ist Gegenstand eines Verfahrens vor dem ASG Wien, weshalb das gegenständliche Verfahren spruchgemäß ausgesetzt wird.

Dem Beschwerdeführer wird hiermit aufgetragen, die entsprechenden Unterlagen nach rechtskräftigem Abschluss des anhängigen Verfahrens beim ASG Wien dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich vorzulegen.

Schlagworte

Aussetzung, Vorfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W162.2185626.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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