TE Bvwg Erkenntnis 2018/11/7 W182 1437114-6

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Veröffentlicht am 07.11.2018
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Entscheidungsdatum

07.11.2018

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §56
AsylG 2005 §58
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W182 1437115-6/5E

W182 1437114-6/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER als Einzelrichter über die Beschwerden 1.) der XXXX, geb. XXXX, sowie

2.) des XXXX, geb. XXXX, alle StA. Russische Föderation, alle vertreten durch: RA Dr. Josef-Michael Danler, gegen die Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl jeweils vom 21.09.2018,

1.) Zl. 13-619178502/180158997 und 2.) Zl. 13-619179804/180158423, nach § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I. Nr. 33/2013 idgF, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerden werden gemäß §§ 56, 58 Abs. 10 Asylgesetz 2005

(AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Die Erstbeschwerdeführerin (im Folgenden: BF1) und der Zweitbeschwerdeführer (im Folgenden: BF2) sind miteinander verheiratet, sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, waren im Herkunftsland in der Teilrepublik Dagestan wohnhaft, reisten Ende Jänner 2013 zusammen mit ihren beiden minderjährigen Töchtern im Alter von nunmehr 9 und 7 Jahren illegal ins Bundesgebiet ein und stellten am 31.01.2013 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründeten sie im Wesentlichen damit, dass der BF2 im Jänner 2013 Zeuge eines Mordes geworden wäre und deswegen von FSB-Kräften 2 Tage angehalten und misshandelt worden wäre. Die BF1 hätte den Mord selbst nicht gesehen, wäre aber dabei gewesen, wie ihr Gatte in ihrer Wohnung von den Männern des FSB mitgenommen worden wäre.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 19.07.2013 wies das Bundesasylamt die Anträge der beschwerdeführenden Parteien (im Folgenden: BF) und ihrer beiden Kinder vom 31.01.2013 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I. Nr. 100/2005, als auch bezüglich der Zuerkennung des Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 leg.cit. ab; unter einem wurden sie gemäß § 10 Abs. 1 leg.cit. 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Fluchtvorbringen unglaubwürdig sei.

Die gegen die angeführten Bescheide des Bundesasylamts erhobenen Beschwerden der BF und ihrer beiden Kinder wies das Bundesverwaltungsgericht - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 18.03.2014 - mit Erkenntnissen vom 06.05.2014, u.a. Zlen. W129 1437115-1/7E (BF1) und W129 1437114-1/8E (BF2) gemäß §§ 3, 8 AsylG 2005 als unbegründet ab und verwies die Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit jeweils einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) gemäß § 75 Abs. 20 AsylG 2005 zurück. Darin wurde ausdrücklich festgehalten, dass weder festgestellt werden könne, dass die BF in der Russischen Föderation einer Verfolgung ausgesetzt waren, noch ihnen dort eine solche aktuell drohe. In der Beweiswürdigung wurde dazu ausgeführt, dass das Bundesverwaltungsgericht nach gesamtheitlicher Würdigung und im Besonderen auf Grund der mündlichen Beschwerdeverhandlung zu dem Schluss komme, dass das Vorbringen der BF im Hinblick auf die von ihnen behauptete Verfolgung und die Fluchtgründe unglaubwürdig sei und nicht den Tatsachen entspreche. In einer Gesamtbetrachtung sei das Bundesverwaltungsgericht angesichts der aufgezeigten Widersprüche, Unstimmigkeiten und Unplausibilitäten zu dem Schluss gekommen, dass das gesamte Vorbringen "als erfundenes Konstrukt zwecks Asylerlangung" zu werten sei.

Im insoweit fortgesetzten Verfahren ergingen sodann die Bescheide des Bundesamtes vom 29.12.2014, mit denen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt wurden. Unter einem wurden gegen die BF und ihre beiden Kinder Rückkehrentscheidungen erlassen und es wurde festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Schließlich setzte das Bundesamt die Frist für die freiwillige Ausreise mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen fest.

Die dagegen erhobenen Beschwerden wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 17.03.2015, u.a. Zlen. W221 1437115-2/4E (BF1) und W221 1437114-2/7E (BF2) als unbegründet ab.

Diesbezügliche Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung von (außerordentlichen) Revisionen wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 16.05.2015 wegen Aussichtslosigkeit ab.

Im XXXX wurde eine dritte, nunmehr bald XXXX Tochter der BF im Bundesgebiet geboren. Deren Antrag auf internationalen Schutz wurde - unter gleichzeitiger Erlassung einer Rückkehrentscheidung - vom Bundesamt mit Bescheid vom 29.12.2014 ebenfalls zur Gänze abgewiesen. Das die diesbezügliche Beschwerde abweisende Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes datiert vom 17.03.2015. Auch in Bezug auf diese Entscheidung versagte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 27.05.2015 wegen Aussichtslosigkeit die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung einer außerordentlichen Revision.

1.2. Die BF stellten am 13.07.2015 neuerlich Anträge auf internationalen Schutz.

Diese wurden im Wesentlichen mit den bisherigen Fluchtgründen und zusätzlich damit begründet, dass die BF auch in ihrer Abwesenheit von FSB-Kräften gesucht werden. Ein Abschiebetermin sei den BF nicht bekanntgegeben worden. Ihr Anwalt habe ihnen zur Stellung eines neuerlichen Asylantrages geraten. Dazu wurden neue Beweismittel in Form von handschriftlich aufgesetzten und unterfertigten Bestätigungen von Nachbarn der BF samt Reisepasskopien beigebracht, zum Beweis dafür, dass die BF weiterhin von russischen Sicherheitskräften gesucht würden; in diesem Zusammenhang werde häufig an ihrem ehemaligen Wohnort nach ihrem Verbleib gefragt.

Weiters wurde für die BF1 ein psychologischer Befundbericht eines klinischen Psychologen vom 02.06.2015 mit insbesondere der Diagnose "F43.1 posttraumatische Belastungsstörung" und "Z65.4 Opfer von Verbrechen und Terrorismus" vorgelegt. Der Kurzanamnese zufolge sei die BF1 und ihre Familie vor ca. 2 Jahren regelmäßig im Schlaf von der Polizei und von Terroristen massiv mit dem Tod bedroht worden, wobei der BF2 grundlos verschleppt und für einige Tage eingesperrt worden sei. Dazu wurde im "Procedere" ausgeführt, dass die BF1 nach wie vor unter einer besonders stark ausgeprägten Form von PTBS leide und ihr dringend eine Traumatherapie angeraten worden sei. Diesbezüglich sei u.a. Kontakt zu einem Bezirkskrankenhaus aufgenommen worden. Eine Abschiebung der gut integrierten BF1 in ihre Heimat Dagestan sei aus klinisch-psychologischer Sicht gegenwärtig nicht vertretbar.

Diese Folgeanträge wies das Bundesamt nach einer Einvernahme am 13.05.2016 mit Bescheiden vom 30.09.2016 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG zurück.

Den dagegen erhobenen Beschwerden gab das Bundesverwaltungsgericht sodann mit rechtskräftigen Erkenntnissen vom 14.11.2016, u.a. Zlen. W237 1437115-3/2E (BF1) und W237 1437114-3/2E (BF2) keine Folge. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die BF mit dem neuen Antrag bloß das "Fortbestehen und Weiterwirken" des im ersten Verfahren angeführten Fluchtgrundes und sohin keinen neuen Sachverhalt im Sinne der höchstgerichtlichen Judikatur zu § 68 Abs. 1 AVG geltend gemacht hätten. Da zudem im vorliegenden Fall die ersten Anträge der BF wegen gravierender Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten in den Aussagen abgewiesen worden seien, ändere an diesen maßgeblichen Erwägungen auch der Umstand nichts, dass nunmehr 4 im ehemaligen Wohnhaus der BF wohnhafte Nachbarinnen angeben, gesehen zu haben, dass uniformierte und maskierte Männer nach dem BF2 bzw. dessen Aufenthaltsort gefragt hätten. Was die stark ausgeprägte posttraumatische Belastungsstörung der BF1 betraf, wurde beweiswürdigend im Wesentlichen dazu ausgeführt, dass ein psychologischer Befundbericht vom 02.06.2015 vorliege, demzufolge die BF1 an einer stark ausgeprägten posttraumatischen Belastungsstörung leide. Dieser Befund sei am 21.06.2016 durch den von der belangten Behörde zeugenschaftlich befragten klinischen Psychologen auch nicht revidiert worden. Dieser habe lediglich angegeben, dass sich der Gesundheitszustand der BF1 verändert haben könnte. Dazu wurde weiters ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte das Vorliegen - auch schwerer - posttraumatischer Belastungsstörungen (EGMR 22.09.2005, Fall Kaldik, Appl. 28526) und schwerer Depressionen (EGMR 31.05.2005, Fall Ovidenko, Appl. 1383/04) sowie damit jeweils in Zusammenhang stehende Suizidgefährdungen einer Abschiebung nicht im Wege stehen. Schließlich sei, wie den aktuellen Länderfeststellungen entnommen werden könne, die medizinische Versorgung - auch für psychische Krankheitsbilder - im Herkunftsstaat grundsätzlich gewährleistet. Vor diesem Hintergrund sei eine maßgebliche Änderung des in den Personen der Beschwerdeführer liegenden (Refoulement-)Sachverhalts nicht auszumachen.

In den Länderfeststellungen wurde zur Gesundheitsversorgung im Herkunftsland festgestellt:

"[...]

Medizinische Versorgung

Das Recht auf kostenlose medizinische Grundversorgung für alle Bürger ist in der Verfassung verankert. Russland weist zwar im internationalen Vergleich eine vergleichsweise hohe Anzahl der Ärzte und der Krankenhäuser pro Kopf der Bevölkerung auf, das noch aus der Sowjetzeit stammende Gesundheitssystem bleibt aber ineffektiv (GIZ 3.2016c). Die Einkommen des medizinischen Personals sind noch immer vergleichsweise niedrig. Dies hat zu einem System der faktischen Zuzahlung durch die Patienten geführt, obwohl ärztliche Behandlung eigentlich kostenfrei ist. Infektionskrankheiten wie Tuberkulose und insbesondere HIV/AIDS, breiten sich weiter aus. In den letzten Jahren wurden in die Modernisierung des Gesundheitswesens erhebliche Geldmittel investiert. Der aktuelle Kostendruck im Gesundheitswesen führt aber dazu, dass viele Krankenhäuser geschlossen werden (AA 3.2016a, vgl. GIZ 3.2016c). In Moskau, St. Petersburg und einigen anderen Großstädten gibt es einige meist private Krankenhäuser, die hinsichtlich der Unterbringung und der technischen und fachlichen Ausstattung auch höheren Ansprüchen gerecht werden. Notfallbehandlungen in staatlichen Kliniken sind laut Gesetz grundsätzlich kostenlos. Die Apotheken in den großen Städten der Russischen Föderation haben ein gutes Sortiment, wichtige Standardmedikamente sind vorhanden. Medikamentenfälschungen mit unsicherem Inhalt kommen allerdings vor (AA 25.5.2016b).

Im Bereich der medizinischen Versorgung von Rückkehrern sind der Botschaft keine Abweichungen von der landesweit geltenden Rechtslage bekannt. Seit Jänner 2011 ist das "Föderale Gesetz Nr. 326-FZ über die medizinische Pflichtversicherung in der Russischen Föderation" vom November 2010 in Kraft und seit Jänner 2012 gilt das föderale Gesetz Nr. 323-FZ vom November 2011 über die "Grundlagen der medizinischen Versorgung der Bürger der Russischen Föderation". Laut Gesetz hat jeder Mensch Anrecht auf kostenlose medizinische Hilfestellung in dem gemäß "Programm der Staatsgarantien für kostenlose medizinische Hilfestellung" garantierten Umfang. Von diesem Programm sind alle Arten von medizinischer Versorgung (Notfallhilfe, ambulante Versorgung, stationäre Versorgung, spezialisierte Eingriffe) erfasst. Kostenpflichtig sind einerseits Serviceleistungen (Einzelzimmer u.Ä.), andererseits jene medizinischen Leistungen, die auf Wunsch des Patienten durchgeführt werden (z.B. zusätzliche Untersuchungen, die laut behandelndem Arzt nicht indiziert sind). Staatenlose, die dauerhaft in Russland leben, sind bezüglich ihres Rechts auf medizinische Hilfe russischen Staatsbürgern gleichgestellt. Bei Anmeldung in der Klinik muss die Krankenversicherungskarte (oder die Polizze) vorgelegt werden, womit der Zugang zur medizinischen Versorgung auf dem Gebiet der Russischen Föderation gewährleistet ist. Personen haben das Recht auf freie Wahl der medizinischen Anstalt und des Arztes, allerdings mit Einschränkungen. Für einfache medizinische Hilfe, die in der Regel in Polikliniken erwiesen wird, haben Personen das Recht die medizinische Anstalt nicht öfter als einmal pro Jahr, unter anderem nach dem territorialen Prinzip (d.h. am Wohn-, Arbeits- oder Ausbildungsort), zu wechseln. Davon ausgenommen ist ein Wechsel im Falle einer Änderung des Wohn- oder Aufenthaltsortes. In der ausgewählten Organisation können Personen ihren Allgemein- bzw. Kinderarzt nicht öfter als einmal pro Jahr wechseln. Falls eine geplante spezialisierte medizinische Behandlung im Krankenhaus nötig wird, erfolgt die Auswahl der medizinischen Anstalt durch den Patienten gemäß der Empfehlung des betreuenden Arztes oder selbständig, falls mehrere medizinische Anstalten zur Auswahl stehen. Das territoriale Prinzip sieht vor, dass die Zuordnung zu einer medizinischen Anstalt anhand des Wohn-, Arbeits-, oder Ausbildungsorts erfolgt. Das bedeutet aber auch, dass die Inanspruchnahme einer medizinischen Standardleistung (gilt nicht für Notfälle) in einem anderen, als dem "zuständigen" Krankenhaus, bzw. bei einem anderen, als dem "zuständigen" Arzt, kostenpflichtig ist. Selbstbehalte sind nicht vorgesehen. Die Versorgung mit Medikamenten ist grundsätzlich bei stationärer Behandlung, sowie bei Notfallbehandlungen kostenlos. Es wird aber berichtet, dass in der Praxis die Bezahlung von Schmiergeld zur Durchführung medizinischer Untersuchungen und Behandlungen teilweise durchaus erwartet wird (ÖB Moskau 10.2015).

Das Gesundheitswesen wird im Rahmen der "Nationalen Projekte", die aus Rohstoffeinnahmen finanziert werden, modernisiert. So wurden landesweit sieben föderale Zentren mit medizinischer Spitzentechnologie und zwölf Perinatalzentren errichtet, Transport und Versorgung von Unfallopfern verbessert sowie Präventions- und Unterstützungsprogramme für Mütter und Kinder entwickelt. Schrittweise werden die Gehälter für das medizinische Personal angehoben sowie staatliche Mittel in die Modernisierung bestehender Kliniken investiert (GIZ 3.2016c).

Medizinische Versorgung gibt es bei staatlichen und privaten Einrichtungen. Staatsbürger haben im Rahmen der staatlich finanzierten, obligatorischen Krankenversicherung (OMS) Zugang zu kostenfreier medizinischer Versorgung. Vorausgesetzt für OMS (OMS-Karte) sind gültiger Pass, Geburtsurkunde für Kinder unter 14 Jahren; einzureichen bei der nächstliegenden Krankenversicherungsfirma. Sowohl an staatlichen, wie auch privaten Kliniken bezahlte medizinische Dienstleistungen verfügbar; direkte Zahlung an Klinik oder im Rahmen von freiwilliger Krankenversicherung (Voluntary Medical Insurance DMS) (IOM 8.2015).

Kostenfreie Versorgung umfasst folgendes:

Notfallbehandlung,

Ambulante Behandlung, inklusive Vorsorge, Diagnose und Behandlung von Krankheiten zu Hause und in Kliniken

Stationäre Behandlung

Teilweise kostenfreie Medikamente (IOM 8.2015)

Quellen:

-

AA - Auswärtiges Amt (25.5.2016b): Russische Föderation - Reise- und Sicherheitshinweise,

http://www.auswaertiges-amt.de/sid_93DF338D07240C852A755BB27CDFE343/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/RussischeFoederationSicherheit_node.html, Zugriff 25.5.2016;

-

GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (3.2016c): Russland, Gesellschaft, Russland, Gesellschaft, http://liportal.giz.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 25.5.2016

-

IOM - International Organisation of Migration (8.2015):

Länderinformationsblatt Russische Föderation

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ÖB Moskau (10.2014): Asylländerbericht Russische Föderation

Dagestan

In Dagestan stehen der Bevölkerung 36 zentrale Bezirkskrankenhäuser (3979 Betten), drei Bezirkskrankenhäuser (215 Betten), 102 Lokalkrankenhäuser (1970 Betten), vier Dorfkrankenhäuser (180 Betten), fünf zentrale Bezirkspolykliniken, 175 ärztliche Ambulanzen und 1076 ambulante Versorgungspunkte zur Verfügung. Spezialisierte medizinische Hilfe erhält man in zehn städtischen und 48 republikanischen Prophylaxe- und Heileinrichtungen. Es gibt fünf Sanatorien für Kinder, zwei Kinderheime, drei Bluttransfusionseinrichtungen, sowie sieben selbstständige Notdienste und 50 Notdienste, die in andere medizinische Einrichtungen eingegliedert sind (IOM 6.2014).

Quellen:

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IOM - International Organisation of Migration (6.2014):

Länderinformationsblatt Russische Föderation

Behandlungsmöglichkeiten von psychiatrischen Krankheiten (z.B. PTBS, Depressionen, akutes Stresssyndrom, Panische Störungen, Schizophrenie etc.)

Psychiatrische Behandlungen für diverse psychische Behandlungen durch einen Psychologen/Psychiater sind in der gesamten Russischen Föderation verfügbar. Es gibt auch psychiatrische Krisenintervention bei Selbstmordgedanken z.B. im Psychiatric Clinical Hospital #1 in Moskau (BMA 7754).

Posttraumatische Belastungsstörung ist in der gesamten Russischen Föderation behandelbar. Z.B. im Alexeevskaya (Kacshenko) hospital, Zagorodnoye shosse 2, Moscow (BMA 6051). Dies gilt unter anderem auch für Tschetschenien z.B. im Republican Psychoneurological Dispenser, Verkhoyanskaya Str. 10, Grosny (BMA 6551, vgl. BMA 7979).

Wie in anderen Teilen Russlands werden auch in Tschetschenien mentale Krankheiten hauptsächlich mit Medikamenten behandelt, und es gibt nur selten eine Therapie. Die Möglichkeiten für psychosoziale Therapie oder Psychotherapie sind aufgrund des Mangels an notwendiger Ausrüstung, Ressourcen und qualifiziertem Personal in Tschetschenien stark eingeschränkt. Es gibt keine spezialisierten Institutionen für PTBS, jedoch sindt follow-up und Psychotherapie möglich. Ambulante Konsultationen und Krankenhausaufenthalte sind im Republican Psychiatric Hospital of Grozny für alle in Tschetschenien lebende Personen kostenlos. Auf die informelle Zuzahlung wird hingewiesen. Üblicherweise zahlen Personen für einen Termin wegen psychischen Problemen zwischen 700-2000 Rubel. Bei diesem Krankenhaus ist die Medikation bei stationärer und ambulanter Behandlung kostenfrei (BDA 31.3.2015).

Während es in Moskau unterschiedliche Arten von Therapien gibt (kognitive Verhaltenstherapie, Desensibilisierung und Aufarbeitung durch Augenbewegungen (EMDR) und Narrative Expositionstherapie), um PTSD zu behandeln (BMA 7980), gibt es in Tschetschenien nur Psychotherapie und diese in eingeschränktem Maß (BMA 7979). Diverse Antidepressiva sind aber in der gesamten Russischen Föderation verfügbar (BMA 7754, BMA 7979).

Quellen:

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MedCOI (11.3.2015): BMA 6551

-

MedCOI (7.11.2014): BMA 6051

-

MedCOI (1.4.2016): BMA 7979

-

MedCOI (1.4.2016): BMA 7980

-

MedCOI (26.2.2016): BMA 7754

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BDA - Belgium Desk on Accessibility (31.3.2015): Accessibility of healthcare: Chechnya, Country Fact Sheet via MedCOI

Medikamente

Ambulante Patienten und zu Hause Behandelte müssen Medikamente bezahlen; ausgenommen sind solche, die vom Staat gedeckt sind. In 24-Stunden- und Tageskliniken gibt es kostenfreie Medikamente für Bürger, die von der OMS profitieren. Bei Notfällen sind Medikamente kostenfrei. Gewöhnlich kaufen Russen ihre Medikamente auf eigene Kosten. Bürger mit gewissen Krankheiten wird Unterstützung gewährt, u. a. kostenfreie Medikamente, Sanatorium Behandlung und Transport. Kosten für Medikamente variieren, feste Preise bestehen nicht (IOM 8.2015).

Im Allgemeinen gilt, dass alle russischen Staatsbürger - sowohl im Rahmen einer Krankenpflichtversicherung als auch anderweitig versicherte - für etwaige Medikamentenkosten selbst aufkommen. Ausnahmen von dieser Regelung gelten nur für besondere Personengruppen, die an bestimmten Erkrankungen leiden und denen staatliche Unterstützung zuerkannt worden ist (einschließlich kostenloser Medikation, Sanatoriumsbehandlung und Transport (Nahverkehr und regionale Züge). Die Behandlung und die Medikamente für einige Krankheiten werden auch aus regionalen Budgets bestritten. Die Liste von Erkrankungen, die Patienten berechtigen, Medikamente kostenlos zu erhalten, wird vom Ministerium für Gesundheit erstellt. Sie umfasst: Makrogenitosomie, multiple Sklerose, Myasthenie, Myopathie, zerebrale Ataxie, Parkinson, Glaukom, geistige Erkrankungen, adrenokortikale Insuffizienz, AIDS/HIV, Schizophrenie und Epilepsie, systemisch chronische Hauterkrankungen, Bronchialasthma, Rheumatismus, rheumatische Gicht, Lupus Erythematosus, Morbus Bechterew, Diabetes, Hypophysen-Syndrom, zerebral-spastische Kinderlähmung, fortschreitende zerebrale Pseudosklerose, Phenylketonurie, intermittierende Porphyrie, hämatologische Erkrankungen, Strahlenkrankheit, Lepra, Tuberkulose, akute Brucellose, chronisch-urologische Erkrankungen, Syphillis, Herzinfarktnachsorge (6 Monate nach dem Infarkt), Aorten- und Mitralklappenersatz, Organtransplantationen, Mukoviszidose bei Kindern, Kinder unter drei Jahren, Kinder unter sechs Jahren aus sehr kinderreichen Familien, im Falle bettlägeriger Patienten erhält ein Angehöriger oder Sozialarbeiter die Medikamente gegen Verschreibung. Die Medikamentenpreise sind von Region zu Region und, teilweise auch in Abhängigkeit von der Lage einer Apotheke unterschiedlich, da es in der Russischen Föderation keine Fixpreise für Medikamente gibt (IOM 6.2014).

Quellen:

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IOM - International Organisation of Migration (6.2014):

Länderinformationsblatt Russische Föderation

-

IOM - International Organisation of Migration (8.2015):

Länderinformationsblatt Russische Föderation

[...]"

1.3. Am 01.12.2016 wurde seitens der rechtsfreundlichen Vertretung der BF mit der Begründung eine Säumnisbeschwerde eingebracht, dass es das Bundesamt unterlassen habe, gemeinsam mit der Zurückweisung der Asylfolgeanträge eine Rückkehrentscheidung zu erlassen.

Dem trug das Bundesamt innerhalb der dreimonatigen Frist des § 16 Abs. 1 VwGVG insofern Rechnung, als es mit Bescheiden vom 13.02.2017, Zlen. 13-619179804-150848517, 13-619178502-150848525, 13-830132405-150848541, 13-830132601-150848568 und 14-1048216301-150848584 in Bezug auf alle Familienmitglieder aussprach, dass ihnen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt werden. Unter einem wurden gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 1 FPG und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG mit zwei Jahren befristete Einreiseverbote erlassen. Des Weiteren wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass ihre Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Schließlich wurde gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise gewährt und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die gegen diese Bescheide mit einem gemeinsamen Schriftsatz erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit den Erkenntnissen vom 20.03.2017 (zugestellt am 27.03.2017), Zlen. W226 1437115-4/3E (BF1), W226 1437114-4/3E (BF2), W226 1437116-4/3E, W226 1437117-4/3E und W226 2017401-3/3E als unbegründet ab.

Darin wurde zu den BF im Wesentlichen der bisher wiedergegebene Verfahrensgang festgestellt. Zu den Beweismitteln wurde ausgeführt, dass für die B1 eine Bestätigung einer Volkshochschule vom 10.11.2014, Basisbildung/Grundkompetenzen sowie ein psychologischer Befundbericht eines klinischen Psychologen und Gesundheitspsychologen vom 02.06.2015 mit den Diagnosen Posttraumatische Belastungsstörung, Opfer von Verbrechen oder Terrorismus, Panikstörungen, Schlafstörungen und Albträume, vorgelegt wurde. Für den BF2 wurden ein ÖSD Zertifikat A2, die Absolvierung eines Praktikums bei einer XXXX Firma, ein Schreiben eines Geschäftsführers für das Engagement bei XXXX im Jahr 2014, eine Arbeitsbestätigung der XXXX vom 18.05.2016, eine Bestätigung der Freiwilligenarbeit in einem näher bezeichneten Wohnhaus der XXXX , diverse Empfehlungsschreiben, eine Anzeige eines Volontariats XXXX vom 09.12.2016 sowie Bestätigung der Direktion einer XXXX vom XXXX samt Abrechnung der Stunden, vorgelegt. Dazu wurde weiter ausgeführt, dass festzustellen gewesen sei, dass den BF im Herkunftsstaat keine asylrelevante Gefahr drohe und sie im Fall ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat nicht in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würden oder von der Todesstrafe bedroht wären. Ferner habe nicht festgestellt werden können, dass die BF im Herkunftsstaat in eine existenzgefährdende Notlage geraten würden und ihnen die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen wäre. Die BF würden auch an keinen dermaßen schweren physischen oder psychischen, akut lebensbedrohlichen und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbaren Erkrankungen, welche eine Rückkehr in die Russische Föderation iSd. Art. 3 EMRK unzulässig machen würden, leiden. Die BF würden sich nach einer illegalen Einreise etwa 4 Jahre und 2 Monate im Bundesgebiet aufhalten. Nach negativem Abschluss des ersten Asylverfahrens und getroffener Rückkehrentscheidung seien sie nicht aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgereist, sondern hätten unbegründete Folgeanträge auf internationalen Schutz gestellt. Die BF würden seit ihrer Einreise in das Bundesgebiet Leistungen aus der vorübergehenden Grundversorgung des Bundes beziehen und nicht selbsterhaltungsfähig sein. Der BF2 übe Freiwilligentätigkeiten gegen geringes Entgelt aus. Er habe eine Bestätigung vorgelegt, wonach er bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen als Bauhilfsarbeiter legal beschäftigt werden könnte. Die BF verfügen über Deutschkenntnisse auf dem Niveau A2 und würden unverändert weiterführende Deutschkurse besuchen. Weitere Aus-, Fort- oder Weiterbildung haben die BF nicht vorgetragen. Das älteste Kind würde die Volksschule, das mittlere den Kindergarten besuchen. Das jüngste Kind sei im Kleinkindalter. Die BF würden rund um ihren Aufenthaltsort ein reges soziales Leben entfalten und hätten hier bereits viele österreichische Freunde. Der BF2 habe diverse Freiwilligentätigkeiten ausgeübt und würden die BF engagiert in ihrem Flüchtlingsheim helfen. Eine Verpflichtungserklärung für die BF bzw. eine essentielle Unterstützung gehe aus den übermittelten Empfehlungsschreiben bzw. Unterschriftenlisten nicht hervor. Die BF seien in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen seien nicht hervorgekommen. Im Herkunftsstaat halten sich Familienangehörige sowohl von der BF1 als auch des BF2 auf, wobei die BF1 nach wie vor mit diesen Kontakt pflege.

Zum Herkunftsland wurden umfassende Feststellungen getroffen und dazu weiters ausgeführt, dass sich zusammenfassend aus den Länderfeststellungen ergebe, dass die BF dort allein aufgrund der dort herrschenden allgemeinen Lage weder einer asylrelevanten Gefährdung noch einer sonstigen Gefährdung ausgesetzt sind, wobei in mittlerweile zwei rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (zuletzt mit Erkenntnissen des BVwG vom 14.11.2016) festgehalten wurde, dass auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der BF diesen im Herkunftsstaat keine asylrelevante Gefahr drohe und sie bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in keine ausweglose Situation geraten würden. Auch der Gesundheitszustand der BF stehe einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht entgegen, zumal sich niemand der BF in medizinischer Behandlung befinde und in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 19.12.2016 seitens aller BF eine aktuelle Erkrankung verneint worden sei. Auch die BF1, die in der Vergangenheit an einer psychischen Erkrankung gelitten habe, habe am 19.12.2016, erklärt, gesund zu sein. Im Fall der BF1 und des BF2, die jung, arbeitswillig- und arbeitsfähig seien, und im Herkunftsstaat in der Vergangenheit stets das finanzielle Auslangen gefunden haben und deren Familienangehörige sich nach wie vor im Herkunftsstaat aufhalten, habe das Bundesamt im angefochtenen Bescheid - wie auch bereits das Bundesverwaltungsgericht zuvor im Erkenntnis vom 14.11.2016 - nicht erkennen können, dass die BF im Fall einer Rückkehr in eine lebensbedrohende oder ausweglose Situation kommen würden. Dieses Ergebnis sei auch in der Beschwerde nicht angezweifelt worden.

In einer Interessensabwägung gelangte des Bundesverwaltungsgericht insbesondere unter Würdigung des Umstandes, dass die BF sich geweigert haben, nach rechtskräftig negativer Entscheidung des Antrages auf internationalen Schutz und durchsetzbarer Rückkehrentscheidung samt Zulässigkeit der Abschiebung in die Russische Föderation, das Bundesgebiet freiwillig zu verlassen, sondern vielmehr stattdessen einen weiteren unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, zum Ergebnis, dass die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen die privaten Interessen der BF an einem Verbleib überwiegen würden. Dazu wurde insbesondere ausgeführt:

"Die öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, die sich insbesondere im Interesse an der Einhaltung fremdenrechtlicher Vorschriften sowie darin manifestieren, dass das Asylrecht (und die mit der Einbringung eines Asylantrags verbundene vorläufige Aufenthaltsberechtigung) nicht zur Umgehung der allgemeinen Regelungen eines geordneten Zuwanderungswesens dienen darf (vgl. dazu im Allgemeinen und zur Gewichtung der maßgeblichen Kriterien VfGH 29.9.2007, B 1150/07), wiegen im vorliegenden Fall schwerer als die Interessen der Beschwerdeführer am Verbleib in Österreich. Zusammengefasst ist deshalb davon auszugehen, dass die Interessen der BF an einem Verbleib im Bundesgebiet nur geringes Gewicht haben und gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Bestimmungen aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung, dem nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt, jedenfalls in den Hintergrund treten. Würde sich ein Fremder nunmehr generell in einer solchen Situation wie die BF erfolgreich auf das Privat-und Familienleben berufen können, so würde dies dem Ziel eines geordneten Fremdenwesens und dem geordneten Zuzug von Fremden zuwiderlaufen. Könnte sich ein Fremder nunmehr in einer solchen Situation erfolgreich auf sein Privat-und Familienleben berufen, würde dies darüber hinaus dazu führen, dass Fremde, welche die unbegründete bzw. rechtsmissbräuchliche Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz allenfalls in Verbindung mit einer illegalen Einreise in das österreichische Bundesgebiet in Kenntnis der Unbegründetheit bzw. Rechtsmissbräuchlichkeit des Antrages unterlassen, bzw. nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens ihrer Obliegenheit zum Verlassen des Bundesgebietes entsprechen, letztlich schlechter gestellt wären, als Fremde, welche genau zu diesen Mitteln greifen um sich ohne jeden sonstigen Rechtsgrund den Aufenthalt in Österreich legalisieren, was in letzter Konsequenz zu einer verfassungswidrigen unsachlichen Differenzierung der Fremden untereinander führen würde (vgl. hierzu auch das Estoppel-Prinzip ["no one can profit from his own wrongdoing"], auch den allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, wonach aus einer unter Missachtung der Rechtsordnung geschaffenen Situation keine Vorteile gezogen werden dürfen [VwGH 11.12.2003, 2003/07/0007])."

Das Einreiseverbot wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die BF, die ihren Lebensunterhalt durch öffentliche Mittel bestreiten, den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht nachzuweisen vermögen sowie trotz einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung das Bundesgebiet nicht verlassen haben, weshalb von ihnen eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgehe.

Den dagegen erhobenen (außerordentlichen) Revisionen wurden mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.05.2017 die aufschiebende Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG zuerkannt, wobei die Revisionen in weiterer Folge mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 29.06.2017, Zl. Ra 2017/21/0090, zurückgewiesen wurden.

1.4. Die BF reisten trotz einer neuerlichen rechtskräftigen und durchsetzbaren Rückehrentscheidung nicht freiwillig aus.

Laut fachärztlichen Befund eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin eines Bezirkskrankenhauses vom 11.08.2017 sei die BF1 am selben Tag in Begleitung einer Bekannten erschienen und habe "ausführlich ihre Anamnese in Dagestan und den aktuellen Stand ihres Asylverfahrens" berichtet. Hinsichtlich der "biographischen Anamnese" wurde ausgeführt, dass diese als "bekannt vorausgesetzt werden" dürfe, wobei auf die anamnestischen Daten des psychologischen Befundberichts vom 02.06.2015 verwiesen wurde. Der Krankheitsanamnese war im Wesentliche zu entnehmen, dass die BF1 dreimal im Bezirkskrankenhaus wegen somatischer Erkrankungen stationär behandelt und sie XXXX und XXXX gastroskopiert worden sei, wobei die Beschwerden somatisch nicht erklärt werden hätten können. Hinweise auf eine erfolgte psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung finden sich dabei nicht. Die BF1 nehme keine Medikamente. Zur diagnostischen Beurteilung wurde ausgeführt, dass es sich bei der BF1 um eine schwere posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) sowie das Opfer von Verbrechen und Terrorismus (Z65.4) handle. Aus Sicht des Facharztes müsste die BF1 pharmakologisch und psychotherapeutisch parallel behandelt werden. Unter gleichzeitigem Wegfall der belastenden sozialen Situation und der damit verbundenen Ungewissheit über ihre Zukunft könnte die BF1 mit hoher Wahrscheinlichkeit behandelt werden. Unter den aktuellen Bedingungen sei jedoch eine Traumabehandlung nicht durchzuführen. Ein wesentlicher Gesichtspunkt für den weiteren Verlauf der Erkrankung werde sein, ob Retraumatisierungen vermieden werden könnten oder nicht. Jede Retraumatisierung würde für sich eine Chronifizierung des Krankheitsbildes erhöhen. Aus der Sicht des Facharztes würde eine mögliche Abschiebung der BF1 auch in Staaten, die formal als sicher gelten würden, die Krankheitssituation der BF1 verschlechtern. Außerdem sei seiner Kenntnis nach eine spezialisierte Traumabehandlung sogar schon in Österreich nicht überall durchführbar. Die Traumabehandlung könnte über seine Ambulanz erfolgen.

Laut einem weiters vorgelegten, von einem Arzt des Bezirkskrankenhauses ausgestellten Kurzarztberichtes vom 24.08.2017 wurde die BF am 21.08.2017 unter der bereits genannten Diagnose stationär aufgenommen, wobei hinsichtlich einer Entlassung psychiatrische Kontrollen und regelmäßige psychotherapeutische Unterstützung empfohlen wurde.

Nachdem am 07.11.2017 für die BF Heimreisezertifikate ausgestellt wurden, musste eine für den XXXX geplante Abschiebung storniert werden, da die BF an ihrer Wohnsitzadresse nicht anzutreffen waren.

Am 07.02.2018, suchte der BF2 das Bezirkskrankenhaus auf und wurde in weiterer Folge unter der Diagnose "akute Belastungsreaktion und posttraumatische Belastungsstörung" dort stationär untergebracht. Laut Arztbericht vom 22.02.2018 eines Facharztes für Psychiatrie geht hervor, dass sich Hinweise für akute Suizidalität während des Aufenthaltes zu keinem Zeitpunkt gezeigt hätten. Als Hauptbelastung sei seitens des BF2 die Unsicherheit in Bezug auf den Asylantrag und auch die massive Angst vor einer Abschiebung in sein Heimatland genannt worden, was aus den Schilderungen des BF2 vollkommen nachvollziehbar erscheine. Dazu wurde zuvor zu den "Umständen der Aufnahme" ausgeführt, dass die "Betreuerin", in deren Begleitung der BF2 im Krankenhaus erschienen sei, u.a. dargetan habe, dass der BF2 sich "intermittierend immer wieder suizidal geäußert" hätte. Der BF2 habe massive Angst, von der Polizei abgeholt und in sein Heimatland abgeschoben zu werden, wo ihm Gefängnis oder Folter drohe. Er sei im Heimatland Augenzeuge eines schweren Verbrechens geworden, weswegen er, nachdem er für kurze Zeit inhaftiert gewesen sei, flüchten habe müssen. Seine Frau sei aktuell mit den Kindern bei Freunden untergetaucht, wobei in der Früh mehrere Polizisten in seiner Unterkunft erschienen seien, um die Familie zu suchen, was den BF2 massiv verunsichert hätte, weswegen er schlussendlich ins Krankenhaus gekommen sei. Der Patient sei bei der Aufnahme klar und glaubhaft von akuter Suizidalität distanziert gewesen. Es habe sich ein subjektiv hoher Leidensdruck gezeigt. Dazu wurde weiter ausgeführt, dass bei eindeutigen posttraumatischen Stresssymptomen eine traumaspezifische Psychotherapie dringend indiziert wäre, aber sicher aufgrund der unsicheren Zukunftsprognose schwierig umzusetzen sei. Insgesamt müsse aus fachärztlicher Sicht davon ausgegangen werden, dass solange der BF2 mit seiner Familie im Ungewissen darüber bleibe, ob und wann er abgeschoben werden müsse bzw. es nicht möglich sei, sich von den traumatischen Vorerfahrungen zu distanzieren, es kurzfristig zu einer erneuten psychopathologischen Verschlechterung kommen werde. Dies sei zu einem hohen Ausmaß unabhängig von pharmakologischen Interventionen bzw. könne aufgrund der massiven Belastung im Hintergrund nicht eine alleinige pharmakologische Behandlung zu einer ausreichenden Stabilität führen. Nach Rücksprache mit der Betreuerin des BF2 sei am 23.02.2018 eine Entlassung aus dem stationären Setting erfolgt, wobei sich bei Entlassung keine Hinweise für eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung gezeigt hätten.

Ein für den 22.03.2018 vorgesehener neuerlicher Versuch, die Abschiebung durchzusetzen, (gebuchter Charterflug) wurde wegen des stationären Aufenthalts des BF2 im Bezirkskrankenhaus storniert.

2.1. Zuvor wurden dem Bundesamt am 08.02.2018 per Einschreiben die gegenständlichen schriftlichen Anträge der BF1 und des BF2 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK "Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens" sowie in eventu auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung plus gemäß § 56 AsylG 2005 vom 07.02.2018 übermittelt. Dieser wurde im Wesentlichen mit der posttraumatischen Belastungsstörung der BF1 begründet, die für sie einer massive Beeinträchtigung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK bedeuten würde, begründet. Bei einer von einer schweren Krankheit betroffenen Person sei auch von Amts wegen über die Zulässigkeit der Abschiebung hinsichtlich einer drohenden Verletzung des neuen Non-Refoulement-Gebots abzusprechen, wenn der Behörde Gründe bekannt seien, die gegen eine Rückführung ins Herkunftsland sprechen (Retraumatisierung im gegenständlichen Fall). Wenn bekannt sei, dass im Herkunftsland aus medizinischen Gründen eine Verletzung von Art. 8 EMRK drohe, habe jedenfalls eine Rückehrentscheidung zu unterbleiben. Weiters würden die Kinder der BF die Schule bzw. den Kindergarten besuchen und hätten die BF, denen es sohin möglich sei, untertags einer Beschäftigung nachzugehen, diesbezüglich bereits konkrete Angebote erhalten, nach Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung die Arbeit aufzunehmen, weshalb von einer Selbsterhaltungsfähigkeit der BF auszugehen sei. Die minderjährigen Kinder hätten das Lesen und Schreiben der russischen Sprache, ihrer Muttersprache nie erlernt, eine Rückkehr für sie würde eine unzumutbare Härte darstellen, wobei auf das Wohl des Kindes verwiesen wurde. Weiters gebe es ein konkretes Angebot, in eine ausreichend große Wohnung zu ziehen, sobald eine Aufenthaltsberechtigung vorliege. Der BF2 hätte keine familiären Bindungen mehr in seinem Herkunftsland, lediglich die BF1 hätte noch unregelmäßigen Kontakt zu ihrer Mutter in Dagestan. In diesem Zusammenhang sei auch auf den Länderbericht zu verweisen, wonach sich die Sicherheitslage im multiethnischen Dagestan in den letzten Jahren deutlich verschlechtert habe und sehr angespannt bleibe. Als integrationsbegründender Aspekt sei zu erwähnen, dass sich die BF nachweislich seit mehr als 5 Jahren in Österreich aufhalten und davon für die Dauer des Asylverfahrens mindestens 3 Jahre rechtmäßig. Sie würden über ausgezeichnete Kenntnisse der deutschen Sprache verfügen und könnte jeder Zeit einer Beschäftigung nachgehen, für die es bereits konkrete Zusagen gebe. Sie seien inzwischen voll in der Gesellschaft eingegliedert und gern gesehene BürgerInnen ihrer Aufenthaltsgemeinde, wie dies auch von der Bürgermeisterin der Stadt bestätigt werde, die sich für die BF einsetze. In diesem Zusammenhang wurde auf einen Unterstützungsbrief der Bürgermeisterin an den Bundesminister für Inneres verwiesen. Mit dem Einkommen aus der zugesagten Beschäftigung könnten die BF ihren Lebensunterhalt finanzieren und sei somit von der Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen. Der BF2 habe keine familiären Bindungen mehr zum Herkunftsstaat und auch die Kinder würden über keine Kontakte in Russland bzw. Dagestan verfügen. Lediglich die BF1 habe noch unregelmäßigen Kontakt zu ihrer Mutter in Dagestan. Die BF würden im Herkunftsland über keine Unterkunft mehr verfügen, da ihre ehemalige Wohnung nicht mehr zur Verfügung stehe. Auch die Sicherheitslage im multiethnischen Dagestan habe sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert und bleibe sehr angespannt. Angesichts der dramatischen Vorfälle, denen der BF2 dort ausgesetzt gewesen sei, sei den BF eine Rückkehr dorthin nicht zumutbar. Dem Antrag waren die bisher dargetanen medizinischen Befunde, zwei ÖSD Zertifikate Niveau B1, ein Vorvertrag des BF2 mit einem Landwirtschaftsbetrieb als Land- und Forstarbeiter im Ausmaß von 40 Wochenstunden bei Erhalt einer Arbeitserlaubnis vom 24.11.2017, eine Arbeitsbestätigung eines XXXX vom 10.04.2017 über Aushilfsarbeiten des BF2 in der Zeit vom XXXX , eine undatierte Bestätigung über freiwillige Hilfe des BF2 in einem Wohnhaus der " XXXX ", eine Bestätigung über ein absolviertes Praktikum des BF2 bei einem XXXX vom 10.03.205, eine Bestätigung über freiwillige Hilfstätigkeiten des BF2 im Rahmen XXXX von XXXX sowie bei einer Stadtgemeinde im Zeitraum vom XXXX , Reinigungstätigkeiten des BF2 bei einer XXXX von XXXX sowie ein Konvolut an Unterstützungsschreiben und Unterschriftenlisten von Inländern beigefügt.

In der Folge wurde ein Vorvertrag des BF2 mit einem Familienbetrieb als Bauhilfsarbeiter im Ausmaß von 39 Wochenstunden bei Erteilung einer Arbeitserlaubnis vom 14.12.2107 vorgelegt.

In einer Einvernahme der BF am 11.04.2018 beim Bundesamt gab die BF1 im Wesentlichen an, dass sie in ambulanter Behandlung in der Psychiatrie eines Bezirkskrankenhauses sei. Im August/September sei sie zwei Wochen im Krankenhaus gewesen und müsse jeden Monat zur Kontrolle. Sie nehme täglich Medikamente. Die BF1 sei bisher keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen und habe bisher von Sozialgeld gelebt. Sie legte eine Einstellungszusage für den Fall der Erteilung eines Aufenthaltstitels eines XXXX vom 06.04.2017 vor und gab dazu an, dort jeden Tag drei Stunden arbeiten zu können, wenn sie eine Aufenthaltsbewilligung bekomme. Sie sei in einem Verein aktiv, habe eine B1-Prüfung absolviert und freiwillig Dolmetschertätigkeiten im Krankenhaus, in der Gemeinde, in der Schule und beim Jugendamt vor Gericht gemacht. Sie könnte mit ihrer Familie privat bei inländischen Bekannten wohnen, sie dürften aber zur Zeit auch nicht gratis woanders wohnen. Sie kenne auch eine Inländerin, die eine Patenschaftserklärung für sie abgeben würde. In Dagestan würden sich 4 Schwestern, 1 Bruder, und ihre Mutter aufhalten. Die BF1 telefoniere einmal wöchentlich mit der Mutter. Diese leben mit ihrem Sohn und dessen Familie in einer Eigentumswohnung. Die Schwestern seien bis auf eine alle verheiratet und würden bei ihren Ehemännern leben. Die BF1 habe im April einen Termin mit ihrer Tochter in einer psychiatrischen Abteilung, da ihre Tochter Angstzustände wegen der Abschiebung habe.

Der BF2 gab an, dass er im Februar 2018 zweieinhalb Wochen in einem Bezirkskrankenhaus gewesen sei, wobei die Beschwerden besonders schlimm geworden seien, als am XXXX die Polizei wegen einer Abschiebung zu ihnen gekommen sei. Durch die Medikamente sei es besser geworden, er habe sie immer bei sich. Zu den Beschwerden befragt, gab er an, Magenschmerzen und Atemnot zu haben. Er sei in Österreich mit Ausnahme von Tätigkeiten für die Gemeinde um € 3,-

keiner legalen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Er habe jedoch zwei Arbeitsvorverträge. Er beziehe staatliche Geldleistungen. Der BF2 habe die B1 Prüfung abgelegt, habe Anfang 2018 bei einer XXXX ausgeholfen und helfe in der XXXX aus. Dazu befragt, wo er sich am XXXX , als die Polizei, die eine Abschiebung durchführen habe wollen, ihn und seine Familie nicht an seiner Unterkunft angetroffen habe, aufgehalten habe, gab er an, dass sie bei einer befreundeten Familie gewesen seien und dort dann von einem Nachbarn telefonisch davon verständigt worden seien, dass die Polizei sie suche. Der BF2 habe das Handy ausgeschaltet, Angst und Magenschmerzen bekommen. Eine Freundin habe ihn dann ins Krankenhaus gebracht, wo er zwei Wochen gewesen sei. Diese Familie würde sie in ihrem großen Haus auch aufnehmen. Mietvertrag gebe es keinen. Sie würden auch eine Patenschaftserklärung für sie abgeben. Im Herkunftsland würde sich nach dem Tod der Eltern nur noch eine Schwester des BF2 aufhalten. Die Schwester habe die Wohnung seines Vaters geerbt. Zuletzt habe er vor zwei Jahren Kontakt zu seinem Schwager gehabt, der Polizist sei. Der BF2 wolle keinen Kontakt zu ihm haben. Mit seinem ehemaligen Nachbarn sei der BF2 in monatlichen Kontakt.

Die BF verzichteten trotz ausdrückliches Anbot auf eine schriftliche Ausfertigung der Länderinformationsblätter zur Russischen Föderation.

Die BF wurden in der Einvernahme ausdrücklich aufgefordert, dem Bundesamt binnen 2 Wochen eine entsprechende Patenschaftserklärung vorzulegen.

Am 11.04.2018 wurde den BF von der Behörde mit Mandatsbescheid, Zl. 13-619179804/150378825, gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, bis zur Ausreise durchgängig Unterkunft in einer Betreuungseinrichtung in XXXX zu nehmen. Sie wurden aufgefordert, dieser Verpflichtung binnen drei Tagen nachzukommen. Mit 19.04.2018 erhoben die BF gegen diese Bescheide das Rechtsmittel der Vorstellung. Die angeordnete Wohnsitzauflage wurde von den BF - trotz Durchsetzbarkeit mangels aufschiebender Wirkung des Rechtsmittels - nicht erfüllt.

Am 13.04.2018 suchte der BF2 in Begleitung seiner Frau und einer Betreuerin neuerlich das Bezirkskrankenhaus auf und wurde dort aufgrund der Diagnose posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) und akute Belastungsreaktion (F43.0) stationär aufgenommen. Zu dem Umstand der Aufnahme wurde in einem entsprechenden Befund vom 04.05.2018 eines Facharztes für Psychiatrie u.a. ausgeführt, dass die stationäre Aufnahme in Zusammenhang mit wiederholten Selbstmorddrohungen des BF2 gegen sich und seine Familie für den Fall einer Abschiebung ins Heimatland erfolgt sei. Für den 14.04.2018 sei seine Überstellung XXXX geplant, von wo dann die Abschiebung stattfinden sollte. Die stationäre Aufnahme sei initial bei massiver Unruhe, Anspannung und formalen Denkeinengung mit Suizidgedanken und Androhung eines erweiterten Suizid im UBG-Bereich der Abteilung erfolgt. Am 20.04.2018 habe die Unterbringung endgültig aufgehoben werden können. Im Rahmen des gesamten restlichen Aufenthalts sei der BF2 klar und glaubhaft von akuter Suizidalität distanziert gewesen, aufgrund der komplexen Trauma-Anamnese müsse davon ausgegangen werden, dass es immer wieder zu massiven psychopathologischen Einbrüchen kommen werde, wenn die Familie mit der drohenden Abschiebung konfrontiert werde. Solange der BF2 mit seiner Familie im Ungewissen darüber bleibe, ob und wann er abgeschoben werden müsse bzw. es nicht möglich sei, sich von den traumatischen Vorerfahrungen zu distanzieren, werde es kurzfristig zu einer erneuten psychopathologischen Verschlechterung kommen. Aus medizinischer Sicht wäre neben der weiterführenden pharmakologischen und psychotherapeutischen Behandlung Ruhe und Sicherheit zur Genesung des BF2 unabdingbar. Der BF2 wurde am 04.05.2018 entlassen, wobei bei der Entlassung keine Hinweise für akute Selbst- oder Fremdgefährdung bestanden haben. Dem BF wurde die Einnahme von Antipsychotika (Seroquel) bzw. Antidepressiva (Sertralin) sowie von Magenschutzmittel (Pantoloc) empfohlen.

In weiterer Folge wurden für die BF von einer inländischen Person am 30.04.2018 eine Patenschaftserklärung abgegeben. Die Erklärung sei mindestens für die Dauer von drei Jahren gültig, wobei die erklärende Person sich gem. § 2 Abs. 2 Z 26 AsylG 2005 verpflichte, für die Erfordernisse einer alle Risiken abdeckenden Krankenversicherung, einer Unterkunft und entsprechender Unterhaltsmittel für die BF aufzukommen und für den Ersatz jener Kosten zu haften, die einer Gebietskörperschaft durch den Aufenthalt der BF entstehen würden, wobei die Mittel dazu aus Grundbesitz, Pension und diversen Nebeneinkünften gedeckt werden würden.

Gegen die BF1 wurde am 14.09.2018 ein Mandatsbescheid des Bundesamtes erlassen, mit dem als gelinderes Mittel gemäß § 77 Abs. 1 und 3 FPG angeordnet wurde, dass diese XXXX Unterkunft nehme und sich täglich bei einer Polizeiinspektion melde. Dagegen wurde das Rechtsmittel der Vorstellung erhoben. Gegen den BF2 wurde mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.09.2018, Zl. 619179804 - 180861582, die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet. Am 17.09.2018 wurde der BF2 von der Polizei festgenommen.

2.2. Mit den angefochtenen, im Spruch angeführten Bescheiden wurden die Anträge der BF auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Artikel 8 EMRK vom 08.02.2018 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurückgewiesen (Spruchpunkt I.) und ihre Anträg auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen vom 08.02.2018 gemäß § 56 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt II.).

Dazu wurde im Wesentlichen hinsichtlich der BF festgestellt, dass sie die russische Staatsangehörigkeit innehaben, verheiratet seien und 3 Kinder haben, die alle in Österreich aufhältig seien. Sie haben sich nur während ihrer laufenden Asylverfahren rechtmäßig in Österreich aufgehalten, seien illegal in das Bundesgebiet eingereist und halten sich seit der Erlassung der in II. Instanz rechtskräftigen Rückkehrentscheidung illegal in Österreich auf. Gegen die BF sei eine Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot von zwei Jahren erlassen worden. Sie haben eine notariell beglaubigte "Patenschaftserklärung" vorgelegt. Die BF1 sei im Herkunftsland 10 Jahre zur Schule gegangen und habe 5 Jahre XXXX studiert und das Studium auch abgeschlossen. Auch der BF2 habe ein 5-jähriges Studium im Herkunftsland abgeschlossen. Die BF werden aufgrund ihrer psychischen Probleme ambulant behandelt und nehmen regelmäßig Medikamente ein. Die BF1 sei zuletzt im August 2017 für zwei Wochen stationär in einem Krankenhaus aufgenommen worden. Der BF2 sei 2018 vorübergehend stationär aufgenommen worden. Sie würden (aktuell) an keinen lebensbedrohlichen physischen oder psychischen Krankheiten leiden. Hinsichtlich der diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörungen werde auf die Recherchen des Bundesamtes verwiesen, wonach diese im Herkunftsland behandelbar seien. Dies sei im Übrigen bereits in einem vorhergehenden Verfahren hinsichtlich der BF1, bei der bereits damals in einem psychologischen Befundbericht dasselbe Krankheitsbild diagnostiziert worden sei, festgestellt worden. Auch zur akuten Belastungsreaktion des BF2, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Abschiebung stehe, sowie dem Umstand, dass die Ungewissheit, ob er in die Russische Föderation überstellt werde, kurzfristig zu einer erneuten psychopathologischen Verschlechterung führen könne, wurde ausgeführt, dass laut Länderinformationen auch für das Krankheitsbild des BF2 im Herkunftsland Behandlungsmöglichkeiten bestehen. In diesem Zusammenhang wurde aber auch weiters darauf hingewiesen, dass in zwe

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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